Arbeitskräftemangel, Notdienstbesetzung und gleichzeitige Auslastung und Effektivität
sind wichtige Fragestellungen, die es in Zukunft zu beantworten gilt. Viele Klinikbetreiber
geben ihre Klinikzulassung zurück und lösen damit vermeintlich das Notdienstproblem.
Im Grunde aber nur eine unbefriedigende und eher symptomatische Lösung. Eine „Kausaltherapie“
für unsere Pferdemedizinbetriebe muss das vollständige Überdenken unserer Strukturen
sein.
(© Coloures-Pic – stock.adobe.com)
Tierärztliche Belange vor Verwaltung und Organisation
Tierärztliche Belange vor Verwaltung und Organisation
Im Zuge von sehr wenigen verfügbaren Tierärzten auf dem Markt darf die Verwaltung
nicht durch Tierärzte ausgeführt werden. Nicht allein der Mangel an Tierärzten, sondern
auch die fehlende Qualifikation für derartige Tätigkeiten schließt dieses herkömmliche
System, der Tierarzt macht alles, nachvollziehbar aus. In Zeiten einer anspruchsvollen
Tiermedizin und steigender Anforderungen an den Dienstleister „Pferdepraktiker“ muss
sich eine Professionalisierung einstellen. Wichtigste Maßnahme bei dieser Strukturverbesserung
ist die Rekrutierung, gezielte Auslastung, Fort- und Weiterbildung und damit auch
entsprechende Entlohnung von Tierärzten. Die Attraktivität des Arbeitsplatzes „Pferdetierarzt“
hängt unmittelbar an diesen Faktoren.
Merke
„In vernünftiger Zeit gutes Geld zu verdienen“ ist die Zusammenfassung dieser Maßnahme.
Dies funktioniert nur, wenn in der verfügbaren Arbeitszeit auch hocheffizient gearbeitet
wird. Hohe Qualifikation und gutes Zeitmanagement müssen dies sicherstellen. Arbeiten,
die von Nicht-Tierärzten geleistet werden können, dürfen konsequent dann auch von
Tierärzten nicht bearbeitet werden. Dazu gehören z. B. Zeitplanung, Einkauf, Fakturierung, Marketing,
KFZ-Verwaltung und TFA-Verantwortung. Wird dies konsequent gelebt, wird unsere Sparte
der Tiermedizin auch wieder attraktiver für junge Tierärzte. Jeder leistet das, was
er über viele Jahre gelernt hat und auch professionell bedienen kann.
Wie löst das beispielsweise das Notdienstproblem?
Wie löst das beispielsweise das Notdienstproblem?
Nehmen wir einmal an, dass die Professionalisierung der Pferdemedizin sich aus eigener
Initiative und durch den Druck der Situation in den nächsten Jahren verbessert, dann
wird es auch wieder tierärztliche Mitarbeiter geben. Schon heute gibt es viele junge
Absolventen, die gerne in der Pferdemedizin arbeiten möchten. Sie werden durch Arbeitsbedingungen,
schlechtes Image der Pferdepraktiker hinsichtlich Arbeitszeiten und niedriger Verdienstmöglichkeiten
abgeschreckt. Hier muss umgedacht werden.
Ziel muss es sein, dass der „Pferdetierarzt“ hochqualifiziert und effektiv arbeitet,
seine Arbeit im Umfeld einer organisierten Struktur – hinsichtlich Arbeitszeiten geplant,
gezielt erbringt – und dafür auch noch gut bezahlt wird. Dies wird nur in größeren
Einheiten oder Verbünden möglich sein. Nur hier sind Arbeitszeitmodelle, Spezialisierung
und Fort- und Weiterbildung überhaupt zu leisten. Der Einzelpraktiker oder Kleinbetrieb
mit 1 – 2 Tierärzten wird dies in Zukunft nicht bieten können. In größeren Einheiten
ist eine Konzentration auf kleine „Spezialgebiete“ überhaupt erst möglich. Die Entwicklung
der angelsächsischen Länder zeigt diesen Trend schon seit vielen Jahren. Hier ist
die Effektivität hoch, die Spezialisierung schon praktiziert und sind die Verdienst-
und Freizeitmöglichkeiten deutlich über dem Niveau in Deutschland.
Wie ist der Weg dahin?
Es ist unrealistisch, dass sich alle Einzelpraktiker zu Tierärztezentren zusammenschließen.
Aber es gibt dazu auch Alternativmodelle. Interessensverbünde auf der Ebene einer
gemeinsamen Notdienstorganisation sind der Anfang. Gemeinschaftliche Nutzung von teuren,
im Einzelbetrieb nicht ausgelasteten Investitionsgütern ist ein weiterer Schritt auf
dem Weg zur leistungsfähigen Pferdepraxis. Timesharing von tierärztlichen Mitarbeitern/Spezialisten
funktioniert da, wo klare Absprachen bestehen und Zeitplanung existiert: Wann haben
wir Kapazitäten, wann können wir welchen Termin vergeben, welche Geräte werden dazu
benötigt und sind verfügbar? Solche Beispielfragen ziehen sich durch alle Bereiche,
in denen man Synergieeffekte nutzen möchte.
Gemeinschaftliches Arbeiten und Nutzen von Ressourcen – Arbeitskräften oder Investitionsgütern
– funktioniert nur so. Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, könnte in der Verwaltung
ein gemeinsamer Organisator oder Betriebswirt für die Verwaltungstätigkeiten als Praxismanager
auch für mehrere Praxen tätig sein. Ein Modell, das für den Einzelpraktiker eine finanzierbare
und leistungsfähige Alternative zu einem Zusammenschluss wäre.
Nicht nur eine Frage der sachlichen Argumente!
Nicht nur eine Frage der sachlichen Argumente!
Mit dem Nachbarkollegen, in welcher Form auch immer, zusammenzuarbeiten, erfordert
auch eine wichtige menschliche Komponente. Konkurrenzdenken hemmt seit Generationen
gemeinsame Aktivitäten. In diesen Zeiten sollten wir auf sachlicher Ebene die Notwendigkeiten,
die sich aus der aktuellen Marktsituation ergeben, analysieren und im eigenen Interesse
mögliche Zusammenarbeiten entwickeln. Diejenigen, die das strukturiert angehen und
umsetzen, haben in Zukunft eine Antwort auf die Anforderungen, die sich uns Pferdetierärzte
in steigendem Maße stellen. Der zukünftige Bedarf ist nur zu einem kleinen Teil medizinisch
– zu einem großen Teil sind es betriebswirtschaftliche und organisatorische Fragestellungen,
die über den Erfolg einer Pferdepraxis entscheiden werden.
Wir Tierärzte müssen in unserer Praxisführung innovativer und zielorientierter werden.
Die Frage „wo stehe ich in 5/10/20 Jahren?“, sollte sich jeder stellen und auch beantworten.
Und das möglichst frühzeitig. Die Frage der Zukunftsplanung zu beantworten ist nicht
leicht – die Umsetzung der Ziele noch schwieriger. Gerade hier sollten wir über die
Einbindung von Praxismanagern oder Betriebswirten zur Strukturoptimierung nachdenken.
Das kostet Geld – rechnet sich aber über die Zeit, wenn es gut organisiert und stringent
durchgezogen wird. Das Einsteigen in diese Problematik wird mit fortschreitender Zeit
immer schwieriger!
Pferdemedizin macht Spaß – aber nur, wenn sie auch langfristig gut funktioniert!