Einführung, Pathophysiologie
Einführung, Pathophysiologie
Referent: Berthold Jany, Würzburg
Patienten mit COPD sterben zu fast einem Drittel an Herz-Kreislauf-Erkrankungen [1]. Damit ist dies die zweithäufigste Todesursache nach der Lungenerkrankung selbst (37 %). Wegen dieser hohen Bedeutung muss nach kardiovaskulärer Komorbidität bei COPD-Patienten aktiv gesucht werden. Patienten aus beiden Krankheitsgruppen stimmen in ihrem Risikoprofil weitgehend überein hinsichtlich Rauchen, körperlicher Inaktivität, Fehlernährung und Exposition gegen Luftschadstoffen. Diese Risiken sind assoziiert mit systemischen Entzündungsprozessen und mit einer verfrühten Zellalterung [2].
COPD-Patienten mit kardialer Komorbidität
COPD-Patienten haben je nach Studie zu 1 % – 41 % gleichzeitig eine kardiale Komorbidität.
Auch bei hospitalisierten Patienten mit COPD-Exazerbation liegen häufig zusätzliche kardiale Erkrankungen vor. Holländische Autoren bestimmten den Cardiac Infarction Injury Score (CIIS) und fanden bei 28 % der Patienten mit COPD-Exazerbation einen erhöhten CIIS über 20 Punkte [3]. Diese Risikogruppe hatte 24 Monate nach Entlassung ein signifikant geringeres kumulatives Überleben (ca. 50 %) als Patienten mit normalem CIIS-Score (ca. 70 %).
Herzpatienten mit COPD
Legt man den Fokus auf die Herzerkrankung, beobachtet man bei 12 % – 39 % der Patienten eine pulmonale Komorbidität [4], und greift man speziell die Population mit Herzinsuffizienz heraus, sind knapp ⅓ der Patienten gleichzeitig von einer COPD betroffen. Betrachtet man Patienten mit Koronarintervention und fahndet bei ihnen nach einer COPD, stellt man eine COPD-Prävalenz von 25 % fest [5]. Besonders auffällig war, dass die COPD bei der Mehrheit dieser Betroffenen bisher gar nicht diagnostiziert war.
Aus dem europäischen Langzeitregister für Patienten mit Herzinsuffizienz wurde kürzlich der Anteil der Patienten mit gleichzeitiger COPD ermittelt; es waren hier 16 % [6]. Herzinsuffizienz-Patienten mit COPD hatten innerhalb eines Jahres eine signifikant höhere Rate von Hospitalisationen als Patienten ohne COPD. Ein Grund dafür lag wahrscheinlich in der Langzeit-Medikation: Bei COPD waren zu selten Betablocker verordnet worden, sodass die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz unzureichend war.
Interaktion Lunge – Herz
Auch bei Lungengesunden kann eine Linksherzinsuffizienz langfristig die Lunge schädigen. Sie bewirkt ein Remodeling der Pulmonalgefäße, einen Anstieg des Pulmonalgefäß-Widerstandes und eine Verdickung der Alveolarwände [7]. Bis zu einem gewissen Grad haben diese Veränderungen protektive Wirkung und schützen vor einem Lungenödem. Im chronischen Stadium kann jedoch eine pulmonale Hypertension oder eine chronische Steuerungslunge resultieren.
Umgekehrt beeinträchtigt eine kranke Lunge die Herzfunktion. So ist die Überblähung sowohl mit einem reduzierten links-ventrikulären Schlagvolumen assoziiert als auch mit einem erniedrigten end-diastolischen Schlagvolumen [8]. Die Herzgröße verringert sich mit zunehmendem COPD-Schweregrad und bei stärkerer Überblähung [9]. Bei Patienten mit COPD und überblähtem Mittellappen kann es während der Exspiration zu einer Kompression des Herzens kommen [10]. Dementsprechend verbessert die medikamentöse Entblähung der Lunge die kardiovaskuläre Funktion [11]
[12]: Das rechtsventrikuläre enddiastolische Volumen verbesserte sich ebenso wie Parameter der linksventrikulären Funktion.
Symptom Atemnot
Atemnot ist das zentrale klinische Symptom der beiden Erkrankungen Herzinsuffizienz und COPD. Ebenso findet man bei beiden Erkrankungen eine verminderte Belastbarkeit, Müdigkeit und verzögerte Erholung nach körperlicher Anstrengung. Die Wahrnehmung der Dyspnoe wird durch eine Vielzahl afferenter Signale vermittelt, die unter anderem von der Atemmuskulatur und den Luftwegen ausgehen [13]. Das unangenehme Gefühl der Dyspnoe lässt sich im Gehirn im Bereich der Insel und in der Amygdala lokalisieren [14].
Die Empfindung der Atemnot ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Dies muss bei der symptomatischen Therapie eines Patienten in Betracht gezogen werden.
Psychosoziale Faktoren der Atemnot bei Lungen- und Herzkranken am Beispiel COPD und Herzinsuffizienz
Psychosoziale Faktoren der Atemnot bei Lungen- und Herzkranken am Beispiel COPD und Herzinsuffizienz
Referentin: Luitgard Jany, Würzburg
Subjektives Erleben von Atemnot
Der deutsche Begriff Atemnot verdeutlicht das Leid, die Qual, die der Patient mit Luftnot verspürt. Nach dem ATS-Statement wird Dyspnoe als die persönliche Erlebensweise der Atemnot beschrieben, und zwar als das Erleben als solches und die individuelle Reaktion darauf. Diese Reaktion kann trotz ähnlicher physiologischer Parameter (z. B. Lungenfunktionsmessung) sehr unterschiedlich ausfallen [15]. Typische Beschreibungen lauten „ich bin außer Atem“, „ich habe ein Engegefühl in der Brust“ oder „ich habe Angst zu ersticken“.
Psychosozial heißt, dass sich Atemnot sowohl innerseelisch als auch für die Umgebung auswirkt. Atemnot bewirkt Ängste bis hin zur Todesangst, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Angst vor Ausgrenzung. Dyspnoe schränkt die Mobilität ein und führt häufig zu sozialem Rückzug. Negative Überzeugungen des Patienten, z. B. „ich bin eine Last für andere“, führen zu verstärktem Rückzug aus dem sozialen Leben bis hin zur Einsamkeit ([Abb. 1]).
Abb. 1 Multidimensionales Atemnot-Modell.
Atemnot bei COPD und Herzinsuffizienz
Atemnot ist das häufigste Symptom sowohl bei COPD als auch bei Herzinsuffizienz. Sie kommt bei 83 – 95 % der COPD- und bei 56 – 74 % der Herzinsuffizienz-Patienten vor [16]
[17]. Beide Erkrankungen zeigen in ihrer Symptomatik auch Überschneidungen zu Angst und Depression, denn sie sind assoziiert mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Engegefühl in der Brust. Zur Prävalenz von Angst und Depression bei Herzinsuffizienz gibt es nur wenig Literatur. Man beobachtete bei 40 – 70 % der Herzpatienten Depressionen und bei 13 – 56 % Angsterkrankungen [18]
[19]
[20]
[21]
[22]. Im ambulanten Bereich klagte ungefähr jeder zweite Patient mit COPD und mit Herzinsuffizienz über die psychischen Symptome Schlafschwierigkeiten, Unsicherheit, sich Sorgen machen, Nervosität, Traurigkeit und Konzentrationsstörungen [17].
Im Unterschied zur Herzinsuffizienz berichten Patienten mit COPD signifikant häufiger darüber, schlecht ausatmen zu können [23]. Außerdem beschreiben sie eine stärkere Intensität der Atemnot als Herzpatienten. Ein wichtiger anamnestischer Unterschied ist die Raucheranamnese: Während 54 % der Herzinsuffizienz-Patienten angeben, nie geraucht zu haben, ist dies nur bei 8 % der COPD-Patienten der Fall [17]. Aktuell rauchten in diesen beiden Patientengruppen noch 9 % bzw. 30 % der Patienten.
Auswirkungen der Atemnot
Atemnot hat unabhängig von der Genese zahlreiche psychosoziale Auswirkungen. Sie setzt nicht nur die körperliche und mentale Beweglichkeit des Patienten herab und beeinträchtigt ihn seelisch, sondern sie wirkt sich auch auf die familiäre Umgebung aus. Familie und Freunde sind Mitbetroffene. Überlastung erhöht deren Erkrankungsrisiko, Beziehungsstörungen können auftreten und zu einer sozialen Isolation des Angehörigen führen. Kann der Patient seinen Beruf wegen der Atemnot nicht mehr ausüben, hat dies auch ökonomische Konsequenzen [24].
Die Einschätzung der Atemnot differiert zwischen Patient und Behandlern. Ärzte und Pflegekräfte schätzen die Atemnot meist geringer ein, als es dem Empfinden des Patienten entspricht [25]. Im ärztlichen Gespräch wird die Qualität der Atemnot häufig gar nicht adressiert. Auch Gespräche zu Erstickungsängsten am Lebensende werden zu selten geführt. Wenige Forschungsergebnisse liegen vor zu den Themen Scham, Unkenntnis des Patienten oder darüber, in welchem Ausmaß die Patienten sich in ihr Schicksal fügen.
Wenn bei der Behandlung des Patienten seine psychische Komorbidität nicht berücksichtigt wird, hat dies negative Folgen. Die Medikamentencompliance nimmt ab, der Patient leidet an seiner eingeschränkten Lebensqualität, er muss häufiger stationär behandelt werden und erlebt einen schlechteren Krankheitsverlauf mit verkürzter Lebensdauer [24].
Das bei COPD so häufige Zigarettenrauchen kann die Reaktion anderer Menschen auf das Leid des Patienten beeinflussen. Wie die Stigmaforschung zeigt, haben Menschen nur wenig Mitleid mit anderen, wenn deren Erkrankung als „selbstverschuldet“ gedeutet wird. In dieser Hinsicht sind Patienten mit Herzerkrankungen im „Vorteil“, denn für diese Krankheit vermutet man eigenes Fehlverhalten als Auslöser weniger. Nach einer Studie aus den 1980er-Jahren reagierten Menschen auf Patienten mit Koronarerkrankungen mit viel Mitleid und wenig Ärger, und sie waren in starkem Maße bereit, persönlich zu helfen [26]. Ganz anders war die Reaktion gegenüber adipösen Menschen, mit wenig Mitleid, viel Ärger und geringerer Hilfeleistung aus der Umgebung. Die COPD wurde in dieser Studie nicht mit untersucht. Es liegt nahe, dass sie ähnlich der Adipositas eingeschätzt wird, nämlich als selbstverschuldet.
Konsequenzen für die Betreuung
Sowohl für Herzinsuffizienz als auch für COPD existieren etablierte Rehabilitationsmöglichkeiten und psychosoziale Unterstützungsprogramme. Man sollte darüber nachdenken, zusätzlich gemeinsame Programme für beide Krankheitsgruppen zu entwickeln [27]. Im Gespräch mit dem Patienten sollte der Arzt die psychische Last erkunden und die subjektive Krankheitstheorie erfragen. Dyspnoe-Skalen können hilfreich sein, um die Belastung durch Atemnot zu eruieren. Manche Patienten sprechen nicht so gerne über ihre Empfindungen, können ihre Krankheit aber beim Zeichnen gut bildhaft darstellen. Psychosoziale Hilfsangebote sollten ebenfalls angeboten werden.
Die Mauer der mangelnden Kommunikation zwischen Arzt und Patient kann in erster Linie der Arzt durchbrechen und seine Patienten ermuntern, über ihre Gefühle und die Auswirkungen ihrer Krankheit zu sprechen.
Myokardinfarkt und COPD: die oft übersehene Komorbidität
Myokardinfarkt und COPD: die oft übersehene Komorbidität
Referent: Michael Dreher, Aachen
Myokardinfarktpatienten mit COPD
An der Universitätsklinik Aachen wurde vor mehreren Jahren eine gemeinsame Herz-Lungen-Station eröffnet. Davon profitieren sowohl Kardiologen als auch Pneumologen und v. a. ihre Patienten. Eine aktuell publizierte Auswertung der Behandlungsergebnisse betrachtete Patienten mit Myokardinfarkt und PCI [28]. Es zeigte sich, dass 20 % dieser Patienten gleichzeitig eine COPD hatten, wobei 80 % dieser COPD-Patienten zuvor keine Therapie für ihre Lungenerkrankung erhalten hatten. Interessant war auch, dass die CKmax-Werte bei COPD-Patienten 3-mal so hoch waren wie bei Myokardinfarkt-Patienten ohne COPD, nämlich durchschnittlich 1460 vs. 581 U/l. Dass umgekehrt kardiale Komorbiditäten bei Patienten mit COPD häufig sind, wurde schon vor Jahren gezeigt [29]. Mehr als die Hälfte der COPD-Patienten hatten 4 oder mehr Komorbiditäten wie Dyslipidämie, Hypertonie, Arteriosklerose oder Myokardinfarkt. Und schon länger als 25 Jahre ist bekannt, dass Patienten mit Myokardinfarkt eine schlechtere Prognose haben, wenn sie gleichzeitig an einer COPD erkrankt sind [30]. Das Überleben bei Myokardinfarktpatienten mit COPD als Komorbidität war über einen Zeitraum von 6 Jahren signifikant geringer im Vergleich zu den Patienten ohne COPD als Begleiterkrankung. Eine 2009 publizierte VALIANT-Studie [31] zeigte, dass Patienten mit Herzinfarkt und gleichzeitiger COPD ein signifikant besseres Überleben hatten, wenn sie Betablocker erhielten als Patienten ohne diese Medikation. Offenbar war die früher praktizierte Haltung, COPD-Patienten keine Betablocker zu verschreiben, ein wichtiger Faktor für die schlechtere Prognose.
Patienten mit ischämischer Herzerkrankung und COPD
Jeder Patient mit koronarer Herzkrankheit sollte eine Spirometrie erhalten, um eine COPD auszuschließen oder zu diagnostizieren. In einem Kollektiv von Patienten mit akutem Koronarsyndrom konnte Folgendes gezeigt werden: Wenn die Diagnose COPD nur anamnestisch erhoben wurde, fand man bei 5 % der Patienten eine COPD als Komorbidität [32]. Nach Spirometrie zeigten sich jedoch doppelt so hohe Raten von COPD, nämlich bei 11 % der Patienten.
Die Symptomatik des akuten Koronarsyndroms ist unterschiedlich, je nachdem, ob Patienten zusätzlich eine COPD haben oder nicht. COPD-Patienten klagen häufiger über atypische Brustschmerzen und sehr viel häufiger über Atemnot [33]. Außerdem empfinden sie ihre Dyspnoe als stärker ausgeprägt. Die Unterschiede der Atemnot bei Herzinsuffizienz und bei COPD wurden in einer Aachener Studie bei COPD-Patienten und Patienten mit Herzinsuffizienz mit einem neu entwickelten Fragebogen untersucht [34]. COPD-Patienten gaben signifikant häufiger und stärker Luftnot bei unterschiedlichsten Umgebungssituationen an wie bspw. bei Hitze oder Regen, oder in Alltagssituationen wie z. B. beim Kochen oder Tanken. Nur bei der Belastung durch Passivrauchen unterschieden sich beide Patientengruppen nicht.
Bei Rauchern mit ischämischer Herzerkrankung war die Lungenfunktion in 42 % der Fälle eingeschränkt, am häufigsten durch eine Atemwegsobstruktion (30 %) [35]. Mit empfindlicheren Methoden wie der Bodyplethysmografie fand man sogar bei 65 % der Myokardinfarkt-Patienten mindestens einen pathologischen Lungenfunktionswert [28].
COPD-Patienten mit Herzerkrankungen
Auch Daten aus den Niederlanden und Kanada zeigen, dass Herz und Lunge häufig gleichzeitig erkrankt sind. Bei COPD-Patienten lag in 21 % eine ischämische Herzerkrankung vor [36]. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe war die Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei COPD-Patienten deutlich höher, bspw. der Myokardinfarkt mit 2,3 % im Vergleich zu 1,0 % [37]. Ähnliches zeigen Daten der DACCORD-Studie aus Deutschland, die bei 52 % der knapp 6000 COPD-Patienten auch eine kardiovaskuläre Erkrankung nachweisen konnte [38]. Mit zunehmendem Alter steigt dieser Anteil weiter an und liegt oberhalb von 75 Jahren sogar bei 72 %.
Wenn bei Patienten mit akuter COPD-Exazerbation die beiden kardialen Biomarker Troponin T und NT-proBNP pathologisch erhöht waren, war die 30-Tagesmortalität 14-mal höher als bei Patienten mit normalen Werten [39].
Inwieweit das Ausmaß der Arteriosklerose mit dem COPD-Schweregrad assoziiert ist, wurde in einer aktuellen Studie beschrieben [40]. Dabei wurde der Gensini-Score gewählt, um die Koronarstenose zu quantifizieren. Es zeigte sich, dass dieser Score umso höher war, je stärker krank die COPD-Patienten waren: Patienten im GOLD-Stadium A lagen im Median bei 10 Punkten, Patienten mit GOLD-Stadium D dagegen bei 65 Punkten. Außerdem war die Koronarstenose assoziiert mit der Zahl der COPD-Exazerbationen sowie mit dem Ausmaß der Symptomatik und der Atemwegsobstruktion.
Zwischen COPD und Herzerkrankungen bestehen also klare Wechselbeziehungen. Komorbiditäten sind häufig und verschlechtern deutlich die Prognose der jeweiligen Grunderkrankung.
Asthma cardiale
Referent: Andreas Rembert Koczulla, Marburg
Der Begriff Asthma cardiale geht auf den Amerikaner James Hope zurück, der im Jahr 1832 die typische Symptomatik beschrieb. Nach heutigem Verständnis beinhaltet der Begriff Giemen, Husten und Dyspnoe im Liegen [41]. Etwa ⅓ der Patienten mit Herzinsuffizienz weisen Giemen als Symptomatik auf. Damit tritt dieses Symptom 3-mal häufiger auf als ein durch Asthma bronchiale ausgelöstes Giemen. Somit hat das Asthma cardiale eine höhere Inzidenz als das bronchiale Asthma.
Pathophysiologisch spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, die in ihrer Komplexität nicht gänzlich verstanden sind. Inflammation lässt sich im Interstitium und im Atemweg nachweisen. Auslöser von Inflammation sind Rauchen und andere oxidative Stressfaktoren, aber auch die kardiale Erkrankung mit der Volumenüberlastung kann nach aktuellem Verständnis Ursache für die Inflammation sein. Dies führt in der Konsequenz auch zum Remodeling der Atemwege. Daten vom letzten Kongress der amerikanischen Pneumologen (ATS) bestätigen, dass nicht rauchende und nicht primär lungenkranke Patienten mit Herzinsuffizienz häufig pathologische Lungenfunktionswerte zeigen, mit restriktiven Veränderungen bei 39 % und Obstruktion bei 22 % [42]. Dabei war eine diastolische Dysfunktion mehr als 4-mal häufiger mit einer Obstruktion assoziiert. Weitere Theorien gehen auf Tierexperimente zurück, die zeigen konnten, dass Kardiomyozyten in der Lunge – womöglich über das Protein aT-Catenin – eine Rolle spielen [43]. Es sendet entzündliche Signale aus und bewirkt eine Metaplasie pulmonaler Zellen. Außerdem weisen Patienten mit Herzerkrankungen häufig eine bronchiale Hyperreagibilität auf [44].
Das Ziel der Therapie muss sein, die Pumpfunktion des Herzens zu verbessern. Dies gelingt durch Pharmaka wie Diuretika, Nitrate, inotrope Substanzen und ACE-Hemmer/AT 1-Blocker [45].
Die Verwendung des Begriffes Asthma cardiale ist heutzutage umstritten, denn er könnte zu einer Fehlleitung kardiologischer Patienten in ein pneumologisches Krankheitsbild führen [2]. Umgekehrt kann ein giemender Patient mit Herzinsuffizienz als Asthmatiker fehlinterpretiert werden [46].
Kardiale Komorbidität beim Asthma bronchiale
Kardiale Komorbidität beim Asthma bronchiale
Referent: Michael Dreher, Aachen
Autoren aus Taiwan werteten eine Forschungsdatenbank über einen 10-Jahres-Zeitraum aus und untersuchten die Inzidenz von Herzerkrankungen bei Patienten mit Asthma-COPD-Overlap Syndrom (ACOS) im Vergleich zu Kontrollpatienten [47]. Die Zeit bis zum Auftreten einer KHK war bei den Lungenkranken signifikant kürzer, und das Gleiche galt für Herzinsuffizienz und Arrhythmien. In Kalifornien wurden Daten von mehr als 400 000 Personen ausgewertet, von denen die Hälfte an Asthma bronchiale erkrankt war [48]. Die Kontrollgruppe war nach Alter, Geschlecht und Ethnizität gematcht. Die Asthma-Kohorte hatte häufiger eine koronare Herzkrankheit (4,7 % vs. 3,7 %) und eine Herzinsuffizienz (1,1 % vs. 0,5 %) als Komorbidität als die Vergleichsgruppe. Dagegen waren zerebrovaskuläre Erkrankungen in beiden Gruppen gleich häufig (0,8 %). Im Raucherstatus unterschieden sich die Kohorten nicht. Betrachtet man Todesursachen in England zwischen 2005 und 2015, so starben Asthmatiker zu etwa 20 % an kardiovaskulären Erkrankungen, was etwas seltener war als in der Allgemeinbevölkerung [49]. Eine Meta-Analyse von 11 Studien mit mehr als 550 000 Personen zeigte bei Asthmatikern eine Odds Ratio von 1,9 für kardiovaskuläre Komorbidität und eine OR von 1,4 für zerebrovaskuläre Komorbidität im Vergleich zu Personen ohne Asthma [50].
Nach diesen Daten ist unstrittig, dass man bei Asthmatikern ebenso wie bei COPD-Patienten häufiger gleichzeitig Herzerkrankungen findet.
Hyperinflation und kardiale Dysfunktion bei COPD
Hyperinflation und kardiale Dysfunktion bei COPD
Referent: Henrik Watz, Großhansdorf
Emphysem, Lungenüberblähung und linksventrikuläre Füllungsstörung
Patienten mit schwergradigem Lungenemphysem hatten im „National Emphysema Treatment Trial“ in mehr als der Hälfte der Fälle erhöhte pulmonal-kapilläre Verschlussdrücke bei normaler linksventrikulärer systolischer Funktion [51]. Diese Befunde wiesen bereits auf ein linksventrikuläres Füllungsproblem bei schwerer COPD hin. Auch echokardiografisch konnte dies vor ca. 20 Jahren von französischen Autoren bei COPD-Patienten bestätigt werden [52]. Das E/A-Verhältnis von 0,88 sprach dafür, dass die Kontraktion des Vorhofs einen größeren Beitrag für die Füllung des linken Ventrikels leistet als üblicherweise. In einer anderen Studie war diese diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels bei Patienten mit COPD häufiger nachweisbar als bei Kontrollpersonen, wobei die linksventrikuläre Füllungsstörung weitgehend unabhängig von einer etwaigen zusätzlichen rechtsventrikulären Belastung war [53]. Untersuchungen aus der Großhansdorfer Komorbiditätenkohorte zeigten, dass zwischen echokardiografischen Befunden und der täglichen körperlichen Belastung der Patienten, gemessen anhand der Schrittzahl, statistisch signifikante Beziehungen bestehen [54]. Je länger die Füllungszeit des linken Ventrikels desto kleiner war die Schrittzahl. Das Ausmaß der Überblähung beeinflusste die diastolische Füllung, denn Patienten mit einem IC/TLC-Quotienten über 25 % hatten eine kürzere Füllungszeit als solche mit einem IC/TLC unter 25 %. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass der end-diastolische Durchmesser des linken Ventrikels bei Patienten mit niedrigem IC/TLC-Quotienten geringer ist als bei Patienten mit einem größeren Quotienten, also weniger Lungenüberblähung. Anhand dieser Befunde konnte geschlussfolgert werden, dass die Lungenüberblähung eine regelrechte Füllung des linken Ventrikels behindert [9].
Kleines Herz
Im Vergleich zu gesunden Personen zeigen Patienten mit fortgeschrittener COPD im Röntgen-Thorax häufig eine sog. „Mikrokardie“. Der Durchmesser des Herzens ist gering im Verhältnis zum Querdurchmesser des Thorax. Experimentell führten Butler u. Mitarb. bereits vor 30 Jahren Untersuchungen durch, bei denen COPD-Patienten gezielt hyperventilieren mussten, um eine dynamische Lungenüberblähung zu provozieren [55]. Dabei stieg der linksventrikuläre Füllungsdruck überproportional stark an. Differenzierte Studien zur Beziehung zwischen Überblähung und linksventrikulärer Füllung publizierten Barr u. Mitarb. [8]. Mit zunehmendem Lungenemphysem sank das linksventrikuläre Volumen. Auch das Schlagvolumen und der Cardiac Output nahmen ab.
Mit MRT ließ sich bei Patienten mit schwerem Emphysem ein reduziertes intrathorakales Blutvolumen nachweisen [56]. Der rechte Ventrikel wird ebenfalls durch Überblähung beeinträchtigt, denn sein Volumen und seine Masse waren bei besonders schwergradigem Lungenemphysem verringert [57]. Emphysem-Patienten hatten im Thorax-CT außerdem einen verringerten Durchmesser der Pulmonalvenen [58].
Vor einigen Jahren wurde für die geringere rechtsventrikuläre Größe der Begriff des „Cor pulmonale parvus“ geprägt, nachdem die Autoren im MRT eine Beziehung zwischen dem end-diastolischen rechtsventrikulären Volumen und dem Ausmaß des Emphysems, gemessen in Hounsfield-Units, beobachtet hatten [59].
Wichtige Beobachtungen zur longitudinalen Entwicklung von Lungenfunktion und kardialer Funktion stammen aus der CARDIA-Studie (Coronary Artery Risk Development in Young Adults), bei der 3000 junge Erwachsene zunächst im Alter von 25 Jahren und dann ein weiteres Mal 20 Jahre später mit Echokardiografie und Spirometrie untersucht wurden [60]. Die Entwicklung einer obstruktiven Ventilationsstörung war hier mit einer linksventrikulären Füllungsstörung im mittleren Lebensalter assoziiert.
Therapeutische Effekte
Die ersten interventionellen Daten zur Lungenentblähung und Besserung der kardialen Funktion von COPD-Patienten wurden an Patienten vor und nach Lungenvolumenreduktionschirurgie gewonnen. Wenn die Überblähung durch eine operative Lungenvolumenreduktion reduziert wurde, erreichte man im Vergleich zur Kontrollgruppe eine leichte Abnahme des linksventrikulären Füllungsdrucks bei gleichbleibendem pulmonalarteriellen Mitteldruck [61]. Die echokardiografische Untersuchung von 10 Patienten nach Lungenvolumenreduktionschirurgie ergab postoperativ Verbesserungen bei den end-diastolischen Füllungsparametern und bei der linksventrikulären Funktion [62]. Bei 16 Emphysempatienten wurden 6 Monate nach Lungenvolumenreduktionschirurgie spiroergometrisch Anstiege im Sauerstoffpuls unter Belastung verzeichnet, die umso größer waren, je stärker die FRC/TLC-Ratio abgenommen hatte [63]. Korrespondierend führte eine medikamentöse Lungenentblähung mit Tiotropiumbromid im Vergleich zu Placebo unter Belastung zu einem geringeren Anstieg der Herzfrequenz und zu einem günstigeren Sauerstoffpuls von Patienten mit COPD [64].
Bisherige Daten zur Lungenentblähung und besseren kardialen Funktion beruhten auf indirekten Methoden wie Rechtsherzkatheter und Spiroergometrie oder auf der Echokardiografie, die naturgemäß bei Lungenüberblähung schwierig ist. Die kardiale MRT-Untersuchung hingegen ermöglichte genauere Einschätzungen, inwiefern eine Entblähung der Lunge die kardiale Füllung und Funktion positiv beeinflusst. In einer Pilotstudie konnte die Kombination ICS/LABA in Form von Fluticason/Vilanterol nach einer Woche Therapie im Vergleich zu Placebo neben der bodyplethysmografisch nachweisbaren Lungenentblähung eine bessere rechtsventrikuläre und linksventrikuläre Füllung im kardialen MRT bewirken [12]. In einer weiteren Studie bei Patienten mit schwerer Lungenentblähung konnte mit der LABA/LAMA-Kombination Indacaterol/Glycopyrronium ebenfalls eine bessere links- und rechtsventrikuläre Füllung mit Anstieg des Herzminutenvolumens beobachtet werden [65]. Weitere Analysen mittels pulmonalem MRT zeigten einen höheren pulmonalmikrovaskulären Blutfluss und eine verbesserte regionale Ventilation unter Lungenentblähung mit Indacaterol/Glycopyrronium [66].
Anhand dieser Analysen kann man schlussfolgern, dass die Entblähung der Lunge bei COPD die überblähungsbedingte Kompression der kleinen Pulmonalgefäße mindert und über die regionale Ventilation die pulmonale Perfusion bessert, sodass der linke Ventrikel wieder stärker gefüllt wird [67].
Herz und COPD: Erkenntnisse aus der COPD-Kohorte COSYCONET
Herz und COPD: Erkenntnisse aus der COPD-Kohorte COSYCONET
Referent: Robert Bals, Homburg
Ein Ziel des COSYCONET-Projekts besteht darin, für die COPD neue relevante Biomarker zu finden. Angestrebt wird eine vergleichbare Situation wie beim Asthma bronchiale. Dort hat man die Pathophysiologie der Erkrankung recht gut verstanden und kann – auch mithilfe von Biomarkern – bestimmte Subgruppen von Patienten definieren. Daran orientiert sich die Therapie, sodass fast jeder Asthmatiker adäquat behandelt werden kann.
Bei der COPD wurden bisher die klassischen Phänotypen Pink Puffer und Blue Bloater beschrieben. Es fehlen spezifische Behandlungsansätze für definierte Patientengruppen. Stellt man die Charakteristika der COPD schematisch zusammen, ergibt sich eine Vielzahl von relevanten Mechanismen, aus denen sich bestimmte Therapien ableiten lassen. Wie die einzelnen Elemente miteinander verwoben sind, muss noch genauer erforscht werden.
Das COSYCONET-Projekt
Das Projekt COSYCONET (COPD Systemic Consequences & Comorbidities Network) hat bis März 2015 insgesamt 2750 Patienten mit COPD rekrutiert. Die Kohorten gehen jetzt in das Deutsche Zentrum für Lungenforschung über, und ab Februar 2019 werden Patienten mit früher bzw. leichter COPD zusätzlich rekrutiert. COSYCONET umfasst bisher 7 verschiedene Unterprojekte, von denen eines die Biobank in Homburg beinhaltet. Insgesamt wurden mehr als 500 000 Proben aus Blut, Rachenspülwasser und Urin gesammelt und asserviert. Bisherige Messungen beziehen sich einerseits auf die klassische klinische Chemie sowie basale Marker wie Interleukin-6 und -8, Fibrinogen und TNF-alpha, andererseits werden auch neue kardiovaskuläre Biomarker wie MR-proADM oder MR-proANP gemessen.
Biomarker in der COSYCONET-Kohorte
Eine Auswertung der Biomarker RAGE, Osteopontin, GDF-15, ANGPTL4, CD-14 und Adiponectin bezog sich auf den Schweregrad der COPD. Klassifizierte man die Patienten nach ihrem GOLD-Stadium (0 – IV), ergaben sich nur für RAGE unterschiedliche Werte in den Gruppen, mit geringeren Konzentrationen bei höherem Schweregrad. Aus dem ECLIPSE-Projekt ist bekannt, dass COPD-Patienten mit entzündlichem Phänotyp eine schlechtere Prognose haben [68]. Waren 3 oder mehr der 6 gemessenen Entzündungsparameter auffällig, hatten die Patienten eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit als Patienten mit 0 – 2 pathologischen Werten. Etwa 15 – 20 % der COPD-Patienten hatten einen solchen entzündlichen Phänotyp.
Ein aktuelles Thema der Zellbiologie bei COSYCONET ist die Erforschung von microRNAs im Blut, die die Translation von RNA und damit die Genexpression regulieren. Aus der COSYCONET-Kohorte wurden 33 Patienten analysiert, die innerhalb von 54 Monaten eine Krebserkrankung entwickelten und mit 501 Patienten ohne Tumorerkrankung verglichen [69]. Dabei wurden 9 microRNA-Profile identifiziert, die das Risiko für eine Tumorerkrankung anzeigen konnten. Auch die Mortalität war unterschiedlich, je nachdem wie stark bestimmte microRNAs exprimiert waren.
In der COSYCONET-Kohorte hatten 7 % der COPD-Patienten bei Aufnahme in die Studie eine chronische Nierenerkrankung, definiert als eGFR < 60 ml/min/1,73 m² zu 2 unterschiedlichen Zeitpunkten. Wie zu erwarten, hatte diese Subgruppe signifikant häufiger kardiovaskuläre Probleme wie Hypertension, Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz. Die Überlebenszeit dieser Patienten war signifikant geringer, auch wenn nach typischen Risikofaktoren adjustiert wurde. Eine statistisch signifikante Assoziation zwischen eGFR und Ausmaß der Dyspnoe wurde ebenfalls beobachtet.
Eine aktuelle Analyse bezieht sich auf die Konzentrationen von Troponin. Jüngere Menschen haben niedrigere Troponin-Konzentrationen im Plasma als ältere. Bei Myokardschaden steigen die Konzentrationen an und sind beim Myokardinfarkt besonders stark erhöht. Wurden in der COSYCONET-Kohorte die Patienten nach ihrem hochsensitiven hsTroponin in Quartilen eingeteilt, waren die höchsten Plasmakonzentrationen assoziiert mit männlichem Geschlecht, höherem Alter, höherem BMI und aktuellem Rauchen [70]. Dabei hatten nur 2 % der Patienten Werte oberhalb des Normwerts (> 27 ng/l), und bei 97 % lag die Konzentration oberhalb der Nachweisschwelle des Tests. Die Überlebenswahrscheinlichkeit war am höchsten in der Gruppe mit den niedrigsten hsTroponin-Konzentrationen. Troponin scheint demnach ein unabhängiger Prädiktor für die Mortalität bei COPD zu sein, selbst wenn die Werte noch im Normbereich liegen. Die Gründe dafür müssen noch genauer erforscht werden.
Die zukünftige Biomarker-Forschung bei COPD hat zum Ziel, die Pathomechanismen des Krankheitsgeschehens genauer zu verstehen, damit eine phänotyp-spezifische Therapie entwickelt werden kann.
Der herzkranke Lungenpatient: Modifikationen bei Therapie und Therapiezielen
Der herzkranke Lungenpatient: Modifikationen bei Therapie und Therapiezielen
Referent: Andreas Rembert Koczulla, Marburg
Bei 90 % der COPD-Patienten treten 2 oder mehr Begleiterkrankungen, mit einem Gipfel bei 4 Komorbiditäten, auf [29]. Die häufigsten kardialen Begleiterkrankungen sind Herzrhythmusstörungen (17 %), koronare Herzkrankheit (16 %) und Herzinsuffizienz (10 %) [71]. Hinsichtlich der Komorbiditäten gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei Frauen dominieren gastroösophagealer Reflux und Anämie, bei Männern die kardialen Begleiterkrankungen [72]. Die Lebensqualität der Patienten ist umso stärker beeinträchtigt, je größer die Anzahl der Komorbiditäten ist [73].
Nach dem aktuellen GOLD-Strategiepapier zur COPD wird die Komorbidität so therapiert, als wäre sie eine eigenständige Erkrankung. Damit sehen sich viele Patienten mit Polypharmazie konfrontiert. Der Schwerpunkt der Therapie sollte sich nach der dominierenden Problematik und Symptomatik des Patienten richten. Allerdings gibt es zu dieser Thematik bisher wenig Evidenz aus Studien.
Herzinsuffizienz
Bei hospitalisierten Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz war die Überlebenszeit kürzer, wenn sie gleichzeitig an COPD erkrankt waren [74]. Dabei spielte auch die Pharmakotherapie eine entscheidende Rolle. So kann eine systemische Kortikosteroid-Therapie eine Herzinsuffizienz triggern [75]. Zudem waren die COPD-Patienten seltener evidenzbasiert behandelt worden, bspw. wurde auf Betablocker verzichtet. Nach der aktuellen deutschen Versorgungsleitlinie zur chronischen Herzinsuffizienz sind jedoch Betarezeptorenblocker in allen 4 NYHA-Stadien prognoseverbessernd [76]. In einer schottischen retrospektiven COPD-Kohorte von knapp 6000 Patienten reduzierten Betablocker die Zahl von Exazerbationen und verbesserten die Mortalität, auch bei herzkranken Patienten [77].
Sind für Patienten der NYHA-Stadien II – IV Betablocker nicht angezeigt, kann die Therapie mit Ivabradin eine Alternative darstellen [76]. Das Präparat verbessert sowohl die körperliche als auch die emotionale Dimension der Lebensqualität [78]. Die Kombination Sacubatril/Valsartan wird in den Stadien II – IV als therapeutische Option empfohlen, wenn die Symptomatik persistiert [76]. Ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung der Rechtsherzinsuffizienz bei COPD sind Neprilysin-Inhibitoren [79]. Die damit verbundene Bronchodilatation könnte sich speziell für COPD-Patienten günstig auswirken – prospektive Daten liegen aber diesbezüglich noch nicht vor.
Als nicht pharmakologische Intervention wird auch bei herzkranken Patienten ein regelmäßiges aerobes Training empfohlen. Über einen Zeitraum von 10 Jahren hatten Patienten mit regelmäßigem Training eine verbesserte Sauerstoffaufnahme und ein deutlich besseres ereignisfreies Überleben, bezogen auf Hospitalisierungen und kardiale Mortalität [80]. Eine kleine Gruppe von COPD-Patienten aus Marburg, die ein Vierteljahr lang 1-mal pro Woche trainierten, zeigte nach 3 Monaten eine (nicht signifikante) Verbesserung der Spirometrie und v. a. eine Abnahme der Konzentration von BNP im Serum von durchschnittlich 85 pg/ml zu Beginn auf 55 pg/ml nach 3 Monaten Training [81]. In der Echokardiografie vergrößerte sich die linksventrikuläre Masse signifikant.
Koronare Herzkrankheit
Für Patienten mit koronarer Herzkrankheit verkürzt sich die Überlebenszeit deutlich, wenn sie gleichzeitig an COPD erkrankt sind [82]. Besonders ungünstig ist die Prognose von Patienten mit einer oder mehr respiratorischen Exazerbationen [83].
Zur medikamentösen Therapie der koronaren Herzkrankheit empfiehlt die aktuelle Versorgungsleitlinie Acetylsalicylsäure, Statine, ACE-Hemmer und Betarezeptorenblocker. Auch für diese Patienten ist regelmäßiges körperliches Training sinnvoll, weil dadurch die Mobilität verringert und die Lebensqualität verbessert wird. Nach den europäischen Leitlinien kann der Patient wählen, ob er pro Woche 1 – 2,5 Stunden anstrengendes körperliches Training durchführt oder moderate körperliche Belastung über 2,5 – 5 Stunden bevorzugt.
Vorhofflimmern
Bei COPD ist Vorhofflimmern v. a. dann besonders häufig, wenn die FEV1 des Patienten geringer ist als 60 % des Solls. Im Vergleich zu normalen FEV1 > 80 % ist das relative Risiko zweieinhalbfach erhöht [84]. In der Rotterdam-Studie hatten 1300 der 11 000 Patienten eine COPD. Ihr Risiko, während der Beobachtungszeit zusätzlich Vorhofflimmern zu entwickeln, lag bei 28 % und war deutlich höher als bei Nicht-COPD-Patienten [85]. Kamen häufige Exazerbationen hinzu, stieg das Risiko für Vorhofflimmern weiter an. Nach den europäischen Leitlinien soll Vorhofflimmern unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion mit Betablockern behandelt werden [84]. Besteht zusätzlich eine koronare Herzkrankheit, ist zu überlegen, die Betablocker abzusetzen. Wichtig ist auch, ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom in Erwägung zu ziehen und die Hypoxämie, wenn sie vorhanden ist, zu behandeln.
Zusammenfassend müssen kardiale Komorbiditäten sorgfältig diagnostiziert und behandelt werden. Der Patient sollte genau befragt und dahingehend untersucht werden, ob die Lungen- oder die Herzerkrankung im Vordergrund steht. Dabei orientiert sich die Therapie der einzelnen Erkrankungen an den Leitlinien. Allerdings kann sich die Abstimmung der erforderlichen Medikamente im Einzelfall als herausfordernd erweisen.
COPD und Herz aus Sicht der Intensivmedizin
COPD und Herz aus Sicht der Intensivmedizin
Referent: Michael Pfeifer, Regensburg
Wie stark kardiovaskuläre Komorbiditäten die Sterblichkeit hospitalisierter COPD-Patienten beeinflussen, wurde 2005 in einer US-amerikanischen Studie gezeigt [86]. Aus mehr als 47 Millionen Krankenakten entlassener Patienten wurden die Patienten mit COPD-Diagnose identifiziert. Auch für die Diagnosen Herzinsuffizienz oder koronare Herzkrankheit war die Mortalität doppelt so hoch, wenn eine COPD als Begleiterkrankung bestand.
In Österreich wertete man vor einigen Jahren eine Datenbank mit knapp 300 000 Intensivpatienten aus [87]. 9 % aller Patienten auf der Intensivstation hatten eine COPD. War die COPD Einweisungsgrund, war die Mortalität deutlich höher als ohne COPD. Doch auch mit COPD als Komorbidität war das Überleben weniger gut als ohne COPD. Im zeitlichen Verlauf beobachteten die Autoren zwischen 1998 und 2008 eine allmähliche Abnahme der COPD-Mortalität. Parallel dazu stieg der Anteil der nichtinvasiv beatmeten Patienten von anfangs etwa 15 % auf zuletzt rund 45 % an.
In den USA beobachtete man zwischen 1979 und 2002 bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt einen allmählichen Anstieg der Prävalenz der COPD [82]. Dieser Anstieg ist vermutlich auf die höhere Lebenserwartung und auf eine bessere Erfassung der Patienten zurückzuführen.
Akute COPD-Exazerbation und kardiovaskuläre Erkrankungen
Bei Patienten mit akuter Exazerbation der COPD muss neben einer akuten Lungenembolie differenzialdiagnostisch immer an eine koronare Herzkrankheit oder andere kardiovaskuläre Erkrankungen gedacht werden. Nach schwerer Exazerbation ist das Inzidenzrisiko für den Myokardinfarkt 2,6-fach höher und das für einen Schlaganfall 1,5-fach höher [88]. Diese Ereignisse treten am häufigsten in der Frühphase einer Exazerbation auf und werden danach wieder seltener; nach einem Monat erreicht das Risiko wieder den üblichen Bereich. In der Rotterdam-Studie wurde das erhöhte Risiko für einen Schlaganfall nach akuter Exazerbation ebenfalls eindrucksvoll nachgewiesen [89]. In dem Jahr nach schwerer Exazerbation ist das Risiko für einen Schlaganfall 7-fach erhöht.
Im Rahmen der deutschen BEETHOVEN-Studie führte man bei Patienten mit akuter Exazerbation eine Koronarangiografie durch, sofern die Troponin-Konzentration im Plasma erhöht war [90]. Anhaltspunkte für eine koronare Herzkrankheit fand man bei 71 % der Patienten, und bei 41 % erfolgte eine PCI. Eine Post-hoc-Analyse der internationalen SUMMIT-Studie berechnete das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse im Anschluss an eine akute COPD-Exazerbation [91]. In dieser Kohorte traten diese kardiovaskulären Erkrankungen in den ersten 30 Tagen 4-mal häufiger auf, bei schweren COPD-Exazerbationen sogar 10-mal häufiger.
Eine Arbeit zur Hypothesengenerierung nutzte Thorax-CTs, die bei mehr als 2000 COPD-Patienten in der stabilen Phase als Ausgangsbefund erhoben wurden [92]. Erlitt der Patient eine akute Exazerbation und hatte er zusätzlich erhöhte Werte für Troponin und BNP im Serum, wurde ein weiteres CT durchgeführt. Der Durchmesser der Pulmonalarterie (PA) in Relation zum Durchmesser der Aorta (A) wurde als Hinweis auf eine Erweiterung der Pulmonalarterie interpretiert, sofern die Ratio PA/A größer war als 1. Diese Patienten hatten mehr als doppelt so hohe Troponin-Konzentrationen als solche ohne Hinweis auf eine Pulmonalarterienerweiterung. Dagegen waren die BMP-Konzentrationen in beiden Gruppen gleich. Respiratorische Insuffizienz und Mortalität waren am häufigsten bei Patienten mit PA/A > 1 und einer Troponin-Konzentration > 0,01 ng/ml. Nach diesen Daten können erhöhte Troponin-Werte ein Hinweis auf Risikopatienten sein.
Ein interessanter neuer Parameter könnte das MRproANP (mid-regional pro-atrial natriuretic peptide) sein, ein Fragment des natriuretischen Peptids mit längerer Halbwertszeit. In einer aktuellen Studie hatte dieser Wert bei akuter COPD-Exazerbation mit Herzinsuffizienz prognostische Relevanz, denn Patienten in der Quartile mit den höchsten Werten hatten eine deutlich eingeschränkte Überlebensprognose [93].
Pathophysiologische Überlegungen zur Beziehung linker Ventrikel und Thoraxraum
Das Herz ist im Thorax zwischen den Lungen eingebettet. Dass ein erhöhter intrathorakaler Druck die koronare Perfusion reduziert, wird zwar vermutet, aber eine sichere experimentelle Evidenz dafür gibt es nicht. Eine der wesentlichen Determinanten der myokardialen Wandspannung und damit auch der Nachlast ist der transmurale Druck. Je höher die Nachlast, desto mehr Pumparbeit muss der Ventrikel leisten. Bei COPD mit Überblähung herrscht in den Alveolen ein intrinsischer PEEP. Während der spontanen Einatmung muss dieser intrinsische PEEP überwunden werden, damit Luft in die Alveolen strömen kann. Der Patient muss dabei negativen Druck aufbauen, tiefer einatmen und dafür mehr Kraft aufwenden als im Normalfall. Diese intrathorakalen Druckverhältnisse haben Auswirkungen auf den linken Ventrikel. Die Überblähung bewirkt eine Zunahme des kardialen transmuralen Drucks und erhöht damit die Nachlast des linken Ventrikels.
Will man den belasteten linken Ventrikel entlasten, hilft eine auf die speziellen Bedingungen des COPD-Patienten eingestellte nichtinvasive positive Druckbeatmung (NPPV). Eine longitudinale Beobachtung des Referenten zeigt die Reduktionen der Überblähung und die Abnahme der Hyperkapnie, die am stärksten während der ersten 6 Monate war und über 30 Monate anhielt. Außerdem beobachtete man während der NPPV eine starke Reduktion des proBNP von 800 auf 280 pg/ml. Durch die Beatmung wurde auch die Nachlast des rechten Ventrikels verbessert. Eine Meta-Analyse zur nichtinvasiven Beatmung auf der Intensivstation bei akuter COPD-Exazerbation zeigte eine statistisch signifikante Senkung der ITS-Mortalität durch die NPPV [94].
Weaning
V. a. Anästhesisten kennen das pulmonale Negativdrucködem nach Extubation: Der Patient mit Herzinsuffizienz entwickelt unmittelbar nach der Extubation eine Larynxschwellung mit Laryngospasmus, ringt stark nach Luft und ist aufgrund der enormen kardialen Belastung wenige Minuten später im manifesten Lungenödem [95]. Das Flüssigkeitsmanagement beim Weaning kann möglicherweise durch die Bestimmung von BNP als Marker der kardialen Überlastung bei Patienten mit einer kardialen Insuffizienz besser gesteuert werden [96]. Hohe BNP-Werte waren in dieser randomisierten, kontrollierten Studie assoziiert mit einem Weaning-Versagen. Die Rate erfolgreich extubierter Patienten mit kürzeren Beatmungszeiten konnte durch eine Flüssigkeitsbilanzierung, die sich am BNP orientierte, erhöht werden. Als Risiko-Grenzwert für BMP galt eine Konzentration von 200 pg/ml. Nach diesen Daten erscheint es sinnvoll, vor der Extubation das BNP zu bestimmen.
Ein weiteres Problem beim Weaning von COPD-Patienten ist die Desynchronie zwischen Patient und Beatmungsgerät, was zu einer signifikanten kardialen Belastung führen kann. Die Fehltriggerung unter nichtinvasiver Beatmung kann mit einer neueren Methode der Beatmungssteuerung, dem NAVA-System, deutlich reduziert werden. Bei diesem „Neurally adjusted ventilatory assist“-Verfahren wird das Beatmungsgerät über die elektrische Aktivierung des Zwerchfells gesteuert. Bei Patienten mit akutem respiratorischen Versagen und COPD wurde mit NAVA die Fehltriggerung deutlich reduziert [97].
Lungenhochdruck – zu selten in der pneumologischen Differenzialdiagnose
Lungenhochdruck – zu selten in der pneumologischen Differenzialdiagnose
Referentin: Heinrike Wilkens, Homburg
Aktuelle Definitionen
Das Wissen über die Pathophysiologie und Therapiemöglichkeiten der pulmonalen Hypertonie (PH) wurde in den letzten Jahren entscheidend weiterentwickelt. Dies zeigt sich auch auf den alle 5 Jahre stattfindenden PH-Weltkonferenzen, zuletzt 2018 in Nizza. Die aktuelle Klassifikation zur pulmonalen Hypertonie [98] lässt sich allerdings nicht durch die noch gültige ICD-10-Klassifizierung abbilden, die tatsächlich immer noch den Stand von vor 1998 widerspiegelt. Daher ist es nicht möglich, exakte Zahlen zur Inzidenz und Prävalenz der verschiedenen Formen der PH zu gewinnen. Man unterscheidet seit 1998 abhängig von der Pathogenese 5 verschiedene Gruppen der PH. In der Gruppe 1, der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH), in der sich verschiedene z. T. sehr seltene Krankheitsentitäten finden, ist als neue eigene Untergruppe die Gruppe der Kalziumantagonisten-Responder hinzugekommen. Längst nicht jeder Patient mit pulmonaler Hypertonie hat eine PAH. Von der PAH abgegrenzt wird die pulmonale Hypertonie infolge von Linksherzerkrankungen (Gruppe 2) oder Lungenerkrankungen/Hypoxie (Gruppe 3) sowie die chronisch thromboembolische PH (CTEPH) und andere Obstruktionen der Pulmonalarterie (Gruppe 4). In Gruppe 5 findet sich die PH mit unklarem oder multifaktoriellem Mechanismus, bspw. bei Sarkoidose oder hämatologischen Erkrankungen. Die meisten PH-Patienten werden den Gruppen 2 und 3 zugeordnet, mit einem geschätzten Anteil von 48 % bzw. 47 % aller Patienten. Zugelassene Medikamente gibt es allerdings nur für die selteneren Patienten mit PAH und CTEPH. Die eindeutige Gruppenzuordnung ist allerdings nicht immer möglich, da es durchaus Patienten gibt, die gleichzeitig verschiedene Ursachen einer PH haben können ([Tab. 1]).
Tab. 1
Aktualisierte Klassifikation der PH, Nizza 2018.
1 Pulmonalarterielle Hypertonie
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1.1 Idiopathisch
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1.2 PAH mit Langzeit-Response auf CCBs
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1.3 Hereditäre PAH
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1.4 Durch Medikamente/Toxine
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1.5 Assoziiert mit
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1.5.1 Bindegewebserkrankungen
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1.5.2 HIV-Infektionen
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1.5.3 portaler Hypertension
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1.5.4 angeborenen Herzfehlern
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1.6 Schistosomiasis
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1.7 PAH mit VOD bzw. PCH
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1.8 Persistierende PH des Neugeborenen
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2 PH infolge von Linksherzerkrankungen
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3 PH infolge von Lungenerkrankungen/Hypoxie
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4 CTEPH und andere Pulmonalarterien-Obstruktionen
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5 PH mit unklarem/multifaktoriellem Mechanismus
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5.1 Hämatologische Erkrankungen
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5.2 Systemische und metabolische Erkrankungen
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– pulmonale Langerhanszellhistiozytose
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– Morbus Gaucher
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– Glykogen-Speicherkrankheiten
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– Neurofibromatose
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– Sarkoidose
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5.3 Andere
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– Chronische Niereninsuffizienz
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– Fibrosierende Mediastinitis
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5.4 komplexe angeborene Herzerkrankungen
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Auf der letzten PH-Weltkonferenz 2018 in Nizza wurde vorgeschlagen, die Definition der pulmonalen Hypertonie anzupassen, da schon ab einem mittleren Pulmonalisdruck > 20 mmHg pathologische Werte bestehen. Dabei soll für die präkapilläre PH die Kombination aus mPAP > 20 mmHg (bisher > 25 mmHg), pulmonal arteriellem Verschlussdruck ≤ 15 mmHg und pulmonal vaskulärem Widerstand (PVR) ≥ 3 Wood-Einheiten gelten [99]. Registerdaten zufolge steigt durch die neuen Grenzwerte die Gesamtzahl der Patienten mit PAH nur geringfügig an.
Problembereiche
Selbst bei nur gering ausgeprägten Symptomen liegt häufig schon ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium einer pulmonalen Hypertonie vor. Die frühzeitige Therapie ist bei PAH und CTEPH besonders wichtig, denn sie verbessert neben der Hämodynamik die Belastbarkeit, Lebensqualität und Prognose des Patienten. Die Diagnosestellung erfolgt immer noch sehr spät, insbesondere ältere Patienten mit Komorbiditäten werden mit großer Verzögerung diagnostiziert. Hinzu kommt, dass eine gestellte Diagnose oft nicht korrekt ist. V. a. Patienten mit postkapillärer PH und Patienten mit CTEPH werden leicht einer falschen Diagnosegruppe zugeordnet. Für die CTEPH gibt es regional sehr unterschiedliche Häufigkeiten der Diagnosestellung. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit CTEPH muss man damit rechnen, dass sie gar nicht diagnostiziert werden.
In einer australischen Studie wurde eindrucksvoll gezeigt, dass es vom Erstsymptom Dyspnoe im Mittel knapp 4 Jahre dauerte, bis eine idiopathische pulmonal arterielle Hypertension diagnostiziert wurde [100]. Während die meisten Patienten bei Symptombeginn noch eine Funktionsklasse II hatten, war die Erkrankung bei Diagnosestellung deutlich fortgeschritten, mit 94 % der Patienten in Funktionsklasse III.
Klinische Symptomatik
Praktisch jeder Patient mit pulmonaler Hypertension klagt über Dyspnoe [101]. Dyspnoe ist allerdings eine der häufigsten Beschwerden, die einen Patienten zum Arzt führen, mit einem sehr breiten Spektrum an Differenzialdiagnosen [102]. Beim Hausarzt dominieren akute Bronchitis oder andere Atemwegsinfektionen, in der Notaufnahme und im Rettungsdienst Herzinsuffizienz, Pneumonie und COPD.
In einer Online-Umfrage bei Ärzten aus England zeigte sich, dass das Symptom Schmerz sehr viel ernster genommen wurde als das Symptom Luftnot und dass Schmerzen weitaus häufiger adäquat therapiert wurden als Luftnot [103].
Sucht der Patient wegen Dyspnoe den Hausarzt auf und hält dieser eine weitere Diagnostik für erforderlich, so wird etwa jeweils die Hälfte der Patienten zum Pneumologen bzw. zum Kardiologen geschickt. Dort könnte festgestellt werden, dass die Ursache der Beschwerden nicht die Lunge oder das Herz sind. Einige Patienten mit PH könnten dann zwischen Kardiologen und Pneumologen hin und her geschickt werden und kostenintensive Kontrollen erhalten, ohne dass eine Zusammenschau der erhobenen Befunde erfolgt, sodass die Diagnosestellung verzögert wird [104].
Screening-Werkzeuge für Hochrisiko-Gruppen
Es wird intensiv über Verbesserungsmöglichkeiten der Frühdiagnose nachgedacht. Neben dem Einsatz neuer diagnostischer Technologien und der Evaluation von Screeningprogrammen könnte auch bei der Schulung der Bevölkerung zur Verbesserung der Awareness angesetzt werden.
Auf der Suche nach dem optimalen Screening-Werkzeug lassen sich verschiedene Szenarien mit dem Ziel einer möglichst guten Sensitivität und Spezifität durchrechnen [105]. Für die Sklerodermie ist die reduzierte Diffusionskapazität eine gute Screening-Untersuchung, nicht jedoch für die idiopathische pulmonalarterielle Hypertension. Eine Echokardiografie eignet sich für Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung besser zum Screening als in frühen Stadien. Es gibt bei klinischem Verdacht auf PH Algorithmen zur Nutzung von EKG und BNP bei der Entscheidung, ob eine Rechtsherzkatheterisierung sinnvoll ist [106]. In der Detect-Studie wurde bei 466 Personen mit Sklerodermie und erhöhtem Risiko für PAH (Krankheitsdauer über 3 Jahre, Diffusionskapazität unter 60 %) ein diagnostischer Algorithmus evaluiert, bei dem Lungenfunktion, EKG, Biomarker und Echokardiografie genutzt werden, um die Notwendigkeit eines Rechtsherzkatheters anhand eines Scores zu ermitteln [107]. Bei 87 (19 %) Patienten ließ sich so die Diagnose PAH bestätigen. In den aktuellen Empfehlungen der PH-Weltkonferenz sollten Patienten mit Sklerodermie und einer verringerten Diffusionskapazität (< 80 % des Solls) gescreent werden und einen Rechtsherzkatheter erhalten, wenn entweder der DETECT-Algorithmus, eine Echokardiografie, eine FVC/DLCO Ratio > 1,6 oder ein > 2-fach erhöhtes NT-proBNP positiv ist [108].
Auch bei anderen Risikogruppen wie Patienten mit HIV-Infektion oder mit kongenitalem Herzfehler soll mit speziellen Programmen nach einer pulmonalen Hypertension gefahndet werden. Nutzt man ein normales EKG zur Diagnose einer rechtsventrikulären Hypertonie, liegt die Sensitivität nur bei 40 – 60 %. Wendet man jedoch Methoden der Vektor-Kardiografie kombiniert mit einer speziellen Auswerte-Software an, so weist ein erhöhter Vektor-Gradient in einem früheren Stadium auf die Krankheit hin als eine Echokardiografie [109]. In Japan wurde gezeigt, dass anhand von seit 1995 im Rahmen von Schuluntersuchungen durchgeführten EKGs, Gesundheitsfragebögen und körperlichen Untersuchungen Kinder und Jugendliche mit pulmonalarterieller Hypertonie identifiziert werden konnten [110]. Durch das EKG wurden 28 von 68 Kindern mit PAH identifiziert. Allerdings führt dieser Ansatz auch zu sehr vielen falsch positiven Screening-Ergebnissen.
Automatisierte Verfahren
Interessant sind Daten zur automatischen akustischen Auswertung der Herztöne bei der Auskultation [111]. Im Vergleich zu erfahrenen Ärzten, die eine pulmonale Hypertension in 68 % der Fälle beim Auskultieren nicht entdeckten, war die Rate falsch negativer Befunde bei der automatischen Diagnose mit 23 % deutlich geringer. Charakteristisch war ein Geräusch beim 2. Herzton, das sich ähnlich wie ein Vokal anhörte. Automatisierte Auswertemethoden werden auch für Thorax-CTs entwickelt, um Lungengefäße zu charakterisieren [112]. Mithilfe einer computergestützten Differenzierung zwischen Arterien und Venen ergab sich für die Diagnose CTEPH eine Treffgenauigkeit von rund 90 % mit Werten für Sensitivität und Spezifität von 92 % bzw. 80 %.
Ein weiterer Ansatz zur Frühdiagnostik von Patienten mit idiopathischer PAH könnte sich aus der Auswertung von Krankenkassendaten ergeben. Bewegungsmuster in Bezug auf Zahl und Art der Arztkontakte können dazu genutzt werden, um PH-Patienten früher zu identifizieren [113]. In einer Analyse aus England hatten Patienten mit iPAH in den 3 Jahren vor Diagnosestellung im Durchschnitt 23 Krankenhauskontakte (ambulant oder stationär), mit deutlichem Anstieg im letzten Jahr vor der Diagnose. Die Erstsymptome führten Patienten überwiegend zum Allgemeinmediziner (36 %), zum Pneumologen (32,8 %) und seltener zum Kardiologen (13,3 %) ([Tab. 2]).
Tab. 2
Ansätze zur Frühdiagnostik bei PAH.
Aktuelle PH-Screening-Programme für Hoch-Risiko-Gruppen mit erhöhter Prätestwahrscheinlichkeit für PH
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Entstehende Möglichkeiten der Frühdiagnostik
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Lungenembolie und Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) – das sollte den Pneumologen interessieren
Lungenembolie und Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) – das sollte den Pneumologen interessieren
Referent: Matthias Held, Würzburg
Diagnosestellung der Lungenembolie
Die Diagnose Lungenembolie wird häufig erst mehrere Tage nach Symptombeginn gestellt. Dies berichteten auch französische Autoren, die die Zeit bis zur Diagnose einer ersten Lungenembolie aus Daten einer prospektiven Kohortenstudie extrahierten [114]. Der Median lag hier bei einem Intervall von 3 Tagen. Je nachdem, ob bis zur Diagnose weniger oder mehr als 3 Tage vergangen waren, unterschied sich der kombinierte Endpunkt aus Mortalität, hämodynamischem Kollaps oder Lungenembolie-Rezidiv signifikant: Bei früher Diagnose wurde dieser Endpunkt innerhalb von 30 Tagen bei 2,6 % der Patienten erreicht, während es bei später Diagnose mit 6,2 % doppelt so viele Patienten waren. Interessant an dieser Untersuchung sind die Patientencharakteristika, die zur verzögerten Diagnose führten. Wenn der Patient anamnestisch eine tiefe Venenthrombose, einen chirurgischen Eingriff oder eine Phase der Immobilität hinter sich hatte, wurde die Diagnose Lungenembolie eher früh gestellt, ebenso bei ausgeprägtem Brustschmerz und nach Bewusstlosigkeit. Bei Patienten, die sich primär mit unspezifischen Symptomen wie alleiniger Luftnot oder Hämoptysen vorstellten, kam es dagegen zu erheblichen Verzögerungen bei der Diagnosestellung.
Therapie mit Antikoagulantien
Für September 2019 werden neue Therapie-Leitlinien erwartet, die wahrscheinlich ein Umdenken bei der Antikoagulation vorschlagen werden. Grund dafür sind aktuelle placebokontrollierte Langzeitstudien. Autoren aus Frankreich behandelten Patienten mit nicht provozierter Lungenembolie zunächst über 6 Monate mit Warfarin [115]. Danach wurde für die folgenden 18 Monate bei der Hälfte der Patienten die Antikoagulation ausgesetzt. In dieser Placebo-Gruppe waren Rezidive etwa 4-mal häufiger als unter Weiterbehandlung mit Warfarin. Nach Beendigung der Studienmedikation nahmen dann auch in der ehemaligen Warfarin-Gruppe die Ereignisse deutlich zu. Diese Daten deuten darauf hin, dass die Antikoagulation nur so lange hilft, wie sie erfolgt. Daraus kann man schließen, dass bei einer unprovozierten Thrombembolie die Behandlung dauerhaft oder womöglich lebenslang erfolgen müsste, um einen Schutz zu erzielen.
Inzwischen wird eine Vielzahl unterschiedlicher Substanzen zur Antikoagulation nach Lungenembolie eingesetzt [116]. NOAKs haben ein geringeres Blutungsrisiko als Vitamin K-Antagonisten und trotzdem eine vergleichbar gute Wirkung. Für die verlängerte Sekundärprophylaxe konnte für Apixaban und Rivaroxaban gezeigt werden, dass eine verringerte Dosis Verwendung finden kann.
Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
Lösen sich frische Thromben in der Lungenarterie nicht vollständig wieder auf, können sie sich mit der Zeit in ein chronisches Narbengewebe von kaugummiartiger Konsistenz umwandeln. Hinter diesen Thromben entwickelt sich eine Mikrovaskulopathie und der pulmonalarterielle Druck steigt. Wird eine solche CTEPH früh genug diagnostiziert, kann sie chirurgisch sehr gut behandelt und vielfach sogar geheilt werden, indem der Chirurg die fibrotischen Thromben mit pulmonaler Thrombendarteriektomie (PTEA) entfernt.
Die Latenz zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung einer CTEPH betrug in einer deutschen monozentrischen Studie im Mittel 18 Monate mit einer großen Standardabweichung von 26 Monaten [117]. Selbst wenn der Patient eine vorausgegangene Lungenembolie und damit einen bekannten Risikofaktor für eine CTEPH hatte, war die mittlere Zeit bis zur Diagnosestellung nur einen Monat kürzer. Zwischen der Vorstellung beim Hausarzt und beim Facharzt verging durchschnittlich ein Jahr, und ein weiteres Jahr zwischen Vorstellung beim Facharzt und Vorstellung im Zentrum.
Die Algorithmen zur Diagnosestellung der CTEPH sind zwar klar und nachvollziehbar. Jedoch mangelt es offenbar daran, dass Ärzte an diese Langzeitfolge der Lungenembolie denken. Mit einer sorgfältigen Anamneseerhebung lassen sich bei Patienten mit Dyspnoe wegweisende Symptome und Risikoerkrankungen eruieren. In der Blutgasanalyse fällt die charakteristische Hypokapnie auf, die allerdings nicht selten als psychogene Hyperventilation oder Hinweis auf eine Angsterkrankung fehlinterpretiert wird. Bei weitgehend unauffälliger Ventilation in der Lungenfunktion weist ein erniedrigter Transferfaktor auf eine Transferstörung hin.
Mit der Zeit kann bei einer schon länger bestehenden pulmonalen Hypertonie durch die dauerhafte Hyperventilation die Muskelkraft der Atempumpe als Ausdruck der Erschöpfung reduziert sein, sodass maximale inspiratorische und exspiratorische Drücke erniedrigt sein können. Da dann auch die mitarbeitsabhängigen Spirometrieparameter Vitalkapazität und FEV1 eingeschränkt sein können, kann es zur Fehldiagnose einer obstruktiven oder restriktiven Atemwegserkrankung kommen.
Ein beschwerdefreies Intervall nach akuter Lungenarterienembolie („Honeymoon-Periode“) betrifft höchstens ⅓ der Patienten [117]. Bei strukturierter Nachverfolgung mit gründlicher Anamneseerhebung wird deutlich, dass viele Patienten weiterhin Beschwerden haben [118]. Weitere Diagnostik mit Spiroergometrie identifiziert Risikopatienten mit erheblicher Gasaustauschstörung. Die Echokardiografie kann bei manchen Patienten trotzdem unauffällig sein.
In der Frühphase einer chronisch thromboembolischen Erkrankung kann die hämodynamische Störung milde sein oder in Ruhe sogar fehlen, und dennoch kann eine schwere Gasaustauschstörung vorliegen. Besteht nur eine chronische thromboembolische Erkrankung ohne pulmonale Hypertension, spricht man von CTED. Diese Patienten haben im Vergleich zu CTEPH-Patienten ganz ähnliche funktionelle Einschränkungen [119]. Die Gasaustauschstörung begründet das Krankheitsgefühl und die meisten Patienten hyperventilieren.
In einer französischen Untersuchung wurden Patienten mit CTEPH je nach Operabilität des Befundes in verschiedene Gruppen eingeteilt und 12 Jahre nachbeobachtet [120]. Die mit Abstand beste Überlebenszeit hatten die operativ behandelten Patienten, und zwar unabhängig von ihrem Lebensalter. Entschieden sich prinzipiell operable Patienten jedoch gegen den chirurgischen Eingriff, war ihre Prognose ebenso ungünstig wie die von Patienten, deren Befund inoperabel war. Dies zeigt, wie wichtig das ausführliche Gespräch mit dem Patienten ist, damit er eine informierte Entscheidung treffen kann.
Betreuung durch Pneumologen und Lungenembolie-Nachsorge
Pneumologen sollten sich der Thematik „Lungenembolie und ihre Folgen“ stärker annehmen als bisher. Mit ihren speziellen Messverfahren können sie charakteristische Befunde erheben, v. a. eine Hypokapnie und einen erniedrigten Transferfaktor bei normaler Ventilation. Wünschenswert wäre auch, dass mehr Pneumologen die Echokardiografie beherrschen. Analog zu Chest Pain Units, in denen bisher viele Patienten mit Lungenembolie betreut werden, sollten Dyspnoe-Units etabliert werden, damit Fachleute die Symptomatik bereichsübergreifend sorgfältig diagnostisch abklären können.
In der strukturierten Nachsorge sollte jede Diagnose einer Lungenembolie kritisch hinterfragt werden. Sind die Thromben wirklich frisch und ist der erste Nachweis einer thromboembolischen Veränderung auch gleichbedeutend mit dem ersten Ereignis? Sorgfältige Anamneseerhebung und Auswertung der Bildgebung sind wichtig. Ein akutes Ereignis bei einem Patienten mit Zeichen einer frischen Embolie in der Bildgebung und akut aufgetretener Dyspnoe spricht für eine akute Lungenembolie. Besteht beim Patienten jedoch bereits eine chronische Dyspnoe und zeigt die Bildgebung wandständige Thromben, Gefäßabbrüche und bronchialarterielle Kollateralen, liegt eine chronische thromboembolische Erkrankung der Lungenarterien vor. Auch bei diesen Patienten können akute embolische Episoden hinzukommen, was als „akut auf chronische Embolie“ bezeichnet wird. Die Unterscheidung ist wichtig, da beim Vorliegen bereits chronischer Veränderungen eine vollständige Rückbildung weniger wahrscheinlich ist. Diese Patienten bedürfen einer engmaschigen Nachkontrolle, um die Diagnose CTEPH nicht zu verpassen ([Tab. 3]).
Tab. 3
Wandadhärente Thromben.
Akute Lungenembolie
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Akutereignis
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„Akut auf chronisch“
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Akutereignis
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Chronische Dyspnoe
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Frische Embolie
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Primär chronisch
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Chronische Dyspnoe
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Wandadhärente Thromben
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Ein weiterer wichtiger Bereich der Lungenembolie-Nachsorge liegt in der Entscheidung über Art und Dauer der Antikoagulation. In der üblichen ambulanten Versorgung gibt es hier häufig Lücken. Manche Patienten pendeln zwischen Hausarzt und Radiologen hin und her, ohne von einem Pneumologen oder Kardiologen gesehen worden zu sein. Findet sich in der Bildgebung eine Resolution der frischen Thromben und werden gleichzeitig chronische Veränderungen übersehen und dadurch die Antikoagulation abgesetzt, kann dies die Diagnosestellung einer CTEPH verzögern. Vor einem Absetzen der Antikoagulation nach Lungenembolie sollte immer kritisch hinterfragt werden, ob eine persistierende Belastungseinschränkung vorliegt. In diesem Falle muss eine weitere Abklärung erfolgen. Der Facharzt könnte den Patienten genauer diagnostizieren und ihn auch besser beraten. Bei OP-Indikation kann er Überzeugungsarbeit leisten, damit der Patient sich für eine chirurgische Intervention entschließt. Thoraxmedizin ist mehr als nur Pneumologie und Thorax-Chirurgie. Für den Patienten entscheidend ist die fachübergreifende Betrachtung seiner Symptomatik und Befunde.
Schlafbezogene Atmungsstörungen und kardiale Erkrankungen: Was kommt nach SAVE und SERVE-HF?
Schlafbezogene Atmungsstörungen und kardiale Erkrankungen: Was kommt nach SAVE und SERVE-HF?
Referent: Winfried J. Randerath, Solingen
Schlaf und Herzerkrankungen
Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) bei Patienten mit Herzinsuffizienz wurden in diversen Studien untersucht und in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst [121]. Dabei hatten die Patienten unterschiedlich stark ausgeprägte SBAS, gemessen an der Anzahl der Apnoen und Hypnosen pro Stunde Schlaf (AHI). Unabhängig davon, ob das Einschlusskriterium bei einem AHI > 5/h, > 10/h oder > 15/h lag, hatten mindestens die Hälfte der Patienten schlafbezogene Atmungsstörungen und davon gut die Hälfte zentrale Apnoen.
Unstrittig ist, dass die obstruktive Schlafapnoe (OSA) einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt [122]. Eine wirksame Therapie hat nicht nur zum Ziel, den Schlaf zu verbessern, sondern auch die Morbidität und Mortalität zu reduzieren. In früheren Kohortenstudien wurde gezeigt, dass Patienten mit schwerer OSA (AHI > 30/h) eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität haben und dass eine CPAP-Therapie die Sterblichkeit dieser Risikogruppe auf ein Niveau wie bei leichter Schlafapnoe reduzieren kann [123].
SAVE-Studie
Der Nutzen einer CPAP-Therapie bei kardiovaskulären Patienten wurde in der SAVE-Studie (Salep Apnoe Kardiovaskulär Endpoints) überprüft und hochrangig publiziert [124]. In dieser randomisierten, kontrollierten Studie wurde eine echte CPAP-Therapie verglichen mit einem Sham-CPAP. Die Studienteilnehmer hatten moderate bis schwere OSA (AHI > 30/h) und manifeste koronare oder zerebrovaskuläre Erkrankungen wie Zen. Myokardinfarkt oder Apoplex. Die Patienten waren kardiologischerseits optimal medikamentös und/oder interventionell (z. B. revaskularisiert) vorbehandelt. Zusätzlich zur Standardtherapie erhielt die Hälfte der Patienten eine Behandlung mit CPAP. Der primäre Endpunkt kombinierte mehrere kardiovaskuläre Ereignisse als Todesursache. Nach 3 – 4 Jahren Follow-up beobachteten die Autoren hinsichtlich dieses Endpunkts keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Allerdings verbesserte CPAP einige sekundäre Endpunkte signifikant, wie Schnarchen, Tagesschläfrigkeit, Lebensqualität und Arbeitsausfall. Zerebrale Ereignisse nahmen unter CPAP signifikant ab.
Um das vermeintlich enttäuschende Ergebnis genauer interpretieren zu können, lohnt sich ein Blick auf die Methoden im Supplement der Arbeit. Viele Patienten gingen nicht in die Studie ein, weil sie zu schwer krank waren, bspw. bei schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III – IV), bei COPD mit FEV1 < 50 % des Solls oder bei schwerer nächtlicher Entsättigung. Auch lag der AHI für den Einschluss in die Studie sehr hoch, wenn man die Studiendefinition nach ApneaLink (> 29/h) auf die üblichen Chicago-Kriterien (> 72,5/h) überträgt (diese Umrechnung beruht auf Voruntersuchungen in der SAVE-Studie selbst). Die durchschnittliche CPAP-Anwendung lag nur bei 3,3 Stunden pro Tag. Viele Patienten waren also nicht suffizient behandelt worden, denn sie hatten unter der Therapie immer noch einen effektiven (über 7 Stunden berechneten) AHI von 42,5/h. Schließlich wurden Patienten aus ganz unterschiedlichen Gesundheitssystemen in die Studie aufgenommen, wie China (mehr als 50 %), Brasilien und Indien, während Länder wie Neuseeland, Spanien und Australien zusammen nur etwa ein Viertel der Studienteilnehmer rekrutiert hatten. Und betrachtet man die Zahl der über 15 000 gescreenten Patienten, waren die am Ende teilnehmenden 2717 Patienten nur ein kleiner Bruchteil davon. Sie repräsentieren daher die stark einschränkenden Studienbedingungen und nicht den Patienten aus dem Behandlungsalltag („real life“). Angesichts dieser Schwächen kann die SAVE-Studie die Frage nach dem Nutzen einer CPAP-Therapie nicht abschließend beantworten.
Andere Studien zur obstruktiven Schlafapnoe
Schweizer Autoren untersuchten in der HypnoLaus-Studie populationsbasiert die Häufigkeit von SBAS und Komorbiditäten [125]. Nur im obersten Quartil bei einem AHI > 20,6/h gab es Assoziationen mit Diabetes mellitus, Hypertonie, metabolischem Syndrom oder Depressionen, bei geringeren AHI-Werten dagegen nicht. Es greift daher zu kurz, wenn die Schlafapnoe nur nach dem AHI beurteilt wird.
Die Auswertung des französischen Registers für Schlafapnoe berücksichtigte mehr als 18 000 Teilnehmer, deren Daten für Cluster-Analysen zur Verfügung standen [126]. Statistisch ließen sich unterschiedliche Patientengruppen identifizieren, wenn man das Alter und die Komorbidität einbezog. So gab es bspw. das Cluster der multimorbiden, adipösen und symptomatischen Patienten oder das Cluster der jungen Schnarcher.
Es erscheint bei SBAS sinnvoll, bestimmte Phänotypen von Patienten zu beschreiben. Eine europäische Task Force schlug kürzlich eine Einteilung in 4 Gruppen A – D vor [127]. Dieses Schema bezieht die Symptomatik der Patienten ebenso ein wie die Auswirkungen am Endorgan. Daran kann sich auch die Therapie orientieren ([Abb. 2]).
Abb. 2 Phänotypische Einteilung von Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen [127].
Zentrale Schlafapnoe und periodische Atmung
Das charakteristische Muster der periodischen Atmung wird vom überschießenden Wechsel zwischen Hypokapnie und Hypoxie bestimmt. Wenn die Ventilation ansteigt, resultiert eine Hypokapnie. Diese dämpft den zentralen Atmungsantrieb im Hirnstamm und bremst die Ventilation, sodass eine Hypoxie entsteht. Die Hypoxie wiederum stimuliert den Atemantrieb, und es entwickelt sich eine Hyperventilation. Cheyne-Stokes-Atmung ist definiert als ≥ 3 aufeinanderfolgende zentrale Apnoen mit Crescendo/Decrescendo-Muster und einem AHI > 5/h bei einer Herzinsuffizienz [128]. Bei chronischer Hyperventilation ist der pCO2 im Wachzustand und im Schlaf verringert [129].
Pathophysiologisch spielen Flüssigkeitsverschiebungen während der Nacht eine Rolle. Flüssigkeit wird von der unteren in die obere Körperhälfte verschoben und begünstigt eine pulmonale Stauung. Tatsächlich konnte man eine Korrelation zwischen Zunahme des AHI und des Wedge-Druckes beobachten [130]. Intrapulmonale Rezeptoren lösen einen Vagusreiz aus und bewirken damit die beschriebene Hyperventilation. Die Frage ist allerdings, ob das periodische Atmungsmuster nicht einen Kompensationsmechanismus des herzinsuffizienten Patienten darstellt, ob es also dem Patienten nützt oder ob es ihm schadet. Dafür werden verschiedene pathophysiologische Faktoren angeführt. Unter anderem könnte sich die Oxygenierung verbessern, weil vorher nicht belüftete Bereiche ventiliert werden, wenn bei periodischer Atmung das endexspiratorische Lungenvolumen ansteigt [121]. Allerdings war bei hospitalisierten Patienten mit akuter Herzinsuffizienz die Mortalität über 3 Jahre höher, wenn die Patienten gleichzeitig eine obstruktive oder eine zentrale Atemstörung hatten, als in der Vergleichsgruppe ohne schlafbezogene Atemstörung [131]. Dieser Befund spricht gegen die Hypothese eines Kompensationsmechanismus.
In einer anderen Studie wurden Patienten mit systolischer oder diastolischer Herzinsuffizienz mit Polysomnografie untersucht [132]. Als neuer Parameter wurde der prozentuale Zeitanteil mit einem mindestens 4-prozentigen Abfall der Sättigung (4 % POD) verwendet. Während des dreijährigen Follow-ups starben signifikant mehr Patienten, die während ≥ 12 % der Nacht das 4 %-POD-Kriterium erfüllten. Dieser Parameter war der beste unabhängige Prädiktor der Mortalität.
Bei Herzinsuffizienz hat die zentrale Schlafapnoe ungünstige Konsequenzen, denn sie fördert auf verschiedenen pathophysiologischen Wegen die Progression der Herzinsuffizienz [133].
Beatmungstherapie mit Positivdruck
Bleiben trotz optimaler kardiologischer Therapie noch zentrale SBAS bestehen, kann als nächster Schritt die Behandlung mit CPAP eingeleitet werden, auf die rund die Hälfte der Patienten mit Herzinsuffizienz anspricht. Dabei lassen sich bei periodischer Atmung 2 Gruppen unterscheiden: Patienten mit kurzer Apnoe und milder Hyperventilation (niedriger Loop Gain) und solche mit langer Apnoe und schwerer Hyperventilation (hoher Loop Gain) [134]. Letztere profitieren seltener von einer CPAP-Therapie.
Die adaptive Servoventilation (ASV) appliziert antizyklisch wenig Therapiedruck in Phasen der Hyperventilation und viel Druck während der Apnoephasen. Eine Übersichtsarbeit von 14 Studien bei Patienten mit Herzinsuffizienz ergab unter ASV Verbesserungen beim AHI, bei der linksventrikulären Ejektionsfraktion und beim 6-Minuten-Gehtest [135].
Die SERVE-HF-Studie
In einer multinationalen Studie wurden Herzinsuffizienz-Patienten Leitlinien-basiert behandelt, davon eine Gruppe zusätzlich mit und die andere ohne adaptive Servoventilation. Einschlusskriterien waren eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 45 % und AHI ≥ 15/h mit vorwiegend zentraler Apnoe [136]. Während der Nachbeobachtungszeit wurden Ereignisse registriert, die kombiniert den primären Endpunkt bildeten, bestehend aus Mortalität, Hospitalisationen, Dekompensation der Herzinsuffizienz, Herztransplantation oder plötzlicher Herztod. Über insgesamt 60 Monate ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied in diesem primären Endpunkt. Vielmehr war die Gesamt-Mortalität ebenso wie die kardiovaskuläre Mortalität unter ASV signifikant höher als in der Kontrollgruppe.
Dieses enttäuschende Ergebnis löste zahlreiche Diskussionen aus. Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse stellt man fest, dass bestimmte Subgruppen von Patienten eine erhöhte Mortalität aufwiesen. Nahmen Patienten Antiarrhythmika ein, lag ihre Hazard Ratio für kardiovaskuläre Mortalität bei 1,47 im Vergleich zu Patienten ohne Antiarrhythmika-Therapie. Auch eine deutlich reduzierte Ejektionsfraktion unter 30 % war mit einem deutlich höheren Risiko assoziiert. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt betrifft die tatsächliche Durchführung der Beatmung. In der Kontrollgruppe hatten 17 % der Teilnehmer ein Positivdruckgerät gekauft und benutzt, und in der Therapiegruppe hatten 29 % die ASV vorzeitig abgebrochen. Zusammengenommen waren 23 % der Studienteilnehmer gegen die eigentliche Randomisierung, also nicht im „richtigen“ Studienarm, ausgewertet worden. Auch die Nutzungsdauer der Beatmung war vielfach nicht ausreichend, denn bei 40 % der Patienten wurde das Gerät kürzer als 3 Stunden und bei 27 % unter 1 Stunde pro Nacht genutzt. Durchschnittlich lag die Nutzungsdauer bei 3,7 Stunden. Außerdem wurden Servoventilatoren einer älteren Generation verwendet, die kontinuierlich eine minimale Druckunterstützung von 3 cm H2O erzeugten. Dies könnte über eine respiratorische Alkalose einen pro-arrhythmischen Effekt gehabt haben.
Eine Hypothese diskutiert folgende Aspekte als mögliche Ursachen der erhöhten Mortalität unter ASV: Die extrem niedrige linksventrikuläre Ejektionsfraktion charakterisiert eine besonders vulnerable kardiale Situation. Antiarrhythmika und Hyperventilation könnten unter dieser Prädisposition maligne Arrhythmien ausgelöst haben. Dafür spricht die Tatsache, dass viele Todesfälle auf plötzlichen Herztod zurückzuführen waren und nicht auf akute Dekompensation der Herzinsuffizienz.
Andere Studien zur ASV und praktische Konsequenzen
In einer aktuellen prospektiven Kohortenstudie bei Herzinsuffizienz und neu diagnostizierter zentraler Schlafapnoe wurde ein signifikanter Überlebensvorteil unter ASV erzielt (die Ergebnisse von Khayat et al. sind noch nicht veröffentlicht). Schon vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass die ASV die Atmungsstabilität und die Herzfunktion signifikant verbessern kann [137]. Dennoch sind weitere Daten aus prospektiven, randomisierten Studien (z. B. der ADVENT-HF-Studie) notwendig, um abschließende Aussagen zu treffen. Eine europäische Task Force veröffentlichte einen Algorithmus zur Behandlung zentraler Atmungsstörungen bei Herzinsuffizienz [127]. Liegt die linksventrikuläre Ejektionsfraktion über 45 %, kann weiterhin eine ASV eingesetzt werden, sofern der Patient kardiologisch optimal therapiert ist und mit CPAP keine ausreichende Besserung des AHI erreicht wurde. Dagegen ist die ASV-Therapie bei Patienten mit höhergradiger Linksherzinsuffizienz derzeit kontraindiziert.