Nervenheilkunde 2019; 38(11): 790-791
DOI: 10.1055/a-0952-6985
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Nervenheilkunde

Zeitschrift für interdisziplinäre Fortbildung
Georg Adler
1   Institut für Studien zur Psychischen Gesundheit (ISPG) Mannheim
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Publication Date:
04 November 2019 (online)

 
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Prof. Dr. Georg Adler Institut für Studien zur Psychischen Gesundheit (ISPG) Mannheim

Früherkennung und Prävention der Alzheimer-Demenz

Die geburtenstarken Jahrgänge haben begonnen, ins Rentenalter einzutreten. Dies wird innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte zu einer drastischen Zunahme der altersassoziierten Erkrankungen und zu einer Verdoppelung der Anzahl der Demenzpatienten führen. Da aller Wahrscheinlichkeit nach so schnell keine krankheitsmodifizierende Therapie der Alzheimer-Demenz zur Verfügung stehen wird, kommt der Krankheitsfrüherkennung und der Prävention entscheidende Bedeutung zu – zur Verhütung und Milderung einer sehr großen Zahl von individuellen Krankheitsschicksalen mit weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheitswesen, Altenfürsorge und die gesamte Gesellschaft.

Eine Früherkennung der Alzheimer-Krankheit, die Feststellung der zugrunde liegenden neurobiologischen Prozesse bereits vor der Entwicklung eines Demenz-Syndroms, ist bei vielen Personen mit hoher Sensitivität und Spezifität möglich. Auf dieser Grundlage können intensive, individuell angepasste sekundärpräventive Maßnahmen veranlasst werden, um die Manifestation und der Verlauf der Demenz zu verzögern, sodass für die Betroffenen Zeit mit guter geistiger Leistungsfähigkeit gewonnen werden kann.

Die Artikel dieses Heftes, die einen Bogen von ersten subjektiv wahrgenommenen Zeichen einer beginnenden Alzheimer-Demenz zu präventiv wirksamen Maßnahmen schlagen, stammen aus den Vorträgen von zwei Symposien auf dem XIV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) im Mai diesen Jahres in Essen. Den Referenten der beiden Symposien und meinen Mitarbeiterinnen bin ich für die Abfassung ihrer Beiträge verbunden.

Noch bevor Einschränkungen des Gedächtnisses objektiv fassbar sind, stellen viele Erkrankte bei sich selbst schon Veränderungen fest. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es dann zu Leistungsdefiziten, die mit neuropsychologischen Tests objektiviert werden können. Zu diesem Zeitpunkt werden dann häufig bildgebende und neurochemische Untersuchungen angestellt, die bei der Alzheimer-Demenz charakteristische Befunde liefern. Eine Weiterentwicklung derartiger Untersuchungen besteht in Bluttests, die schon vor dem Auftreten objektivierbarer kognitiver Einschränkungen Hinweise für das Vorliegen einer β-Amyloid-Pathologie geben können. Da sich daraus noch keine therapeutische Konsequenz in Form einer krankheitsmodifizierenden Therapie der Alzheimer-Krankheit ergibt, muss die Bedeutung und Interpretation dieser Befunde sorgfältig untersucht und kritisch bewertet werden.

Präventionsmaßnahmen für die Alzheimer-Demenz setzen zumeist an bekannten beeinflussbaren Risikofaktoren an. Medizinische Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie oder Hyperhomozysteinämie werden bei älteren Erwachsenen, die sich in erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz befinden, häufig festgestellt und können für gezielte Präventionsmaßnahmen genutzt werden. Auch verschiedene Merkmale des Lebensstils eröffnen wirksame Ansätze zur Demenzprävention. Dies gilt insbesondere für körperliche Aktivierung und kognitives Training.

In den vergangenen Jahren wurden bereits ermutigende erste Ergebnisse von Präventionsstudien vorgelegt. Bei Personen in erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz kann das Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit und die Entwicklung eines Demenz-Syndroms durch gezielte medizinische Maßnahmen, insbesondere durch die Behandlung von Gefäßrisikofaktoren, und durch Veränderungen des Lebensstils im Sinne einer körperlichen, kognitiven und sozialen Aktivierung verzögert werden. Die weitere Entwicklung scheint dahin zu gehen, dass für die Alzheimer-Prävention allgemeine und allgemein-plausible Ratschläge zunehmend durch spezifischere, individuell zugeschnittene Empfehlungen ergänzt werden können, angepasst an Biografie, Krankheitsvorgeschichte und Risikofaktorenprofil.


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Prof. Dr. Georg Adler Institut für Studien zur Psychischen Gesundheit (ISPG) Mannheim