Aktuelle Dermatologie 2019; 45(11): 546-551
DOI: 10.1055/a-0966-4789
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stationäre berufsdermatologische Prävention im Institut für interdisziplinäre dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück

In-Patient Occupational-Dermatological Prevention at the Institute for Interdisciplinary Dermatological Prevention and Rehabilitation (iDerm) at the University of Osnabrueck
C. Skudlik
1   Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie der Universität Osnabrück
2   Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück
3   Niedersächsisches Institut für Berufsdermatologie (NIB), Institut der Universitätsmedizin Göttingen und der Universität Osnabrück, zusammen mit dem IVDK an der Universität Göttingen und dem iDerm an der Universität Osnabrück
,
S. M. John
1   Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie der Universität Osnabrück
2   Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück
3   Niedersächsisches Institut für Berufsdermatologie (NIB), Institut der Universitätsmedizin Göttingen und der Universität Osnabrück, zusammen mit dem IVDK an der Universität Göttingen und dem iDerm an der Universität Osnabrück
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christoph Skudlik
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück, Osnabrück
Am Finkenhügel 7a
D-49076 Osnabrück
Email: cskudlik@uos.de   

Publication History

Publication Date:
13 November 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Das im Jahr 2004 eingeführte „Verfahren Haut“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sieht bei schweren, ambulant therapieresistenten berufsbedingten Hauterkrankungen vor, im Rahmen eines gestuft gegliederten Präventionskonzeptes eine Individualpräventionsmaßnahme durchzuführen, die sich aus einem dreiwöchigen stationären Aufenthalt mit einem interdisziplinären medizinischen und pädagogischen Interventionsprogramm und einer engmaschigen nachstationären ambulanten hautärztlichen Betreuung zusammensetzt. Diese Maßnahme (Tertiäre Individual-Prävention, TIP) wurde u. a. maßgeblich im Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück konzipiert und evaluiert und stellt hier einen Schwerpunkt des täglichen Wirkens dar. Mittels Langzeitevaluation der Verläufe nach TIP über einen Zeitraum von 5 Jahren konnte gezeigt werden, dass das Maßnahmenprogramm effektiv ist und der deutlichen Mehrheit der Teilnehmer erlaubt, trotz ursprünglich schwerer Berufsdermatose die berufliche Tätigkeit dauerhaft auszuüben bei gleichzeitig langfristig signifikanter Besserung des Hautbefundes und der Lebensqualität. Die im iDerm an der Universität Osnabrück angebotene stationäre Rehabilitationsmaßnahme TIP steht allen Versicherten der Unfallversicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung; die Indikation hierfür kann problemlos durch die behandelnden Hautärztinnen und Hautärzte im Hautarztberichtsformular gestellt werden.


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Abstract

Since 2004, the German social accident insurance (DGUV), has implemented a nationwide structured interlocking concept of prevention of occupational skin diseases, with various offers of patient management depending on the level of disease severity (mainly contact dermatitis of the hands). This structured prevention concept is called procedure skin (“Verfahren Haut”). It includes for severe cases a three weeks in-patient interdisciplinary intervention, followed by another three week out-patient phase of intensive medical surveillance by the local dermatologist. Only after six weeks the recovered patient will then return to work, under further seamless surveillance by the local dermatologist. This measure was designed and scientifically evaluated by the Institute for interdisciplinary Dermatological prevention and rehabilitation (iDerm) at the University of Osnabrueck, and still is one of its most active areas of clinical patient care.

In our long-term follow-up of patients over five years after the measure it could be demonstrated that the overwhelming majority of patients with initially severe contact dermatitis were able to continue their jobs through marked improvement of their skin condition. This was accompanied also by a sustainable enhancement of the quality-of-life. This inpatient prevention measure (tertiary individual prevention, TIP) offered by iDerm at the University of Osnabrueck is open to all workers in the country, insured by any of the statutory accident insurance bodies. The medical indication for TIP can be indicated through the dermatologist’s report, which is a special form that dermatologists use to notify the respective accident insurance body of a case.


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Einleitung

Das Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück wurde im Mai 2008 ins Leben gerufen. Hervorgegangen ist das iDerm mit Unterstützung durch das Land Niedersachsen als Transferinstitut aus dem Fachgebiet „Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie“ der Universität Osnabrück und den hier seit 1987 entwickelten vielfältigen Modellprojekten zur Prävention von berufsbedingten Hauterkrankungen. Hierzu gehörte von Beginn an die Entwicklung und Evaluation eng verzahnter ambulanter und stationärer Präventionskonzepte bei berufsbedingten Hauterkrankungen, die später als „Osnabrücker Modell“ bekannt werden sollten und Grundlage des im Jahr 2004 seitens der gesetzlichen Unfallversicherung veröffentlichten „Verfahrens Haut“ waren [4] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13]. Das den Unfallversicherungsträgern zur allgemeinen Anwendung empfohlene „Verfahren Haut“ beschreibt Qualitätsstandards für verwaltungsseitige Arbeitsabläufe im § 3-BKV-Berufskrankheitenverfahren, um der Entstehung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) („BK-Haut“) entgegenzuwirken [2]. Die Interventionsstrategie im „Verfahren Haut“ besteht aus einem Programm sich in ihrer Intensität gestuft steigernder Maßnahmen. Wenn die Maßnahmen der individuell ambulanten Prävention beim Dermatologen vor Ort in Kombination mit Hautschutzseminaren nicht ausreichend greifen bzw. bei schweren, therapieresistenten Berufsdermatosen, steht als weiterer Baustein des „Verfahren Haut“ auf der Ebene der Tertiären Individual-Prävention das Angebot einer interdisziplinären, stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Verfügung [2] [8].

Die Indikation zur Teilnahme an einer derartigen stationären Maßnahme im Rahmen des „Verfahrens Haut“ der gesetzlichen Unfallversicherung ist daher bei Vorliegen ambulant therapieresistenter Berufsdermatosen und drohender Gefahr der Erfordernis der Tätigkeitsaufgabe gegeben [8] [12]. Weitere Indikationen können darüber hinaus bei Notwendigkeit wiederholter Heilverfahren (sog. „Refresher-TIP“) bei älteren Versicherten mit häufigeren Rezidiven der Berufsdermatose zur Vermeidung des Arbeitsplatzverlustes bei fehlenden Optionen für eine erfolgversprechende berufliche Rehabilitation, stationäre Heilverfahren zur Minderung von Berufskrankheitenfolgen bei anerkannter Berufserkrankung nach Nr. 5101 der BKV mit schlechter Heilungstendenz sowie auch Heilverfahren u. a. zur Verlaufsbeobachtung bei komplexen Erkrankungsbildern mit fraglicher beruflicher Kausalität und z. B. Abgrenzung zu einer berufsunabhängigen, schicksalhaften Dermatose sein [12].


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Individuell stationäre Prävention bei Berufsdermatosen

Im iDerm werden Patienten aus allen Hautrisikoberufen und daher entsprechend Versicherte aller Unfallversicherungsträger im Rahmen der Teilnahme an der stationären Rehabilitationsmaßnahmen dermatologisch behandelt und gesundheitspädagogisch beraten. Die meisten Patienten sind Versicherte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, gefolgt von Versicherten der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro und Medienerzeugnisse, der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik, der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sowie der Unfallkassen. Neben dem Gründungsstandort Osnabrück hat das iDerm seit 2008 einen zweiten Standort am BG-Klinikum Hamburg. Im Jahr 2018 wurden an beiden Standorten des iDerm 642 Patienten mit schweren Berufsdermatosen zur Teilnahme an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme aufgenommen, hiervon 402 am Standort in Osnabrück.

Im Jahr 2016 konnte das iDerm in Osnabrück einen eigens für alle Aufgaben dieses berufsdermatologischen Schwerpunktzentrums konzipierten Neubau auf dem Gesundheitscampus Osnabrück beziehen, der auch das Städtische Klinikum Osnabrück als Klinik der Maximalversorgung beherbergt ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Gebäude des Instituts für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück; gleichzeitig Sitz der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie der Universität und des Niedersächsischen Instituts für Berufsdermatologie (NIB).

Dieses moderne Gebäude bietet gleichermaßen Raum sowohl für Forschung und Lehre in allen Bereichen der Berufsdermatologie und Gesundheitspädagogik sowie auch für die ambulante und stationäre dermatologisch-allergologische und gesundheitspädagogische Versorgung von Patienten mit Berufsdermatosen.

Für die Unterbringung von Patienten zur stationären Rehabilitation bei Berufsdermatosen steht am Standort Osnabrück das gesamte dritte Stockwerk mit 26 Einzelzimmern mit Nasszelle ([Abb. 2]) zur Verfügung, sodass zusammen mit den 17 Einzelzimmern für die stationäre berufsdermatologische Rehabilitation am Standort Hamburg seitens des iDerm durchgängig 43 stationäre Rehabilitationsplätze angeboten werden.

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Abb. 2 Blick in ein Patientenzimmer des iDerm.

Die Durchführung der stationären berufsdermatologischen Prävention erfolgt entsprechend einer dezidierten Handlungsanleitung („Operation-Manual“) [10], welche im Zuge der Weiterentwicklung und multizentrischen Evaluation stationärer Rehabilitationsmaßnahmen bei Berufsdermatosen in der Bundesrepublik im Rahmen einer mehrjährigen, seitens der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geförderten Studie „ROQ“ (s. u.) erstellt und kontinuierlich weiterentwickelt wurde, und den Standard für TIP-Maßnahmen seitens der DGUV darstellt.

Aus dem Operation-Manual ergibt sich u. a. der Personalschlüssel für die stationäre berufsdermatologische Prävention am Standort Osnabrück: Da die Maßnahmen der stationären Tertiären Individual-Prävention bei fortgeschrittenen Berufsdermatosen personalintensiv sind, weicht der erforderliche Schlüssel bez. des Verhältnisses der verschiedenen eingesetzten Professionen zu Rehabilitanten erheblich von dem Personalschlüssel ab, wie er in der S1-Leitlinie „stationäre dermatologische Rehabilitation“ der Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in der Dermatologie (AReD) niedergelegt ist [14]. Daher sind im iDerm am Standort Osnabrück in die Versorgung der stationären Rehabilitationspatienten neben den jeweils an beiden Standorten des iDerm zuständigen Chefarzt und Leitenden Arzt u. a. 2 Oberärzte[1], 3 Fachärzte für Dermatologie, ein Facharzt für Arbeitsmedizin, 5 Weiterbildungsassistenten in Dermatologie, 8 Gesundheitspädagogen, 2 Gesundheitspsychologen, 2 Ergotherapeuten und 5 Fachpflegekräfte eingebunden ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Mitarbeiter des iDerm.

Die 3-wöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme ist als interdisziplinäres, medizinisch-gesundheitspädagogisches Interventionsprogramm konzipiert. Im Zuge der medizinischen Maßnahmen erfolgt neben allergologischer und hautphysiologischer Diagnostik eine stadienadaptierte hautfachärztliche Therapie, wobei Glukokortikosteroid-freien therapeutischen Verfahren der Vorzug gegeben wird.

Parallel zur Intensivierung und Optimierung der dermatologischen Therapie erfolgen über den Zeitraum des stationären Aufenthaltes intensivierte gesundheitspädagogische und -psychologische Interventionen zur Motivationssteigerung, Wissens-, Einstellungs- und Verhaltensmodifikation hinsichtlich der adäquaten Anwendung von Hautschutz unter Berücksichtigung der betrieblichen Rahmenbedingungen [8] [10] [12].

Die empfohlenen Hautschutzmaßnahmen können parallel unter ergotherapeutischer Anleitung an Arbeitsplatzsimulationsmodellen erprobt und eingeübt werden ([Abb. 4], [Abb. 5]). Nachfolgend werden diese zum künftigen Gebrauch am Arbeitsplatz ausgehändigt („Starterpaket“) [10] [12]. Die individualpädagogischen Beratungsangebote wurden hierbei über die Jahre kontinuierlich erweitert: Der größte Bedarf besteht nach wie vor an gesundheitspädagogischen Hautschutzschulungsangeboten zum Schutz der meist beruflich belasteten Hände; zunehmend werden aber Schulungen und Beratungen für weitere Anforderungen, wie z. B. spezielle Fußschutzberatungen bei Betroffenen mit berufsbedingten entzündlichen Hautveränderungen der Füße oder auch UV-Lichtschutzberatungen bei Patienten mit UV-Licht-sensitiven Dermatosen im Rahmen des stationären Heilverfahrens durchgeführt [3] [5] [16].

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Abb. 4 Basis der gesundheitspädagogischen Hautschutzberatung im iDerm: Die „Handschuhbar“ (Ausschnitt).
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Abb. 5 Ergotherapeutische Erprobung des in der gesundheitspädagogischen Hautschutzberatung ausgewählten Handschuhschutzes.

Auf Wunsch stehen den Teilnehmern darüber hinaus regelmäßig zur Klärung offener persönlicher versicherungsrechtlicher Fragen Berufshelfer der Unfallversicherung in einer Sprechstunde zur Verfügung. Bei Bedarf und ausschließlich bei Einverständnis des Patienten können ferner technische/arbeitsplatzbezogene Präventionsansätze auch mit dem Präventionsdienst sowie dem Betriebsarzt erörtert werden.

Wesentlicher Bestandteil des Konzeptes ist eine mit den stationären Maßnahmen abgestimmte Weiterbehandlung durch den niedergelassenen Hautarzt am Heimatort im Rahmen des § 3 BKV (ambulanter Heilverfahrensauftrag durch den Unfallversicherungsträger) [8] [12]. Durch Kontaktaufnahme mit dem niedergelassenen Hautarzt seitens des iDerm bereits während der Phase des stationären Aufenthaltes und durch zeitnahe Erstattung des Entlassungsberichtes mit entsprechenden therapeutischen und Präventions-Empfehlungen wird eine nahtlose Fortführung der initiierten therapeutischen und präventiven Maßnahmen gewährleistet. Hierzu schließt sich nach Beendigung der stationären Phase i. d. R. eine dreiwöchige nachstationäre Phase einer Arbeitskarenz unter ambulanter hautfachärztlicher Betreuung am Heimatort an, damit sich der im Rahmen des stationären Aufenthaltes erzielte Behandlungseffekt ohne berufliche Belastung im privaten Umfeld des Patienten stabilisieren und eine möglichst vollständige Regeneration der epidermalen Barriere erreicht werden kann. Danach schließt sich als dritte Phase die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit unter optimierten Hautschutzbedingungen und – soweit erforderlich – Fortführung der ambulanten dermatologischen Betreuung durch den niedergelassenen Hautarzt am Heimatort im Rahmen des § 3 BKV an [8] [10] [12].


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Ergebnisse der stationären Prävention bei Berufsdermatosen

Zur Evaluation der stationären tertiären berufsdermatologischen Prävention über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren wurden von 2005 – 2015 die DGUV-geförderten Studien ROQ („Medizinisch-berufliches Rehabilitationsverfahren Haut – Optimierung und Qualitätssicherung des Heilverfahrens“) und ROQ II in einem Kooperationsprojekt aller 5 bundesweiten Standorte, an denen diese Maßnahme angeboten wird (neben den iDerm-Standorten an der Universität Osnabrück und im BG-Klinikum Hamburg auch BG-Klinikum Falkenstein, Klinik für Berufskrankheiten Bad Reichenhall und Universität Heidelberg), mit hoher epidemiologischer Qualität durchgeführt [12]. Über den gesamten Verlaufszeitraum konnten bez. des Studienkollektivs bemerkenswerte gesundheitliche und arbeitsplatzbezogene/sozio-ökonomische Effekte verzeichnet werden: Ausgehend davon, dass bei allen in die Maßnahme aufgenommenen Teilnehmern die Gefahr zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeit konkret drohte, konnte gezeigt werden, dass 3 Jahre nach Teilnahme an der Maßnahme 83 % der Teilnehmer beruflich tätig waren, hiervon 71 % im gleichen Beruf wie bereits vor der Maßnahme [1] [11] [15]. Die Schwere der zuvor meist chronisch verlaufenden Hauterkrankung konnte langfristig wesentlich gebessert und der Befund stabilisiert werden [1] [11] [15]. Parallel hierzu zeigte sich eine langfristige, signifikante Steigerung der Lebensqualität [1] [11] [15]. Bei hoher Akzeptanz der stationären Rehabilitationsmaßnahme bei den Patienten ließ sich auch langfristig insofern eine Optimierung der Therapie erzielen, als dass im Vergleich zu den durchgeführten Therapien vor Teilnahme die Anwendung potenziell atrophogener Kortikosteroid-haltiger Topika signifikant reduziert und dies auch langfristig nachstationär beibehalten werden konnte [1] [11] [15]. Auch die 5-Jahres-Evaluation wies nach, dass sich diese positiven Trends nach Durchführung der Maßnahme langfristig fortsetzen: So erfolgte eine Aufgabe der beruflichen Tätigkeit trotz schwerer Berufsdermatose zusammenfassend über den Gesamtbeobachtungszeitraum von 5 Jahren lediglich in rund einem Viertel der Fälle [9]. Auch die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage, welche in erheblichem Umfang für die indirekten Kosten von Berufsdermatosen verantwortlich sind, konnte signifikant von insgesamt 34,5 Tagen im Jahr vor Teilnahme an der stationären Rehabilitationsmaßnahme auf durchschnittlich 7,3 Tage pro Jahr in den letzten beiden Jahren (3- und 5-Jahres-Nachbeobachtung) gesenkt werden [9].

Die Teilnahme an einer stationären Präventions- und Rehabilitationsmaßnahme bei schweren Berufsdermatosen ist jedoch nicht nur für die Patienten, bei denen es gelingt, langfristig einen Berufsverbleib zu erzielen von Nutzen, sondern auch in den Fällen sinnvoll, bei denen sich herausstellt, dass ein Berufsverbleib trotz Umsetzung aller zur Verfügung stehender Präventionsmaßnahmen nicht gelingt, da die gewonnenen Erkenntnisse für die Unfallversicherungsträger eine fundierte Grundlage darstellen, um im jeweiligen Einzelfall möglichst rasch eine abschließende versicherungsrechtliche Entscheidung zu fällen, dies insbesondere auch im Hinblick auf Teilhabeleistungen oder Anerkennung einer Berufskrankheit.


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Fazit für die Praxis

Die nachgewiesenen langfristig positiven Ergebnisse der stationären Tertiären Individual-Prävention sind nicht ausschließlich Ergebnis der 3-wöchigen stationären Maßnahme, sondern beruhen auf der engen Vernetzung mit der ambulanten dermatologischen Versorgung und der langfristigen, qualifizierten berufsdermatologischen Betreuung der beruflich Hauterkrankten durch die behandelnden Hautärztinnen und Hautärzte am Heimatort der Patienten. Mit Einführung der seit Dezember 2015 neu gestalteten Hautarztberichtsformulare bestehen noch konkretere Möglichkeiten, durch eine neu geschaffene Ankreuz-Option seitens der in das Hautarztverfahren eingebundenen Hautärztinnen und Hautärzte die erforderlichen präventiven Maßnahmen, u. a. die Gewährung einer stationären Präventions- und Rehabilitationsmaßnahme in einem berufsdermatologischen Schwerpunktzentrum bei therapeutisch hartnäckigen Berufsdermatosen, kausal ungeklärten Fällen, älteren Versicherten mit Gefahr der Chronifizierung etc., bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger anzufordern [7].


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Gemeint ist bei den Angaben der Ärzte und Therapeuten jeweils die männliche und weibliche Form.


  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christoph Skudlik
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück, Osnabrück
Am Finkenhügel 7a
D-49076 Osnabrück
Email: cskudlik@uos.de   

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Abb. 1 Gebäude des Instituts für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück; gleichzeitig Sitz der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie der Universität und des Niedersächsischen Instituts für Berufsdermatologie (NIB).
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Abb. 2 Blick in ein Patientenzimmer des iDerm.
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Abb. 3 Mitarbeiter des iDerm.
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Abb. 4 Basis der gesundheitspädagogischen Hautschutzberatung im iDerm: Die „Handschuhbar“ (Ausschnitt).
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Abb. 5 Ergotherapeutische Erprobung des in der gesundheitspädagogischen Hautschutzberatung ausgewählten Handschuhschutzes.