Rofo 2019; 191(S 02): S112-S114
DOI: 10.1055/a-0943-1123
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Thorax-Sonografie – wann ist sie indiziert und sinnvoll

Christina Hauenstein
Universitätsmedizin Rostock, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie, Pädiatrische Radiologie
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Korrespondenzadresse

Christina Hauenstein
Universitätsmedizin Rostock, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie, Pädiatrische Radiologie

Publication History

Publication Date:
20 August 2019 (online)

 

Einführung

Die Sonografie des Thorax beschränkte sich aufgrund der Totalreflexion der Schallwellen durch Luft lange Zeit auf die Darstellung von Flüssigkeit im Pleuraraum. Mit zunehmender technischer Weiterentwicklung der Sonografie hat diese insbesondere in der Notfalldiagnostik und auf Intensivtherapiestationen an Bedeutung gewonnen. Dabei sind neben den Thoraxwand-Strukturen die Pleura, das Mediastinum und die Pleura-nahen Lungenabschnitte sonografisch gut zugänglich. 70 % der Lungenoberfläche können so mit der Sonografie eingesehen und näher beurteilt werden.


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Durch die hohe Auflösung im Nahfeld eignen sich besonders hochfrequente Linearsonden von 10–14 MHz (-22 MHz) gut zur Untersuchung der Brustwand und der Pleura; die tiefergelegenen Strukturen des Mediastinums und der Lunge erfordern aufgrund der höheren Eindringtiefe niederfrequente Sektor- oder Konvexschallköpfe (2–5 MHz).

Indikationen

Indikationen für die Thorax-Sonografie sind Thoraxwand-Prozesse der Cutis, Subkutis, Muskulatur, der Rippen inkl. des Sternums, der Pleura und Pleura-ständigen Lungenanteile sowie der Brustdrüse und des Mediastinums.


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Befunde

Brustwand

Die Sonografie der Thoraxwand macht den Hauptanteil der Untersuchungen ambulanter Patienten aus. Dabei sind Schwellungen und Indurationen, die häufig zufällig entdeckt werden, der Hauptgrund der Vorstellung. Hier sind in aller Regel eine einwandfreie Zuordnung und Diagnose möglich.

Häufige Fragestellungen sind die Differenzierung von dolenten oder indolenten, derben oder teigigen Weichteilschwellungen der Brustwand. Durch die ausgezeichnete Weichteilauflösung der hochfrequenten Linearsonden ist im Vergleich zu den anderen bildgebenden Verfahren die beste Differenzierung der einzelnen Befunde ohne großen Aufwand möglich. Typische Läsionen sind dabei Lymphknoten, Lymphangiome, Hämangiome, Atherome, Rippenanomalien im knöchernen und knorpeligen Anteil, Rippenfrakturen und subperiostale Prozesse sowie Hämatome.

Aber auch sicht- und tastbare Schwellungen, die ihren Ursprung in tiefergelegenen Schichten haben, können mit hoher Treffsicherheit hinsichtlich Gewebeaufbau, Ausdehnung und Infiltration zugeordnet werden. So kann eine Einschätzung hinsichtlich der Dignität, z. B. bei den seltenen Thoraxwand-Tumoren, vorgenommen werden, um so gezielt weitere diagnostische Schritte (CT vs. MRT) einzuleiten. Um die Dignität zu beurteilen und eine Artdiagnose vorzunehmen, gelten im Prinzip die gleichen Kriterien wie bei allen anderen Modalitäten: Scharfe oder verwaschene Randbegrenzungen, unregelmäßige Binnentextur, invasives destruierendes oder verdrängendes Wachstum sowie das Ausmaß der Perfusion.

Als typische benigne Raumforderung sei hier das Thoraxwand-Harmatom genannt.

Bei den malignen Prozessen sind Lymphome und Ewing-Sarkome die häufigsten Tumoren ([Abb. 1]) im Kindesalter. Ossäre Metastasen wie beispielsweise beim Neuroblastom sind eher selten und finden sich in weit fortgeschrittenen Tumorstadien.

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Abb. 1 12-jähriger Junge mit pulmonalem Herd bei Lymphom-Rezidiv.

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Pleura/Lunge

Die Darstellung des Pleuraergusses, die Beurteilung der Qualität des Ergusses und eine eventuelle sonografisch gezielte Punktion sind die häufigsten Indikationen für die Thorax-Sonografie stationärer Patienten. Wichtig ist dabei immer die Mitbeurteilung der angrenzenden Pleura-nahen Lungenabschnitte. Typische Fragestellungen im angrenzenden Lungenparenchym sind die Differenzierung zwischen Atelektase und Pneumonie sowie die Verlaufsbeurteilung bei Pleuropneumonien.

Deutlich früher als im konventionellen Röntgen-Thorax ist sonografisch ein Erguss abgrenzbar, was wichtig zur Einordnung von Fiebersyndromen sein kann. Für diese Untersuchung ist die optimale Position des Patienten die aufrecht sitzende Haltung mit Untersuchung von dorsal, da sich die Flüssigkeit der Schwerkraft folgend meist in den hinteren Recessus sammelt. „Gefangene“ bzw. abgekapselte Flüssigkeitsverhalte erfordern in jedem Fall auch eine Untersuchung von ventral in unterschiedlichen Höhen. Neben der Qualität des Ergusses – echoleer, echogemischt oder mit Binnenreflexen – lässt sich auch das Ausmaß des Ergusses ([Abb. 2]) in Abhängigkeit vom Lebensalter abschätzen.

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Abb. 2 5-jähriger Junge mit Pleuropneumonie rechts und septiertem Erguss.

Die Darstellung von echoreichem Inhalt, eventuellen Sedimentationen, Gasreflexen und Fibrinationen bzw. Septierungen lässt Rückschlüsse auf die Art des Ergusses zu, sodass hier Aussagen zu einem reinen Begleiterguss, einer bakteriellen Superinfektion oder aber Blutansammlungen im Pleuraraum getroffen werden können. Zusätzlich werden neben den reinen Ergussqualitäten immer auch die Pleura viszeralis und parietalis mit beurteilt. Hier lassen sich neben Beweglichkeit der Pleurablätter gegeneinander, Verdickungen, Einziehungen, fibrinösen Auflagerungen oder typischen linsenfömigen Konfigurationen bei Pleuraempyem Rückschlüsse auf die Artdiagnose, Akutität bzw. Chronizität eines Prozesses ziehen. Ein reiner Begleiterguss führt in der Regel nicht zu einer Verdickung der Pleurablätter. Die Pleurabeweglichkeit ist erhalten ([Abb. 3a, b]).

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Abb. 3a, b 14 Monate altes Mädchen mit Pleuropneumonie.

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Grenzen der Methode

Limitation der Thorax-Sonografie sind pulmonale Prozesse, die keinen direkten Kontakt zur Pleura haben, da jegliche feine Luftansammlung zwischen der Pathologie und dem Schallkopf zur Totalreflexion der Schallwellen führt. Somit können auch ausgedehnte Prozesse für die Sonografie unsichtbar bleiben.


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Zusammenfassung

Die Thorax-Sonografie ist eine hervorragende Methode, um schnell und sicher die in aller Regel harmlosen Thoraxwand-Prozesse zu diagnostizieren und zu differenzieren. Sie eignet sich nicht für die Routinediagnostik bei V. a. Pneumonie, ist aber für Verlaufskontrollen bei Atelektasen, Lobärpneumonie, Pleuropneumonien und pleuralen Prozessen hervorragend geeignet und ersetzt in aller Regel konventionelle Röntgenverlaufskontrollen.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Christina Hauenstein
Universitätsmedizin Rostock, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie, Pädiatrische Radiologie


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Abb. 1 12-jähriger Junge mit pulmonalem Herd bei Lymphom-Rezidiv.
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Abb. 2 5-jähriger Junge mit Pleuropneumonie rechts und septiertem Erguss.
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Abb. 3a, b 14 Monate altes Mädchen mit Pleuropneumonie.