Aktuelle Dermatologie 2019; 45(11): 495-496
DOI: 10.1055/a-0966-4719
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die vielgestaltige „Landschaft“ der Berufsdermatologie in Deutschland

The Multifaceted “Landscape” of Occupational Dermatology in Germany
P. Elsner
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Peter Elsner
Klinik für Hautkrankheiten
Universitätsklinikum Jena
Erfurter Str. 35
07743 Jena

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. November 2019 (online)

 
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Prof. Dr. med. Peter Elsner

Die Berufsdermatologie beschäftigt sich – wen wundert es – mit der Diagnose, Therapie und Prävention durch den Beruf verursachter oder verschlimmerter Hautkrankheiten, wissenschaftlich auch mit der Erforschung von deren Pathogenese und Epidemiologie. Dass die Berufsdermatologie als eine so ausdifferenzierte und aktive Subspezialität der Dermatologie in Deutschland existiert, ist keineswegs selbstverständlich, schaut man sich etwa in Europa oder gar weltweit um, sondern ist wesentlich dem Umstand zu verdanken, dass Deutschland über eine gesetzliche Unfallversicherung verfügt, dass also Patienten mit Berufskrankheiten der Haut im Versicherungssystem eine besondere Aufmerksamkeit erfahren, was Prävention, Diagnose und Therapie angeht. Der erste Kanzler des deutschen Kaiserreichs, Otto von Bismarck, hat mit der weitblickenden Entscheidung zur Einführung einer gesetzlichen Unfallversicherung 1885 diese Weichen gestellt. 1925 wurden nach den Arbeitsunfällen auch Berufskrankheiten in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen; bereits in der ersten Berufskrankheiten-Verordnung von 1925 war der Hautkrebs durch „Russ, Teer, Pech und ähnliche Stoffe“ enthalten. Für die Feststellung einer Berufskrankheit war die Unfallversicherung auf spezialisierte dermatologische Gutachter angewiesen, und nach wie vor nimmt die Begutachtung einen besonderen Schwerpunkt der Berufsdermatologie ein. Die „Bamberger Empfehlung“ bietet dafür eine qualitätsgesicherte Grundlage [1].

Die schweren und/oder wiederholt rückfälligen Berufskrankheiten der Haut (BK 5101) sind nach wie vor die am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten in Deutschland, mit in den vergangenen Jahren sogar steigender Tendenz. Da über das 1972 auf Initiative von S. Borelli, München, eingeführte „Hautarztverfahren“ die meisten gemeldeten Fälle jedoch präventiv behandelt werden können und die Versicherten ihre Tätigkeit nicht aufgeben müssen, sind die Zahlen der anerkannten Fälle einer BK 5101 erfreulich rückläufig. Wesentlich dazu beigetragen hat auch in den vergangenen Jahren das von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung geförderte und dann in die Regelversorgung übernommene Forschungsprojekt „ROQ“, das stationäre tertiäre Präventionsmaßnahmen für Patienten anbietet, bei denen ambulante Maßnahmen nicht ausreichen [2] [3].

Von der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) initiiert wurde im vergangenen Jahrzehnt die epidemiologische Erforschung und die versicherungsrechtliche Anerkennung des UV-bedingten Hautkrebses als Berufskrankheit, was in der wissenschaftlichen Begründung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim Bundesarbeitsministerium und der Anerkennung der neuen Berufskrankheit „Plattenepithelkarzinom oder multiple aktinische Keratosen durch natürliches UV-Licht“ ab 01. 01. 2015 seinen Niederschlag gefunden hat [4]. Mit der berufsdermatologischen Dermatoonkologie hat die deutsche Berufsdermatologie ein neues Tätigkeitsfeld gefunden, das sie in den kommenden Jahrzehnten diagnostisch, therapeutisch, vor allem aber auch präventiv herausfordern wird [5].

An vielen Stellen sind Dermatologen berufsdermatologisch aktiv: In den Praxen und Kliniken im Hautarztverfahren, bei der Meldung von Berufskrankheiten der Haut und in deren Behandlung, aber auch in spezialisierten Zentren für die Prävention der BK 5101, insbesondere in den Hautschutzzentren und den Schulungs- und Beratungszentren (SchuBerZ) der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und in der stationären Prävention in den sogenannten „ROQ“-Zentren, etwa in Falkenstein, Heidelberg und Osnabrück.

Dieses Themenheft der „Aktuellen Dermatologie“ will einen Einblick geben in die inzwischen sehr differenzierten Tätigkeitsfelder der Berufsdermatologie – die „berufsdermatologische Landschaft“ – und Kolleginnen und Kollegen anregen, in die Berufsdermatologie „einzusteigen“, wenn sie auf diesem schönen Teilgebiet unseres Faches noch nicht tätig sind. Bei diesem „Einstieg“ helfen zertifizierte Qualifizierungsangebote für Dermatologen [6]; über 1000 Dermatologen konnten bis dato als „Berufsdermatologen (ABD)“ zertifiziert werden. Interessenten finden alle notwendigen Informationen dazu auf der neugestalteten Webseite der ABD: https://www.abderma.org/.

Peter Elsner, Jena


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

  • Literatur

  • 1 Bamberger Empfehlung. 2017 Im Internet: http://abd.dermis.net/content/e03abd/e08FormulareLeitlinien/PDFs/BambergerEmpfehlungen10196.pdf
  • 2 Brans R, Skudlik C, Weisshaar E. et al. Multicentre cohort study “Rehabilitation of Occupational Skin Diseases – Optimization and Quality Assurance of Inpatient Management (ROQ)”: results from a 3-year follow-up. Contact Dermatitis 2016; 75: 205-212
  • 3 Skudlik C, Weisshaar E, Scheidt R. et al. First results from the multicentre study rehabilitation of occupational skin diseases – optimization and quality assurance of inpatient management (ROQ). Contact Dermatitis 2012; 66: 140-147
  • 4 Diepgen TL. Neue Entwicklungen in der Berufsdermatologie. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14: 875-890
  • 5 Elsner P, Blome O, Diepgen TL. UV-induced occupational skin cancer: possibilities of secondary individual prevention in the “Dermatologist’s Procedure”. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11: 625-630
  • 6 John SM, Bauer A, Diepgen TL. et al. Zertifizierung: „Berufsdermatologie (ABD)“: Seminar-Curriculum 2018 der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 771-773

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Peter Elsner
Klinik für Hautkrankheiten
Universitätsklinikum Jena
Erfurter Str. 35
07743 Jena

  • Literatur

  • 1 Bamberger Empfehlung. 2017 Im Internet: http://abd.dermis.net/content/e03abd/e08FormulareLeitlinien/PDFs/BambergerEmpfehlungen10196.pdf
  • 2 Brans R, Skudlik C, Weisshaar E. et al. Multicentre cohort study “Rehabilitation of Occupational Skin Diseases – Optimization and Quality Assurance of Inpatient Management (ROQ)”: results from a 3-year follow-up. Contact Dermatitis 2016; 75: 205-212
  • 3 Skudlik C, Weisshaar E, Scheidt R. et al. First results from the multicentre study rehabilitation of occupational skin diseases – optimization and quality assurance of inpatient management (ROQ). Contact Dermatitis 2012; 66: 140-147
  • 4 Diepgen TL. Neue Entwicklungen in der Berufsdermatologie. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14: 875-890
  • 5 Elsner P, Blome O, Diepgen TL. UV-induced occupational skin cancer: possibilities of secondary individual prevention in the “Dermatologist’s Procedure”. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11: 625-630
  • 6 John SM, Bauer A, Diepgen TL. et al. Zertifizierung: „Berufsdermatologie (ABD)“: Seminar-Curriculum 2018 der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 771-773

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