Schlüsselwörter
Autoimmune Hepatitis - Primär biliäre Cholangitis - Primär sklerosierende Cholangitis
Key words
primary sclerosing cholangitis - primary biliary cholangitis - autoimmune hepatitis
Einleitung und Inzidenzen
Einleitung und Inzidenzen
Unter autoimmunen Lebererkrankungen werden im klassischen Sinne 3 verschiedene
Entitäten, die Autoimmune Hepatitis (AIH), die Primär biliäre Cholangitis (PBC) und
die Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) verstanden. Gemeinsam ist allen 3
Erkrankungen, dass sie eine chronischen Verlauf haben und im Endstadium zu einer
Zirrhose mit den entsprechenden Komplikationen, wie Aszites und
Ösophagusvarizenblutung, fortschreiten können. Eine rechtzeitige Diagnosestellung
und eine entsprechende Therapie ist daher unabdingbar, um das Fortschreiten der
Erkrankung zu verhindern.
Die jährliche Inzidenzen pro 100 000 Einwohner der Erkrankungen betragen 1,9 für die
AIH, 1,6 für die PBC und 1,3 für die PSC [1]
[2]. Die Prävalenz von AIH (16,9/100 000) und
PBC (14,6/100 000) sind etwa doppelt so hoch im Vergleich zur PSC (8,5/100 000)
[1]
[2]. Die Daten beruhen auf einer
nordeuropäischen Studie. Es wird angenommen, dass die Inzidenzen und Prävalenzen in
Mitteleuropa vergleichbar sind. Die wesentlichen Charakteristika der einzelnen
Erkrankungen sind vergleichend in [Tab. 1]
wiedergeben.
Tab. 1 Vergleichende Darstellung der wichtigsten Merkmale der
autoimmunen Lebererkrankungen (hervorgehoben sind die markanten
Merkmale).
|
Autoimmune Hepatitis
|
Primär biliäre Cholangitis
|
Primär sklerosierende Cholangitis
|
Charkterisierung
|
Chronische Lebererkrankung mit histologischer interface
Hepatitis
|
Chronisch inflammatorische autoimmune cholestatische
Lebererkrankung
|
chronische, cholestatische Lebererkrankung mit inflammatorischer
und fibrotischer Affektion der Gallengänge
|
Frauen betroffen
|
60%
|
90%
|
40%
|
Auftreten in Kindheit
|
+
|
−
|
+
|
HLA B8, DR3 oder DR4
|
+++
|
(+)
|
+
|
Assoziation zu CED
|
(+)
|
(+)
|
+++
|
Dominates Immunglobulin
|
IgG
|
IgM
|
(IgG)
|
Veränderung der Gallenwege
|
−
|
−
|
+++
|
Autoantikörper
|
ANA, LKM-1, SMA
|
AMA
|
(pANCA)
|
Standardtherapie
|
Prednisolon, Azathioprin
|
Ursodesoxycholsäure
|
Dilatation Gallengangstenosen
|
Im Folgenden fokusiert die Übersichtarbeit auf die Diagnostik und die therapeutischen
Optionen, wobei die einzelnen Entitäten separat behandelt werden.
Diagnostik
Autoimmune Hepatitis
Die klinischen Symptome der Autoimmunen Hepatitis sind häufig unspezifisch [3]. Diese unspezifischen Symptome
beinhalten im Wesentlichen Fatigue und Arthralgien. Falls zur Diagnosestellung
bereits eine Leberzirrhose vorliegt, können entsprechende klinische Zeichen
zusätzlich vorhanden sein. Dazu zählen Leberhautzeichen, Ikterus, Zeichen der
hepatischen Enzephalopathie mit Desorientiertheit oder Verwirrtheit und Aszites.
Eine Zirrhose liegt etwa bei einem Drittel der Patienten zur Diagnosestellung
vor. Etwa ein Viertel der Autoimmunen Hepatitiden verlaufen zur Diagnosestellung
als akute Hepatitis [4]
[5].
Laborchemisch zeigen sich in erster Linie eine Erhöhung der
Aspartat-Aminotransferase (ASAT) und der Alanin-Aminotransferase (ALAT) als
Ausdruck des Vorliegens einer Hepatitis [6]. Die Erhöhung des Immunglobulin G (IgG) ohne gleichzeitiges
Vorhandensein einer Zirrhose ist eine Wesentlicher und sensitiver Marker in der
Diagnostik der AIH [7]
[8]. Die Autoantikörperdiagnostik ist der
zweite wesentliche Bestandteil der Diagnosestellung bei Patienten mit
Autoimmuner Hepatitis und definiert die 2 Haupttypen: AIH 1 (90% aller AIH) und
AIH 2 (10% aller AIH). Antinukleäre Antiköper (ANA; etwa 75% bei AIH 1),
Antikörper gegen glatte Muskeln (anti-smooth muscle Antikörper; SMA; etwa 75%
bei AIH 1), Antikörper gegen Leber-Niere-Mikrosomen (Anti-LKM-1; etwa 65% bei
AIH 2), Antikörper gegen Leber-Cysosol- Protein 1 (anti-LC1; etwa 50% bei AIH 2)
und Antikörper gegen lösliches Leberantigen (anti-SLA; etwa 30% bei AIH) sind in
unterschiedlichen Kombinationen in der Diagnosestellung der AIH vorhanden [3]. Der einzige krankheitsspezifische
Antikörper ist der Anti-SL-Antikörper [3].
Allerdings sind weder die laborchemischen Veränderungen noch die
Antikörperveränderungen beweisend für eine AIH. Zur Diagnosestellung ist daher
weiterhin eine histologische Untersuchung notwendig und empfohlen [7]
[9]. Zu den histologischen Veränderungen
bei der Autoimmunen Hepatitis zählen u. a. eine Interface-Hepatitis,
Rosettenbildung, Emperipolese, panazinäre Entzündung, plasmazellreiches
Infiltrat, Degeneration von Hepatozyten mit Nekrosen und Regenerationsphänomene
[10]
[11]. Die Interface-Hepatitis ist ein
Kernkriterium der histologischen Veränderungen bei AIH und typischerweise
nachweisbar. Es finden sich lymphozytäre oder lymphoplasmazelluläre Infiltrate
in den Portalfeldern, mit Übergreifen auf die Läppchen, ballonierte Hepatozyten
und bzw. oder pyknotische Einzellnekrosen. Die panazinäre Entzündung bzw.
Hepatitis ist typischerweise bei einem akuten Ausbruch einer AIH oder bei einem
Rezidiv der AIH nach Absetzen der immunsupressiven Therapie vorhanden. Im
revidierten Diagnosescore der IAIHG (International Autoimmune Hepatitis Group)
werden für die histologischen Veränderungen Interface-Hepatitis, Plasmazellen
und Rosettenbildung drei Punkte vergeben, bei Fehlen der Veränderungen bzw. bei
Gallengangsveränderungen werden 5 bzw. 3 Punkte abgezogen [9]. In dem vereinfachten AIH-Score werden
die histologischen Veränderungen nur als AIH-typisch bei gleichzeitigem
Vorhandensein von Interface-Hepatitis, Emperipolese und Rosettenblidung
gewertet, histologische Veränderungen mit lymphozytärem Infiltrat im Sinne einer
chronischen Hepatitis wird als vereinbar mit AIH gewertet [7]. Alle anderen histologischen
Veränderungen werden als atypische Veränderungen bewertet. Tatsächlich sind alle
diese histologischen Veränderungen nicht spezifisch und auch bei anderen
entzündlichen Lebererkrankungen, wie medikamentöser Schädigung (DILI- Drug
induced liver injury) oder viraler Hepatitis vorhanden [3].
In der Zusammenschau kann die Diagnose der Autoimmunen Hepatits nur in
Kombination aus klinischen, laborchemischen (inklusive Autoantikörpern) und
histologischen Veränderungen gestellt werden. Zur Vereinfachung der
Diagnosestellung sind daher Scoringsysteme etabliert worden. Diese können die
Diagnosestellung unterstützen, wobei die Sensitivität und Spezifität der beiden
etablierten Scoresysteme vergleichbar sind. Insbesondere der vereinfachte
AIH-score (simplified AIH-score) kann in der Praxis die Diagnosestellung
unterstützen, da einige wenige Parameter einfließen ([Tab. 2]) [7]. Der weiterhin existierende IAHG–Score ([Tab. 2]) ist demgegenüber deutlich
aufwendiger und in der Praxis schlecht anwendbar [9]. Die Sensitivität und Spezifität beider
Scoresysteme ist im Wesentlichen vergleichbar [12].
Tab. 2 Gegenüberstellung der beiden etablierten
Scoringsysteme der AIH.
Score der Internationalen Autoimmunen Hepatitis Gruppe [9]
|
Verkürzter AIH-Diagnose-Score [44]
|
Variable
|
Punkte
|
Variable und cut-off
|
Punkte
|
Geschlecht weiblich
|
+2
|
ANA oder SMA ≥1:401
|
1
|
AP:ASAT Ratio
|
|
ANA oder SMA ≥1:801
|
2
|
▪ > 3
|
−2
|
▪ > 1,5
|
+2
|
y-Globulin oder IgG über Normwert
|
|
oder LKM ≥1:401
|
|
▪ > 2-fach
|
+3
|
▪ 1,5 bis 2-fach
|
+2
|
▪ 1 bis 1,5-fach
|
+1
|
Autoantikörper (ANA, SMA oder LKM1)
|
|
oder SLA/LP positiv1
|
|
▪ > 1:80
|
+3
|
▪ 1:80
|
+2
|
▪ 1:40
|
+1
|
▪ < 1:40
|
0
|
AMA>1:40
|
−4
|
IgG
|
|
▪ > Normwert
|
1
|
▪ > 1,1x Normwert
|
2
|
Virale Hepatitis (HBsAG, anti-HCV)
|
|
Leberhistologie : passend zu AIH
|
|
▪ positiv
|
−3
|
▪ AIH-typisch
|
1
|
▪ negativ
|
+3
|
2
|
Medikamentenanamnese
|
|
Ausschluss einer viralen Hepatitis
|
2
|
▪ positiv
|
−4
|
▪ negativ
|
+1
|
Alkoholkonsum
|
|
|
|
▪ < 25 g/d
|
+2
|
▪ > 60 g/d
|
−2
|
Andere Autoantikörper (Anti-
|
+2
|
|
|
SLA/LP, LC1, Actin, pANCA)
|
HLA-DR3 oder –DR4
|
+1
|
|
|
Andere
|
|
|
|
Autoimmunerkrankungen (Patient oder Familie)
|
+2
|
Leberhistologie
|
|
|
|
▪ Interface-Hepatitis
|
+3
|
▪ Lymphoplasmazelluläres
|
+1
|
Infiltrat
|
|
▪ Rosetten
|
+1
|
▪ keine der obrigen Veränderungen
|
−5
|
: Gallengangveränderungen
|
−3
|
▪ Andere Veränderungen
|
−3
|
Therapieerfolg:
|
|
|
|
▪ vollständig
|
+2
|
▪ Rezidiv nach Absetzen
|
+3
|
Diagnose einer AIH
|
|
Diagnose einer AIH
|
|
▪ definitive AIH
|
>15
|
▪ definitive AIH
|
≥7
|
▪ wahrscheinliche AIH
|
10–15
|
▪ wahrscheinliche AIH
|
≥6
|
Nach Therapie
|
|
|
|
▪ definitive AIH
|
>17
|
|
|
▪ wahrscheinliche AIH
|
12–17
|
|
|
1maximale Punktzahl für alle Antikörper: 2
Eine Reihe von immunvermittelten Erkrankungen zeigen eine Assoziation zur AIH.
Bei etwa 20% der Patienten mit AIH besteht gleichzeitig eine
Autoimmunthyreoidits ([Tab. 3]), sodass
bei Erstdiagnose einer AIH die Bestimmung des TSH empfohlen wird [12]. Weiterhin ist das Risiko einer
gleichzeitigen Erkrankung an einer Rheumatoiden Arthritis, eines systemischen
Lupus erythematodes oder eines Sjögren-Syndrom im Vergleich zur
Normalbevölkerung bei Patienten mit AIH erhöht. Beispielsweise weisen ein
Drittel der Patienten mit einer AIH gleichzeitig Antikörper gegen dsDNA auf
([Tab. 3]) [13]. Insgesamt leiden etwa 30–40% der
Patienten mit AIH an Arthralgien, eine Auflistung entsprechender assoziierter
Erkrankungen ist in [Tab. 3]
aufgelistet.
Tab. 3 Mit der Autoimmunhepatitis assoziiert Erkrankungen
mit den entsprechenden Häufigkeiten (aus (12) ).
Erkrankung
|
Häufigkeit (in Prozent)
|
Autoimmun-Thyreoiditis (Hashimoto)
|
10–23
|
Colitis ulcerosa
|
1–8
|
Rheumatoide Arthritis
|
2–8
|
Sjögren-Syndrom
|
1–15
|
Zöliakie
|
1–2
|
Systemische Lupus erythematodes
|
1–13
|
Diabetes mellitus Typ 1
|
1–9
|
Multiple Sklerose
|
1
|
Polymyalgia rheumatica
|
1
|
Vitiligo
|
2
|
Primär biliäre Cholangitis
|
4–14
|
Primär sklerosierende Cholangitis
|
2–8
|
Mixed connective tissue disease
|
2,5
|
Psoriasis
|
3
|
Autoimmun-hämolytische Anämie
|
Fallberichte
|
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
|
Fallberichte
|
Perniziöse Anämie
|
Fallberichte
|
Progressive Systemsklerose
|
Fallberichte
|
Leukozytoklastische Vaskulitis
|
Fallberichte
|
Glomerulonephritis
|
Fallberichte
|
Perikarditis und Myokarditis
|
Fallberichte
|
Febrile Pannikulitis
|
Fallberichte
|
Lichen ruber
|
Fallberichte
|
Uveitis
|
Fallberichte
|
Behcet
|
Fallberichte
|
Fibrosierende Alveolitis
|
Fallberichte
|
Alopezia areata
|
Fallberichte
|
Nageldystrophie
|
Fallberichte
|
Pyoderma gangraenosum
|
Fallberichte
|
Mononeuritis multiplex
|
Fallberichte
|
Primär billiäre Cholangitis
Die klinischen Symptome der primär biliären Cholangitis (PBC) sind Fatigue,
Pruritus und Ikterus [14]. Weiterhin wird
bei Patienten mit PBC häufiger eine Sicca-Symptomatik diagnostiziert [15]
[16]. Allerdings sind die meisten
Patienten asymptomatisch und fallen durch Veränderungen der laborchemischen
Parameter auf. Klassischerweise betreffen die laborchemischen Veränderungen die
y-Glutamyltranspeptidase (y-GT) und die alkalische Phosphatase (AP) [12]. Zudem werden häufig erhöhte Werte der
Immunglobulin M gemessen. Als Grenzwerte zum Start eines diagnostischen
Abklärung werden im Allgemeinen eine Erhöhung der AP mehr als 1,5-fach und der
y-GT größer als 3-fach empfohlen. Die Diagnose wird im Wesentlichen durch die
Bestimmung der Autoantikörper gestellt. Dabei nimmt die Bestimmung der
antimitochondralen Antikörper (AMA) mit einer Sensitvität von mehr als 95% eine
Sonderstellung ein [17]. Weitere positive
Autoantikörper bei PBC sind Antikörper gegen das lösliche Kernkörperchenprotein
Sp100 (Anti-Sp 100) und Antikörper gegen das nukleäre Glykoprotein 210
(anti-Gp210), allerdings mit deutlich niedriger Sensitivität [18]. Bei Vorliegen einer klassischen
Kombination aus Klinik, laborchemischen und Antikörperveränderungen ist eine
histologische Untersuchung für die Diagnosestellung verzichtbar [12].
Die zahlreichen Differenzialdiagnosen der PBC sind in [Tab. 4] zusammengefasst. Als eine der
ersten Maßnahmen sollte im Rahmen der differenzialdiagnostischen Abklärung eine
Ultraschalluntersuchung zum Ausschluß einer extrahepatischen Cholestase
durchgeführt werden [12].
Tab. 4 Differenzialdiagnosen der intrahepatischen und
extrahepatischen Cholestase bei Erwachsenen (adaptiert nach
(14)).
Hepatozelluläre Cholestase
|
Cholangiozelluläre/biliäre Cholestase
|
Alkoholische Steatohepatitis
|
Primär biliäre Cholangitis
|
Nicht-alkoholische Steatohepatitis
|
Primär sklerosierende Cholangitis
|
Amyloidose
|
IgG4-assoziierte Cholangitis
|
Sarkoidose
|
Sekundär sklerosierende Cholangitis (z. B.
Choledocholithiasis, Schock, Polytrauma, Vaskulitis,
AIDS)
|
Medikamentös-toxische Schädigung (DILI)
|
Mukoviszidose
|
Genetische Erkrankungen (z. B. Benigne rekurrente
intrahepatische Cholestase Typ 1–3; Progressiv familiäre
intrahepatische Cholestase Typ 1–3)
|
Medikamentös-toxische Schädigung (DILI)
|
Maligne Infiltration
|
Von Meyenburg-Komplex
|
Noduläre regenerative Hyperplasie
|
Caroli-Syndrom
|
Paraneoplastisch (z. B. Hodgkin Lymphom)
|
Graft-versus-Host Abstoßung
|
Sepsis
|
Idiopathische Ductopenie
|
Budd-Chiari-Syndrom
|
Langerhans-Zellhistiozytose
|
Sinusoidale Obstruktionssyndrom (SOS)
|
|
Virale Hepatitis
|
|
Wie oben erwähnt, sollte nur in unklaren Fällen eine histologische Sicherung
durchgeführt werden. Die histologischen Stadien werden nach dem Grad der
Gallengangsveränderungen, der Entzündung und der Fibrose eingeteilt und anhand
dieser Kriterien in 4 Stadien (nach Ludwig und Scheuer) unterteilt [19]
[20]
[21]. Aufgrund der nicht uniformen
Verteilung der Veränderungen in der Leber können Gallengangsveränderungen,
Entzündung und Fibrose auch gleichzeitig in einer Biopsie vorkommen. Das
Vorliegen einer fokalen Gallengangobliteration mit Granulomen im Sinne einer
floriden Gangschädigung wird als pathognomisch angesehen.
Durch Messung der Lebersteifigkeit besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit
der nicht-invasiven Diagnosestellung der Zirrhose [22]
[23]
[24]. Ein Steifigkeitswert von 9,6 kPa
oder mehr wird dabei im Allgemeinen als beweisend für das Vorliegen einer
Zirrhose bei PBC angesehen [22]. Damit
verbunden ist ein 5-fach erhöhtes Risiko der Dekompensation,
Lebertransplantation oder Tod. Die Progression der Steifigkeit im Verlauf ist
ein Surrogatmarker [22].
Primär sklerosierende Cholangitis
Entscheidend für die Diagnosestellung der primär sklerosierenden Cholangitis sind
die bildgebenden Veränderungen der Gallenwege [12]. Diese Veränderungen sind charakterisiert durch multifokale
Strikturen und segmentale Erweiterungen [25]
[26]. Heutzutage gilt die
Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) als bildgebende Methode der
Wahl zur Diagnosestellung [25]
[26]. Die Sensitivität wird mit über 80%,
die Spezifität mit über 85% angegeben. Zudem müssen andere Ursachen der
Gallenwegsstauung bzw. -veränderungen ausgeschlossen werden. Obwohl der
Ultraschall als alleinige Bildgebung zur Diagnosstellung eher nicht geeignet
ist, wird die Durchführung eines Ultraschalls im Rahmen der
differentialdiagnostischen Abklärung empfohlen ([Tab. 4]) [12]. Die klinischen Symptome der primär sklerosierenden Cholangitis
sind unspezifisch mit Schmerzen im rechten oberen Quadranten des Abdomens,
Pruritus, Fatigue, Gewichtsverlust und rezidivierende Fieberschübe [27]
[28]
[29]. Allerdings sind etwa nur die Hälfte
der Patienten zur Diagnosestellung symptomatisch. Die laborchemischen
Veränderungen sind charakterisiert durch die Erhöhung der Cholestaseparamter
(y-GT und AP) und einer eher milden Erhöhung der Transaminasen (2–3 fach) [12]
[30]. Weiterhin können bei Patienten mit
PSC erhöhte Werte von Immunglobulin G (etwa 60% der Patienten) und Immunglobulin
M (etwa 45% der Patienten) gefunden werden [30]. Die Veränderungen der Autoantikörper sind zur Diagnosestellung
verzichtbar, da der Nachweis von perinukleären antineutrophilen
zytoplasmatischen Antikörpern (p-ANCA; 26–94%), antinukleären Antikörper (ANA;
8–77%) und Antikörper gegen glatte Muskeln (SMA; 0–83%) in den vorhandenen
Studien sehr unterschiedlich angegeben wird [31]. Auch die histologischen Veränderungen sind nicht spezifisch. Es
werden vier histologische Stadien unterschieden, wobei im initialen Stadium
(Stadium 1) die histologischen Veränderungen auf den Portaltrakt mit portalen
Ödemen, milder portaler Hepatitis, nicht-destruktiver Cholangitis mit
Infiltration von Lymphozyten in die Gallengänge und Gallengansproliferation
beschränkt bleibt. Im periportalen Stadium (Stadium 2) ist eine periportale
Fibrose nachweisbar. Im septalen Stadium (Stadium 3) treten fibrotische Septen
sowie Degeneration und Verschwinden von Gallengängen hinzu. Im Endstadium
(Stadium 4) ist eine Zirrhose nachweisbar [30].
Eine Besonderheit der PSC im Gegensatz zu den anderen autoimmunen
Lebererkrankungen ist die Assoziation zu chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen. Am häufigsten ist die Assoziation zwischen der Colitis
ulcerosa und der PSC mit 80% der Fälle, die restlichen 20% verteilen sich auf
den M.Crohn (10%) und die indeterminierte Form (10%) [27]
[32]
[33]
[34]. Obwohl die CED in diesem
Zusammenhang häufig mit einer asymptomatischen oder milden Verlaufsformen
einhergeht, geht sie der PSC zeitlich häufig voraus [33]
[35]. Es ist daher empfohlen, alle
Patienten mit der Erstdiagnose einer PSC einer Koloskopie zur entsprechenden
Diagnostik einer CED zu unterziehen [12].
Die Assoziation mit der Colitis ulcerosa erklärt auch das erhöhte Risiko zur
Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms bei Patienten mit PSC [36]
[37]
[38]. Weiterhin haben Patienten mit PSC
ein erhöhtes Risiko (jeweils im Vergleich zur Normalbevölkerung) für die
Entwicklung von hepatobiliären Karzinomen (161-fache Erhöhung), Kolonkarzinomen
(10-fache Erhöhung) und Pankreaskarzinomen (14-fache Erhöhung [26]
[39]. Die Diagnose erfolgt im Wesentlichen
über bildgebende Verfahren, eine ERCP mit Bürstenzytologie oder Biopsie und eine
Cholangioskopie mit Biopsie sollte bei klinischer Indikation durchgeführt werden
[26].
Therapie
Autoimmune Hepatitis
Die Therapie der Autoimmunen Hepatitis sollte in der Normalisierung der
Transamminasen und der Immunglobulin G-Werte münden [6]. Eine zentrale Stellung in der
Behandlung des akuten Schubs der AIH nimmt die Therapie mit Steroiden ein.
Tatsächlich kann das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie mit Steroiden als
diagnostisches Kriterium verwendet werden, da im Allgemeinen von einem
Ansprechen der Therapie ausgegangen wird [6]
[40]. Als mögliche
Erstlinientherapiestrategien kann einerseits eine Monotherapie mit Steroiden
gefolgt von einer immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin als langfristige
Therapie und andererseits eine frühzeitige Kombination beider Therapien verfolgt
werden [3]
[9]. Die initiale Therapiedauer sollte
nach momentanen Empfehlungen mindestens 3 Jahre bzw. 2 Jahre nach Normalisierung
der Transaminasen, entsprechend einer biochemischen Remission, betragen [3]. Budenosid kann als nebenwirkungsärmer
Alternative anstelle von Prednisolon eingesetzt werden, allerdings ist Budenosid
nicht zur Behandlung von zirrhotischen Patienten zugelassen. Die Datenlage
bezüglich einer Therapie mit Budenosid ist allerdings limitiert [41]. Die Beendigung der Dauertherapie kann,
wie oben erwähnt, nach 3 bis 4 Jahren diskutiert werden. Allerdings ist hier
nicht die biochemische, sondern die histologische Remission entscheidend [42]
[43]. Ein Wiederauftreten der Autoimmunen
Hepatitis ist sehr häufig (50–90%) und ereignet sich normalerweise in den ersten
12 Monaten nach Absetzen der Therapie [3].
Als Zweitlinientherapie wird am häufigsten Mycophenolat-Mofetil (MMF; 1,5–2g/Tag)
eingesetzt. Allerdings existieren keine randomisierten Studien, sondern nur
Fallberichte bzw. kleinere Serien, die die Wirksamkeit der Zweitlinientherapien
dokumentieren [44]
[45]
[46]. Alternative medikamentöse Therapien,
basierend auf kleineren Fallserien, können mit dem anti-CD20-Antikörper
Rituximab (außerhalb der Zulassung) und den Tumornekrosefaktor
alpha-(TNFa)-Inhibitor Infliximab (außerhalb der Zulassung) durchgeführt werden.
Zudem existieren Fallberichte zu erfolgreichen Therapien mit Cyclosporin,
Cyclophosphamid, Tacrolimus und Metotrexat [3]
[6]
[12]. Bei Patienten ohne ausreichendes
Therapieansprechen sollte weiterhin die Möglichkeit einer Lebertransplantation
geprüft werden.
Primär biliäre Cholangitis
Die anerkannte und mit randomisierten und placebokontrollierten Studien belegte
Therapie der primär biliären Cholangitis ist die Therapie mit
Ursodesoxycholsäure (UDCA; 13–15 mg/kgKG/d) [47]
[48]. UDCA führt dabei zu einer
Verbesserung der y-GT, der AP und des IgM. Die Effekte auf Begleitsymptome, wie
Pruritus oder Fatigue, sind allerdings gering. Wenn die Therapie frühzeitig
gestartet wird, verhindert eine Langzeittherapie eine histologische Progression
[47]. Entsprechend der biochemischen
und histologischen Verbesserung konnten Metaanalysen eine Verbesserung des
Überlebens zeigen [49]. Das Ansprechen der
UDCA-Therapie kann über verschiedene Kriterien bestimmt werden, wobei die
häufigsten die Barcelona und Paris I und II Kriterien sind [48]
[50]
[51]. Hierbei wird im Wesentlichen das
Ansprechen der biochemischen Parameter beurteilt.
Seit kurzem besteht die Möglichkeit der Therapie mit Obeticholsäure bei Patienten
mit Therapieversagen auf die Standardtherapie und bei Patienten mit
Unverträglichkeiten von UDCA. Obeticholsäure (OCA) ist eine semi-synthetische
hydrophobische Gallensäure und bindet als Agonist an den Farnesoid-X-Rezeptor
(FXR) [52]
[53]. Der FXR-Signalweg reguliert direkt
die Gallensäuresekretion, -transport, -absorption und -detoxifikation. Die
Wirkung von Obeticholsäure in der Behandlung der PBC wurde in der POISE-Studie
untersucht [54]. In dieser
placebokontrollierten randomisierten Studie wurden 217 Patienten untersucht.
Etwa die Hälfte der mit OCA (5–10 mg: 46%; 10 mg: 47%) behandelten Patienten
erreichten den primären Endpunkt (biochemische Verbesserung) verglichen mit 10%
in der Placebogruppe (p<0,001) [54].
Die nicht-invasive Bestimmmung des Fibrosegehalts (FibroScan) der Leber war
nicht unterschiedlich zwischen der Therapie- und der Placebogruppe. Allerdings
hatten die Patienten in der Therapiegruppe signifikant mehr Nebenwirkungen,
wobei Pruritus die führende Nebenwirkung war [54]. Daten zum Überleben wurden in der Studie allerdings nicht
untersucht.
Eine weitere aktuelle Studie untersuchte die Therapie mit dem pan-PPAR Agonist
Bezafibrat bei Patienten mit PBC und Therapieversagen auf Ursodesoxycholsäure
[55]. In dieser randomisierten,
doppel-blinden, placebokontrollierten Phase 3-Studie wurden Patienten mit der
Standardtherapie Ursodesoxycholsäure weiterbehandelt. Zusätzlich wurde
Bezafibrat (400 mg/Tag) oder Placebo verabreicht [55]. Das komplette biochemische Ansprechen
wurde bei 31% der Patienten in der Therapiegruppe und bei keinem Patienten in
der Plazebogruppe erreicht. Als Nebenwirkungen traten vermehrte Myalgien und
erhöhte Kreatininwerte bei den Patienten in der Therapiegruppe auf [55].
Somit besteht heutzutage die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie bei
Patienten mit PBC und Nichtansprechen oder Nebenwirkungen auf die
Standardtherpaie mit UDCA. Inwieweit die biochemischen Verbesserungen von OCA
oder Bezafibrat auch zu einem besseren Überleben führen, bleibt allerdings
unklar.
Primär sklerosierende Cholangitis
Im Gegensatz zu den anderen autoimmunen Lebererkrankungen gibt es keine
etablierte medikamentösen Therapie der PSC [30]. Immunsuppressive Therapien haben bisher keine Wirksamkeit in der
Behandlung der PSC gezeigt. Die Therapie mit UDCA ergab unterschiedliche
Ergebnisse im Bezug auf Krankheitsverlauf der PSC und Verhinderung von
Karzinomen, so dass keine allgemeine Therapieempfehlung gegeben werden kann
[12]
[30].
Die Therapie von dominaten Stenosen mittels endoskopisch retrograder
Cholangiopankreatikografie (ERCP) geht mit einer Verbesserung des Überlebens und
häufig mit Verbesserung des Pruritus und der biochemischen Parameter einher
[26]. Als dominate Stenosen werden
Stenosen>1,5 mm im Durchmesser in großen Gallenwegen und>1 mm im rechten
und linken Subsegmenten klassifiziert [26]. Zur wirksamen Behandlung sind wiederholte Prozeduren notwendig, die
Frequenz der Prozeduren und die optimale Methode sind unklar. Daher empfehlen
die aktuellen Leitlinien bei der verwendeten Methode (Ballondilatation vs.
Stenting) diese in Abhängigkeit der lokalen Expertise durchzuführen [12]
[26]. Eine periprozeduale antibiotische
Abschirmung sollte unabhängig von der angewendeten Methode durchgeführt werden
[26].
Zusammenfassung
Als autoimmune Lebererkrankungen werden die Autoimmune Hepatitis, die Primär biliäre
Cholangitis und die Primär sklerosierende Cholangitis zusammengefasst. Die
Diagnostik besteht aus einer Kombination aus laborchemischen Veränderungen,
Veränderungen von spezifischen Autoantikörpern bzw. aus bildgebenden Verfahren.
Histologische Veränderungen sind in der Diagnosestellung der AIH notwendig, die
Diagnosestellung der PBC und der PSC gelingt in der Mehrzahl der Fälle ohne Biopsie.
Wichtig für alle autoimmunen Lebererkrankungen ist die Assoziation zu anderen
Krankheitsbildern.
Das Behandlungsspektrum der autoimmunen Lebererkrankungen reicht von
immunsuppressiver Therapie (AIH), über spezifische medikamentöse Therapie mit
Beeinflussung der Gallensäurezusammensetzung (PBC) bis zu endoskopischen
Interventionen an den Gallenwegen (PSC).