Nicht nur in diesen Tagen steht Europa mit seinen Institutionen im Zentrum des politischen
Interesses. Neben der Wahl zum Europaparlament mit seinen Auswirkungen auf die Besetzung
von Schlüsselpositionen in den europäischen Gremien beschäftigt natürlich weiterhin
der Brexit (oder auch nicht?) die Berichterstattung in den Medien. Berufspolitisch
zumindest ist das Thema nach Meinung von Experten wenigstens geklärt: Großbritannien
kann auch nach einem möglichen Austritt aus der EU Mitglied der UEMS (Union Européenne
des Médecins Spécialistes) bleiben, da es bereits vor seinem Eintritt in die EU in
der europäischen Vertretung der Fachärzte dabei war. Ein Engagement der deutschen
Radiologie in der UEMS ist wegen der nationalen Auswirkungen europäischer Regelungen
– erwähnt sei die neue Strahlenschutzgesetzgebung, die aus der Harmonisierung europäischer
Vorgaben erwachsen ist – unverzichtbar.
Anlässlich des diesjährigen ECR in Wien fand am 26.3.2019 erneut eine Sitzung der
UEMS Section of Radiology – der fachlichen Vertretung innerhalb der UEMS – statt.
Neben der Bestätigung von Prof. Paolo Ricci (Rom) als Vorsitzendem diente die Veranstaltung
vor allem auch der Vorbereitung des UEMS Council, des höchsten Entscheidungsgremiums
der UEMS am 13.4.2019 in Brüssel. Mit gleicher Intention tagte auch am 3.4.2019 der
Europaausschuss des SpiFa (Spitzenverband Fachärzte Deutschlands) als nationale Vertretung
der deutschen Fachärzte in der UEMS in Berlin. Aus deutscher Radiologensicht war für
das diesjährige Frühjahrs-Council der UEMS insbesondere die Verabschiedung der European
Training Requirements (ETRs) für Interventional Neuroradiology von erheblicher Bedeutung.
Durch die Vorarbeiten der Section of Radiology und dabei insbesondere der Division
of Neuroradiology ist es gelungen die Kompetenz für interventionelle neuroradiologische
Eingriffe in der Radiologie zu halten. Auch nach europäischen Trainingskriterien werden
diese Eingriffe von Interventionellen Radiologen und Neuroradiologen durchgeführt.
Nach einstimmiger Verabschiedung des Textes in der Section of Radiology der UEMS stimmte
auch der Europaausschuss des SpiFa nach Erläuterung durch die BDR- und BDNR-Vertreter
einstimmig für die Annahme. Dank der länderübergreifenden guten Vorbereitung war damit
die ebenfalls einstimmige Annahme im Council möglich.
Inzwischen bereits traditionell ist der ECR für die UEMS Delegierten eine Gelegenheit
mit Vertretern der ESR in den unterschiedlichsten Arbeitsgruppen zusammen zu kommen.
Dabei ist das Joint-Meeting von ESR und UEMS eine für alle Kongressteilnehmer offene
Veranstaltung. Sie dient vor allem dazu jüngeren Kongressbesuchern die Institutionen
und ihre Unterschiede vorzustellen, aber auch gemeinsame Projekte zu präsentieren.
Der Fokus liegt dabei einerseits auf der Harmonisierung der europäischen Fort- und
Weiterbildung, der Zertifizierung europäischer Weiterbildungsstätten und der zunehmend
europaweiten Implementierung europäischer Standards für CME-Zertifizierungen. Zum
Anderen werden aber auch politische Interessen der Radiologie gemeinsam von ESR und
UEMS vertreten, wie aktuell in der Initiative zur Stärkung des Ultraschalls als primär
radiologischem Verfahren.
Seit diesem ECR ist der BDR auch im Scientific Committee des ETAP 2.0 Programms vertreten.
Das Committee organisiert die Assessments im Rahmen des European Training Assessment
Programme (ETAP) zur europaweiten Zertifizierung von radiologischen Ausbildungsstätten.
Die Auditierung erfolgt dabei seit der Version 2.0 in Form von online geführten Interviews,
die mit den Verantwortlichen der Ausbildung ebenso wie mit Weiterbildungsassistenten
geführt werden. Ziel dabei ist es nach der Harmonisierung der Anforderungen an die
Weiterbildungsassistenten zum Ende ihrer Ausbildungszeit endend mit dem European Diploma
in Radiology (EDiR) auch die Ausbildung zu harmonisieren und zu stärken. Völlig unbenommen
all dieser Anstrengungen bleiben die nationalen Institutionen für die Vergabe der
Facharztanerkennungen ebenso verantwortlich und zuständig, wie für die Benennung von
Weiterbildungsstätten, Weiterbildern und den zugehörigen Anforderungen. Die jedes
Jahr steigende Nachfrage nach dem EDiR zeigt jedoch die Notwendigkeit einer flächendeckenden
Vermittlung der Voraussetzungen zu seinem Bestehen. Trotz fachlich exzellenten und
organisatorisch flächendeckend verbreiteten Weiterbildungsmöglichkeiten sollten wir
uns auch in Deutschland diesen in Zukunft immer wichtiger werdenden europäischen Anforderungen
nicht verschließen.
Von besonderer Wichtigkeit ist die jährliche gemeinsame Sitzung des ESR Quality, Safety
and Standards Committee (QSSC) mit der UEMS Section of Radiology. In den Berichten
aus den Subcommittees des QSSC zu Audit and Standards wurde auf die kürzlich erschienenen
Artikel der ESR zum Umgang mit mobilen Endgeräten im radiologischen Arbeitsalltag
und zur strukturierten Befundung hingewiesen. Aus dem Subcommittee Radiation and Protection
ist besonders das white-paper zum Umgang mit bedeutsamen Vorkommnissen i. S. der neuen
StrlSchV bemerkenswert. Alle Artikel sind in Insights into Imaging erschienen und
über den Springer-Link auf der ESR-webside abrufbar. Lesenswert erscheint auch der
Artikel „What the radiologist should know about artificial intelligence“, ebenfalls
erschienen in Insights into Imaging im April 2019. Im Rahmen der Sitzung wurde auch
über 5 Jahre erfolgreiche Arbeit im Strahlenschutz im Rahmen der EuroSafe Imaging
Initiative berichtet. Mit dem Programm „Become a Eurosafe Imaging Star“ kann über
die webside www.eurosafeimaging.org eine Selbstevaluation der Qualität des Strahlenschutzes
in der eigenen Institution vorgenommen werden.
Europapolitik ist längst mehr als Subventionen für die Landwirtschaft und Infrastrukturmaßnahmen
unterentwickelter Regionen am Rande der Gemeinschaft. Zur Vertretung der Interessen
der Radiologie braucht es akzeptierte Ansprechpartner bei den politischen Institutionen
in Brüssel und Straßburg einerseits. Aber auch die fachliche Ausarbeitung und Wahrung
der Interessen im Rahmen der europäischen Harmonisierungsbemühungen andererseits.
ESR und UEMS leisten dazu wichtige Beiträge. Der BDR ist in diesem Konzert eine starke
deutsche Stimme.