⅘ aller stationär behandelten COPD-Exazerbation wurden durch einen respiratorischen Infekt ausgelöst und nur ⅕ ist nichtinfektiöser Natur. Der Einsatz von Antibiotika ist daher nur empfohlen, wenn die Exazerbation höchstwahrscheinlich auf einem bakteriellen Infekt fußt (www.goldcopd.org). In der Praxis ist aber genau dieses Kriterium auf den individuellen Patienten schwierig anzuwenden, da unverändert nur die Anthonisen-Kriterien (Zunahme von Dyspnoe, Sputumvolumen und Sputumpurulenz) oder die Sputumfarbe (gelb, gelb-grünlich) mit ausreichender Sensitivität auf einen solchen bakteriellen Zusammenhang hinweisen [1, 2]. Neben diesen ausschließlich klinischen Parametern stehen keine verlässlichen Biomarker für die COPD-Exazerbation zur Verfügung, die sicher eine Bakterien-induzierte COPD-Exazerbation anzeigen und darüber hinaus die Effektivität einer Antibiotikatherapie mit einer ausreichenden Sensitivität und Spezifität anzeigen können. So sind bei der ambulant erworbenen Pneumonie neben der Klinik (Fieber) und der Infiltration im Röntgen-Thorax-Bild noch die Biomarker Procalcitonin (und CRP) für eine Antibiotikatherapiesteuerung empfohlen [3].
Das Besondere an der Studie von Butler et al. ist, dass sie – für die Praxis relevant – die Sinnhaftigkeit einer CRP-gesteuerten (Point-of-Care-CRP-Quantifizierung) Therapiesteuerung durch Hausärzte, die ohnehin von allen ambulant tätigen Ärzten die meisten ambulanten COPD-Patienten betreuen, untersuchte.
Unzählige Studien untersuchten eine ganze Fülle von laborchemischen und klinischen Biomarkern zur Antibiotikasteuerung von Infekt-exazerbierten COPD-Patienten, z. B. CRP, Fibrinogen, die Blut-Leukozytenzahl, Körpertemperatur, Exazerbationsrate und -schwere. Viele von diesen Markern waren positive Prädiktoren für die nächste COPD-Exazerbation bzw. für eine erhöhten Exazerbationsrate. Butler et al. belegten, dass CRP eine gute Steuerungshilfe einer Antibiotikatherapie ist. CRP ergänzte in diesem Zusammenhang die klinischen Anthonisen-Kriterien. Mehr oder weniger parallel wurde 2019 im Eur Respir J eine sehr ähnliche Studie, allerdings mit im Krankenhaus behandelten COPD-Patienten, publiziert. Diese untermauerte ebenso den Wert einer CRP-Steuerung im Antibiotikamanagement [4].
Problematisch ist leider in Bezug auf die praktische Umsetzbarkeit der Studienergebnisse, dass die Studien nicht zum Ziel hatten, klare CRP-Grenzwerte zu erarbeiten, ab welchen CRP-Werten bei exazerbierten Patienten ein Antibiotikum sinnvoll ist und ab welchen auf einen solchen Therapieansatz verzichtet werden sollte. Der Blick in die Methodik offenbart, dass den Studienärzten folgende Studienempfehlung für den Antibiotikaeinsatz gegeben wurde:
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CRP < 20 mg/l: kein Antibiotikum empfohlen
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CRP 20 – 40 mg/l: Antibiotikaverschreibung könnte sinnvoll sein, sofern Patienten über putrides Sputum klagen
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CRP > 40 mg/l: Antibiotikaverschreibung sehr wahrscheinlich sinnvoll
Es fehlte aber die Analyse, inwieweit sich diese Grenzwerte im Studienergebnis widerspiegelten. Somit wissen wir zwar von dieser Studie, dass eine CRP-Steuerung zur Antibiotikasteuerung klinisch bedeutungsvoll beiträgt, aber Cut-off-Werte und damit eine Handlungsanweisung für die Praxis sucht man bei Butler et al. vergeblich.
Autorinnen/Autoren
Prof. Dr. med. Adrian Gillissen Med. Klinik III (Innere Medizin & Pneumologie), Klinikum am Steinenberg/Ermstalklinik
gillissen_a@klin-rt.de
Literatur
[1] Anthonisen NR, Manfreda J, Warren CPW. Antibiotic therapy in exacerbations of chronic obstructive pulmonary disease. Ann Intern Med 1987; 106: 196 – 204
[2] Stockley RA, OʼBrien C, Pye A et al. Relationship of sputum color to nature and outpatient management of acute exacerbations of COPD. Chest 2000; 177: 1638 – 1645
[3] Ewig S, Hoffken G, Kern WV et al. Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention – Update 2016. Pneumologie 2016; 70: 151 – 200
[4] Prins HJ, Duijkers R, van der Valk P et al. CRP-guided antibiotic treatment in acute exacerbations of COPD in hospital admissions. Eur Respir J 2019; 53