3. Chronische Rhinosinusitis
3.1 Präoperative Versorgung
Auch wenn es sich bei dem Thema des Referates um die Qualität in der
chirurgischen Therapie der CRS handelt, ist es notwendig, einzelne Phasen der
präoperativen Versorgung miteinzubeziehen, da bereits hier wichtige
Weichen für eine qualitativ hochwertige chirurgische Versorgung gestellt
werden. Das Quality Improvement Commitee der American Rhinologic Society hat
vier qualitätsrelevante Bereiche der präoperativen Versorgung
identifiziert [27]. Dies sind Diagnose,
adäquate medikamentöse Therapie, patientenzentrierte Diskussion
von Behandlungsoptionen und Selektion zur chirurgischen Intervention.
Ein wichtiges Element des Qualitätsmanagements sind
Qualitätsindikatoren und Kennzahlen. Sie sollen die
faktengestützte Entscheidungsfindung ermöglichen und
Abläufe nachvollziehbar und bewertbar machen. Im Gegensatz zur Industrie
ist die Definition und Erhebung dieser Kennzahlen in der Medizin häufig
schwierig. Bisher gibt es keine allgemein akzeptierten
Qualitätsindikatoren spezifisch für die
Nasennebenhöhlenchirurgie. In einem Leitlinien- und Konsensus-basierten
Ansatz einer Expertengruppe wurden neun Qualitätsindikatoren für
die CRS entwickelt ([Tab. 1]) [28]. Die Gruppe betont, dass diese
Qualitätsindikatoren abhängig von geografischen Unterschieden
sowie Unterschieden in Ressourcen und Patientengut entsprechend angepasst werden
müssen. Bei den identifizierten Qualitätsindikatoren handelt es
sich ausschließlich um Indikatoren der Prozessqualität. Das
Fehlen von Indikatoren der Struktur- und Ergebnisqualität wird auf den
Fokus von Leitlinien auf die klinische Praxis und nicht die Systemstruktur und
-leistung zurückgeführt. Diese Qualitätsindikatoren
wurden bisher nicht auf ihre Variabilität, Validität und
Fähigkeit, die Patientenversorgung zu verbessern, geprüft. Es
bleibt auch unklar, wie sie in großem Maßstab in der klinischen
Praxis gemessen und dokumentiert werden sollen, da dies die Voraussetzung
für Qualitätsverbesserungsmaßnahmen darstellt.
Tab. 1 Qualitätsindikatoren für die Diagnose
und Behandlung von Patienten mit CRS nach Cottrell [28].
Diagnose der CRS aufgrund von klinischen Symptomen und
mindestens 1 objektiven Befund in der Endoskopie oder im
CT
|
Unterscheidung zwischen CRSwNP und CRSsNP
|
Die Bildgebung der Wahl für die CRS ist das CT
|
Initiale Therapie der CRSwNP mit topischen Steroiden und
kurzzeitig systemischen Steroiden
|
Keine Verordnung von topischen oder systemischen
Antimykotika
|
Unterstützende Therapie mit Salzspülungen
zeigt evidenzbasierte Wirksamkeit. Andere
unterstützende Therapien haben nur eine
eingeschränkte Evidenzlage, die den Einsatz
rechtfertigt
|
Nasennebenhöhlenchirurgie kann für Patienten
mit persistierender Symptomatik nach adäquater
medikamentöser Therapie indiziert sein
|
Die Weiterführung der medikamentösen Therapie
postoperativ ist wichtig für den Erfolg der
Behandlung und sollte bei allen Patienten in Betracht
gezogen werden
|
Intravenöse und topische Antibiotika sollten
für Routinefälle nicht angewandt werden
|
3.1.1 Diagnose
Die diagnostischen Kriterien der CRS nach dem European Position Paper on
Rhinosinusitis and Nasal Polyps (EPOS) sind weitestgehend akzeptiert. Sie
finden sich auch in der deutschen S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Die Diagnose
wird gestellt, wenn mindestens 2 der folgenden Symptome für
mindestens 12 Wochen bestehen:
und wenn gleichzeitig objektivierbare klinische Zeichen, wie endoskopische
Veränderungen (Sekret/Ödem im mittleren Nasengang,
Polyposis nasi) oder typische Zeichen einer CRS im CT sichtbar sind [11]. Entsprechende Kriterien finden sich
auch in den Leitlinien der American Academy of Otolaryngology – Head
and Neck Surgery und im International Consensus Statement on Allergy and
Rhinology – Rhinosinusitis (ICAR) [29]
[30]. Die Kombination aus klinischen
Symptomen und objektiven Kriterien erhöht die diagnostische
Genauigkeit und Spezifität [31].
3.1.2 Adäquate medikamentöse Therapie
Eine Diskussion aller möglichen Ansätze einer
präoperativen medikamentösen Therapie einer CRS
würde den Rahmen dieses Referates sprengen. Es wird hier auf die
entsprechenden deutschen und internationalen Leitlinien verwiesen [6]
[11]. Problematisch ist, dass kein
allgemein akzeptierter Standard existiert und die Evidenz zum Teil
dürftig ist. Für eine präzisere Stratifizierung der
Erkrankung und Standardisierung der Therapie ist ein besseres
Verständnis der Pathogenese der CRS erforderlich. Die beste Evidenz
existiert für topische Steroide durch eine große Anzahl
randomisierter placebo-kontrollierter Studien mit Verbesserung subjektiver
Symptome, der Polypengröße und der objektiven Messung des
nasalen Atemstroms [32]. Ein Artikel zur
Qualität der präoperativen Versorgung sieht die beste
Evidenz für salzhaltige Nasenspülungen und topische Steroide
[27]. Er legt beide Therapien als
Minimum eines konservativen Therapieversuches fest, bevor eine chirurgische
Intervention in Erwägung gezogen werden sollte. Diese Empfehlung
geht aus einem internationalen Konsensusverfahren nach der
RAND/UCLA-Methode hervor [33]. Bei
dieser Methode, die in den 80er Jahren in den USA entwickelt wurde, werden
Kriterien auf Grundlage der besten verfügbaren Evidenz in
Kombination mit der gemeinsamen Bewertung von Experten entwickelt. Sie kann
angewandt werden, wenn evidenzbasierte Leilinien auf Grundlage
randomisierter kontrollierter Studien nicht möglich sind.
Zusätzlich werden systemische Steroide als eine Therapieoption bei
der chronischen Rhinosinusitis mit Polyposis nasi (CRSwNP) und systemische
Antibiotika bei der chronischen Rhinosinusitis ohne Polyposis nasi (CRSsNP)
angegeben. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine mangelnde Besserung
nicht zwingend zur Operation führen muss und dass andere
Therapieformen nach entsprechender Absprache mit dem Patienten
grundsätzlich möglich sind.
3.1.3 Patientenselektion und patientenzentrierte
Entscheidungsfindung
Eine chirurgische Intervention ist grundsätzlich dann eine geeignete
oder angemessene Option, wenn bei der Abwägung von Risiken und
Nutzen für die Gesundheit der Nutzen überwiegt. Die
Nasennebenhöhlenchirurgie wird in der Regel als Therapieoption in
Erwägung gezogen, wenn es nach erfolgter konservativer Therapie zu
keiner Besserung der Beschwerden gekommen ist [11]. Auch wenn die medikamentöse Therapie die Grundlage
für die langfristige Kontrolle der Erkrankung darstellt, konnten
Studien zeigen, dass eine zeitgerechte chirurgische Intervention das
klinische Ergebnis möglicherweise verbessern kann [34]
[35]
[36] (s. auch Abschnitt Zeitpunkt der
Operation). Problematisch ist, dass harte evidenzbasierte Kriterien zur
Selektion von Patienten fehlen, die sicherstellen, dass Patienten von einer
Operation profitieren werden. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass
radiologische Befunde der CRS nicht immer mit den Beschwerden der Patienten
und der Lebensqualität korrelieren [37]
[38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44].
Der bereits im vorherigen Abschnitt genannte Artikel sieht nach
internationalem Expertenkonsens die Nasennebenhöhlenchirurgie bei
Patienten mit unkomplizierter CRS als Therapieoption, wenn die folgenden
Kriterien erfüllt sind:
-
Lund-Mackay-Score ≥ 1
-
Medikamentöser Therapieversuch mit topischem Steroid und
systemischem Steroid bei CRSwNP und
Breitspektrum/antibiogrammgerechter antibiotischer Therapie
(2–3 Wochen) oder niedrigdosierte Langzeittherapie mit
Makroliden bei CRSsNP
-
SNOT-22-Score (Sino-nasal Outcome Test) nach konservativer Therapie
von ≥ 20 [33]
Eine Monotherapie mit topischen Steroiden oder systemischen Steroiden wurde
als unsichere Indikation gewertet, d.h. hier konnte kein Konsens in der
Bewertung zwischen den Experten erreicht werden. Die topische Therapie mit
großvolumigen Nasenspülungen mit isotoner oder hypertoner
Salzlösung wird als mögliche Ergänzung zur topischen
Steroidtherapie gesehen. Es werden zudem Ausnahmesituationen diskutiert, in
denen die Indikation zur Nasennebenhöhlenchirurgie gestellt werden
kann, auch wenn die o.g. Kriterien nicht erfüllt werden und trotzdem
ein Nutzen für den Patienten zu erwarten ist.
Es wurde versucht, diese Kriterien zu validieren, auch wenn dies methodisch
nur eingeschränkt möglich ist, da die Kontrollgruppe in der
durchgeführten Studie sehr klein war und sich eine echte
Kontrollgruppe aus ethischen Gründen verbietet [45]. Es hat sich zudem gezeigt, dass in
fast einem Drittel der Fälle aus unterschiedlichen Gründen
von diesen Kriterien abgewichen wurde [46]. Es findet sich kein einheitlicher Grund für diese
Abweichung, vielmehr spiegelt sich am ehesten die Komplexität der
Entscheidungsfindung bei der Indikationsstellung in den Ergebnissen wider.
Das Abweichen von den vorgegebenen Kriterien führt zu keinem
Unterschied im subjektiven und objektiven Ergebnis (SNOT-22,
Lund-Kennedy-Score, allgemeine Gesundheit). Es wird nötig sein,
diese Kriterien in der Zukunft weiter zu modifizieren und zu
präzisieren, insbesondere auch hinsichtlich der
präoperativen medikamentösen Therapie.
Ein zentrales Element des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen
ist die Patientenorientierung. Es ist wichtig, den Patienten in die
Therapieentscheidung miteinzubeziehen. Mögliche Therapieoptionen mit
den zu erwartenden Ergebnissen und Risiken werden mit dem Patienten
erörtert, sodass dieser informiert eine Entscheidung treffen kann.
Patientenpräferenzen und -erwartungen sollten in der
Therapieentscheidung berücksichtigt werden. Die Entscheidung des
Patienten für eine bestimmte Therapie (Fortführung der
medikamentösen Therapie vs. Nasennebenhöhlenchirurgie)
scheint v.a. durch die subjektive Beeinträchtigung der Patienten
beeinflusst zu werden (Lebensqualität anhand SNOT-22, Rhinosinusitis
Disability Index (RSDI)), wohingegen demografische und ökonomische
Faktoren, Persönlichkeitsprofil, soziale Unterstützung,
Vertrauen in den Operateur und objektive Kriterien, wie CT- und
endoskopischer Befund und Riechvermögen, keine wesentliche Rolle zu
spielen scheinen [47]
[48]. Eine stärkere
Beeinträchtigung der Lebensqualität, insbesondere in den
SNOT-Untergruppen psychologische Beeinträchtigung und Schlaf,
führen häufiger zur Entscheidung für ein
chirurgisches Vorgehen [48]
[49]
[50]
[51]. Inwieweit die Erwartungen der
Patienten das Ergebnis nach Nasenebenhöhleneingriffen beeinflussen,
ist aktuell unklar.
3.1.4 Zeitpunkt der Operation
Sowohl die zuvor beschriebenen Kriterien zur Selektion geeigneter Patienten
für eine Operation der Nasennebenhöhlen, als auch das
Europäische Positionspapier zur Rhinosinusitis und nasalen Polyposis
(EPOS) sowie weitere nationale Leitlinien sehen eine nicht erfolgreiche
medikamentöse Therapie als Voraussetzung für eine operative
Intervention. Die Mindestdauer der medikamentösen Therapie wird im
EPOS mit 12 Wochen, in den Konsensuskriterien mit 8 Wochen angegeben [11]
[33].
In mehreren Studien hat sich gezeigt, dass eine frühere chirurgische
Intervention im Verlauf der CRS das postoperative Ergebnis verbessern kann.
Patienten, die innerhalb von 12 Monaten nach Diagnose operiert werden,
zeigen eine stärkere subjektive Verbesserung ihrer Symptome
(SNOT-22). Andere Studien zeigen keinen Unterschied, bzw. ein besseres
subjektives Ergebnis nach längerer Wartezeit [34]
[35]
[36]
[52]
[53]
[54]. Zusätzlich zeigt sich die
Tendenz, dass die postoperative Verbesserung der Lebensqualität nach
frühzeitiger Operation dauerhafter sein könnte. Patienten,
die später im Verlauf der Erkrankung operiert werden, suchen
postoperativ häufiger einen Arzt wegen typischen Beschwerden einer
Sinusitis auf und erhalten häufiger Medikamente zur Behandlung der
CRS [34]
[36]. Es existieren verschiedene
Hypothesen, weshalb eine frühere operative Intervention den Verlauf
der chronischen Sinusitis beeinflussen könnte. Der bessere Zugang
für und die bessere Wirksamkeit von Medikamenten, die Entfernung von
den Krankheitsverlauf negativ beeinflussenden Faktoren (z. B. Biofilm,
osteitischer Knochen) und Reduktion der Entzündungslast,
könnten durch die Verhinderung tiefgreifender Gewebsschäden
die Prognose verbessern [35]. Es zeigen
sich zudem mehr Patienten mit Asthma in den Gruppen von Patienten, die
später im Krankheitsverlauf operiert werden. Inwieweit die Reduktion
der Entzündungslast der CRS durch die
Nasennebenhöhlenoperation die Entwicklung eines klinisch manifesten
Asthmas, analog zur Immuntherapie bei allergischer Rhinitis, beeinflussen
könnte, ist noch nicht geklärt [34]
[36]
[55].
3.1.5 Ambulant versus stationär
Aktuell erfolgt die operative Versorgung von Patienten mit CRS vorwiegend
stationär in Vollnarkose. Insbesondere in den USA und England zeigt
sich in den letzten Jahren ein gegenläufiger Trend. Eingriffe an den
Nasennebenhöhlen werden dort zunehmend ambulant und in
Lokalanästhesie durchgeführt. Dies wird nicht zuletzt durch
das Aufkommen minimalinvasiver Techniken, wie der Ballonsinuplastik und der
Shaver-gestützten Polypektomie, ermöglicht [56]
[57]. Vorteile werden in
Kostenersparnissen, einem geringeren Risiko nosokomialer Infektionen,
geringeren Wartezeiten auf einen Operationstermin und einer erhöhten
Patientenfreundlichkeit des ambulanten Vorgehens gesehen [57]
[58].
Für ein ambulantes Vorgehen ist eine sorgfältige Selektion
der Patienten notwendig. Patienten mit geringem Narkoserisiko, ohne
relevante Risikofaktoren und Eingriffe mit umschriebenem Ausmaß und
kurzer Dauer eignen sich prinzipiell am besten für ein ambulantes
Vorgehen.
Eine Versorgung im Falle des Auftretens von Komplikationen muss
gewährleistet sein, dies betrifft die postoperative Betreuung des
Patienten und Erreichbarkeit eines Krankenhauses im Notfall. Die
Häufigkeit einer ungeplanten stationären Aufnahme oder
Wiedervorstellung nach ambulanter sinunasaler Chirurgie wird in der
Literatur mit 0,8–8,8% angegeben [58]
[59]
[60]
[61]
[62]. Die häufigsten
Gründe hierfür sind Blutungen, Schmerzen,
Übelkeit/Erbrechen/Dehydrierung und Fieber [59]
[60]
[61]
[62]
[63]. Mit einer vasovagalen Reaktion bei
einem endoskopischen Eingriff in Lokalanästhesie muss in
0,16–0,6% der Fälle gerechnet werden [64]
[65].
Eine stationäre Überwachung nach einer Operation der
Nasennebenhöhlen, v.a. nach ausgedehnteren Eingriffen, ist sinnvoll,
um mögliche zum Teil bedrohliche Komplikationen frühzeitig
zu erkennen und behandeln zu können. Dies sind insbesondere
Duraläsionen, eine Orbitaphlegmone oder ein Orbitahämatom
und stärkere Nachblutungen aus dem Bereich der A. sphenopalatina und
A. ethmoidalis anterior [12].
3.1.6 Chirurgische und radiologische Checklisten
Checklisten sind in chirurgischen Fächern weitverbreitet, werden von
der WHO befürwortet und können durch Minimierung
vermeidbarer Fehler, die Sicherheit der Operation und das Ergebnis
verbessern [66]
[67]
[68].
In der Luftfahrtindustrie hat sich gezeigt, dass Checklisten
möglichst kurz, einfach, klar und in der jeweiligen fachspezifischen
Sprache formuliert sein sollten [69]. Es
ist zudem wichtig, dass eine verbale Bestätigung möglich ist
und ggf. entsprechende Korrekturmaßnahmen durchgeführt
werden können.
Zusätzlich zur standardisierten WHO-Checkliste sollte das
Vorhandensein der zum Patienten gehörigen CT-Bilder in der korrekten
Seitenorientierung, bei geplanter Anwendung der Navigation die entsprechende
Vorbereitung, die korrekte Beschriftung der Medikamente, die
Funktionsfähigkeit der Absaugung und Elektrokoagulation und die
Armierung von Tupfern überprüft werden [70].
Diverse Checklisten wurden für die präoperative Evaluation
von CT-Bildern vor Nasennebenhöhleneingriffen entwickelt. Einige
sind sehr detailliert, entsprechend aufwändig und schließen
z.T. allgemeine Sicherheitsaspekte mit ein [70]
[71]
[72]
[73]
[74]
[75]
[76]. Die für die
Nasennebenhöhlenchirurgie vorgeschlagenen Checklisten sind zum Teil
evaluiert. Die Kenntnis der individuellen Anatomie und ggf. die Erkennung
von individuellen anatomischen Besonderheiten im präoperativen CT,
können durch diese CT-Checklisten verbessert werden [71]
[73]
[75]
[76]. Sie können zudem eine
sinnvolle Ergänzung in der Lehre und Ausbildung von
Assistenzärzten sein [75].
Allerdings steht der direkte Beweis aus, dass die Verbesserung der Kenntnis
der individuellen Anatomie durch diese spezifischen Checklisten, auch
tatsächlich die Komplikationsrate senkt. Zudem ist der Nutzen
begrenzt, wenn die Checklisten unvollständig und in
pflichtmäßiger Routine ausgefüllt werden [77].
3.2 Operative Versorgung
3.2.1 Endoskopische, mikroskopische und konventionelle
Nasennebenhöhlenchirurgie
Die Technik der Endoskope und Videosysteme hat sich seit ihrer
Einführung in die Nasennebenhöhlenchirurgie, bis hin zu den
heutigen HD-Systemen und der 3D-Endoskopie, extrem verbessert. Das EPOS und
die deutsche S2k-Leitlinie bezeichnen die endonasale endoskopische Chirurgie
als den Standard der chirurgischen Therapie [6]
[11]. Unter Berücksichtigung der
geforderten Bildqualität mit entsprechend guter Detailsicht ist
zudem die HD-Videoendoskopie als heutiger Standard anzusehen, wenn
über den Monitor gearbeitet wird [12].
Die endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie ist seit Jahren Inhalt
von Operationskursen, Operationslehren und der wissenschaftlichen Literatur.
Alle relevanten Studien zu verschiedenen Aspekten der CRS behandeln die
endonasale endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie.
Die endoskopische Chirurgie bietet im Vergleich mit dem Mikroskop einige
wesentliche Vorteile. Die Weitwinkeltechnologie bewirkt eine gute
Übersicht. Der Blick um die Ecke durch Winkeloptiken
ermöglicht die direkte Sicht auf Pathologien, wie es mit dem
Mikroskop nicht möglich ist. Das Arbeiten in 4-Hand-Technik ist nur
mit dem Endoskop möglich und bringt große Vorteile bei der
Chirurgie bei gutartigen und bösartigen Neubildungen der
Nasennebenhöhlen. Die Arbeit über den Monitor
ermöglicht eine präzise Erläuterung, Anleitung und
Kontrolle einzelner Operationsschritte in Lehre und Ausbildung.
Der Vergleich einer Operation der Kieferhöhle über den
unteren Nasengang, der Kieferhöhlenoperation über den
mittleren Nasengang mit Erweiterung des natürlichen Ostiums und
einer Caldwell-Luc-Operation zeigt bessere Ergebnisse beim Vorgehen
über den mittleren Nasengang [78]
[79]
[80]. Ein Vergleich der konventionellen
Chirurgie (Caldwell-Luc-Operation, Kieferhöhlenpunktion, intranasale
Ethmoidektomie) mit der funktionellen endoskopischen
Nasennebenhöhlenchirurgie (FESS) zeigt eine höhere Rate an
vollständiger Symptomfreiheit bei einem endoskopischen Vorgehen
[81].
Die chirurgische Genauigkeit bei der Durchführung verschiedener 2-
und 3-dimensionaler motorischer Aufgaben ist in einer Untersuchung bei
unerfahrenen Chirurgen mit dem Endoskop geringer als mit dem Mikroskop, bei
erfahrenen Chirurgen zeigt sich kein Unterschied. Die Geschwindigkeit der
Durchführung ist sowohl bei unerfahrenen als auch bei erfahrenen
Chirurgen mit dem Endoskop geringer als mit dem Mikroskop [82]. In einer weiteren Studie zeigt sich
bei der Durchführung motorischer Aufgaben im Modell, dass die
Aufgaben mit der Kopflampe schneller als mit dem Endoskop oder Mikroskop
durchgeführt werden können. Die Fehlerrate mit dem Kopflicht
ist geringer als mit dem Endoskop und dem Mikroskop und mit dem Endoskop im
Vergleich zum Mikroskop. Die Ergebnisse sind unabhängig von der
Erfahrung mit dem jeweiligen optischen Medium [83]
[84]. Die Visualisierung über die
früheren Monitore ist im Vergleich zum direkten Blick durch die
Optik schlechter [85]
[86]. Bei der Bewertung dieser Studien ist
zu berücksichtigen, dass sich die Visualisierung durch die
HD-Technologie wesentlich verändert hat.
Der Vorteil des Mikroskops und der 3D-Endoskopie im Vergleich zur
2D-Endoskopie liegt in einer besseren Hand-Auge-Koordination, einer besseren
Tiefenschärfe und Einschätzung von Größen
und Entfernungen und soll so zu einer höheren Geschwindigkeit und
Präzision und einer flacheren Lernkurve führen. Neue
3D-Systeme haben im Vergleich zu älteren Systemen eine bessere
Ausleuchtung und höhere Auflösung [87]. In Studien zeigen sich
unterschiedliche Ergebnisse mit z.T. besseren Ergebnissen unter Verwendung
des 3D-Endoskops, teilweise wiederum keine Unterschiede, v.a. bei erfahrenen
Chirurgen [88]
[89]. Die höhere Genauigkeit in
der Ausführung bestimmter Aufgaben unter Zuhilfenahme des
3D-Endoskopes durch Anfänger erklärt sich durch deren
fehlende Erfahrung. Erfahrene Chirurgen wandeln durch die Bewegung des
Endoskops, die Bewertung von relativen
Größenverhältnissen, anatomische Kenntnisse und
parallaktische Verschiebung, das 2-dimensionale Bild in eine mentale
3D-Information um. Die besonderen Vorteile der 3D-Systeme zeigen sich bisher
v.a. im Labor [90]
[91]. Ein Nachteil ist die deutliche
Anfälligkeit für Verschmutzungen der Linsen, v.a. in engen
Kavitäten (z.B. vorderes Siebbein), was zur Verschlechterung bzw.
Aufhebung des 3D-Eindrucks führt. Die 3D-Systeme sind noch recht neu
und können deshalb bei weitem noch nicht als Standard angesehen
werden.
Es existieren keine aktuelleren Studien, die die Komplikationsrate bei
endoskopischer Chirurgie mit der Komplikationsrate bei mikroskopischer oder
kombiniert mikroskopisch-endoskopischer Chirurgie vergleichen. Eine
Metaanalyse zeigt keinen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit
leichter Komplikationen zwischen traditionellen endonasalen (mit
Stirnlampe), mikroskopischen und endoskopischen Eingriffen. Bei den
schwerwiegenden Komplikationen zeigte sich jedoch ein signifikanter
Unterschied zwischen mikroskopischen (2%) und endoskopischen
(1%) Eingriffen [92].
3.2.2 Navigation
Der Einsatz eines Navigationssystems soll die intraoperative Orientierung des
Operateurs, insbesondere in Fällen veränderter Anatomie,
ausgeprägter Erkrankung und bei eingeschränkten
Operationsbedingungen durch Blutungen, verbessern. Hierdurch sollen die
Sicherheit und Vollständigkeit der Operation erhöht, das
Ergebnis verbessert und die Revisionsrate gesenkt werden [93]. Es zeigen sich zudem Vorteile in der
operativen Ausbildung [94]
[95]. Die mentale Belastung bei
Ärzten in der Ausbildung wird durch die Navigation nicht
erhöht, sondern kann bei Ärzten mit etwas Erfahrung in der
Nasennebenhöhlenchirurgie gesenkt werden [96]
[97]. Ein Navigationssystem darf jedoch
niemals die profunde Kenntnis der Anatomie ersetzen.
Empfehlungen zum möglichen Einsatz der Navigation im Rahmen von
Nasennebenhöhleneingriffen wurden von der American Academy of
Otolaryngology – Head and Neck Surgery und von einer australischen
Expertengruppe veröffentlicht ([Tab.
2]) [98]. Es wird in diesen
Empfehlungen jedoch betont, dass letztendlich die Entscheidung zum Einsatz
der Navigation im Ermessen des Operateurs liegt.
Tab. 2 Empfehlungen zum Einsatz der Navigation in der
endoskopischen Nasennebenhöhlenchirurgie (nach [98]).
American Academy of Otolaryngology-Head and Neck
Surgery
|
Revisionsoperationen
|
Veränderte Anatomie entwicklungsbedingt,
postoperativ, posttraumatisch
|
Ausgeprägte Polyposis nasi
|
Pathologie der Stirnhöhle, des hinteren Siebbeins
oder der Keilbeinhöhle
|
Erkrankungen mit Einbezug der Schädelbasis,
Orbita, des N. opticus, der A. carotis interna
|
Schädelbasisdefekt und Rhinoliquorrhoe
|
Benigne und maligne sinunasale Neubildungen
|
Empfehlungen australische Expertengruppe
|
Empfohlen:
-
Stereotaktische externe Lokalisation frontaler
Pathologien
-
Endoskopische Stirnhöhlenoperation bei
vorheriger externer Stirnhöhlen- oder
Siebbeinoperation
-
Operation nach vorangegangener Rekonstruktion der
Schädelbasis
-
Pathologie mit Überschreiten der
anatomischen Grenzen der
Nasennebenhöhlen
-
Benigne oder maligne Neubildungen mit
Infiltration der Frontobasis
-
Draf Typ III
|
Optional (wichtig):
-
Ausgeprägte Polyposis nasi bei geplanter
Pansinusoperation
-
Stirnhöhlenrevisionsoperation
-
Benigne und maligne Neoplasie der
Nasennebenhöhlen ohne Infiltration der
Schädelbasis
|
Optional (hilfreich):
-
Revisionseingriffe
-
Veränderte Anatomie entwicklungsbedingt,
postoperativ, posttraumatisch
-
Kongenitale Anomalien
-
Chirurgische Ausbildung
-
Spezifische Indikationen: Pädiatrische
Fälle, zystische Fibrose,
Keilbeinhöhleneingriff, Mukozele
|
Die meisten publizierten Studien zur Komplikationshäufigkeit und zu
Ergebnissen nach computergestützter endoskopischer
Nasennebenhöhlenchirurgie sind retrospektive Studien, die
Komplikationen und Ergebnisse vor und nach Einführung eines
Navigationssystems vergleichen. Zudem wurden die Operationen z. T. durch
Ärzte in der Ausbildung durchgeführt. Dies stellt eine
methodische Einschränkung dar, da auch die wachsende Erfahrung des
Operateurs eine Rolle spielt. In einigen Studien sind die Studiengruppen
mitunter sehr inhomogen, was das Ausmaß der Operation und des
Eingriffs angeht. Die meisten Studien zeigen keinen Unterschied hinsichtlich
der Komplikationen mit und ohne Navigationssystem [93]
[98]
[99]
[100]
[101]
[102]. In wenigen Studien zeigen sich eine
Reduktion der Gesamtrate von Komplikationen und von schweren Komplikationen
[98]
[103]. Zwei Studien zeigen eine Zunahme
von schweren Komplikationen bzw. von Orbitaverletzungen bei Verwendung der
Navigation, was auf ein aggressiveres Vorgehen der Operateure oder
komplexere Eingriffe zurückgeführt wird [104]
[105].
Ähnliches findet sich in Studien, die das Ergebnis von
Nasennebenhöhleneingriffen mit und ohne Navigation vergleichen. Die
meisten Studien zeigen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der
vollständigen Durchführung der geplanten Operation, der
Revisionsrate, des postoperativen Lund-Mackay-CT-Scores und der
Lebensqualität, gemessen anhand einer VAS, des Rhinosinusitis
Outcome Measure (RSOM-31) oder des SNOT-20 [93]
[98]
[99]
[100]
[101]
[103]. Wenige Studien zeigen eine
geringere Rate an Revisionen oder eine Verbesserung in der
Sinusitis-spezifischen Lebensqualität in der Gruppe der
navigationsgestützten Eingriffe [106]
[107].
Eine Auswirkung des Einsatzes der Navigation auf Haftungsfragen in
Gerichtsverhandlungen hat sich bisher nicht gezeigt [108]
[109].
Gut designte Studien zur definitiven Klärung der Auswirkungen eines
Navigationssystems auf die Komplikationsrate und das Ergebnis fehlen und
sind aufgrund verschiedener Einschränkungen auch kaum
möglich. Aufgrund der geringen Komplikationsraten bei der
endoskopischen Nasennebenhöhlenchirurgie wäre die Fallzahl
für eine statistisch aussagekräftige prospektive Studie
extrem hoch. Außerdem ist eine Randomisierung von Patienten in eine
Gruppe mit und ohne Navigation, abhängig von der Indikation, ethisch
schwierig.
3.2.3 Ausmaß der Operation/Radikalität
Das Ausmaß der Nasennebenhöhlenchirurgie wird in der Regel an
Art und Ausmaß der Erkrankung sowie die individuelle Anatomie
angepasst. Chirurgische Techniken reichen von der reinen Polypektomie, der
partiellen Uncinektomie über die FESS zur erweiterten radikaleren
Chirurgie, die unter den Stichworten Nasalisation, Reboot-Chirurgie oder
Fullhouse FESS mit Draf III zu finden sind [110]
[111]
[112]
[113]. Individuelle Nomenklaturen wie MIST
(Minimally Invasive Sinus Technique) sind Teil dieser Bandbreite
möglicher Ausdehnungen des Eingriffes.
Die klassische FESS geht auf die Arbeiten von Messerklinger und die Annahme
zurück, dass Entzündungsvorgänge zu einer
Obstruktion der Ostien führen und es so zu einem Sekretstau in den
Nasennebenhöhlen kommt, wodurch sich die Entzündung
ausbreitet [114]
[115]. Seit dieser Zeit hat sich das
Wissen über die Pathogenese und das therapeutische Vorgehen
verändert. Gerade bei der CRSwNP ist klar, dass die Obstruktion der
ostiomeatalen Einheit keine Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung
der Erkrankung spielt [116]
[117]. Ansätze zur endonasalen
Chirurgie mit Erhalt der randständigen Mukosa zur Verbesserung der
Schleimhautrehabilitation wurden bereits 1978 von Wigand und Steiner
beschrieben [118]. Die FESS zielt auf den
Erhalt gesunder Schleimhaut und von natürlichen anatomischen
Drainagewegen, sowie die Verbesserung des mukoziliären Transports.
Anatomische und/oder entzündliche Störfaktoren
sollen beseitigt werden. Zusätzlich soll der Zugang für
topische Medikamente verbessert werden [119].
Die ausschließliche Polypektomie kann zwar zeitweise eine
Erleichterung der subjektiven Nasenatmungsbehinderung verschaffen, zeigt
aber eine hohe Rezidivrate von 35% in 6 Monaten und insgesamt
75% [120]
[121]. In einem großen englischen
Kollektiv zeigt sich kein signifikanter Vorteil hinsichtlich der
Verbesserung der Lebensqualität im SNOT-22 bei zusätzlicher
Nasennebenhöhlenoperation im Vergleich zu einer reinen Polypektomie,
jedoch ein leicht geringeres Risiko einer Revisionsoperation nach 36 Monaten
und eine signifikante Reduktion dieses Risikos nach 5 Jahren [122]
[123]. In einer Pilotstudie zeigt sich die
ambulante endoskopische Polypektomie (EPIC) als eine mögliche
kosteneffektive Behandlungsoption bei ausgewählten Fällen
einer CRSwNP mit ausschließlich Nasenatmungsbehinderung [124]. Im kurz- und mittelfristigen Verlauf
zeigt sich kein Unterschied zur konventionellen endoskopischen
Nasennebenhöhlenchirurgie in der postoperativen
krankheitsspezifischen Lebensqualität im SNOT-22 (Gesamtpunktzahl
und Erreichen eines minimalen klinisch relevanten Unterschieds) in einem
selektierten Patientengut [122]
[125].
Bei der CRSsNP führt die Erweiterung des natürlichen
Kieferhöhlenostiums zu einer größeren Offenheitsrate
und einem besseren Lund-Mackay-Score als die reine Uncinektomie mit Belassen
des natürlichen Ostiums ohne Einfluss auf die
Symptomausprägung [126]
[127].
Die Stirnhöhlenchirurgie zählt zu den anspruchsvollsten
Bereichen der Nebenhöhlenchirurgie. Das sinnvolle Ausmaß
eines HNO-chirurgisch hergestellten Zuganges wird besonders in diesem
Bereich immer wieder kontrovers diskutiert. Faktoren, die mit einer
höheren Rezidivrate in Verbindung gebracht werden, sind CRSwNP,
AERD, Asthma, hoher Lund-Mackay-Score, geringer a.p.-Durchmesser,
Osteoneogenese, Ostitis, die Anzahl vorangegangener Operationen und eine
inkomplette Entfernung von anterioren Siebbeinzellen, insbesondere Zellen,
die in den Recessus frontalis ragen [112]
[128]
[129]
[130]
[131]
[132]
[133]. Entsprechend wird die
vollständige Entfernung aller Zellen im Recessus frontalis unter
größtmöglicher Schonung der Schleimhaut empfohlen
und ggf. bei Risikopatienten sogar die primäre Typ III-Drainage. Bei
Patienten ohne Risikofaktoren, wie Asthma, AERD, CRSwNP und Ersteingriff
wird ein konservativeres Vorgehen bevorzugt. Bei Vergleich einer Typ I-
(reine anteriore Ethmoidektomie) mit einer Typ IIa-Drainage (Entfernung
aller Zellen im Recessus frontalis) zeigen sich vergleichbare Ergebnisse
hinsichtlich der Verbesserung der Lebensqualität und der Reduktion
des Medikamentenverbrauchs [134]. In einem
Vergleich einer Typ IIb- (unilaterale Entfernung des
Stirnhöhlenbodens und des anterioren Anteils der mittleren
Nasenmuschel) mit einer Typ III-Drainage (Entfernung des
Stirnhöhlenbodens bds., des Stirnhöhlenseptums und eines
superioren Nasenseptumanteils) zeigen sich vergleichbare Ergebnisse
hinsichtlich der Verbesserung der Lebensqualität, des Erreichens
einer minimalen klinisch relevanten Differenz im SNOT-22, der endoskopischen
Offenheit der Stirnhöhle, der Komplikations- und Revisionsrate [135].
Ein kontrovers diskutiertes Thema ist weiterhin die partielle Resektion der
mittleren Nasenmuschel. Die partielle Resektion ist u.a. bei diffusen
polypösen Veränderungen indiziert oder wenn es aufgrund
einer ausgeprägten Polyposis zu einer Atrophie der mittleren
Nasenmuschel mit daraus resultierender Instabilität und Gefahr der
postoperativen Lateralisation mit Vernarbung gekommen ist. Insbesondere bei
Patienten mit einer subjektiv und objektiv ausgeprägten Erkrankung
zeigt sich in den meisten Studien ein besseres Ergebnis nach partieller
Resektion der mittleren Nasenmuschel mit weniger Adhäsionen und
einer geringeren Rezidivrate, besseren Endoskopiebefunden und einer
Verbesserung des Riechvermögens, was sich jedoch nicht in einer
Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität widerspiegelt [136]
[137]
[138]
[139]
[140]
[141]. Ein Vorteil hinsichtlich der
krankheitsspezifischen Lebensqualität durch die partielle Resektion
der mittleren Nasenmuschel ergibt sich lediglich bei Patienten nach
Revisionschirurgie [142]. Es zeigen sich
keine Symptome eines Empty Nose Syndromes und keine Einschränkungen
des Riechvermögens nach partieller Resektion der mittleren
Nasenmuschel [143].
Patienten mit CRSwNP, Asthma, Atopie und AERD (aspirin-exacerbated
respiratory disease), ausgeprägter Erkrankung im CT und Ostitis
zeigen in vielen Studien ein höheres Rezidivrisiko nach
Nasennebenhöhlenoperationen. Die Erfolgsrate der Revisionschirurgie
liegt bei 50–70% [144]
[145]. Ein kleiner Teil von Patienten
bleibt jedoch trotz wiederholten Revisionseingriffen und optimaler
medikamentöser Therapie symptomatisch. Dies führt zu dem
Ansatz, dass bei diesen Patienten aufgrund der zugrundeliegenden
ausgeprägten Entzündung, zusätzlich zur intensiven
langfristigen medikamentösen Therapie, ein aggressiveres operatives
Vorgehen indiziert ist. Ziel ist die maximale Reduktion der
Entzündungslast mit Entfernung von Entzündungsmediatoren
durch Entfernung von Polypen, ostitischem Knochen und Biofilmen und die
Schaffung eines größtmöglichen Zugangs für
die topische Therapie. In der Literatur werden diverse Zugänge zur
weiten Eröffnung aller Nasennebenhöhlen beschrieben, mit
ggf. medialer Maxillektomie (klassisch oder über
prälacrimalen Zugang), Typ III-Drainage der Stirnhöhle und
deren Modifikationen und radikaler Ethmoidektomie [110]
[113]
[145]
[146]
[147]
[148]. In bestimmten Fällen wird
außerdem die primäre Anlage einer Draf Typ III-Drainage
diskutiert [112]. Jedoch zeigt sich nicht
in allen subjektiven und objektiven Messwerten ein besseres Ergebnis bei
einem aggressiveren Vorgehen [112]
[145]
[149]
[150]
[151]
[152].
Neuere Konzepte beziehen aktuelle Forschungsergebnisse zur Pathogenese der
CRS mit ein. Das Konzept der Reboot Surgery bei CRSwNP mit
TH2-Entzündung besteht in der Entfernung der gesamten
entzündeten Schleimhaut, um eine Re-Epithelialisierung mit
funktionsfähiger Nasenschleimhaut zu ermöglichen. Alle
Polypen und die gesamte Mukosa werden unter Erhalt des Periosts entfernt.
Dies wird ggf. mit einer Draf Typ III- Drainage kombiniert. Es zeigen sich
signifikant geringere Raten einer Rezidivpolyposis, eine längere
rezidivfreie Zeit und geringere Werte im SNOT-22 bei der Reboot-Chirurgie im
Vergleich zur konventionellen FESS [111].
Es existiert kein allgemein akzeptierter Standard der
Nasennebenhöhlenchirurgie. Die funktionelle
Nasennebenhöhlenchirurgie wird in vielen Leitlinien,
Operationslehren und aktuellen Publikationen als Goldstandard angesehen
[6]
[11]. Studien, die nicht zwischen CRSsNP
und CRSwNP unterscheiden, zeigen häufig keinen Unterschied zwischen
zurückhaltender und aggressiverer chirurgischer Therapie. Bei der
CRSwNP, mit ggf. weiteren assoziierten Erkrankungen und insbesondere in der
Revisionschirurgie, kann ein aggressiveres Vorgehen in Kombination mit einer
fortgeführten medikamentösen Therapie zu besseren
subjektiven und objektiven Ergebnissen führen. Neue Erkenntnisse zur
Pathogenese der CRS werden aller Voraussicht nach nicht nur die
medikamentöse Therapie, sondern auch die chirurgische Therapie
beeinflussen.
3.2.4 Ausbildung des Operateurs, Chirurgen-spezifische Faktoren
Die Qualität in der ärztlichen Patientenversorgung beginnt
mit der Ausbildung der Operateure. Das Erlernen der endonasalen
endoskopischen Nasennebenhöhlenchirurgie zeigt wie bei den meisten
Operationstechniken eine Lernkurve. In einer Studie zur mikro-endoskopischen
Nasennebenhöhlenchirurgie reduziert sich die Komplikationsrate
deutlich nach 100 Eingriffen [153]. In
einer neueren Studie wird für die kompetente Durchführung
einer Uncinektomie, Kieferhöhlenoperation und vorderen
Ethmoidektomie eine Fallzahl von durchschnittlich 23,1, für die
posteriore Ethmoidektomie und Sphenoidotomie 22,5 und die
Stirnhöhlenoperation 33 bestimmt [154]. Im Vergleich dazu werden chirurgische Lernkurven in der
Literatur für otolaryngologische Eingriffe wie folgt angegeben:
Cochlear Implant 30 Eingriffe, Septumplastik 12–23 und endoskopische
Tympanoplastik 50–60 Eingriffe [155]
[156]
[157]
[158].
Es leuchtet ein, dass die selbstständige Durchführung der
Operation unter Aufsicht eine größere Auswirkung auf die
Lernkurve hat, als die alleinige Beobachtung und Assistenz [159]. Die Operation durch Ärzte in
der Ausbildung unter Aufsicht eines erfahrenen Chirurgen scheint im Verlauf
des „Lernprozesses“ keine signifikante Erhöhung der
Komplikationsrate und Verschlechterung des Ergebnisses nach sich zu ziehen
[160]
[161]
[162].
Es existieren nur wenige Studien, die sich mit den Erfordernissen der
chirurgischen Ausbildung in der endoskopischen
Nasennebenhöhlenchirurgie befassen. Eine Befragung unter Teilnehmern
verschiedener Dissektionskurse mit unterschiedlicher chirurgischer Erfahrung
zeigt, dass die posteriore Ethmoidektomie und die
Stirnhöhlenchirurgie die größten Schwierigkeiten
bereiten [163]. Während des
Erlernens der Technik werden nicht nur das Handling des Endoskops und der
Instrumente als problematisch eingestuft (v.a. bei Winkeloptiken), sondern
v.a. die räumliche Orientierung mit Übertragung der
erlernten 2-dimensionalen Anatomie aus Lehrbüchern und des
Computertomogramms (CTs) auf den dreidimensionalen Patienten, die Erkennung
der bekannten Anatomie im endoskopischen Bild und die Beurteilung der
Position des Endoskops und der Instrumente [163]
[164].
Die Präparation an humanen Präparaten wird von Teilnehmern
von Dissektionskursen als sehr hilfreich eingestuft. Die wiederholte
Präparation im Rahmen eines Dissektionskurses führt zu einer
vollständigeren Durchführung der
Präparationsschritte [165]. Es
scheint wichtig, sowohl die kognitiven (z.B. Abfolge einzelner OP-Schritte,
durch Fachliteratur und Videos), als auch die manuellen Fähigkeiten
(durch Übung am Simulator, Modell oder Körperspender) zu
trainieren [166]. Aufgrund der
eingeschränkten Verfügbarkeit von Körperspendern
wurden verschiedene tierische, künstliche sowie Virtual
Reality-Modelle und -Simulatoren entwickelt [159]
[167]
[168]
[169]
[170]
[171]
[172]
[173]. Ziel ist es, die Lernkurve aus dem
Operationssaal herauszunehmen und so potentiell die Komplikationsrate bei
Patienten zu verringern. Modelle sind geeignet, grundsätzliche
Fähigkeiten der Handhabung von Endoskopen und Instrumenten zu
vermitteln [168]
[170]
[174]. Das Training an Simulatoren ist
insbesondere für Assistenzärzte zu Beginn der Ausbildung
sinnvoll. Es zeigt sich eine Lernkurve mit einem Plateau, das zu
80–90% dem erfahrener Nasennebenhöhlenchirurgen
entspricht und auch über längere Zeit ohne Übung
erhalten bleibt [175].
Assistenzärzte, die an Modellen trainieren, zeigen eine schnellere
Ausführung einzelner Operationsschritte, eine
größere Geschicklichkeit und eine größere
Sicherheit beim Umgang mit dem Endoskop und dem Instrumentarium im
Operationssaal [166]
[168]
[176]. Es ist allerdings unklar, ob durch
das Training am Simulator die Komplikationsrate gesenkt und somit die
Qualität der Patientenversorgung verbessert wird [177]
[178].
In einigen akkreditierten Ausbildungsprogrammen, z.B. in den USA, wird
gefordert, die chirurgische Leistung der Assistenzärzte zu bewerten.
Die subjektive Evaluation am Ende einer Rotation durch die ausbildenden
Ärzte zeigt eine schlechte Reliabilität und
Validität, wie dies bei einer retrospektiven Bewertung zu erwarten
ist [179]. So wurden verschiedene
Instrumente zur objektiven und strukturierten Bewertung der chirurgischen
Leistung entwickelt (Objective Structured Assessment of Technical Skills
=OSATS) [180]
[181]. Sie sind eine Form des in
Deutschland in der Prüfung von Medizinstudenten verbreiteten OSCE
(Objective Structured Clinical Examination). Die Kritik an diesen
Instrumenten besteht darin, dass die Qualität des Ergebnisses nicht
ausreichend beurteilt wird [182]. Es
existieren wenige spezifisch für die endoskopische
Nasennebenhöhlenchirurgie entwickelte Bewertungsinstrumente. Ein in
England entwickeltes Verfahren beurteilt den Umgang mit Instrumenten und dem
Endoskop, die anatomische Orientierung, Teamwork, das operative Vorgehen und
das Management von Komplikationen [183].
Eine Version aus den USA beinhaltet einen ersten Teil zur Bewertung der
Durchführung der einzelnen Operationsschritte und einen weiteren zur
Beurteilung des Gesamtverständnisses, wie z.B. der Indikation, der
Auswertung des CTs und des Umgangs mit dem Endoskop und den Instrumenten
[184]
[185]. Das GRESS (Global Rating of
Endoscopic Surgical Skills) berücksichtigt zusätzlich zu den
endoskopischen Fähigkeiten auch die Vorbereitung des Patienten und
der Ausrüstung [186]. Sowohl
Ausbilder als auch Assistenzärzte bewerten den Einsatz positiv. Es
zeigt sich eine gute Validität und Reliabilität.
Bei Operationen anderer chirurgischer Fachgebiete, z. B. Pankreasresektion,
Karotisendarteriektomie und gastrointestinale Tumorchirurgie, hat sich
gezeigt, dass die Ergebnisqualität, gemessen durch Patient Reported
Outcome Measures (PROMs) sowie Morbiditäts- und
Mortalitätsraten zwischen Chirurgen und Institutionen variieren
können [187]
[188]
[189]. In diesem Zusammenhang wird auch
die sog. Volume-Outcome-Hypothese auf der Ebene der Kliniken und des
einzelnen Chirurgen immer wieder diskutiert. Für einige komplexe
chirurgische Eingriffe, insbesondere in der Abdominal, Herz- und
Gefäßchirurgie, zeigen sich geringere Morbidität-
und Mortalitätsraten in Krankenhäusern mit einer
höheren Fallzahl. Dies kann z.T. bei Unterscheidung zwischen
retrospektiven und prospektiven Studien, nach Risikoadjustierung und
abhängig von der Art des Eingriffs nicht mehr bestätigt
werden [187]
[188]. Auch die Auswirkung der Fallzahl
des einzelnen Chirurgen und eine Spezialisierung auf die
Ergebnisqualität werden diskutiert. Nicht nur die Anzahl der
Operationen, sondern auch Erfahrung und Alter der Chirurgen können
das Ergebnis beeinflussen, mit einem z. T. erhöhten
Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko bei sehr erfahrenen
Chirurgen, die mehr als 20 Jahre in ihrem Fachbereich tätig sind
[190]
[191]
[192]. Eine Spezialisierung zeigt in
einigen Studien einen Vorteil hinsichtlich des Ergebnisses [187]
[193]
[194]
[195]. Es erscheint sinnvoll, dass weitere
Faktoren, wie die Qualität der chirurgischen Leistung und ggf.
adjuvante Therapien, die für das Ergebnis eine Rolle spielen
können, in entsprechenden Betrachtungen berücksichtigt
werden sollten [196]
[197].
Es existieren nur wenige Studien, die die Ergebnisse der
Nasennebenhöhlenchirurgie verschiedener Institutionen und Chirurgen
vergleichen. Entsprechend bleibt unklar, welche chirurgenspezifischen
Faktoren einen Einfluss auf das postoperative Ergebnis haben können.
Zwei US-amerikanische Studien zeigen, vor Kontrolle patientenspezifischer
Faktoren, einen Unterschied des postoperativen SNOT-22 und RSDI
(Rhino-Sinusitis Disability Index) bzw. der Revisionshäufigkeit
zwischen verschiedenen Institutionen bzw. Chirurgen [198]
[199]. Nach Kontrolle
patientenspezifischer Faktoren sind diese Unterschiede z.T. nicht mehr
signifikant. Um ein Benchmarking von Chirurgen bzw. Institutionen zu
ermöglichen, ist eine Risikoadjustierung notwendig, um Unterschieden
in den Patientenkollektiven einzelner Gebiete, Chirurgen und Kliniken
Rechnung zu tragen. Die Voraussetzung hierzu ist die Definition
patientenspezifischer Einflussfaktoren auf das postoperative Ergebnis. Dies
sollte am besten spezifisch für die gewünschte Kennzahl der
Ergebnisqualität, z.B. PROMs, Revisionsrate oder
Produktivität, erfolgen. Die aktuell verfügbaren Daten sind
noch unzureichend.
3.3 Postoperatives Ergebnis
Das Ziel einer Therapie ist die Wiederherstellung, die Verbesserung oder die
Erhaltung der Gesundheit eines Patienten. Zur Messung des Ergebnisses nach
Nasennebenhöhlenchirurgie konnte bisher kein Goldstandard etabliert
werden. Traditionell wurde das Ergebnis in Studien durch objektive Befunde, wie
Endoskopie- und CT-Scores sowie Komplikations- und Revisionsraten, bewertet. Es
zeigen sich jedoch sehr unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der
Korrelation zwischen objektiven (endoskopisches Ergebnis und CT-Befund) und
subjektiven Befunden prä- und postoperativ, wobei die meisten Studien
keine Korrelation nachweisen konnten [17]
[18]
[38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[200]
[201]
[202].
Jede Erkrankung, aber auch jede Therapie, beeinflusst das Wohlbefinden des
Patienten. Diese Beeinflussung kann durch die gesundheitsbezogene
Lebensqualität gemessen werden [203]
[204]. Sie wird in der Regel in den 3
Bereichen physische, psychische und soziale Funktionsfähigkeit bestimmt.
Nicht alle vorhandenen Messinstrumente berücksichtigen alle 3 Bereiche.
In den letzten Jahren nimmt die Messung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität in der Nasennebenhöhlenchirurgie einen
zunehmenden Stellenwert ein. Dies deckt sich mit der Patientenzentrierung des
Qualitätsmanagements und dem Ziel, die Ergebnisqualität aus
Sicht des Patienten zu messen. Die richtige Therapie soll dem richtigen
Patienten zukommen. So kommt bei der Messung der Ergebnisqualität den
„patient reported outcome meassures“ (PROM) eine wesentliche
Bedeutung zu. In den USA wurde 2010 eigens das Patient-Centered Outcome Research
Institute gegründet, zur Förderung der Forschung, die sich auf
Ergebnisse konzentriert, die wichtig und bedeutend für den Patienten
sind. Die englische Regierung hat 2009 die routinemäßige
Sammlung von PROMs für 4 elektive Eingriffe – Hüft- und
Knieendoprothesen, Hernioplastik bei Leistenhernien und Varizen-OP –
implementiert. Im Rahmen des Medicare Health Outcome Survey (HOS) in den USA
werden PROMs gesammelt, um sie in
Qualitätsverbesserungsmaßnahmen, Pay for Performance-Programmen,
öffentlicher Berichterstattung und zur Gesundheitsverbesserung
einzusetzen. Alle Institutionen mit Medicare-Verträgen sind zur
Teilnahme verpflichtet.
Im Gegensatz zu objektiven und leistungsbasierten Ergebnissen messen PROMs den
Teil der Versorgung, der zu konkreten Verbesserungen des Gesundheitszustandes,
der Produktivität und des generellen Wohlbefindens führt [205].
3.3.1 Subjektive Beurteilung
3.3.1.1 Allgemeine Messinstrumente der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität
Allgemeine Messinstrumente der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität bewerten eine Reihe von allgemeinen physischen
und psychischen Symptomen und beschränken sich nicht auf eine
spezifische Erkrankung. Verschiedene allgemeine Messinstrumente werden
bei Patienten mit Rhinosinusitiden angewendet [205]
[206]. Sie werden u.a. zur
Kosten-Nutzwert-Analyse herangezogen. Der Vorteil dieser allgemeinen
Messinstrumente ist, dass verschiedene Erkrankungen hinsichtlich ihrer
Auswirkungen auf die Lebensqualität verglichen werden
können. Zudem ist ein Vergleich mit der
Normalbevölkerung möglich. Häufig werden in
Studien allgemeine Messinstrumente zur Beurteilung des allgemeinen
Gesundheitszustandes mit krankheitsspezifischen Fragebögen zur
Rhinosinusitis kombiniert. So können alle 3 Bereiche der
gesundheitsspezifischen Lebensqualität (physisch, psychisch,
sozial) berücksichtigt werden.
Der SF-36 (Short Form 36 Health Survey) ist das weltweit am
häufigsten eingesetzte Instrument zur Messung der allgemeinen
gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Es existieren Referenzwerte
für viele Erkrankungen. Er umfasst 8 Teilbereiche
(körperliche Funktionsfähigkeit, physische
Rollenfunktion, körperliche Schmerzen, allgemeine
Gesundheitswahrnehmung, Vitalität, soziale
Funktionsfähigkeit, emotionale Rollenfunktion, psychisches
Wohlbefinden). Durch unterschiedliche Gewichtung der acht Teilbereiche
können zwei Dimensionen (körperliche und seelische
Gesundheit) berechnet werden. Der SF-6 D ist eine verkürzte
Form, er umfasst 11 Items, die sich in 6 Dimensionen aufteilen. Die
deutsche Version des SF-36 ist validiert. Er wird in Studien teilweise
in Kombination mit dem SNOT-20 oder -22 eingesetzt. In Studien zeigt
sich ein positiver Effekt der Nasennebenhöhlenchirurgie auf die
Lebensqualität gemessen durch den SF-36 [53]
[207]
[208]
[209]
[210]
[211].
Der European Quality of Life 5-dimensional questionnaire (EQ-5D) wurde
bei Patienten mit CRS validiert. Er kann in Kombination mit anderen
krankheitsspezifischen oder allgemeinen Messinstrumenten eingesetzt
werden. Er besteht aus einer Selbsteinschätzung der
Mobilität, Selbstständigkeit, der Aktivitäten
des täglichen Lebens, von Schmerz und Angst/Depression
in 3 oder 5 Stufen (EQ-5D-3L oder -5L) sowie einer
Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes auf einer visuellen
Analogskala. Es zeigen sich Verbesserungen in der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität bei Patienten nach
Nasennebenhöhlenchirurgie gemessen durch den EQ-5D, insbesondere
in den Untereinheiten Schmerz, Angst/Depression und
Aktivitäten des täglichen Lebens [212]
[213].
3.3.1.2 Spezifische Messinstrumente der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität
Die chronische Rhinosinusitis beeinflusst die gesundheitsbezogene
Lebensqualität der betroffenen Patienten [214]. Wie im Abschnitt
Patientenselektion bereits ausgeführt, ist die
Einschränkung der Lebensqualität ein wesentlicher Faktor
in der Therapieentscheidung der Patienten. Seit den 1990er Jahren wurden
diverse spezifische Messinstrumente für die Messung der
gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit CRS
entwickelt und validiert. Eine Übersicht der in Studien
gebräuchlichen PROMs findet sich in [Tab. 3]. Sie sind nur vereinzelt in
einer validierten deutschen Version verfügbar. In einer
Übersichtsarbeit mit Beurteilung der Qualität der
Entwicklung und der psychometrischen Eigenschaften verschiedener PROMs,
werden der SNOT-22 (22-item Sinonasal Outcome Test), der QOD
(Questionnaire of Olfactory Disorders) und der SCT (Sinusitis Control
Test) am besten bewertet [205].
Tab. 3 Gebräuchliche Messinstrumente des
patient reported outcome adaptiert nach [205]
[206].
Messinstrument
|
Anzahl der Fragen
|
Teilbereiche
|
Punkte-spanne
|
Validierung (Anzahl Pat. Val.studie)
|
Deutsche validierte Version
|
Chronic Sinusitis Survey (CSS) 1995
|
6
|
CRS Symptome Medikamentengebrauch
|
0–100
|
ja (104)
|
nein
|
Rhinosinusitis Disability Index (RSDI) 1997
|
30
|
Physisch Funktionell Emotional
|
0–120
|
ja (87)
|
Rhinosinusitis-Behinderungs-Index
|
Rhinosinusitis Severity Inventory (RSI) 2003
|
20
|
CRS
Symptome Medikamentengebrauch Arbeit
und Soziales
|
0–100
|
ja (322)
|
nein
|
Rhinosinusitis Quality of Life Survey (RhinoQoL)
2005
|
30
|
Schwere der
Symptomatik Beeinträchtigung Auswirkungsskala
|
0–100
|
ja (49)
|
nein
|
Sino-Nasal Outcome Test 16 (SNOT-16) 1999
|
16
|
na
|
0–48
|
ja (47)
|
nein
|
31-item Rhinosinusitis Outcome Messure (RSOM-31)
1995
|
31
|
Nasal Auge Ohr Schlaf Allgemein Emotional Funktionell
|
0–155
|
ja (142)
|
nein
|
Sino-Nasal Outcome Test 20 (SNOT-20) 2002
|
20
|
na
|
0–100
|
ja (102)
|
ja
|
Sino-Nasal Outcome Test 22 (SNOT-22) 2009
|
22
|
Rhinologisch Extranasal
rhinologisch Ohr/fazial Psychologisch Schlaf
|
0–110
|
ja (2803)
|
ja (wird aktuell validiert)
|
Questionnaire of Olfactory Disorders (QOD)
2012
|
25
|
Negative Elemente Positive
Elemente Soziale Elemente
|
0–57
|
ja (102)
|
nein
|
Sinusitis Control Test (SCT) 2015
|
4
|
Symptome Produktivität Gebrauch
von Rescue-Medikamenten
|
0–16
|
ja (15)
|
nein
|
Trotz der Validierung und des Einsatzes der vorhandenen spezifischen
PROMs in zahlreichen Studien, gibt es Einschränkungen in und
Kritik an der Wertigkeit für den Einsatz im klinischen Alltag.
Keiner der verfügbaren Fragebögen beinhaltet Bereiche,
die die Werte und Präferenzen der Patienten hinsichtlich
bestimmter Behandlungsoptionen und den Einfluss bestimmter
Komorbiditäten, wie der allergischen Rhinitis und des Asthma
bronchiale bewerten [205].
Der Questionnaire of Olfactory Disorders (QOD) besteht aus 25 Elementen,
die mit 0–3 Punkten bewertet werden und die in drei Bereiche
eingeteilt werden können (positive, negative und soziale
Elemente). Er wurde 2012 validiert. Eine gekürzte modifizierte
Variante mit 17 negativen Aussagen und möglichen 0–51
Punkten wurde ebenfalls validiert und in weiteren Studien eingesetzt. In
Studien zeigen sich schlechtere präoperative Ergebnisse bei
Patienten mit Allergien, Steroidabhängigkeit und CRSwNP und eine
signifikante Verbesserung nach Nasennebenhöhlenchirurgie, v.a.
bei Fragen, die mit der Nahrungsaufnahme assoziiert sind [209]
[215]
[216]
[217]. Die postoperativen
Veränderungen des QOD korrelieren mit dem präoperativen
CT-Befund, dem Gesamtwert des Sniffin’ Stick-Tests
(Riechschwelle, Diskrimination und Identifikation) und Fragen zum
Riechvermögen in krankheitsspezifischen
Lebensqualitätsfragebögen, wie dem SNOT-22 (22-item
Sinonasal Outcome Test) und RSDI (Rhino-Sinusitis Disability Index),
jedoch nicht mit objektiven Befunden des SIT-40 (40 item Smell
Identification Test) [215]
[218].
Der Sinusitis Control Test (SCT) untersucht die Kontrolle der CRS unter
der aktuellen medikamentösen Therapie. Er beinhaltet vier Fragen
zu Symptomen der CRS (Nasenatmungsbehinderung, Rhinorrhoe), der
Alltagsbeeinträchtigung und dem Medikamentenverbrauch in den dem
Test vorangegangenen 2 Wochen. Die maximale Punktzahl sind 16 Punkte und
anhand des Ergebnisses wird die CRS in eine kontrollierte, teilweise
kontrollierte und unkontrollierte Form eingeteilt [219].
Der Chronic Sinusitis Survey (CSS) und der Rhino-Sinusitis Disability
Index (RSDI) sind häufig eingesetzte Instrumente bei
englischsprachigen Patienten. In vielen Studien werden sie gemeinsam
angewendet. Ihre Reliabilität, Validität und
Veränderungssensitivität wurden nachgewiesen. Der RSDI
vereint die Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustandes mit
krankheitsspezifischen Fragen. Der CSS misst Sinusitis-spezifische
Symptome und den Medikamentengebrauch in den vorangegangenen 8 Wochen.
Der Nachteil des CSS ist, dass das Riechvermögenen nicht
bewertet wird. Es wird außerdem nicht die Schwere der
Beeinträchtigung, sondern die Dauer des Bestehens der
Symptomatik erfragt. Sowohl anhand des CSS, als auch des RSDI konnte
gezeigt werden, dass die Nasennebenhöhlenchirurgie die
Lebensqualität der Patienten verbessert und im Vergleich zur
medikamentösen Therapie eine größere
Verbesserung erreicht werden kann [213]
[220]
[221]. Es zeigen sich stabile
Ergebnisse 6, 12 und 20 Monate postoperativ [222]. Nach Revisionsoperationen zeigen sich geringere
Verbesserungen im CSS und RSDI als nach Primäreingriffen [210]
[223].
Der 31-item Rhinosinusitis Outcome Measure (RSOM-31) vereint eine
krankheitsspezifische und allgemeine Lebensqualitätsmessung. Der
SNOT-20 ist eine gekürzte Modifikation des RSOM-31. Der SNOT-22
wiederum ist eine Erweiterung des SNOT-20, der 2 weitere
Kardinalsymptome der CRS, die Nasenatmungsbehinderung und
Riechminderung, abbildet. Sowohl der SNOT-20 als auch der SNOT-22
existieren in einer validierten deutschen Version ([Tab. 4]) (zum Zeitpunkt der Verfassung
des Referates befand sich der SNOT-22 in Validierung). Beide
können in 4 bzw. 5 Teilbereiche unterteilt werden, die sowohl
durch die unterschiedlichen Subtypen der CRS, als auch durch die
chirurgische bzw. medikamentöse Therapie unterschiedlich stark
beeinflusst werden [224]
[225]
[226]. Der SNOT-22 kann in 3
Nasennebenhöhlen-spezifische Symptombereiche (rhinologische,
extranasale rhinologische, Ohr/faziale Symptome) und 2
allgemeine gesundheitsbezogene Lebensqualitäts-Bereiche
(Schlaf-, psychologische Beeinträchtigung) unterteilt werden
[226]. Bei der Unterteilung in 4
Teilbereiche werden nasale, otologisch/faziale, emotionale
Symptome und Beeinträchtigungen des Schlafs unterschieden [227]. Da die englische Version des
SNOT-22 im Gegensatz zum SNOT-20 zusätzlich die beiden
Kardinalsymptome nasale Obstruktion und Geruch beurteilt, sollte er dem
SNOT-20 vorgezogen werden. Beide Symptome finden sich häufig bei
Patienten mit CRS und tragen wesentlich zu einem Therapiewunsch der
Patienten bei. Die deutsche adaptierte Version des SNOT-20
enthält im Gegensatz zur englischen Version Fragen zur
Riechminderung und Nasenatmungsbehinderung, nachdem 2 Fragen zum Schlaf
gestrichen wurden.
Tab. 4 SNOT-22 (deutsche Version)
Um beurteilen zu können, wie stark die
einzelnen Symptome ausgeprägt sind, kreuzen
Sie bitte bei jeder einzelnen Frage die
entsprechende Ziffer an.
|
Kein Problem
|
Sehr geringes Problem
|
Kleines Problem
|
Mittelgradiges Problem
|
Hochgradiges Problem
|
Schlechter kann es nicht mehr werden
|
|
Die 5 wichtigsten Beschwerden
|
1. Schneuzen der Nase notwendig
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
2. verstopfte Nase / Behinderung der
Nasenatmung
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
3. Niesreiz
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
4. Naselaufen
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
5. Husten
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
6. Sekretfluß in den Rachen
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
7. dickes schleimiges Nasensekret
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
8. Druckgefühl auf den Ohren
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
9. Schwindelgefühl
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
10. Ohrenschmerz
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
|
○
|
11. Gesichtsschmerz, Druckgefühl im
Gesicht
|
0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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12. Riechminderung / Geschmacksminderung
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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13. Probleme beim Einschlafen
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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14. Nächtliches Aufwachen
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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15. Mangel an gutem nächtlichem Schlaf
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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16. Müdigkeit beim Aufwachen
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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17. Erschöpfung
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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18. Verminderte Leistungsfähigkeit
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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19. Konzentrationsschwäche
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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20.
Frustrationen/Rastlosigkeit/Reizbarkeit
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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21. Traurigkeit
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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○
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22. Nebenhöhlenbeschwerden sind mir
peinlich
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0
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1
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2
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3
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4
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5
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|
○
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Bitte markieren Sie hier die 5 wichtigsten Beschwerden, die Ihre Gesundheit beeinträchtigen (bitte maximal 5 Fragen ankreuzen)
In einem Vergleich einzelner Instrumente zeigt sich eine sehr gute
Korrelation zwischen den Ergebnissen des RSDI und des SNOT-22,
allerdings nur eine mäßige Korrelation zwischen dem CSS
und RSDI [228]. Eine Kombination von
RSDI und CSS kann sinnvoll sein, da auch der Medikamentengebrauch
berücksichtigt wird. Eine Kombination des SNOT-22 mit dem RSDI
ist aufgrund hoher Redundanz hingegen nicht sinnvoll.
Der SNOT-22 wurde hinsichtlich seiner psychometrischen Eigenschaften
(Reliabilität, Validität und
Veränderungssensitivität) in einer großen
englischen Kohorte validiert [229].
Der SNOT-22 kann zur Beurteilung des Ergebnisses nach
medikamentöser und chirurgischer Therapie herangezogen werden.
Traditionell werden Unterschiede vor und nach einer Therapie als
signifikant oder nicht signifikant angegeben. Dies
berücksichtigt nicht, inwieweit diese Unterschiede auch
tatsächlich zu klinisch relevanten bzw. wahrnehmbaren
Unterschieden führen. Dies ist wichtig in der Interpretation der
Veränderung der Ergebnisse über die Zeit bzw. nach einer
bestimmten Therapie, inwieweit also eine Veränderung z.B. der
Punktzahl eines Fragebogens auch tatsächlich eine
Veränderung des Gesundheitszustandes anzeigt. Dies wird durch
die minimale klinisch relevante Differenz (MCID=minimal
clinically important difference) angegeben. Für den SNOT-22
wurde eine MCID von 8,9 für die Gesamtpunktzahl und 3,8
für die rhinologische, 2,4 für die extranasal
rhinologische, 3,2 für die Ohr/faziale, 3,9 für
die psychologische und 2,9 für die schlafbezogene Untereinheit
ermittelt [229]
[230]. Dies bedeutet, dass eine
Veränderung der Gesamtpunktzahl von weniger als 9 von Patienten
nicht als tatsächliche Verbesserung oder Verschlechterung
wahrgenommen wird. Studien zeigen, dass Patienten mit CRS durch die
Nasennebenhöhlenchirurgie eine klinisch relevante Verbesserung
erreichen können. 64–80% der Patienten erreichen
eine MCID nach Nasennebenhöhlenchirurgie. Teilweise kann die
zweifache minimale klinische Differenz erreicht werden. Patienten mit
einer höheren Gesamtpunktzahl (>30 bzw. 61–70
Punkte) präoperativ erreichen mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit eine minimale klinisch relevante Differenz des
Gesamtpunktwertes postoperativ [35]
[49]
[53]
[231]
[232]
[233]. Patienten mit höherem
Haushaltseinkommen erreichen zudem mit höherer
Wahrscheinlichkeit eine MCID [233]
(Anm: US-amerikanische Studie mit entsprechenden Unterschieden im
Gesundheitssystem).
In einer großen englischen Kohorte zeigt sich, dass Patienten mit
CRSwNP im Vergleich zu Patienten mit CRSsNP präoperativ
signifikant höhere Punktwerte im nasalen Testbereich angeben,
wobei der Gesamtpunktwert bei beiden Gruppen keinen wesentlichen
Unterschied zeigt. Frauen geben höhere Punktwerte an als
Männer [35]
[234]. Patienten mit CRSsNP zeigen vor
einer Therapie höhere Punktwerte in den fazialen und emotionalen
Untereinheiten. Auch eine schwedische Studie weist höhere
Punktwerte in den Teilbereichen Riech- und Geschmacksminderung, Husten
und Gesichtsschmerz/-druck bei Patienten mit CRSwNP im Vergleich
zu Patienten mit CRSsNP nach [235].
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigen sich ebenfalls in
weiteren Studien [233]
[235]
[236]
[237]. Präoperativ geben
Frauen höhere Werte in den rhinologischen und den extranasal
rhinologischen Untereinheiten an. Nur in der frühen
postoperativen Phase (3 Monate) zeigen Frauen weiterhin höhere
Punktwerte als Männer. Wird der SNOT-22 bei gesunden Probanden
angewendet, zeigen sich geringere Punktwerte als bei Patienten mit CRS
und höhere Punktwerte bei Frauen als bei Männern [229]
[238].
Nach Nasennebenhöhlenchirurgie zeigt sich eine signifikante
Verbesserung des Gesamtpunktwertes bei Patienten mit CRSsNP und CRSwNP
[49]
[53]
[230]
[232]
[233]. Trotz signifikanter
Verbesserungen liegen die postoperativen Werte der Patienten mit CRS
über den Werten gesunder Probanden [35]. Hinsichtlich der Untergruppen mit und ohne Polyposis
nasi zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. Einige Studien finden
keinen signifikanten Unterschied zwischen der Verbesserung der
Lebensqualität von Patienten mit CRSwNP versus CRSsNP [53]
[239]. Andere zeigen eine
größere Zunahme der Lebensqualität bei Patienten
mit CRSwNP, auch wenn die absoluten Punktwerte i.d.R. immer noch unter
denen von Patienten ohne Polyposis liegen [24]
[35]
[123]
[232]
[240]
[241]. In einer neueren Metaanalyse
zeigt sich kein signifikanter Einfluss von Alter, Geschlecht,
Endoskopiebefund, CT-Befund, Polyposis, Rauchen, Depression und
allergischer Rhinitis auf die postoperative Veränderung des
SNOT-22. Asthma, vorangegangene Operationen und ein höherer
präoperativer Punktwert sind mit einer größeren
postoperativen Veränderung, längeres Follow-up mit
geringeren Veränderungen assoziiert, wobei nur Asthma,
präoperativer SNOT-Wert und Länge des Follow-up nach
weiterer Analyse signifikante Einflussfaktoren auf das postoperative
Ergebnis darstellen [21]. In einer
Studie zeigt sich ein negativer Einfluss von steroidabhängigen
Erkrankungen (z.B. Autoimmunerkrankungen) [198].
Es zeigen sich stabile Ergebnisse der Gesamtpunktzahl sowie der Punktzahl
der Teilbereiche zwischen 6 Monaten und bis zu 5 Jahren postoperativ
[24]
[53]
[123]
[242].
Es kommt v.a. zu einer Verbesserung der
Nasennebenhöhlen-spezifischen Teilbereiche, während die
Verbesserung in den psychologischen und schlafbezogenen Bereichen
geringer ist bzw. Einschränkungen persistieren [51]
[53]
[232]
[243]
[244]
[245]
[246]. Zusätzlich zu der in
Lebensqualitätsfragebögen nachgewiesenen
Beeinträchtigung des Schlafs, zeigt sich die
Schlafqualität bei Patienten mit CRS, gemessen anhand des PSQI
(Pittsburgh Sleep Quality Index), reduziert [244]
[247]
[248]
[249]. Der PSQI verbessert sich zwar
nach Nasennebenhöhlenchirurgie, bleibt jedoch z. T. deutlich
über dem Wert gesunder Probanden [244]
[248]
[249]. Allerdings hat sich gezeigt,
dass gerade höhere präoperative Punktwerte in den
psychologischen und schlafbezogenen Bereichen die Therapieentscheidung
hin zur Nasennebenhöhlenchirurgie beeinflussen [50]
[51]. Es scheint wichtig, Patienten
hier entsprechend hinsichtlich der zu erwartenden Verbesserungen zu
beraten.
Für die Beratung von Patienten hinsichtlich möglicher
Therapieoptionen wäre es wünschenswert, die
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten postoperativen Ergebnisses
einschätzen zu können. Die prädiktiven
Eigenschaften des SNOT-22 wurden in mehreren Studien untersucht. Hier
hat sich gezeigt, dass Patienten mit einem höheren
präoperativen Gesamtpunktwert von>30 eine
größere postoperative Verbesserung und mit
größerer Wahrscheinlichkeit eine MCID erreichen
können [35]
[49]
[53]
[232]
[250]. Patienten mit Werten>30
haben eine ca. 70–80%ige Chance eine MCID zu erreichen.
Außerdem ist eine Verbesserung des postoperativen SNOT-Wertes um
ca. 40–50% zu erwarten. Die größte
Wahrscheinlichkeit, eine MCID zu erreichen, zeigt sich bei Patienten mit
Werten zwischen 60 und 80. Hohe Punktwerte in den Fragen
„Schneuzen der Nase notwendig“ und „Verstopfte
Nase/Nasenatmungsbehinderung“ erwiesen sich als die
prädiktivsten Elemente [53]
[232]
[250].
Der SNOT-22 wurde ebenfalls herangezogen, um die Wahrscheinlichkeit einer
Revisionsoperation einzuschätzen. Hier zeigt sich bei Patienten,
die präoperativ eine höhere Gesamtpunktzahl angeben, die
nach 3 Monaten keine MCID erreichen und deren SNOT-22-Ergebnisse sich
zwischen 3 und 12 Monaten postoperativ um mehr als eine MCID
verschlechtern, ein höheres Risiko einer Revisionsoperation
[35]
[251]. Inwieweit eine intensivierte
medikamentöse Therapie oder engmaschigere Kontrollen diese
Entwicklung beeinflussen können, ist noch unklar.
Um ein Messinstrument der Lebensqualität als Kennzahl der
Ergebnisqualität in ein Qualitätsverbesserungsvorhaben
einzubringen, wäre es notwendig, Referenzwerte für die
zu erwartende Verbesserung und individuelle Patientenfaktoren, die
diesen Referenzwert verändern können, zu definieren.
Ärzte könnten so z.B. ihre postoperativen
SNOT-22-Ergebnisse, angepasst an ihr Patientengut, gegenüber
einer Referenzpopulation vergleichen. Entsprechende Werte wurden bisher
nur durch eine Metaanalyse definiert und nur die Einrichtung eines
Patientenregisters würde zuverlässige Daten in
entsprechendem Umfang liefern [21].
3.3.1.3 Produktivität
Die CRS führt nicht nur zu direkten Kosten für das
Gesundheitssystem, sondern auch zu indirekten Kosten durch eine
Reduktion der Produktivität der Arbeitnehmer, z.B. durch
Krankheitstage. Produktivitätskosten werden errechnet durch
Zusammenfassung der Kosten für Absentismus (Krankheitstage),
Präsentismus (Reduktion der Arbeitsproduktivität durch
Leistungseinschränkung von Beschäftigten, die auf
gesundheitliche Einschränkungen wie z. B. chronische
Erkrankungen zurückzuführen sind) und verlorener Zeit zu
Hause. Sie scheinen mit der krankheitsspezifischen
Lebensqualität und der subjektiven Symptomkontrolle assoziiert
zu sein; je schlechter die Lebensqualität, insbesondere in den
Teilbereichen Schlaf- und psychologische Beeinträchtigung, desto
höher die Kosten bzw. die Anzahl an Krankheitstagen [1]
[252]
[253]. Patienten, die nach
Nasennebenhöhlenchirurgie eine starke Verbesserung der
krankheitsspezifischen Lebensqualität angeben, zeigen auch eine
größere Steigerung der Produktivität [21]; bei den meisten Patienten zeigt
sich jedoch eine postoperative Verbesserung der Produktivität
unabhängig vom Grad der Verbesserung der Lebensqualität.
Eine signifikante Korrelation zu einzelnen Teilbereichen des SNOT-22
besteht nicht.
In einer europäischen Studie geben Patienten mit CRS
präoperativ durchschnittlich 8–14 Krankheitstage an.
Nach Nasennebenhöhlenchirurgie zeigt sich eine z. T.
signifikante Reduktion der Krankheitstage auf 1–7 Tage pro Jahr
[53]
[235]. Präoperativ geben
57% der Patienten Krankheitstage aufgrund von Beschwerden einer
chronischen Sinusitis an, postoperativ sinkt diese Zahl auf
44%.
In einer US-amerikanischen Studie zeigt sich eine Reduktion von
Absentismus und Präsentismus durch die CRS von 63 auf 22 Tage.
Die Produktivitätskosten bzw. der Produktivitätsverlust
nehmen nach Nasennebenhöhlenchirurgie ebenfalls signifikant ab
[21]
[254]. Im Gegensatz dazu bleibt der
Produktivitätsverlust nach fortgesetzter adäquater
medikamentöser Therapie weitestgehend unverändert [21]
[255].
3.3.2 Objektive Beurteilung
Auf die objektive Beurteilung des Ergebnisses der
Nasennebenhöhlenchirurgie soll hier nur kurz ergänzend
eingegangen werden, da im Rahmen der Beurteilung der
Ergebnisqualität den subjektiven Beurteilungskriterien ein
höherer Stellenwert zukommt.
3.3.2.1 Endoskopische Bewertung
Es existieren verschiedene endoskopische Bewertungssysteme zur
Beurteilung der klinischen Befunde bei CRS. Das am häufigsten in
rhinologischen Studien eingesetzte System ist das System nach Lund und
Kennedy [256]. Beurteilt werden
Polypen, Ödem, Krusten, Sekretion und Narbenbildung. Es werden
jeweils Punkte von 0–2 vergeben. Es wurde entwickelt, um den
endoskopischen Befund bei Patienten nach
Nasennebenhöhlenchirurgie zu beschreiben. Da es nicht validiert
wurde und eine geringe Korrelation mit PROMs zeigt, wurden modifizierte
Versionen dieses Systems entwickelt, die eine bessere Interrater- und
Retest-Reliabilität und Korrelation mit PROMs zeigen [201]
[257]. Die Befunde Krusten und Narben
wurden gestrichen und das modifizierte System ist auch zur Beurteilung
von präoperativen Befunden anwendbar. Zahlreiche Studien zeigen
eine signifikante Verbesserung des endoskopischen Befundes durch die
primäre Nasennebenhöhlenchirurgie und Revisionschirurgie
[121]
[258]
[259]
[260]
[261]
Seltener genutzte Systeme sind das Perioperative Sinus Endoscopic scoring
system (POSE) und das Discharge, Inflammation, Polyp scoring system
(DIP) [262]
[263]. Das DIP-System zeigt ebenfalls
eine gute Reliabilität. Das POSE-System wurde zur Beurteilung
von Patienten nach Nasennebenhöhleneingriffen entwickelt und
zeigt eine schlechtere Reliabilität [257].
3.3.2.2 Revisionsrate
Die Angaben zu Revisionsraten nach Nasennebenhöhlenchirurgie
variieren in der Literatur. Ursachen hierfür können in
den z.T. geringen eingeschlossenen Patientenzahlen und dem kurzen
Follow-up gesehen werden. In 2 groß angelegten englischen
Studien wird eine Revisionsrate von 4% innerhalb eines Jahres
und 11% nach 3 Jahren angegeben [24]
[264]. 19,1% der Patienten,
die 5 Jahren nach der ursprünglichen Operation noch auf den
Fragebogen antworteten (52,2%), wurden in diesen Jahren erneut
operiert [123]. Es zeigt sich eine
höhere Revisionsrate bei Patienten mit CRSwNP. In einer
großen populationsbasierten amerikanischen Studie zeigt sich
eine Langzeit-Revisionsrate von 15,9% [265]. Bei den meisten dieser Patienten
erfolgt im Verlauf lediglich eine weitere Operation. Das Risiko einer
Revisionsoperation ist bei männlichen und jüngeren
Patienten geringer. In einer weiteren, ähnlich konzipierten
amerikanischen Studie, zeigt sich eine Revisionsrate von 6,65%,
wobei das Revisionsrisiko bei Frauen auch in dieser Studie höher
ist [266]. Ältere
Langzeitstudien einzelner Operateure zeigen Revisionsraten von 18 und
21% [267]
[268].
Die Revisionsrate bei Patienten mit CRSwNP ist höher als bei
Patienten mit CRSsNP [123]
[199]
[264]
[265]
[266]
[269]. Weitere Risikofaktoren sind
Asthma und eine Analgetikaintoleranz. In der vorhandenen Literatur
variiert die Zeit bis zur Revisionsoperation von 1–10 Jahren
[265]
[269]
[270]. In der zuvor erwähnten
amerikanischen Studie lagen zwischen der primären Operation und
der Revisionsoperation durchschnittlich 4,39 Jahre, wobei sich kein
Unterschied zwischen Patienten mit CRSwNP und CRSsNP zeigte.
3.3.2.3 Komplikationsrate
Komplikationen nach Nasennebenhöhlenchirurgie werden in leichte
und schwerwiegende Komplikationen eingeteilt [11]. Zu den schwerwiegenden
Komplikationen zählen Schädelbasisverletzungen mit
Liquorrhoe, intrakranielle Komplikationen, orbitale Komplikationen (z.B.
Doppelbilder, Visusminderung) und ausgeprägte Blutungen.
Adhäsionen, Hyposmie, Infektionen und leichtgradige Blutungen
werden zu den leichten Komplikationen gezählt. Die endonasale
endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie weist niedrige
Komplikationsraten auf. Die Rate leichter Komplikationen wird mit
5–7%, die der schwerwiegenden Komplikationen mit
0,4–1% angegeben [12]
[104]
[105]
[178]
[271]
[272]
[273]
[274]. Als Risikofaktoren für
eine höhere Komplikationsrate gelten:
Ausmaß der Erkrankung, Ausmaß der Polyposis,
Ausmaß der Operation (nicht in [271]), anatomische Veränderungen,
Voroperationen/fehlende Landmarken, rechtsseitige Operation bei
rechtshändigen Operateuren, vermehrte Blutung und
Komorbiditäten [12]
[178]
[271]
[275]. Einige dieser Faktoren werden
in der Literatur mitunter kontrovers diskutiert.
3.3.2.4 Riechtestung
Der gebräuchlichste Test des Riechvermögens ist der Test
mittels Sniffin’ Sticks. Es können die Riechschwelle,
Diskrimination und Identifikation bestimmt und in einem Gesamtwert
zusammengefasst werden. Es existieren altersabhängige Normwerte
[276]. Weitere in Studien
häufig verwendete Tests sind der SIT-40 (40 item Smell
Identification Test, früher University of Pennsylvania Smell
Identification Test (UPSIT)) mit 40 Riechstoffen und die
verkürzte Version, der Brief Smell Identification Test (B-SIT)
mit 12 Riechstoffen. Beides sind überschwellige
Identifikationstests, für die alterabhängige Normwerte
vorliegen [277]
[278]. Die minimale klinisch relevante
Differenz wurde für den SIT-40 mit ≥ 4 und für
den Gesamtwert des Sniffin’ Sticks-Tests mit ≥ 5,5
angegeben [279].
Die Angaben zur Verbesserung des Riechvermögens nach
Nasennebenhöhlenchirurgie schwanken in der Literatur und sind
nicht sicher vorhersehbar. Die Pathophysiologie der Riechminderung bei
CRS ist nicht vollständig geklärt. Es werden neben
mechanischen Ursachen auch Entzündungsvorgänge mit
neuroepithelialer Schädigung vermutet, wodurch die schwankenden
Verbesserungen nach Nasennebenhöhlenchirurgie erklärt
werden. Patienten zeigen eine signifikante Verbesserung nach
Nasennebenhöhlenoperationen in 23–68% [261]
[280]
[281]
[282]
[283]. Die Entfernung von Polypen aus
der Riechspalte scheint nicht zu einer Riechminderung, sondern zu
besseren postoperativen Ergebnissen zu führen [284]
[285]. Patienten mit
präoperativer Anosmie und mit CRSwNP erreichen mit
größerer Wahrscheinlichkeit eine postoperative
Verbesserung [280]
[281]
[286]
[287]
[288]
[289]
[290].
3.3.3 Core Outcome Sets (COS)
Ein interessanter Ansatz, Studienergebnisse zur Effektivität
verschiedener Therapien besser vergleichbar zu machen, ist die Entwicklung
von sog. Core Outcome Sets (COS). Hier sollen die in einer Studie mindestens
zu bestimmenden und später zu veröffentlichenden Messwerte
für Ergebnisse festgelegt werden. Die WHO und die Cochrane Group
befürworten den Einsatz entsprechender Sets. Die COMET-Initiative
(Core Outcome Measures in Effectiveness Trials) hat Leitlinien zur
Erstellung dieser Sets mit einer Konsensfindung nach der Delphi-Methode
entwickelt [291]
[292]. COS sollen die
Heterogenität von Ergebnissen reduzieren und somit die
Vergleichbarkeit von Studien verbessern und zudem einen Reporting bias
(selektives Berichten von Endpunkten) für insbesondere negative
Ergebnisse verhindern.
Für die CRS wurde ein Set mit 15 Punkten entwickelt [293]:
-
Schwere, Dauer, Häufigkeit der Symptome
-
Dauer des Therapieeffektes
-
Rhinorrhoe
-
Nasenatmungsbehinderung
-
Riechvermögen
-
Krankheitsspezifische Lebensqualität
-
Endoskopischer Befund
-
Kontrolle der Erkrankung
-
Notwendigkeit chirurgischer Eingriffe
-
Fähigkeit normale Aktivitäten auszuführen
-
Compliance hinsichtlich der Therapie
-
Akzeptanz der Therapie
-
Nebenwirkungen/Komplikationen der Behandlung
Eine Modifikation des SNOT-22, der über die Zeit wiederholt
angewendet würde, könnte die Bewertung der o.g. Punkte mit
einem einzigen PROM zusätzlich zur Bewertung des endoskopischen
Befundes mittels des Lund-Kennedy-Scores ermöglichen [293].
3.3.4 Effizienz
Für die Betrachtung der Effizienz der
Nasennebenhöhlenchirurgie soll zum einen die Effektivität
hinsichtlich der krankheitsspezifischen Lebensqualität und zum
anderen die Kosteneffizienz im Vergleich zur fortgeführten
medikamentösen Therapie betrachtet werden.
Sowohl die Nasennebenhöhlenchirurgie als auch die
fortgeführte medikamentöse Therapie haben sich bei Patienten
mit persistierenden Beschwerden nach adäquater
medikamentöser Therapie als wirksam erwiesen. Um limitierte
Ressourcen des Gesundheitssystems effizient zu nutzen, ist es wichtig zu
definieren, welche Patientengruppen am ehesten von der jeweiligen Therapie
profitieren könnten.
Frühere systematische Reviews scheiterten an der Qualität der
vorhandenen Studien. Zusätzlich war aufgrund der fehlenden
Definition einer adäquaten medikamentösen Therapie zur
Definition therapierefraktärer Fälle die Studienlage sehr
inhomogen und z. T. wurden auch Patienten ohne vorherige
medikamentöse Therapie eingeschlossen. Es zeigten sich keine
Unterschiede zwischen medikamentöser Therapie und
Nasennebenhöhlenchirurgie. Aufgrund der schlechten Datenlage konnten
jedoch nur schwache Empfehlungen ausgesprochen werden. [294]
[295]
[296]
[297].
Die Schwierigkeit besteht im Design einer Studie mit entsprechend hoher
Qualität, da sich aus ethischen Gründen das
Vortäuschen einer Operation zur Verblindung verbietet und eine
Randomisierung von Patienten in eine der beiden Therapiegruppen und so ein
evtl. Vorenthalten bzw. Hinauszögern einer wahrscheinlich
erfolgreichen Therapieform ebenfalls ethisch fragwürdig ist, zumal
sich, wie im Abschnitt Zeitpunkt der Operation dargestellt, zeigt, dass eine
frühzeitige Operation das postoperative Ergebnis verbessern kann.
Bei nichtrandomisierten Studien ergibt sich jedoch die Gefahr eines
Selektionsbias. Ein weiteres Problem chirurgischer Studien besteht darin,
dass eine vollständige Standardisierung eines chirurgischen
Eingriffs nicht möglich ist. Die chirurgischen Fähigkeiten
und die Erfahrung der Chirurgen können das Ergebnis beeinflussen
[298].
In neueren prospektiven Studien zeigt sich bei Patienten mit starker
Einschränkung der Lebensqualität eine signifikante
Verbesserung nach chirurgischer Therapie im Vergleich zu
fortgeführter medikamentöser Therapie. Diese Verbesserungen
betreffen den Gesamtpunktwert des SNOT-22, sowie die Untergruppen
rhinologische und psychologische Beeinträchtigung und schlafbezogene
Beschwerden und den Rhinosinusitis Disability Index (RSDI), Chronic
Sinusitis Survey (CSS) und Short Form-6D (SF-6D). Es zeigen sich zudem
Verbesserungen im endoskopischen Befund und eine Reduktion der
Krankheitstage. Bei fortgeführter medikamentöser Therapie
kommt es zum Teil zu einer Verschlechterung der Lebensqualität, des
endoskopischen Befundes und zu einer Zunahme der Krankheitstage [50]
[51]
[220]
[299]
[300]
[301]
[302]. Konservativ behandelte Patienten
erreichen zwar im Durchschnitt eine signifikante Verbesserung des
Gesamtpunktwertes des SNOT-22, jedoch liegt die Verbesserung unter der
minimalen klinisch relevanten Differenz [21]. Bei Patienten mit geringer Einschränkung der
Lebensqualität zeigen sich stabile Werte und z.T. eine signifikante
Verbesserung unter medikamentöser Therapie [221]
[299]
[301]. Eine Metaanalyse bestätigt
diese Ergebnisse mit Ausnahme der Reduktion der Krankheitstage [22].
Die Nasennebenhöhlenchirurgie ist zudem effektiver in der Kontrolle
der Kardinalsymptome der CRS (zähe Rhinorrhoe,
Nasenatmungsbehinderung, Gesichtsschmerz/druck) als die
fortgeführte medikamentöse Therapie [49].
Zusätzlich zu objektiven Befunden und dem Ausmaß der
Einschränkung der Lebensqualität könnte in Zukunft
auch die Bestimmung spezifischer Biomarker und somit die Endotypisierung,
aufgrund des unterschiedlichen Ansprechens auf die jeweiligen Therapiearten,
in der Therapieentscheidung zwischen fortgesetzter medikamentöser
Therapie und Nasennebenhöhlenchirurgie eine Rolle spielen [111]
[303].
In verschiedenen Kosten-Nutzwert-Analysen hat sich die chirurgische
gegenüber der medikamentösen Therapie als kosteneffizienter
erwiesen, sowohl bei Betrachtung der CRS insgesamt, als auch bei Betrachtung
von Subgruppen einer CRSsNP und CRSwNP, als auch von Patienten mit Asthma
bronchiale. In verschiedenen amerikanischen Studien der Versorgungsforschung
wurden Patientenkollektive mit CRS, CRSsNP, CRSwNP und gleichzeitig
bestehendem Asthma bronchiale, die nach Versagen der medikamentösen
Therapie entweder weiter medikamentös behandelt wurden oder sich
einer Operation der Nasennebenhöhlen unterzogen, analysiert [25]
[304]
[305]. Berechnet wurden zum einen die sog.
QALYs (quality adjusted life year=qualitätskorrigiertes
Lebensjahr) und zum anderen das inkrementelle
Kosten-Effektivitäts-Verhältnis (incremental cost
effectiveness ratio=ICER). Das inkrementelle
Kosten-Effektivitäts-Verhältnis berechnet das
Verhältnis zwischen der Kostendifferenz zweier Behandlungsstrategien
und der unterschiedlichen Wirksamkeit dieser Strategien, d.h. die
zusätzlichen Kosten, die mit dem zusätzlichen Nutzen einer
Behandlung assoziiert sind. Die genaue Beschreibung des Vorgehens ist den
entsprechenden Artikeln zu entnehmen [25]
[304]. Ein QALY ist eine Kennzahl
für die Bewertung eines Lebensjahres in Relation zur Gesundheit. Ein
QALY von 1 bedeutet ein Jahr in voller Gesundheit, während ein QALY
von 0 einem Versterben entspricht. Das Konzept des QALYs ist aufgrund
methodischer und ethischer Kritikpunkte nicht unumstritten. Kritisiert wird
u.a., dass nicht berücksichtigt wird, dass eine geringe Verbesserung
des Gesundheitszustandes umso besser bewertet wird, je schlechter der
Allgemeinzustand vorher war. Zudem besteht der Vorwurf einer Diskriminierung
von Kranken, Behinderten und älteren Menschen. Da in die Berechnung
des QALY die Lebenserwartung miteinbezogen wird, können
ältere im Vergleich zu jungen Menschen nur wenige QALYs
hinzugewinnen.
Bei Betrachtung eines CRS-Kollektivs ohne Subgruppen ergeben sich
über eine Behandlungsdauer von 30 Jahren Gesamtkosten für
die Nasennebenhöhlenchirurgie-Strategie von 48838,38 USD mit
insgesamt 20,50 QALYs und bei medikamentöser Therapie 28948,98 USD
mit insgesamt 17,13 QALYs. Das inkrementelle
Kosten-Effektivitäts-Verhältnis liegt bei 5901,90 USD pro
QALY für die Nasennebenhöhlenchirurgie im Verhältnis
zur medikamentösen Therapie [25].
In einer weiteren Studie mit Unterscheidung zwischen CRSsNP und CRSwNP ergibt
sich ein ähnliches Bild für beide Subgruppen (ICER: CRSwNP
5687,41 USD/QUALY, CRSsNP 5405,44 USD/QALY) [304]. Die höheren Kosten der
chirurgischen Therapie einer CRSwNP im Vergleich zur CRSsNP werden durch den
höheren Gewinn an Lebensqualität, der auch in anderen
Studien beschrieben wurde, aufgefangen [123].
Asthma bronchiale ist eine häufige Komorbidität der CRSwNP
[306]. In einer Analyse von
CRSwNP-Patienten mit und ohne Asthma zeigt sich ebenfalls in beiden Gruppen
eine höhere Kosteneffizienz des chirurgischen Vorgehens im Vergleich
zur fortgeführten medikamentösen Therapie bei
therapierefraktärer CRS [305].
Diese Art der Kosten-Nutzwert-Analyse hat die Einschränkung, dass es
sich um theoretische Modelle handelt, die zwar z. T. mit
Patientendaten, aber z. T. auch nur aufgrund von Daten
eingeschränkter Qualität aus Studien berechnet werden.
Außerdem fehlen entsprechende Studien aus dem deutschsprachigen
Raum, die das deutsche Gesundheitssystem und dessen Kosten
berücksichtigen.
Eine medizinische Entscheidung aufgrund monetärer Aspekte ruft
berechtigterweise großes Unbehagen hervor. Jenseits der
Kosten-Nutzwert-Analysen muss berücksichtigt werden, dass die
Entscheidung zur Operation nicht unter monetären Gesichtspunkten
getroffen werden darf, sondern individualisiert auf den jeweiligen Patienten
abgestimmt werden muss und als patientenzentrierte Entscheidung, die Ziele
und Präferenzen des Patienten berücksichtigen soll. Bei der
Betrachtung der Effizienz im Qualitätsmanagement geht es um die
Vermeidung von Verschwendung. Knappe Mittel sollen aus ökonomischer
Sicht so eingesetzt werden, dass der größtmögliche
Nutzen „produziert“ wird. Es sollen rationale Entscheidungen
über eine optimale Ressourcennutzung ermöglicht werden. Es
bleibt somit nicht aus, dass man sich auch als Arzt mit der Kosteneffizienz
auseinandersetzt.