Rahmani J.
et al.
The effect of Aronia consumption on lipid profile, blood pressure, and biomarkers
of inflammation: A systematic review and meta‐analysis of randomized controlled trials.
Phytother Res 2019;
33: 1981-1990
Hierzulande neuerdings als exotisches „Superfood“ gehandelt, gilt die Apfelbeere Aronia melanocarpa aus der Familie der Rosaceae in ihrer Heimat Nordamerika schon seit Jahrhunderten
als traditionelle Heilpflanze bei Erkältungskrankheiten. Untersuchungen ihrer Inhaltsstoffe
zeigen einen hohen Gehalt an phenolischen Verbindungen, Anthocyanen, Ascorbinsäure
und Antioxidanzien.
Insbesondere die Polyphenole der Apfelbeere sind wissenschaftlich von Interesse, da
sie sich in Tierversuchen und klinischen Studien beim Menschen als Sekundärmetaboliten
an sich und je nach Verbindung individuell als antiproliferativ, antimikrobiell, antiinflammatorisch
und antidiabetisch wirksam erwiesen.
Eine Supplementation mit Extrakten oder Saft aus Aronia-Beeren zeigte in klinischen
Studien bei Rauchern, bei Kindern und Erwachsenen mit metabolischem Syndrom einen
günstigen Einfluss auf den Lipidstoffwechsel und einzelne kardiovaskuläre Biomarker.
Eine umfassende Metaanalyse einer internationalen Arbeitsgruppe sollte nun die bisherige
klinische Evidenz einer Aronia-Supplementation in Bezug auf die Lipidwerte, den Blutdruck
und Entzündungsmarker zusammenfassen.
Das Studienteam wertete nach einer umfassenden Literaturrecherche in den medizinischen
Datenbanken PubMed / MEDLINE, Scopus und Cochrane letztlich 6 Publikationen mit insgesamt
7 Studien aus, die nach Anlegen der vordefinierten Ein- und Ausschlusskriterien von
ursprünglich 195 Studien zu Aronia übrig geblieben waren. Sie basierten alle auf einem
randomisiert-kontrollierten Studiendesign bei erwachsenen Teilnehmern. Als Endpunkte
sollten die Studien die Veränderung im Lipidprofil (Cholesterin, LDL- und HDL-Werte,
Triglyceride), den systolischen und diastolischen Blutdruck und die Entzündungsmarker
C-reaktives Protein, Interleukin-6 und Tumor-Nekrose-Faktor α enthalten haben.
Im Mittel dauerten die Studien 16 Wochen (4–24 Wochen) mit einer Teilnehmerzahl zwischen
15 und 77 und einem Durchschnittsalter von 36 Jahren. Die Teilnehmer hatten durchschnittlich
228 ml bzw. mg / Tag (100–500 ml bzw. mg / Tag) Aronia-Produkte eingenommen.
Nach der statistischen Auswertung konnten die Autoren belegen, dass eine Aronia-Supplementation
den HDL-Wert und den diastolischen (nicht den systolischen) Blutdruck signifikant
erhöhte. Letzterer Befund beruht allerdings auf nur zwei Studien mit zusammen 86 Teilnehmern.
In einer Subgruppenanalyse hinsichtlich der Dauer der Einnahme senkte die Aronia-Einnahme
auch deutlich den LDL-Spiegel und das Gesamtcholesterin bei den Studien mit einer
eher kürzeren Studiendauer (unter 10 Wochen). Auch die Triglycerid-Werte nahmen in
einer Dosis-Wirkungs-Analyse mit steigender Extrakt-Einnahme bis 300 mg/Tag signifikant
ab. Auf den systolischen Blutdruck und die Entzündungsmarker wirkten sich die Zubereitungen
hingegen nicht wesentlich aus. Es machte auch keinen Unterschied, ob die Probanden
die Früchte von Aronia melanocarpa als Saft oder als getrocknetes Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten, da laut
Autoren auch die verwendeten Extrakte alle relevanten bioaktiven Inhaltsstoffe enthielten.
In der Metaanalyse über 7 randomisiert-kontrollierte Studien zeigte sich, dass der
Konsum von Zubereitungen aus Aronia melanocarpa den Lipidstoffwechsel günstig beeinflusst, indem die HDL-Werte signifikant ansteigen.
Bei kürzerer Einnahme von unter 10 Wochen verringerte die Supplementation auch den
LDL-Wert sowie das Gesamtcholesterin. Aufgrund der traditionellen Erfahrung mit dieser
Pflanze sehen die Autoren das Potenzial des Aronia-Extrakts in einer therapiebegleitenden
Supplementation – insbesondere da sie im Gegensatz zu Lipidsenkern keine relevanten
Sicherheitsrisiken aufweist. So könnte z. B. beim metabolischen Syndrom eine ergänzende
Einnahme von Aronia-Extrakt die Dosis an synthetischen Medikamenten verringern und
damit auch deren potenzielle Nebenwirkungen abschwächen. Auf die isolierte Erhöhung
des diastolischen Blutdrucks gehen die Autoren nicht ein.
Ulrike Andres, Ginsheim