Warum haben Sie die Dermatologie als Fach gewählt?
In der Dermatologie kann man die meisten Fälle komplett autonom regeln. Andere Arztgruppen
müssen nur selten für Konsiliarleistungen in Anspruch genommen werden. Diese Autonomie
und die Möglichkeit, konservativ, operativ und wissenschaftlich tätig zu sein, haben
mich von Anfang an fasziniert. Dermatologie ist für mich ein Hobby, und die vielen
Facetten der Arbeit (Klinische Diagnostik, Histopathologie, Forschungsprojekte, Operationen,
um nur einige zu nennen), gepaart mit den faszinierenden neuen Therapiemöglichkeiten,
begeistern mich bis heute – ich würde sofort wieder dieses Fach wählen!
Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Es ist nicht ein einzelner Fall – aber doch eine neue therapeutische Epoche, die mich
sehr beeindruckt hat. In den frühen 90er-Jahren habe ich Menschen mit schwerer Psoriasis
wirklich sehr bedauert, wegen der Hoffnungslosigkeit und des Stigmas, das mit dieser
Krankheit oder der Therapie selbst (z. B. fettige Lokaltherapeutika) verbunden war.
Stationäre Aufenthalte von 6 Wochen mehrfach im Jahr waren keine Seltenheit. Der erste
Kontakt mit Biologics im Rahmen klinischer Studien war für mich ein Faszinosum. Zu
sehen, wie sich die Schuppenflechte unter einfachen Therapiemaßnahmen wundersam auflöste
und die Betroffenen in ihrem Wertgefühl auflebten, war für mich, im Spiegel der traditionellen
Therapie, ein Highlight meiner Tätigkeit.
Von wem haben Sie besonders viel gelernt?
Ich habe meine dermatologische Ausbildung in Bochum gemacht. Dort stand die klinische
Dermatologie im Vordergrund, und ich muss sagen, dass ich meinen damaligen Chef Prof.
Altmeyer schon sehr bewundert habe. Bis heute habe ich sehr wenige Kolleginnen und
Kollegen getroffen, die aus dem klinischen Bild so viel Information ziehen konnten
wie er. Das Ganze war mit einem lexikalischen Wissen gepaart; nicht umsonst stammt
die „Enzyklopädie der Dermatologie“ aus seiner Feder. Patienten, die schon „überall“
waren, fanden in Prof. Altmeyer oft eine Instanz, die richtige Diagnose zu stellen
und den Mut aufzubringen, auch unkonventionelle therapeutische Wege zu gehen. Prof.
Altmeyer war wahrscheinlich einer der Ersten in Deutschland, der die Psoriasis als
Systemkrankheit ansah und damit den Wert der Systemtherapie, u. a. der Fumarsäurederivate,
in diesem Zusammenhang erkannte.
Was war der beste Rat, den Sie in Ihrer Karriere erhalten haben?
Nachdem ich weiß, dass der durchschnittliche Mediziner seinen Patienten nach ca. 13
Sekunden erstmalig unterbricht, zwinge ich mich (auch wenn es manchmal schwerfällt),
mindestens 1 Minute zuzuhören. Rückblickend hat mir das viel Zeit gebracht, und das
Verhältnis zu meinen Patienten hat allein durch das Zuhören sehr profitiert.
Was ist momentan die wichtigste Entwicklung in der Dermatologie?
Das hängt ganz davon ab, wohin man fokussiert. Das Verständnis der Molekularpathogenese
vieler Krankheiten, mit der konsekutiven Entwicklung von Zieltherapien, bedeutsam
für entzündliche Krankheiten und maligne Tumoren, sind schon große Entwicklungen.
Als Nächstes werden krankheitsmodifizierende Therapieansätze kommen – es bleibt spannend!
Wo sehen Sie die Zukunft der Dermatologie?
In der immer sichereren, effektiveren, nachhaltigeren und einfacheren Therapie von
Hautkrankheiten zum Wohle der Patienten. Ich sehe das Ziel nicht in der Tätigkeit
vieler Kolleginnen und Kollegen als „promovierte Friseure“, die sich in 1A-Lagen großer
Städte quasi nur auf Fältchen konzentrieren. Das kann ein Beiwerk sein, füllt aber
nach meinem Verständnis nicht das tradierte Bild von Ärztinnen und Ärzten aus.
Was raten Sie jungen Kollegen?
Die Liebe zu den uns anvertrauten Patienten und das Handeln im Sinne der Patienten
und nicht des eigenen Geldbeutels sind wichtige Ansprüche, die wir bei allem Fortschritt
nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Was ist die wichtigste Erkenntnis der vergangenen Jahre in der Dermatologie?
Als ich vor 30 Jahren in der Dermatologie gestartet bin, einer Zeit, die noch von
skurrilen Rezeptursammlungen dominiert war, habe ich schnell erkannt, dass gerade
in diesem Fach eine sehr dynamische Entwicklung anstehen muss – diese Entwicklung
hat tatsächlich stattgefunden und auch eine komplett neue Wertschätzung anderer Fachrichtungen
für die Dermatologie aufkommen lassen. Die Dermatologie ist nicht mehr wie früher
die „Lehre von den unheilbaren Krankheiten“ – das steht für mich im Vordergrund.
Was und welchen Ort zeigen Sie Ihren Gästen?
Mit dem Bau meiner eigenen Praxisklinik, die alle wichtigen diagnostischen und therapeutischen
Möglichkeiten vorhält, habe ich mir meinen persönlichen Traum erfüllt. Wenn ich Gäste
durch unseren OP-Trakt oder unsere Labore führe, spüre ich, dass viele eine ganz neue
Sicht auf das Fach „Dermatologie“ entwickeln. Das macht mich stolz.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Thomas Dirschka
Centroderm GmbH
Heinz-Fangman-Straße 57
42287 Wuppertal
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