Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(04): 249-250
DOI: 10.1055/a-0961-0064
Perinatalmedizin in Bildern
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zufallsbefund: Milchiges Blut bei einem jungen Säugling

Aloisa P. Kohl
1   Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
,
Martin E. Blohm
2   Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
,
Caroline Schmitt
3   Helios Mariahilf Klinik, Hamburg
,
Dominique Singer
2   Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
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Publication History

Publication Date:
20 August 2019 (online)

Fallpräsentation

Vorstellung eines 6 Wochen alten männlichen Säuglings konsanguiner Eltern in der Notaufnahme einer Kinderklinik mit seit 2 Tagen bestehenden Durchfällen. Erbrechen oder Fieber bestanden nicht; der Patient befand sich in gutem Allgemeinzustand. Außer einer Hepatosplenomegalie ergaben sich in der klinischen Untersuchung keine Auffälligkeiten. Der Patient hatte keine relevanten Vorerkrankungen und zeigte ein perzentilengerechtes Wachstum.

Bei der Blutentnahme fiel auf, dass das Blut im nativen Zustand rosafarben (wie „Erdbeermilch“) imponierte und nach Absetzen bzw. Zentrifugation einen deutlichen weißlichen Überstand aufwies ([Abb. 1]). Aufgrund der veränderten Beschaffenheit konnten neben dem Blutbild auch viele Parameter der klinischen Chemie zunächst nicht bestimmt werden. Jedoch waren die Triglyzeride mit>10 000 mg/dl massiv erhöht. In der Lipidelektrophorese ließen sich Chylomikronen nachweisen. An der Haut fanden sich (noch) keine Xanthome oder Xanthelasmen; in der ophthalmologischen Untersuchung waren weder ein Arcus lipoides corneae noch eine Lipaemia retinalis zu sehen.

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Abb. 1 Typischer Befund bei Hyperchylomikronämie. a Weißliche („Erdbeermilch-artige“) Färbung des Blutes unmittelbar nach Entnahme. b Nach Absetzen der Blutprobe schwimmen die lipämischen Bestandteile (Chylomikronen) als weißlich gefärbter Überstand auf.

Unter dem Verdacht auf eine Lipidstoffwechselstörung wurde eine Diät mit einer fettarmen Formulanahrung (Monogen, Fa. Nutricia) begonnen. Die Mutter wurde zum Abstillen angeleitet. Unter dieser Behandlung zeigten sich die Triglyzeride deutlich fallend. Die Durchfälle, welche am ehesten infektiös bedingt waren, sistierten in der Folge ebenfalls. In einer ambulanten Verlaufskontrolle 3 Monate nach Therapiebeginn war der Triglyzerid-Spiegel mit 180 mg/dl bereits nahezu normwertig. Eine Hepatosplenomegalie bestand klinisch nicht mehr, auch sonografisch zeigte sich eine altersentsprechende Größe von Leber und Milz. Unter engmaschiger Diätberatung konnte im Alter von 6 Lebensmonaten mit der Beikostfütterung begonnen werden.

 
  • Literatur

  • 1 Cybulska B, Klosiewicz-Latoszek L. Management of severe hypertriglyceridaemia. Kardiol Pol 2013; 71: 1007-1012
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