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DOI: 10.1055/a-0991-0105
Vergleich der klinischen Symptomatik eines vermuteten vs. eines tatsächlichen Uterus myomatosus – Symptomangaben der Patientin und Ultraschallbefund
Article in several languages: English | deutschCorrespondence/Korrespondenzadresse
Publication History
received 12 February 2019
revised 02 August 2019
accepted 02 August 2019
Publication Date:
30 October 2019 (online)
Zusammenfassung
Fragestellung Wie viele Frauen nehmen Myome bei sich an, haben aber im Ergebnis der ärztlich-sonografischen Untersuchung keine Myome? In welcher Stärke treten Beschwerden bei diesen Frauen im Vergleich zu Myompatientinnen trotzdem auf? Sind diese Beschwerden stärker ausgeprägt, wenn die Patientin glaubte, dass sie mindestens ein relativ großes (dominantes) Myom oder über 3 Myome hat?
Material und Methodik 1548 Patientinnen beantworteten einen anonymen Fragebogen mit Angabe ihrer Myomanzahl, Dysmenorrhö und prämenstruellen Beschwerden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie Blutungsstörungen (numerische Analogskala 0 – 10) in einer Klinik-Myomsprechstunde. Anschließend erfolgte eine Gegenüberstellung der Patientinnenangaben mit dem transvaginalen bzw. ggf. abdominellen Ultraschallbefund. Die Beschwerdeangaben von Frauen mit und ohne Myom(en) wurden verglichen.
Ergebnisse 1045 von 1548 Patientinnen entsprachen den Einschlusskriterien. Bei 6% (62 der 1045 Patientinnen) ließ sich entgegen ihren Angaben in der durchgeführten sonografischen Untersuchung kein Myom feststellen. Von diesen Frauen hatten 87% Dysmenorrhö, 79% prämenstruelle Schmerzen und 57% Dyspareunie. Die Beschwerdeausprägung zeigte keinen Zusammenhang mit der angenommenen Myomgröße oder -anzahl. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied in den Schmerzangaben von den befragten Frauen ohne und mit Myom(en). Die Angabe von starkem Druckgefühl auf die Blase (OR 1,18) oder im Unterbauch (OR 1,12) bzw. Obstipation (OR 1,16) erhöhten die Wahrscheinlichkeit, dass sonografisch ein Myom nachgewiesen werden konnte.
Schlussfolgerungen Durch die Symptomausprägung (Dysmenorrhö, Dyspareunie, prämenstruelle Schmerzen, Blutungsstörungen) kann nicht auf die Anzahl oder die Größe von Myomen geschlossen oder eine Therapie abgeleitet werden. Bereits die Fehlannahme von Myomen kann bei Patientinnen zu Symptomen führen.
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Einleitung
Dyspareunie, prämenstruelle Schmerzen, Dysmenorrhö und Blutungsstörungen sind in der gynäkologischen Praxis oft geschilderte Symptome, die zum Teil durch das Vorhandensein von Myomen erklärbar sind. Myome sind die häufigsten gutartigen Tumoren des Uterus und treten bei ungefähr 20 – 40% der Frauen im gebärfähigen Alter auf [1]. 20 – 50% der Frauen mit Myomen weisen Beschwerden auf, die eine Behandlung erforderlich machen [2]. In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass Patientinnen bei gleicher Ausprägung des klinischen Bildes der Myome eine unterschiedliche Selbstwahrnehmung der Symptome zeigen können [3], [4], [5], [6]. Jede Art von Schmerzen kann somit nur psychosomatisch verstanden werden, da bei Patientinnen mit Myomen dies nicht zwingend mit Schmerzen oder anderen Beschwerden verbunden sein muss. Dabei bestimmt die Selbstwahrnehmung den „Krankheitswert“ für die Patientinnen und sollte unbedingt erfasst werden. Als mögliche körperliche Symptome eines Uterus myomatosus werden unter anderem starke und verlängerte Regelblutung, Dysmenorrhö, Dyspareunie, Druck- und Fremdkörpergefühl im Unterbauch sowie Druck auf die Blase beschrieben [7], [8]. Myomassoziierte Schmerzen sind neben Hypermenorrhö das häufigste Problem, das von betroffenen Patientinnen berichtet wird [9]. Die Intensität von Dysmenorrhö hängt im Gegensatz zu den prämenstruellen Schmerzen und Dyspareunie vom Ort und Größe des dominanten Myoms ab [9]. Myombedingte Symptome beeinflussen alle Lebensbereiche der Frauen und zeigen zudem einen moderaten bis starken Einfluss auf die Lebensqualität [4], [10]. Während die typischen Blutungssymptome die größte Auswirkung haben, sind auch bei allen anderen möglichen Symptomen deutliche Einflüsse auf die Lebensqualität nachweisbar [11]. Jones et al. stellten im Ergebnis eines systematischen Reviews fest, dass die negative Auswirkung auf die Lebensqualität bei gutartiger gynäkologischer Erkrankung größer ist, wenn chronische Unterbauchschmerzen als ein primäres Symptom vorhanden sind [12]. In Abhängigkeit von der jeweiligen Lebenssituation der Frauen bilden sich zudem Ängste aus [13], [14], [15]. Auf der anderen Seite können Patientinnen ohne Myome aus verschiedenen anderen Gründen auch Unterbauchschmerzen haben [16]. Eine wichtige Differenzialdiagnose für Unterbauchschmerzen sind Adenomyosis uteri und Endometriosis genitalis externa. Oft klagen die betroffenen Patientinnen über eine Kombination von Schmerzen im Beckenbereich, Dysmenorrhö, Dyspareunie und Menorrhagie [17]. Der transvaginale Ultraschall gilt heute als die primäre Bildgebungsmodalität für die Diagnose einer Adenomyosis [18]. Eine Endometriosis genitalis externa lässt sich durch eine transvaginale Ultraschalluntersuchung nicht ausschließen. Die diagnostische Laparoskopie ist hierfür der Goldstandard [19], [20]. Auch in der Myomdiagnostik ist zur Entdeckung, Darstellung und Charakterisierung die (Vaginal-)Sonografie das am weitesten verbreitete und geeignetste Verfahren [21], [22]. Einige Arbeitsgruppen wiesen eine vergleichbare Sensitivität und Spezifität in der Diagnosestellung von Myomen durch MRT und Sonografie nach [23], [24], [25]. Stupin et al. konnten eine relativ gute Übereinstimmung der von der Patientin angenommenen Myomanzahl mit dem Sonografiebefund zeigen. Der Informationsstand über die (in etwa richtige) Myomgröße war deutlich geringer [26].
Diese Subjektivität aller von Patientinnen vorgetragenen Beschwerden spielt im ärztlichen Alltag eine große Rolle. Auch Fehlinformationen, die zum Beispiel durch kommunikative Missverständnisse im Rahmen einer Sprechstundenkonsultation entstehen oder auf Recherchen der Patientin im Internet basieren, können die Ursache für eine Diskrepanz zwischen subjektiver Befundannahme und realem Ultraschallbefund sein. Nicht immer ist es dann einfach, dies der Patientin schlüssig und für sie nachvollziehbar zu erklären. Es hat bisher noch keine Studie die möglichen Zusammenhänge zwischen Symptomausprägung und der patientinnenseitigen Fehlannahme von Myomen evaluiert. Daher soll nachfolgend auf 2 besondere Aspekte im Rahmen einer ärztlichen Konsultation wegen Myombeschwerden eingegangen werden:
-
Die (Nicht-)Übereinstimmung von patientenseitig berichtetem mit durch die gynäkologische Ultraschalluntersuchung erfassten Myombefund und
-
Beschwerdebilder (Dysmenorrhö, prämenstruelle Schmerzen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) einer besonderen Subgruppe von Patientinnen, bei denen entgegen ihrer Annahme sonografisch keine Myome nachweisbar waren.
Die Angaben dieses Patientinnenkollektivs sollen mit den Beschwerden einer großen Gruppe von Myompatientinnen verglichen und mögliche Konsequenzen für die klinische Praxis aufgezeigt werden.
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Methodik
Einschlusskriterien und Fragebogen
Es wurde ein selbstentwickelter Fragebogen mit 28 Fragen verwendet, der allen Patientinnen vor dem Arztgespräch in der Myomsprechstunde, Klinik für Gynäkologie der Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, zusammen mit weiteren Anamnesebögen nach entsprechender Information und Aufklärung zum freiwilligen Ausfüllen vorgelegt wurde. Die Frauen wurden wegen myombedingten Beschwerden, zur Planung einer operativen oder nicht operativen Therapie oder zur Einholung einer Zweitmeinung überwiesen. Einschlusskriterien: Alle Patientinnen, die mindestens 18 Jahre alt und selbst oder mithilfe begleitender Familienangehöriger oder Partner sprachlich in der Lage waren, den nur in deutscher Sprache vorliegenden Fragebogen auszufüllen. Es musste sowohl ein eindeutiger Sonografiebefund als auch eine Angabe der Patientin im Fragebogen zur vermuteten Anzahl der Myomanzahl und -größe vorhanden sein. Ausschlusskriterium waren sonografische Hinweise auf eine Adenomyosis uteri.
Der Fragebogen unterteilte sich in 3 Abschnitte:
-
allgemeine anamnestische Angaben (u. a. bisherige Schwangerschaften, bestehender Kinderwunsch, andere Erkrankungen, Medikamenteneinnahme),
-
myomspezifische Angaben (seit wann bekannt, Anzahl, Größe) und Angaben zur Menstruation (Regelmäßigkeit, Zwischenblutungen, Dauer, Eintritt Menopause) und
-
Beschwerdeangaben mithilfe einer Likert-Skala (0 – 10, 0 minimal und 10 maximal) zu Blutungsstärke, Schmerzen prämenstruell und beim Geschlechtsverkehr, Dysmenorrhö, Rückenschmerzen, Druck auf die Blase, Druckgefühl/Fremdkörper im Unterleib und Blähungen/Verstopfung.
Zusätzlich gab es eine Freitextmöglichkeit für die Angabe weiterer Beschwerden, welche die Patientinnen auf ihre Myome zurückführten. Jede Patientin erhielt anschließend eine Ultraschalluntersuchung stets durch denselben erfahrenen Untersucher (M. D.) mittels des gleichen Ultraschallgerätes (Combison 420 Ultrasound, Kretztechnik, Österreich). Zumeist wurde die Untersuchung als Vaginalsonografie (7,5-Mhz-Schallkopf) durchgeführt; bei sehr großen Uteri erfolgte ausschließlich oder in Ergänzung eine abdominale Ultraschalluntersuchung (5-MHz-Schallkopf). Es wurden jeweils mindestens die Lage und die Maße der 3 größten, sog. dominanten, Myome fotodokumentiert und in ein Uterusschema eingezeichnet.
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Statistische Analyse
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mithilfe des Programmpakets IBM® SPSS® Statistics, Version 25, © Copyright 1989, 2016 SPSS Inc., IBM Company. Die Resultate wurden entsprechend der Skalierung der Beobachtungswerte als Häufigkeiten, Mittelwerte oder Mediane ausgewiesen. Neben der im Ultraschall nachgewiesenen Anzahl von Myomen pro Patientin wurde die von den Patientinnen subjektiv empfundene Anzahl von Myomen erfasst. Eine mögliche Übereinstimmung wurde mithilfe des Kappa-Maßes für kategoriale Merkmale analysiert. Für die weitere Auswertung wurde das gesamte Patientinnenkollektiv in 2 Gruppen von Frauen nach dem festgestellten Ultraschallbefund (kein Myome versus Myome) unterteilt. Dabei wurden die Angaben der 11-Stufen-Skala in 4 Symptomkategorien zusammengefasst: 0 = keine Beschwerden bzw. Schmerzen, 1 – 3 = leichte Beschwerden, 4 – 7 = mittlere Beschwerden, 8 – 10 = starke Beschwerden. Unterschiede zwischen Frauen ohne Myome und Frauen mit Myomen in Bezug auf das Alter wurden mittels Mann-Whitney U-Test getestet und in Bezug auf die Beschwerden mittels Chi-Quadrat-Test geprüft. Eine logistische Regressionsanalyse mit der Zielgröße Myom im Ultraschall vs. kein Myom im Ultraschall (abhängige Variable) und den Einflussgrößen Rückenschmerzen, Druck auf die Blase, Druck im Unterbauch, Obstipation, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Schmerzen während der Regelblutung (Variablen in der logistischen Regression) wurde mit einer Variablenselektion im Abbauverfahren durchgeführt. Als Signifikanzniveau wurde ein p-Wert < 0,05 festgelegt. Dem explorativen Charakter der Studie entsprechend wurde keine Adjustierung für multiples Testen vorgenommen.
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Ethikvotum und Datenschutz
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Charité – Universitätsmedizin Berlin genehmigt. Die „Satzung der Charité – Universitätsmedizin Berlin zur Sicherung Guter Wissenschaftlicher Praxis“ [27] und die Bestimmungen des Berliner Datenschutzgesetzes wurden beachtet.
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Ergebnisse
Insgesamt wurden 1548 Patientinnen konsekutiv vor dem Arztkontakt in der Klinik-Myomsprechstunde befragt, wobei sich bei 7,2% (n = 111) sonografisch kein Myom darstellen ließ. 32,5% (n = 503) der Frauen machte keine Angabe zu ihrer vermuteten Myomanzahl, sodass letztlich 67,5% (1045) der Befragten entsprechend der Ein- und Ausschlusskriterien in die Studie aufgenommen werden konnte. Darunter waren 62 Patientinnen (6%), die bei sich Myome annahmen, im Ergebnis der sonografischen Untersuchung (transvaginal und abdominal) jedoch keine nachweisbaren Myome hatten. Frauen mit sonografischen Hinweiszeichen für eine Adenomyosis uteri bzw. mit endometrioseverdächtigen Ovarialzysten fanden sich in diesem Patientinnenkollektiv nicht. Zwischen Ultraschallbefund und subjektiver Einschätzung der Myomanzahl ergab sich unter Einbeziehung der sonografischen Untersuchungsergebnisse für die Myomanzahl („0“ bis „> 3“ Myome) eine ausreichende Übereinstimmung nach dem Kappa-Maß (p = 0,047) und eine sehr gute Übereinstimmung, wenn man nur die Kategorien „1“ bis „> 3“ Myome betrachtet (p < 0,0001). Die Gruppe ohne sonografischen Myomnachweis soll im Folgenden als Subgruppe „kein Myom“ näher betrachtet werden.
Patientinnen ohne Myomnachweis
In der Subgruppe „kein Myom“ waren 71% (n = 44) über 40 und 29% (n = 18) unter 40 Jahre alt. Aus [Tab. 1] sind weitere anamnestische Angaben zu entnehmen. Für die Auswertung der Schmerzangaben wurden die Angaben der Patientinnen auf einer numerischen Analogskala (0 – 10) in 4 Untergruppen zusammengefasst: 0 = keine Schmerzen, 1 – 3 = leichte Schmerzen, 4 – 7 = mittlere Schmerzen, 8 – 10 = starke Schmerzen. Im leichten und mittleren Beschwerdebereich (= Symptomangaben der Stärke 1 bis 7) wurden Dysmenorrhö und prämenstruelle Schmerzen annähernd in gleicher Häufigkeit angegeben (63 und 65%). Als sehr stark (Skalenwerte 8 bis 10) stuften 23% (n = 12) der Patientinnen ihre Dysmenorrhö ein. 43% (n = 20) der Frauen gab keine und 38% (n = 18) eine Dyspareunie an ([Abb. 1]).
Alter |
43,5 Jahre (Median) 22 – 52 Jahre (Range) |
Kinderwunsch |
|
|
32% (18) |
|
68% (39) |
5 missing |
|
Schwangerschaften in Anamnese |
|
|
66% (40) |
|
34% (21) |
1 missing |
|
angenommene Myomanzahlen |
|
|
45% (28) |
|
27% (17) |
|
10% (6) |
|
18% (11) |
|
0 |
Um einen möglichen Einfluss der angenommenen Myomgröße oder Myomanzahl zu ermitteln, wurden die Frauen gebeten, hierzu Angaben im Fragebogen zu machen. Es zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Beschwerdestärke und der angenommenen Myomgröße (gruppiert < 8 cm und ≥ 8 cm) einerseits und der angenommenen Myomanzahl (gruppiert 1 – 3 Myome und > 3 Myome) andererseits.
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Patientinnen mit Myomnachweis
Bei 983 Frauen ließ sich sonografisch mindestens 1 Myom nachweisen und sie gaben eine vermutete Anzahl von Myomen im Fragebogen an. Bei 60% (588) der Frauen ließ sich 1 Myom, bei 30% (297) 2 oder 3 Myome und bei 10% (98) über 3 Myome oder ein Uterus myomatosus darstellen ([Tab. 2]). Wie in der Subgruppe „kein Myom“ zeigte sich auch bei den Frauen mit nachweisbarem Myom kein Zusammenhang zwischen Beschwerden und der angenommenen Myomgröße oder der Myomanzahl. Lediglich die Patientinnen, die 1 – 3 Myome bei sich vermuteten, gaben mehr Schmerzen beim Geschlechtsverkehr an als Frauen mit > 3 vermuteten Myomen (p = 0,013). Allerdings war in den in die Auswertung einbezogenen Antworten die Anzahl der Frauen mit 1 – 3 vermuteten Myomen (n = 866) wesentlich größer als die mit > 3 (n = 47).
Anzahl von Patientinnen mit sonografisch nachgewiesenen Myomen unterschiedlicher Anzahl |
gesamt |
||||
---|---|---|---|---|---|
1 |
2 oder 3 |
> 3 oder myomatös durchsetzt |
|||
Anzahl der Patientinnen mit angegebener bzw. vermuteter Myomanzahl |
1 |
461 |
72 |
24 |
585 |
2 |
78 |
132 |
19 |
246 |
|
3 |
37 |
75 |
25 |
143 |
|
4 |
9 |
12 |
16 |
48 |
|
> 4 |
3 |
6 |
14 |
23 |
|
gesamt |
588 |
297 |
98 |
1045 |
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Vergleich der Gruppen mit und ohne Myomnachweis
Insgesamt unterschieden sich die Patientinnen ohne Myomnachweis nicht signifikant von den anderen 3 Gruppen („1 Myom“, „2 oder 3 Myome“, „mehrere Myome oder myomatös“) in Bezug auf die genannten Schmerzen prämenstruell, Dysmenorrhö und Dyspareunie ([Tab. 3]). [Abb. 2] zeigt die Schmerzangaben der Frauen mit und ohne Myomnachweis in der Sonografie.
Myomanzahl |
prämenstruelle Schmerzen |
Dysmenorrhö |
Dyspareunie |
|||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0 |
1 – 3 |
4 – 7 |
8 – 10 |
0 |
1 – 3 |
4 – 7 |
8 – 10 |
0 |
1 – 3 |
4 – 7 |
8 – 10 |
|
keins (%) |
21 |
31 |
35 |
14 |
14 |
29 |
35 |
23 |
43 |
38 |
15 |
4 |
n |
52 |
52 |
47 |
|||||||||
1 (%) |
28 |
38 |
26 |
8 |
20 |
32 |
32 |
16 |
54 |
29 |
14 |
3 |
n |
560 |
561 |
547 |
|||||||||
2 oder 3 (%) |
25 |
39 |
26 |
10 |
20 |
34 |
24 |
22 |
52 |
32 |
13 |
3 |
n |
287 |
285 |
274 |
|||||||||
> 3 (%) |
29 |
33 |
30 |
9 |
22 |
38 |
28 |
13 |
42 |
34 |
19 |
5 |
n |
98 |
96 |
92 |
Um signifikante Einflussgrößen zu ermitteln, die eine Zuordnung der Patientin zur Gruppe A „Myomnachweis im Ultraschall“ bzw. Gruppe B „ohne Myomnachweis im Ultraschall“ ermöglichen könnten, wurde eine logistische Regressionsanalyse (n = 1419) durchgeführt. Die in [Tab. 4] aufgeführten Variablen ergaben sich nach einer Variablenselektion im Abbauverfahren aus einer größeren Menge von gegebenen Variablen. Es zeigte sich, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Patientin, der Gruppe A anzugehören, mit der Vergrößerung der Schmerzskala um eine Einheit (Likert-Skala 1 – 10, 1 minimal bis 10 maximal) bei Angabe von Rückenschmerzen um 18% verringerte bzw. sich bei Druck auf die Blase um 18%, bei Druck im Unterbauch um 12% und bei Obstipation um 16% vergrößerte. Zusammenfassend bedeutet dies, je größer die Beschwerden (Blase, Unterbauch, Obstipation) waren, desto eher wurde bei der Patientin auch ein Myom im Ultraschall nachgewiesen. Bei Rückenschmerzen zeigte sich ein gegenläufiges Ergebnis, d. h., je mehr Rückenschmerzen die Patientin angab, desto eher wurde kein Myom im Ultraschall nachgewiesen ([Tab. 4]). Keine Signifikanz für den betrachteten Zusammenhang zeigte sich bei angegebener Dysmenorrhö (p = 0,17) oder Dyspareunie (p = 0,65).
Beschwerden der Patientina |
B |
S. E. |
Sig. |
Odds Ratio (OR) |
95%-KIb für OR |
|
---|---|---|---|---|---|---|
untere Grenze |
obere Grenze |
|||||
a Angaben auf Likert-Skala von 1 – 10 b KI = Konfidenzintervall B = Regressionskoeffizient B, S. E. = Standard Error, Sig. = Signifikanz, OR = Odds Ratio. Die zugehörige Odds Ratio gibt die zu den einzelnen Beschwerden gehörige Wahrscheinlichkeit an, zu der Gruppe mit Myomnachweis im Ultraschall zu gehören. Variablenselektion im Abbauverfahren (n = 1419). |
||||||
Rückenschmerzen |
− 0,205 |
0,038 |
0,000 |
0,815 |
0,756 |
0,879 |
Druckgefühl auf die Blase |
0,161 |
0,060 |
0,007 |
1,175 |
1,045 |
1,321 |
Druck im Unterbauch |
0,117 |
0,062 |
0,061 |
1,124 |
0,994 |
1,271 |
Obstipation |
0,145 |
0,056 |
0,010 |
1,156 |
1,036 |
1,290 |
Konstante |
2,406 |
0,163 |
0,000 |
11,089 |
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Diskussion
Subjektivität und von Patientinnen vorgetragene Beschwerden, die letztlich nicht zu objektivieren sind, spielen im ärztlichen Alltag eine große Rolle. Die vorliegende Studie befasst sich mit dieser Thematik und geht erstmals auf die Beschwerden von Frauen ein, die Myome bei sich angaben, welche sich in der sonografischen Diagnostik jedoch nicht darstellen ließen, und vergleicht diese mit Myompatientinnen.
Bei dem befragten Patientinnenkollektiv handelt es sich um Frauen einer Spezialsprechstunde für Myome einer großen universitären Klinik. Die Selbstangaben der Frauen zu Anzahl und Größe der Myome wurden in einem Fragebogen durch transvaginalen, zum Teil auch transabdominalen Ultraschall – stets durch denselben Untersucher – veri- bzw. falsifiziert. Die Sonografie ist eine sichere Methode zum Nachweis sowohl der Myomgröße und -anzahl als auch der Myomlage [28], [29]. Für die Sonografie konnte eine zur MRT-Untersuchung vergleichbare gute Sensitivität und Spezifität für die Darstellung von Myomen gezeigt werden [23]. Uterusmyome und auch Adenomyosis uteri sind häufige Befunde, insbesondere bei Patienten mit Symptomen wie abnormalen Uterusblutungen, Dysmenorrhö und Dyspareunie [17]. Eine Adenomyosis uteri konnte bei unseren Patientinnen, soweit sonografisch möglich, ausgeschlossen werden [18].
Insgesamt stimmte die im Ultraschall erhobene Myomanzahl gut mit der von den Patientinnen angenommenen Anzahl von Myomen überein (p = 0,047). Nur bei 6% Frauen (62 der 1045 in die Auswertung eingeschlossenen Patientinnen) konnte entgegen ihrer Annahme kein Myom nachgewiesen werden. Wise et al. verifizierten in einer großen prospektiven Kohortenstudie (n = 59 000 schwarze Frauen, USA) bei 96% die Selbstangabe eines Uterus myomatosus innerhalb einer Subgruppe (n = 248) mittels Ultraschall [6]. In der vorliegenden Studie ist der Prozentsatz der Frauen mit Fehlannahme mindestens eines Myoms somit etwa gleich groß. In diesem besonderen Subkollektiv ohne Myomnachweis gaben 87% eine Dysmenorrhö, 79% prämenstruelle Schmerzen und 57% eine Dyspareunie jeweils verschiedener Schweregrade bzw. Ausprägung an. Ein Zusammenhang zwischen den geschilderten Schmerzen (Dysmenorrhö, prämenstruelle Schmerzen, Dyspareunie) und der vermeintlichen Myomgröße oder -anzahl war sowohl bei den Frauen mit als auch den Patientinnen ohne Myomnachweis nicht feststellbar. Auch in der Studie von Stupin et al. (n = 498) zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der Myome und den Beschwerden. Die sonografisch bestimmte Größe korrelierte jedoch mit der Stärke der Dysmenorrhö (besonders bei kleinen Myomen) (p = 0,003) und einem Druckgefühl im Unterbauch (p = 0,02) sowie die submuköse Lage mit einer Hypermenorrhö (p = 0,01) [26]. Foth et al. zeigten mit einer Odds Ratio von 4, dass die Myomanzahl den stärksten Einfluss auf das Auftreten von Dysmenorrhö hat (p = 0,001) [30]. Andere Autoren haben bei Fehlannahme vieler Myome vermehrten Druck auf die Blase und bei Fehlannahme eines besonders großen Myoms verstärkten Druck im Unterbauch im Vergleich zu wenigen bzw. kleinen Myomen feststellen können [6], [31]. In unserer Studie gab es keinen signifikanten Unterschied in den Beschwerdeangaben der Frauen mit und ohne Myomnachweis. In beiden Patientinnengruppen gaben die Frauen am häufigsten eine Dysmenorrhö an. Eine Dyspareunie wurde zwar von den 3 erfragten Symptomen am seltensten genannt, traf dennoch bei ca. der Hälfte der Frauen in unterschiedlichem Ausmaß zu. Der ermittelte signifikante Zusammenhang zwischen geringer Myomanzahl (1 – 3) und häufigerer Dyspareunie (p = 0,013) kann auch auf die wesentlich größere Anzahl der befragten Frauen mit 1 – 3 Myomen gegenüber > 3 Myome zurückzuführen sein. Bei Patientinnen, die einen starken Druck auf die Blase bzw. im Unterbauch oder starke Obstipationsbeschwerden beschrieben, wurde mit größerer Wahrscheinlichkeit auch ein Myom im Ultraschall nachgewiesen. Bei Rückenschmerzen zeigte sich ein gegenläufiges Ergebnis. Dysmenorrhö oder Dyspareunie hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, ein Myom in der Sonografie darzustellen. Fraglich bleibt, worauf die Fehlannahme der Myome bei den 62 ermittelten Patientinnen beruhte. Da es sich um eine spezielle Klinikmyomsprechstunde mit der Notwendigkeit einer Überweisung handelt, hatten alle befragten Frauen bereits zuvor Kontakt mit einem niedergelassenen Frauenarzt/einer Frauenärztin. Dies erklärt vermutlich auch die insgesamt gute Übereinstimmung des subjektiv angenommenen und des in der Sonografie darstellbaren Myombefundes. Mögliche Quellen der Fehlinformation könnten auf einer mangelnden oder nicht ausreichend verständlichen Aufklärung oder auf eigenen ergänzenden Recherchen der Betroffenen, zum Beispiel auf entsprechenden Internetseiten oder -foren, zurückzuführen sein. Nicht völlig auszuschließen, aber sicher von eher nachrangiger Bedeutung, sind auch seltene sonografische Fehldiagnosen eines Myombefundes durch den zuweisenden Arzt. In früheren Studien wurde gezeigt, dass Ärztinnen und Ärzte und das Internet die wichtigsten Informationsquellen für Myompatientinnen sind [5], [13]. Inwieweit bei den Patientinnen die Mitteilung des Sonografiebefundes, dass keine Myome nachweisbar sind, schon zu einer Entlastung und Entängstigung sowie letztlich auch zu einer Symptombesserung geführt hat, war aufgrund des Querschnittcharakters der Studie nicht feststellbar.
Natürlich könnten die angegebenen Schmerzen auch auf eine andere Erkrankung zurückzuführen sein, die durch unsere Untersuchung nicht erfasst werden konnte. In diesem Zusammenhang sei auf die große Komplexität von Patientinnen mit chronischem Unterbauchschmerz (zyklisch/nicht zyklisch) (CPP), zu denen auch unsere befragten Frauen gehören, hingewiesen. Anhaltendem Schmerz im Unterbauch eine eindeutige Diagnose zuzuordnen, ist sehr schwierig. Sowohl körperliche als auch psychosoziale Parameter sollten daher bereits zu Beginn der Diagnostik und Therapie beachtet werden [16]. Die Sonografie ist oft unauffällig bzw. es lässt sich keine Organpathologie nachweisen [32]. CPP ist eine weit verbreitete Erkrankung, die etwa 1 von 6 erwachsenen Frauen betrifft [33]. Es wird berichtet, dass ca. 10% aller gynäkologischen Konsultationen aufgrund solcher Beschwerden getätigt werden, die Ursache der Schmerzen bei über der Hälfte der Frauen allerdings unklar bleibt [34]. Entscheidend in der Betreuung der Patientinnen mit CPP ist ein multimodaler Therapieansatz [16]. Letztlich lässt sich eine Endometriose in den allermeisten Fällen nur laparoskopisch sichern oder ausschließen [19], [20].
Limitationen
-
Es handelt sich ausschließlich um Patientinnen, die sich in einer Kliniksprechstunde vorgestellt haben, sodass eine Verallgemeinerung, besonders auf asymptomatische oder wenig symptomatische Patientinnen, nicht möglich ist.
-
Der Anteil an Frauen, bei denen die Myomdiagnose nicht bestätigt werden konnte, ist mit n = 62 relativ klein.
-
Die Studie ist monozentrisch und es wurden nur Patientinnen einer Klinik-Myomsprechstunde befragt.
-
In einer unbekannten Häufigkeit können Unterbauchschmerzen durch eine frühe oder in Sonografie (noch) nicht erkennbare Adenomyosis uteri oder andere, sonografisch nicht erkennbare Ursachen bedingt sein.
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Schlussfolgerungen
Die vorliegenden Daten zeigen, dass auf der Basis der erfragten Symptomausprägung (Dysmenorrhö, Dyspareunie, prämenstruelle Schmerzen) nicht auf das Vorhandensein, die Anzahl oder die Größe von Myomen geschlossen oder eine Therapie abgeleitet werden kann. Auch Frauen mit der Fehlannahme von Myomen können typische Symptome zeigen, weshalb auf eine klare und verständliche Kommunikation geachtet werden sollte. Eine genaue Evaluation möglicher anderer Erkrankungen sollte durchgeführt werden. In einer weiteren Studie könnte erfasst werden, worauf sich die (Fehl-)Annahme von Myomen bei Patientinnen stützt.
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Danksagung
Die Autoren bedanken sich bei den Teilnehmerinnen an der Studie.
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References/Literatur
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Correspondence/Korrespondenzadresse
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