Prof. Dr. med. Dr. med. habil. St. Rehart
Der degenerative Befall der (beim Erwachsenen fehlenden)
Regenerationsfähigkeit der Knorpeloberflächen in den Gelenken
– im engl. Sprachraum als „Osteoarthritis“ bezeichnet
– ist mit hoher Prävalenz weltweit verbreitet. 5 Mio. Menschen in D
leiden unter einer mehr oder weniger aktiven Arthrose, latent liegt eine solche bei
11 Mio. Personen vor. Fast die Hälfte aller Menschen im Alter über
65 Jahren ist betroffen!! Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist deshalb –
aus vielen Quellen leicht zu entnehmen – enorm… Es sind zahlreiche
Risikofaktoren und präarthrotische Deformitäten bekannt, die
möglichst prophylaktisch zu adressieren, bzw. zu verhindern sind. Dazu
kommt, dass bis zum heutigen Tag weder eine prophylaktische Behandlung, die die
Ausbildung oder das Fortschreiten einer beginnenden Arthrose verhindert, noch eine
kausale Therapie einer manifesten Arthrose bekannt ist!
In der Altersgruppe von 45 bis 64 Jahren zeigt sich dann bei beiden Geschlechtern
auch noch ein Zusammenhang zwischen degenerativem Gelenkverschleiss und dem
Bildungsstatus, so berichten Personen aus der oberen Bildungsgruppe signifikant
seltener über eine Arthrose. Damit konstatieren wir richtig viele
verschiedene Einflüsse auf die klinischen Aspekte. Es gilt, bei jedem
einzelnen Betroffenen die existierenden Risikofaktoren, wie Geschlecht, Alter,
Gewicht, genetische Faktoren, evtl. postmenopausale Hormonumstellungen,
Gelenkdeformitäten, anamnestisch zu eruierende Traumata, stattgehabte
Gelenkoperationen, Überbelastung in Beruf und Sport in ein diagnostisches
sowie in ein konservatives und dann ggf. operatives Konzept zu bringen.
Ziel aller konkurrierenden konservativen Verfahren unter Einschluss der Medikamente
ist es, Schmerzen zu lindern, die Gelenkfunktion zu verbessern und das Fortschreiten
der degenerativen Destruktion aufzuhalten. Für eine differenzierte Anwendung
ist eine genaue Indikationsstellung wichtig, da die verschiedenen Verfahren je nach
Patient und Defekt unterschiedlich geeignet sind. Kann eine intensive konservative
Therapie die Beschwerden nicht mehr ausreichend lindern, ist ein Gelenkersatz
(Endoprothese) sehr gut dazu geeignet, Erleichterung zu bringen und die
Lebensqualität in Bezug auf die Schmerzfreiheit und die Aktivität
weitgehend zu normalisieren. Der Einbau eines künstlichen Gelenkes ist
jedoch eine Maßnahme, die erst nach Ausnutzung sämtlicher anderer
Therapieverfahren erwogen werden sollte. Grundsätzlich haben Kunstgelenke
eine begrenzte Haltbarkeit. Diese beträgt heute meist mehr als 20 Jahre
(Knie/Hüfte) aber auftretende Lockerungen zwingen zu aufwendigen
Wechseloperationen, was v. a. bei jungen Patienten zu bedenken bleibt.
Erfreulicherweise bestehen auch an den sog. „kleineren, peripheren
Gelenken“ (alle außer Hüfte/Knie) heute gute
endoprothetische Versorgungsmöglichkeiten. Zuletzt bleibt eine Infektion
eines Kunstgelenkes eine schlimme Komplikation, die Folgeoperationen bis hin zum
Ausbau der Prothese zeitigen kann.
Die Autoren der vorliegenden Beiträge haben in intensiver Arbeit Manuskripte
zu ganz unterschiedlichen Aspekten vorbereitet, die Ihnen Einblicke in
Besonderheiten bieten mögen, die nicht jedem von uns in der
täglichen Routine begegnen. Dabei haben uns dieses Mal nicht biochemische,
molekularbiologische oder immunologische Phänomene interessiert, sondern es
lag uns daran, Ihnen orthopädische Details nahezubringen. Natürlich
kann es sich bei der schieren Menge der bearbeiteten Gebiete bez. der degenerativen
Erkrankungen nur um eine Auswahl handeln, die jedoch geprägt sein soll von
einer gewissen Praktikabilität bei den Routineabläufen.
Wie oft in der Medizin am muskulo-skelettalen System ist eine
interdisziplinäre Kooperation zwischen vielen Kompetenzen sinnvoll und
gefordert: Orthopädie und Unfallchirurgie/internistische
Rheumatologie/Physiotherapie/Orthopädietechnik/Medizintechnik/Prothesenhersteller/Psychologie/Sozialmedizin/Patientenvereinigungen
u. a. Diese erfolgt unter respektvollem Beachten des Könnens aller
anderen Beteiligten zum Wohle der Betroffenen.
Ich wünsche allen Lesern einen Gewinn bei der Lektüre der hoffentlich
auch aus Ihrer Sicht lesenswerten und in jedem Fall sorgfältig erstellten
Manuskripte!!
Ihnen sehr herzliche kollegiale Grüße aus Frankfurt, Ihr
Prof. Dr. med. Dr. med. habil. St. Rehart