Aktuelle Dermatologie 2019; 45(07): 313
DOI: 10.1055/a-0886-9384
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Phytotherapie in der Dermatologie: nicht Alternative, sondern Teil der akademischen Medizin

Phytotherapy in Dermatology: Not Just an Alternative, but Part of Academic Medicine
C. M. Schempp
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Prof. Dr. med. Christoph M. Schempp
Forschungszentrum Skinitial®
Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstr. 7
79104 Freiburg

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Publication Date:
16 July 2019 (online)

 
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Prof. Dr. med. Christoph M. Schempp

Komplementärmedizinische Verfahren werden jedoch in der Dermatologie, anders als in Fachrichtungen wie Pädiatrie oder Urologie, eher selten eingesetzt. Ein Grund hierfür ist das allergene und toxische Potenzial vieler Pflanzen, über das ganze Bücher geschrieben wurden [1] [2]. Eine aktuelle Übersicht über pflanzliche Kontaktallergene bietet der Beitrag von Esser et al. in diesem Heft [3]. Bei Kenntnis der Risiken und sinnvoller Auswahl der Pflanzenstoffe haben diese jedoch ein großes Potenzial für die medizinische und kosmetische Anwendung.

Eine genauere Betrachtung zeigt: Die Phytotherapie hat schon längst Einzug in die dermatologische Praxis gehalten. So wurden viele in der äußerlichen Anwendung etablierte Stoffe ursprünglich aus Pflanzen gewonnen. Die Salicylsäure, zuerst aus der Weidenrinde isoliert, wird verwendet als Keratolytikum. Das Cignolin ist ein aus der Rinde des Tropenbaumes Andira araroba isoliertes Anthralin, verwendet zur Behandlung der Schuppenflechte. 8-Methoxypsoralen ist ein noch heute aus der Knorpelmöhre (Ammi majus) isoliertes Furocumarin, das für die PUVA-Therapie und die extrakorporale Photophorese verwendet wird. Natürliches Menthol bindet an den TRPM8-Rezeptor epidermaler Nervenfasern und wirkt so kühlend und Juckreiz lindernd.

Es gab in den letzten Jahren auch Neuzulassungen von dermatologischen Arzneimitteln auf Naturstoffbasis. So wird der aus der Gartenwolfsmilch isolierte Reinstoff Ingenolmebutat (Picato®) zur Behandlung von aktinischen Keratosen eingesetzt; ein Grüntee-Extrakt (Veregen®) wurde zur Behandlung von Kondylomen zugelassen; ein Trockenextrakt aus der Birkenrinde (Episalvan®) wurde zugelassen als topisches Arzneimittel für die Behandlung von Verbrennungen und oberflächlichen Wunden und befindet sich in Zulassungsstudien für die Epidermolysis bullosa. Diese spannende Entwicklung der Birkenrinde „from bench to bedside“ wird in dem Beitrag von Scheffler vorgestellt [4]. Hoffmann et al. besprechen phytotherapeutische Ansätze bei entzündlichen Hauterkrankungen wie atopischer Dermatitis und Psoriasis [5]. Auch im Bereich der medizinischen Kosmetik haben pflanzliche Wirkstoffe wie die Phytoceramide Einzug gehalten [6]. Diese wenigen Beispiele zeigen, dass Naturstoffe bzw. Phytotherapeutika das Potenzial zur rationalen, evidenzbasierten Anwendung haben.

Ein Sonderheft wie das hier vorgelegte kann sicher nicht alle Aspekte eines so umfangreichen Themas wie der Phytotherapie abdecken. Wir hoffen, Ihnen dennoch einen informativen, lehrreichen und auch für die Praxis hilfreichen Überblick zusammengestellt zu haben.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr

Prof. Dr. med. Christoph M. Schempp


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