Pneumologie 2019; 73(07): 439-440
DOI: 10.1055/a-0947-3137
Leserbrief
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Stellungnahme zur Leitlinie Sauerstoff-Langzeittherapie

Norbert K. Mülleneisen
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Norbert K. Mülleneisen
Asthma und Allergiezentrum
Königsberger Platz 5
51371 Leverkusen

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Publication Date:
10 July 2019 (online)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben uns am 03. April 2019 in unserem Qualitätszirkel Köln/Bonn der Pneumologen über die Leitlinie Sauerstofflangzeittherapie unterhalten.

Frau PD Dr. F. Magnet zeigte uns die aktuellen Daten auf und wir haben von der geplanten Revision der Leitlinie Kenntnis genommen. Die bestehende Leitlinie ist veraltet und es gibt zu vielen Themen keine Informationen, die für uns Niedergelassenen im Alltag wichtig sind. Wir bitten zu bedenken, dass es in der Verordnung von Sauerstofflangzeittherapie erhebliche Differenzen zwischen den Möglichkeiten im Krankenhaus und den im ambulanten Sektor stattfindenden Gepflogenheiten gibt, die u. E. in der Leitlinie bisher nicht ausreichend gewürdigt wurden. Zumal auch nach unserem bisherigen Kenntnisstand keine Niedergelassenen an dieser Leitlinie mitschreiben.

So wird z. B. von den Niedergelassenen nicht bestritten, dass die arteriellen Blutgase zuverlässigere Werte geben als die kapillären Blutgase. Ohne eine entsprechende Vergütung im niedergelassenen Bereich ist jedoch eine Umstellung der kapillären auf arterielle Messung nicht zu erwarten. Zumal arterielle Blutgase eindeutig eine Arztleistung sein müssten, wohingegen kapilläre Blutgase im hyperämisierten Ohrläppchen von MFAʼs durchgeführt werden können und die entsprechende Vergütung für niedergelassene Pneumologen im pneumologischen Komplex versenkt worden ist. Eine flächendeckende Einführung von arteriellen Blutgasen wäre mit einem erheblichen Kostenzuwachs verbunden, der sich nicht im wirtschaftlich darstellbaren Bereich für Niedergelassene bewegt. Insofern wäre die Forderung von arteriellen Blutgasen aus wissenschaftlicher Sicht zumindest im jetzigen System ambulant nicht umsetzbar. Forderungen die wissenschaftlich empfehlenswert sein mögen, aber in der Praxis nicht umsetzbar sind, sind eine Quelle ständigen Ärgers für Niedergelassene mit den Kassen, KVen und Patienten und werden oft als „Tritt in den Hintern“ empfunden.

Die Forderung nach Testungen auf Demand-Fähigkeit der Langzeitsauerstoffversorgung ist im Prinzip richtig, aber auch im niedergelassenen Bereich nicht möglich. Dazu müssten wir nämlich alle unterschiedlichen Demand-Systeme vorhalten, die alle bei der gleichen Einstellung, also z. B. bei Stufe 2 unterschiedliche Flussraten abgeben. Hier wäre eine Normierung nach DIN sinnvoll, damit die Demand-Systeme untereinander vergleichbar würden. Solange dies nicht der Fall ist, ist eine sinnvolle Demand-Fähigkeitstestung nicht möglich. Zumal die Krankenkassen alle unterschiedlichen Verträge mit unterschiedlichen Lieferfirmen haben.

Man müsste dann kassenspezifisch die verschiedenen Systeme auswählen, kontrollieren, schulen usw. und das für jede einzelne Krankenkasse. Die Systeme sind also nicht untereinander vergleichbar. Es ist von einem niedergelassenen Arzt schlichtweg nicht zu erwarten, dass er alle Geräte vorhalten kann. Vergleichbares gilt für die mobilen Sauerstoffgeräte.

Demand-Testungen an Zentren, die alle Geräte vorrätig haben, wären eine sinnvolle Überlegung. Alternativ wäre die Möglichkeit einer Selbst-Titrierung zu Hause nach Sauerstoffsättigung zu erwägen.

Bezüglich der Verordnungsfähigkeit von Sauerstoff bei Nikotin ist in unserem Qualitätszirkel eine sehr heftige Diskussion entbrannt, inwieweit Patienten, die weiterhin rauchen, Sauerstoff erhalten sollen oder dürfen. Die Spannbreite der Diskussion reichte von kompletter Ablehnung bis zur selbstverständlichen Versorgung von Patienten mit nötigem Langzeit-O2-Bedarf ungeachtet des Raucherstatus. Die Ablehnung erfolgt nicht, um den einzelnen Patienten zu bestrafen, sondern weil die Gefahr besteht, dass es zu einem Brand kommt und dadurch unbeteiligte Dritte im Hause zu Schaden kommen.

Hierzu hat unser Qualitätszirkel keine abschließende Meinung finden können.

Dies sollte aber in einer Leitlinie eindeutig geregelt werden, damit auch hier Rechtssicherheit besteht. Denn wenn es zu einer Gefährdung kommt, wenn z. B. ein Haus abbrennt, sollte der verordnende Arzt in der Leitlinie die Rückversicherung haben, dass dies wissenschaftlich abgesichert ist.

In der Praxis stellt sich häufig die Situation, dass eine teure Mobilversorgung nicht wirklich genutzt wird, weil die Patienten kaum mehr das Haus verlassen, gleichwohl wird eine solche Mobilversorgung von vielen Patienten gewünscht. Eine Überprüfung findet meist nicht statt. Hier wäre eine Forderung nach ambulanter Kontrolle im häuslichen Bereich sinnvoll.

Aber auch dies müsste durch eine gezielte Hausbesuchsziffer zur Überprüfung der häuslichen Bedingungen und der Nutzung, sowie der Gefahren (Rauchen, offenes Feuer, Licht, Kerzen, etc.) im EBM abgebildet werden.

Es gibt Mobilgeräte, die bei Hitze nicht gut funktionieren und sich abschalten. Dies ist für die mobile Versorgung bei Hitze ein Problem und insbesondere für unsere ausländischen Patienten, die damit in Urlaub fahren, problematisch.

Ein ständiges Ärgernis für die niedergelassenen Kollegen ist die Tatsache, dass Krankenhäuser in Phasen der Exacerbation Sauerstofflangzeittherapien verordnen oder auch insbesondere Kardiologen bei Herzinsuffizienz eine Sauerstofflangzeittherapie einleiten, ohne dass die Indikation nach der bisher schon gültigen Leitlinie besteht. Eine Einstellung auf Sauerstofflangzeittherapie ist nur in einer stabilen Krankheitsphase außerhalb des Krankenhauses sinnvoll. Patienten sind aber in der Regel nicht in einer stabilen Krankheitsphase im Krankenhaus, sodass es eigentlich grundsätzlich nicht möglich ist, dass ein Krankenhaus eine Sauerstofflangzeittherapie verordnet.

Im kassenärztlichen Alltag sind die Anforderungen der Krankenkassen bzw. der Sanitätshäuser oder Sauerstofflieferanten enorm und die Formulare, die auszufüllen sind, entsprechen nicht der Formularverordnung der kassenärztlichen Bundes-Vereinigung und sind somit eigentlich nicht zu Lasten des Arztes, sondern zu Lasten der Krankenkasse bzw. zu Lasten des Patienten auszufüllen. Auch dies ist ein beständiges Ärgernis, weil von den niedergelassenen Pneumologen konkrete Sauerstoffwerte einzutragen sind. Dies ist nicht Bestanteil der kassenärztlichen Versorgung, gleichwohl wird dieses Formular von den meisten Pneumologen ausgefüllt, um dem Patienten die benötige Sauerstofflangzeittherapie zu ermöglichen. Auch dieser Aufwand wird nicht adäquat vergütet und führt in einigen Fällen zur Unterversorgung, sowie die Versorgung durch Krankenhäuser häufig eine Überversorgung darstellt.

In der neuen Leitlinie sollte ggf. auch etwas zur Sauerstoff-LZ-Therapie und Flugreisen stehen, ggf. auch mit einem entsprechendem Algorithmus.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Qualitätszirkel Köln-Bonn
Norbert K. Mülleneisen


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