„Zukunft Neuroradiologie“ lautet das Motto des neuroRAD 2019. Warum haben Sie gerade
dieses gewählt?
Prof. Dr. Claus Zimmer: Die Medizin ganz allgemein und natürlich auch die Neuroradiologie befinden sich
derzeit in einer Umbruchphase. Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und digitale
Medizin sind dafür nur einige wenige Stichworte. Dem wollen wir mit unserem Kongress
Rechnung tragen. Wir werden zeigen, dass die Neuroradiologie als Querschnittsfach
in Diagnostik und Therapie von ZNS-Erkrankungen eine große Zukunft hat und wir wollen
uns schwerpunktmäßig damit beschäftigen, wie denn die Zukunft aussehen könnte. Die
Neuroradiologie war bei der Einführung von neuen Technologien schon immer ganz vorne
mit dabei.
Prof. Dr. Claus Zimmer, Technische Universität München
Prim Dr. Johannes Trenkler: „Zukunft Neuroradiologie“ hat für uns zwei Bedeutungen: Zum einen sollen mögliche
Veränderungen durch zunehmenden Einfluss neuer Entwicklungen wie künstlicher Intelligenz
mit allen Risiken und Chancen thematisiert werden. Wir Neuroradiologen haben über
viele Jahre eine sehr große Anzahl an elektronischen Bild- und Befunddaten in unseren
Archivsystemen abgelegt, die mit die wertvollste Grundlage zur Entwicklung von KI-Anwendungen
in der Medizin darstellen. Durch den routinemäßigen Einsatz von Auswertesoftware für
diese Bilddaten ist die Neuroradiologie schon längst in diese Entwicklung involviert
und hat so für die Zukunft beste Voraussetzungen. Zum anderen bedeutet es, dass die
Neuroradiologie als Querschnittsfach für die Medizin der Zukunft eine zunehmend wichtige
Rolle spielt, unter anderem durch die rasante Entwicklung der minimal-invasiven Schlaganfallbehandlung.
Wir wollen vermitteln, dass der Neuroradiologie als integraler Bestandteil der neuromedizinischen
Fächer eine zunehmend wichtige Rolle zukommt.
Was sind die Schwerpunktthemen dieses Jahres und wer wird für die Keynote-Lectures
eingeladen?
Zimmer: Als Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses haben wir als übergeordnetes Thema
„Künstliche Intelligenz“ gewählt und ferner die großen krankheitsbezogenen Themen
Neuroonkologie, entzündliche ZNS-Erkrankungen, Neurodegeneration, Wirbelsäule und
natürlich die zerebrovaskulären Erkrankungen. Dementsprechend haben wir für diese
Erkrankungen ausgewiesene Referenten eingeladen, die jeweils Keynote-Vorträge halten
werden. So freuen wir uns ganz besonders, dass Herr Prof. Dr. Otmar Wiestler, einer
der „Urväter“ der WHO-Klassifikation der Hirntumoren und jetziger Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft
deutscher Forschungszentren, zugesagt hat, ebenso wie Dr. Mayank Goyal aus Calgary,
der über die neuesten Entwicklungen zur Thrombektomie sprechen wird. Über die Keynote-Vorträge
suchen wir auch den engen Dialog mit den Kollegen aus den benachbarten Fächern.
Erstmals bieten Sie in diesem Jahr die StAR-Lounge (Start-Up and Applied Research)
an. Wen möchten Sie mit diesem Forum ansprechen und wie läuft der Wissenstransfer?
Trenkler: Mit diesem Format wollen wir innovative Start-Ups und Forschungsgruppen aus den
Bereichen künstlicher Intelligenz, Datenmanagement, Robotik und virtueller Realität
ansprechen und wir möchten, dass diese Initiativen ihre Anwendungen zu Diagnostik,
minimal-invasiven Therapien, Befundung, Optimierung von Arbeitsabläufen und Ausbildung
uns vorstellen. Besonders wichtig dabei ist uns der Austausch zwischen den klinisch
tätigen Neuroradiologen und den Entwicklern bzw. Unternehmern, um die klinische Anwendung
innovativer Entwicklungen zu fördern. Die Unternehmen können sich in Pitch-Sessions
präsentieren, einem in der Branche gängigen, sehr dynamischen Vortrags-Format, das
nicht nur kurz, sondern auch kurzweilig ist.
Prim Dr. Johannes Trenkler, Kepler Universitätsklinikum Linz
Zimmer: Ein ganzes Stockwerk des Kap Europa werden wir zur StAR-Lounge umfunktionieren.
Neben den schon angesprochenen Pitch-Sessions werden dort aktiv Diskussionsrunden
initiiert, beispielsweise zur finanziellen Vergütung von neuen Bild-basierten Auswertetools
oder zu rechtlichen Aspekten bei der Einführung von KI in die Krankenversorgung. Diese
Diskussionsforen werden von entsprechenden Fachexperten moderiert. In Ergänzung dazu
werden wir am Mittwoch zum Kongressauftakt erstmals einen ganztägigen, anwendungsorientierten
Workshop zum Thema „Künstliche Intelligenz für Neuroradiologen“ anbieten. Dieser Workshop
wird absolut „basic“ sein, keine speziellen Vorkenntnisse sind dafür erforderlich.
Auch für die jungen Kolleginnen und Kollegen wird es ein neues Präsentationsformat
geben – die Power Pitches. Was darf man sich darunter vorstellen und warum haben Sie
dieses Präsentationsformat ausgewählt?
Zimmer: Ein Manko der vergangenen Kongresse war aus meiner Sicht, dass junge motivierte
Kollegen ihre größtenteils äußerst erfrischenden Vorträge häufig vor zum Teil fast
leeren Hörsälen halten mussten. Dies wollen wir ändern. Es ist geplant, dass zu jedem
Schwerpunktthema eine gewisse Anzahl von Vorträgen vor großem Publikum auch von unserem
wissenschaftlichen Nachwuchs im Hauptvortragssaal gehalten wird. Dies geschieht als
Power Pitch, in dem das Projekt innerhalb von kurzer Zeit zunächst einem großen Publikum
schmackhaft gemacht werden soll, bevor es anschließend am Poster vertieft wird. Ich
persönlich freue mich schon jetzt sehr auf diese Beiträge.
Was erwartet die Kongressteilnehmer in den Fit-für-den-Facharzt-Kursen?
Trenkler: Die Teilnehmer an den FFF-Kursen erwarten ausgesuchte und spannende Themen aus den
Bereichen zerebrovaskuläre Erkrankungen und Interventionen, spinale Erkrankungen,
Neuropädiatrie und Entzündungen. Beiträge über die Bildgebung bei Kopfschmerzen, Notfallbildgebung,
ZNS-Veränderungen beim Glaukom sowie über Irrtümer und Fehler in der Neuroradiologie
sollen den zukünftigen Fachärzten das Rüstzeug für die ersten Nachtdienste mitgeben.
Hot Topics wie die aktuelle Diskussion zu MR-Kontrastmitteln sowie Hirntoddiagnostik
werden ebenso thematisiert wie eine Einführung in den Befund der Zukunft. Für alle
diese Themen und Beiträge konnten namhafte und kompetente Vortragende gewonnen werden.
Auf welche Themen können sich MTRA freuen?
Zimmer: Auch dieses Jahr wird es ein zweieinhalbtägiges Programm für MTRA und MTRA-Schüler
geben. Dieser Programmteil wird in Verantwortung der Vereinigung Medizinisch-Technischer
Berufe in der Deutschen Röntgengesellschaft organisiert. Vorträge zum „Berufsbild
der MTRA“, über „akute Notfälle im Nachtdienst und typische Krankheitsbilder, die
die MTRA erkennen sollte“ bis hin zum Thema Hygiene in der Neuroradiologie.
Trenkler: Am Samstag findet für MTRA, Studierende und junge Ärzte zudem die Stroke Rallye
statt. Hier kann das für die Thrombektomie notwendige Material hands-on kennengelernt
werden. An Flussmodellen lösen die Teilnehmenden dann konkrete Aufgaben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zweite German Stroke School auch für Mitglieder von DGNR und DeGIR!
Die Veranstaltung wird voraussichtlich mit 18 Unterrichtseinheiten für Modul E DeGIR
zertifiziert.
Bereits zum zweiten Mal nach 2018 wird die German Stroke School auf dem neuroRAD angeboten.
Zwei Tage intensives Training an Simulatoren und Flussmodellen, verbunden mit einem
Lecture-Programm, das von ausgewiesenen Spezialisten abgehalten wird: Die German Stroke
School wird auch in diesem Jahr eine herausragende Gelegenheit sein, die Thrombektomie
beim akuten ischämischen Schlaganfall zu erlernen.
Alle Infos finden Sie hier: neurorad.de > 2nd German Stroke School