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DOI: 10.1055/a-1023-6236
Das akute Abdomen
Mit akuten Bauchschmerzen stellen sich viele Patienten in Praxen und Kliniken vor. Den Beschwerden können eine Vielzahl verschiedenster Erkrankungen zugrunde liegen, sowohl harmlose als auch akut lebensbedrohliche. Der folgende Artikel gibt eine Übersicht der wichtigsten Aspekte von Ursachen, Diagnostik und therapeutischem Vorgehen und stellt einen rationalen diagnostischen Algorithmus dar.
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Ein junger, adipöser, ansonsten gesunder Mann stellt sich spätabends in einer Notambulanz vor, nachdem zwei Stunden nach Einnahme einer kalorienreichen Mahlzeit Oberbauchschmerzen aufgetreten waren. Die körperliche Untersuchung ergibt außer einem leichten epigastrischen Druckschmerz keinen richtungsweisenden Befund, das Labor ist unauffällig. Nachdem auf Schmerzmittelgabe Besserung eintritt, wird er mit Schmerzmitteln und Protonenpumpenhemmern entlassen. Am frühen Morgen des folgenden Tages stellt er sich erneut in einer Notambulanz eines anderen Krankenhauses vor, mit nun wiederum zunehmenden Schmerzen. Neben einem lokalen Peritonismus epigastrisch fällt eine geringe Leukozytose im Labor sowie sonografisch eine echoreiche Gallenblasenwand bei einem kleinen Konkrement auf, der Schmerz lässt sich durch sonografische Palpation eindeutig der Gallenblase zuordnen. Im weiteren Verlauf erfolgt die operative Entfernung einer akut ödematös entzündeten Gallenblase.
Definition Der Begriff akutes Abdomen fungiert im Klinikalltag gleich einem Codewort, das allen Beteiligten signalisiert, dass es sich um einen unklaren bedrohlichen Zustand eines Patienten handelt, der dringlich und rasch abgeklärt und behandelt werden muss.
Definition des akuten Abdomens: Kurzfristig (innerhalb der letzten 48 h) aufgetretene, starke, auf das Abdomen bezogene Schmerzen, die mit einer peritonealen Reizung sowie einer akuten bedrohlichen Zustandsverschlechterung bis zum Kreislaufschock des Patienten einhergehen.
Das Krankheitsbild des akuten Abdomens ist ein klassisches viszeralmedizinisches Krankheitsbild und setzt ein gutes interdisziplinäres Denken und Zusammenarbeiten zwischen Viszeralchirurgen und Gastroenterologen voraus.
Ursachen Prinzipiell können systemische Erkrankungen, abdominelle und extraabdominelle Erkrankungen für das klinische Bild eines akuten Abdomens verantwortlich sein ([Tab. 1]).
Ursache |
Beispiele |
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abdominelle Erkrankung |
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extraabdominelle Erkrankung |
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systemische Erkrankung |
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Die Lokalisation der Schmerzen gibt häufig erste Hinweise auf mögliche Ursachen ([Tab. 2]).
Lokalisation |
Differenzialdiagnosen |
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* auch kontralateral |
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rechter Oberbauch |
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rechter Unterbauch |
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Mittellinie des Abdomens oder diffus |
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linker Oberbauch |
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linker Unterbauch |
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Prinzipien beim Vorgehen Ziel ist es, mit wenigen und einfachen Mitteln (Anamnese, körperliche Untersuchung, Labor, Sonografie, ggf. CT-Abdomen) rasch eine Arbeitsdiagnose zu erstellen ([Abb. 1]).
Parallel zur diagnostischen Abklärung wird stets eine Schmerz- und Kreislauftherapie eingeleitet, bei Sepsis eine rasche empirische Antibiotikatherapie.
Unter engmaschiger klinischer Kontrolle erfolgt die Therapie und ggf. weitere Diagnostik, wobei die Arbeitsdiagnose immer kritisch zu reevaluieren ist. Die Ausführlichkeit des Vorgehens orientiert sich am klinischen Bild. Es ist explizit nicht notwendig, vor Beginn der Therapie eine definitive Diagnose zu stellen.
Strukturierte Anamnese Gerade hierbei gilt es, keine unnötige Zeit zu verlieren, gleichzeitig kann mit wenigen Fragen eine erste Arbeitshypothese erarbeitet werden. Folgende Fragen sollten dabei stets gestellt werden [1], [2], [3]:
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Wann begann der Schmerz?
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Wie ist der zeitliche Verlauf?
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Wo ist der Schmerz, hat sich die Lokalisation im Verlauf verändert?
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Wie ist der Schmerzcharakter? (drückend/stechend, Ausstrahlung, kolikartig/dauerhaft?)
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Gibt es ein den Schmerzen unmittelbar vorangehendes Ereignis (Unfall/Sturz)? Erfolgte kürzlich eine Operation/ärztliche Behandlung?
Hilfreich ist zur weiteren Einordnung auch die Unterscheidung zwischen viszeralen (dumpf, drückend, schlecht lokalisierbar) und somatischen (scharf, stechend, gut lokalisierbar) Schmerzen.
Klassische Anamnesen Besonders typische Anamnesen sind die klassischen Verläufe der akuten Appendizitis, des Mesenterialinfarktes und der Hohlorganperforation. Diese sollten allen Beteiligten geläufig sein.
Bei der akuten Appendizitis bestehen häufig zunächst dumpfe Schmerzen periumbilikal, die sich dann nach einem schmerzfreien Intervall als stechende Schmerzen in den rechten Unterbauch verlagern.
Bei der akuten Mesenterialischämie tritt häufig plötzlich ein heftiger Schmerz auf, der spontan abklingt. Der Testbefund ist meist eher unauffällig und passt scheinbar nicht zur Anamnese. Im Verlauf kommt es zu einer zunehmenden peritonealen Reizung und Zustandsverschlechterung, die in einem lebensbedrohlichen Schock mündet.
Auch bei der Perforation entzündeter Hohlorgane (Cholezystitis, Ulcus duodeni) kann es nach anfänglich heftigen Schmerzen zu einer spontanen Besserung kommen.
Ein Nachlassen des Schmerzes ohne plausible Erklärung bzw. therapeutische Intervention sollte immer an die Möglichkeit eines „faulen Friedens“ denken lassen und einen weitgehend sicheren Ausschluss der dafür infrage kommenden Erkrankungen veranlassen.
Körperliche Untersuchung Zentraler Aspekt der körperlichen Untersuchung ist die Palpation des Abdomens, bei der der maximale Schmerzpunkt lokalisiert und der Schweregrad der peritonealen Reizung eingeschätzt werden soll. Darüber hinaus können zusätzliche Informationen aus Inspektion, Auskultation und Perkussion gewonnen werden. Zudem sollte eine kurzgehaltene Untersuchung des Thorax, der Extremitäten und der Mundhöhle erfolgen. Besondere Aspekte der körperlichen Untersuchung gibt [Tab. 3] wieder.
Untersuchung |
mögliche Hinweise |
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Gesamteindruck |
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Inspektion Abdomen |
Narben (Briden? Z. n. Appendektomie, Cholezystektomie?) |
Perkussion |
Meteorismus (Passagestörung?) |
Palpation |
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Bauchwand |
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Labor Mit den Laboruntersuchungen werden Ziele auf unterschiedlichen Ebenen verfolgt. Nur wenige Parameter dienen unmittelbar der Diagnosefindung bzw. dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen (z. B. Lipase, Troponin). Viele Parameter werden zur orientierenden Einschätzung der Krankheitsschwere (Entzündungswerte, Nierenwerte, Säure-Basen-Status, Gerinnung) und als Ausgangswerte für den weiteren Behandlungsverlauf erhoben. Andere Laborwerte werden zur Einleitung weiterer diagnostischer oder therapeutischer Schritte (TSH-Bestimmung und Nierenwerte vor Kontrastmittel-CT, Kreuzblut für eventuelle Transfusionen) benötigt.
Bestimmt werden sollten im Notfalllabor:
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Blutbild, möglichst als Differenzialblutbild
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C-reaktives Protein
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Lipase
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Leberwerte (GPT, GOT, AP, GGT, Bilirubin)
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LDH
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Gerinnung (INR, PTT)
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Blutgasanalyse einschließlich Laktat
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Kreatinin, Harnstoff
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Elektrolyte
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TSH
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Urinstatus
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Kreuzblut
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Troponin bei Oberbauchschmerzen
-
β-HCG bei prämenopausalen Frauen
-
Blutkulturen bei Sepsiskriterien
Weitere Untersuchungen Neben der Erhebung und regelmäßigen Kontrolle der Vitalparameter einschließlich Körpertemperatur und Sättigung sollte ein EKG durchgeführt werden.
Bei jungen Frauen mit Unterbauchschmerzen sollte immer auch eine gynäkologische Mitbeurteilung erfolgen.
Unsicherheit von Anamnese, Untersuchungs- und Laborbefunden Bei der Wertung der erhobenen Untersuchungs- und Laborbefunde sind viele Einschränkungen zu beachten. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgeführt.
Bei den Entzündungsparametern ist der zeitliche Bezug wichtig: Da Leukozyten (einige Stunden) und CRP (12 – 24 h) erst verzögert ansteigen, kann gerade bei nur kurz zurückliegendem Schmerzbeginn auch bei gänzlich unauffälligen Entzündungswerten ein lebensbedrohlicher Zustand vorliegen.
Bei älteren Patienten bleibt ein Leukozytenanstieg häufig ganz aus und auch andere klassische Symptome treten nur unregelmäßig auf. In einer Untersuchung hatten mehr als ein Drittel der über 80 Jahre alten Patienten mit akutem Abdomen weder eine Leukozytose noch Fieber [4]. In einer anderen Untersuchung an einer Gruppe von 168 geriatrischen Patienten mit akuter Cholezystitis lagen nur bei 65% rechtsseitige Oberbauchschmerzen vor [5].
Ebenfalls untypische Verläufe, aber auch ungewöhnliche Ursachen, sind bei Patienten mit Immunsuppression vorzufinden.
Bildgebende Verfahren
Sonografie An die körperliche Untersuchung schließt sich eine fokussierte Sonografie durch einen erfahrenen und qualifizierten Untersucher an. Hierbei werden fünf Ziele verfolgt [6]:
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Ausschluss bzw. Nachweis von freier Flüssigkeit
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Ausschluss bzw. Nachweis von freier Luft ([Abb. 2])
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Nachweis dilatierter Hohlorgane (Darm, Niere, Gallenblase) und Beurteilung der Darmperistaltik
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Exploration der Schmerzregion bzw. des Areals des Schmerzmaximums
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Erhebung eines (orientierenden) Organstatus
Die Sonografie geht nicht mit einer Strahlen- oder Kontrastmittelbelastung einher. Außerdem ist mithilfe der „Sonopalpation“ eine gezielte Exploration der Schmerzregion möglich, die im Verlauf beliebig oft wiederholbar ist. Gerade bei einer akuten Entzündung eines Hohlorgans (Gallenblase, Appendix) kann es hier innerhalb weniger Stunden zu einer deutlichen Befundänderung und zur Diagnosestellung kommen.
Nachteile sind die Störanfälligkeit durch Patientenbedingungen (Adipositas, fehlende Kooperationsfähigkeit) sowie die insbesondere bei abdominellen Erkrankungen häufig bestehende Gasüberlagerung. Die Aussagekraft der Sonografie ist extrem von dem Können und dem Engagement des Untersuchers abhängig [7]. Die einfache Verfügbarkeit und Durchführung erster Schritte führt häufig dazu, dass weniger versierte Untersucher die primäre Untersuchung durchführen. Dies führt zu unbefriedigenden Ergebnissen und fehlender Ausschöpfung der Methode.
Bei der sonografischen Darstellung freier Luft wird der Patient in halber Linksseitenlage untersucht [8]. Freie Luft sammelt sich so vor der Leber und führt zu typischen Wiederholungsechos (Reverberationsechos), die sich nicht atemabhängig verhalten ([Abb. 2]). Hiermit gelingt bereits der Nachweis von wenigen Millilitern Luft.
Sonografische Zeichen der Appendizitis [9]
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Form: kreisrund, nicht komprimierbar
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Durchmesser > 8 mm (6 – 8 mm = Graubereich)
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Wandschichtung: initial akzentuiert, später verwaschen
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Umgebung: Flüssigkeitssaum, echoreiche Netzkappe
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Druckschmerz bei gezielter Palpation
-
zusätzlich: vermehrte Vaskularisation, bizarre Raumforderung bei perityphlitischem Abszess, Koprolith (auslösend), LK, freie Luft, entzündliche Mitreaktion des Zökums
Röntgen-Abdomen Die Rolle des konventionellen Röntgen-Abdomens im Rahmen der Diagnostik des akuten Abdomens wird zunehmend kritischer beurteilt [2], [10], [11]. Die vermeintliche Stärke der „Abdomenübersichtsaufnahme“, nämlich die Darstellung von freier Luft und eines Ileus, gelingt mittels Sonografie und CT-Abdomen deutlich besser [10], [12]. In der Optima-Studie führte das Röntgen-Abdomen ergänzend zu Anamnese und klinischer Untersuchung zu keiner Änderung des Vorgehens [13]. Die Autoren sehen dennoch durchaus einen Stellenwert des konventionellen Röntgens, beispielsweise bei der orientierenden Beurteilung einer Koprostase bzw. eines Subileus bei älteren Patienten, um gerade bei mehrfachen Vorstellungen auf wiederholte CT-Diagnostik verzichten zu können ([Abb. 3]).
CT-Abdomen Die Vorteile der Kontrastmittel-CT (KMCT) liegen in der überlagerungsfreien Darstellung des gesamten Bauchraums einschließlich der Gefäße und des Retroperitoneums. Für die häufigsten (Appendizitis, Divertikulitis) sowie die gefürchtetsten (rupturiertes Aortenaneurysma, akute Mesenterialischämie) Diagnosen des akuten Abdomens weist das KM-CT die höchste Sensitivität und Spezifität auf [14]. Bei der Darstellung eines Ileus gelingt zudem regelhaft auch die Darstellung der Ursache der Obstruktion.
Demgegenüber stehen die Strahlenbelastung und die potenziellen Kontrastmittelnebenwirkungen (Nephrotoxizität, Schilddrüsenfunktionsstörung bis zur thyreotoxischen Krise, allergische Reaktion bis zum anaphylaktischen Schock), zudem ein stochastisches Krebsrisiko, das auf bis zu 1 : 900 geschätzt wird [15].
Auch wenn die Computertomografie die aussagekräftigste Untersuchungsmethode darstellt, sprechen die Risiken wie auch die Ergebnisse mehrerer Studien, die verschiedene diagnostische Strategien miteinander vergleichen, gegen den reflexhaften Einsatz der CT beim akuten Abdomen. Viele Diagnosen können durch Anamnese, klinische Untersuchung und Sonografie sicher und zuverlässig gestellt werden.
Mit einer Strategie, bei der eine CT-Diagnostik nur dann erfolgte, wenn nach der Sonografie keine Diagnose gestellt werden konnte, wurde in der Optima-Studie in über 90% der Fälle eine korrekte Diagnose gestellt. Hierbei musste nur in der Hälfte der Fälle ein CT tatsächlich eingesetzt werden [13]. Bei perakutem klinischen Befund kann aus Zeit- und Logistikgründen direkt eine CT-Untersuchung angestrebt werden. Bei einem charakteristischen sonografischen Befund kann die Indikation zur sofortigen Exploration ohne weitere Diagnostik gestellt werden.
Röntgen-Thorax Eine Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen beim stehenden Patienten sollte zumindest bei Oberbauchschmerzen immer zum Ausschluss einer basalen Pneumonie erfolgen. Hierbei kann gleichzeitig freie Luft subphrenisch detektiert werden.
MRT und Kontrastmittelsonografie Diese Untersuchungen weisen einige vielversprechende Vorteile und potenzielle Einsatzgebiete auf, werden bislang jedoch nicht flächendeckend routinemäßig beim akuten Abdomen eingesetzt.
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Diagnostische Laparoskopie
Indikation zur diagnostischen Laparoskopie Bei der Diagnostik des akuten Abdomens besitzt die Laparoskopie einen hohen Stellenwert ([Abb. 2]). Trotz ständiger Weiterentwicklungen im Bereich der bildgebenden Verfahren kann nicht in allen Fällen eine korrekte präoperative Diagnose gestellt werden, in manchen Untersuchungen beträgt dieser Anteil bis zu 25%. Hierzu trägt sicherlich bei, dass nicht in allen Kliniken Sonografie und CT-Expertise rund um die Uhr verfügbar sind. Dagegen ist durch eine diagnostische Laparoskopie eine Diagnosesicherung mit einer Sensitivität von 99% erreichbar [16]. In einer großen Untersuchung an 1320 Patienten mit akutem Abdomen führte die Laparoskopie bei 90% zu einer definitiven Diagnose, bei 30% änderte sich die präoperative klinische Diagnose. Eine laparoskopische Therapie war bei 83% möglich, die Konversionsrate lag nur bei 7% [17].
Möglichkeiten und Grenzen der Laparoskopie beim akuten Abdomen Durch die zunehmende Erfahrung und Weiterentwicklung der laparoskopischen Techniken ist in mehr als 75% der Fälle eine laparoskopische Therapie möglich. Eine Laparotomie mit ihren Früh- und Spätfolgen wird so vermieden [16], [17]. Beispielsweise erfolgt bei Appendizitis ([Abb. 4]), akuter Cholezystitis, (gedeckt) perforierter Sigmadivertikulitis, perforiertem Vorderwandulkus des Magens ([Abb. 5]), iatrogenen Kolonperforationen und bei gynäkologischen Indikationen die definitive Therapie regelhaft in gleicher Sitzung.
Eine absolute Kontraindikation zur diagnostischen Laparoskopie besteht in der Regel nicht. Selbst kardiopulmonal kompromittierte Patienten (ASA III und höher) können unter Abwägung des allgemeinen Narkoserisikos laparoskopiert werden. Mögliche Kontraindikationen bestehen bei Patienten mit manifesten Gerinnungsstörungen und bei Schwangeren im 3. Trimenon [18].
Bei voroperierten Patienten kann die Laparoskopie infolge intraabdominaler Verwachsungen erschwert sein. Beim Dünn- und dekompensiertem Dickdarmileus kann das Vorgehen wegen zu wenig Raum in der Abdominalhöhle infolge aufgetriebener Dünndarmschlingen erschwert oder unmöglich sein. Hier ist schon bei Anlage des Pneumoperitoneums die Gefahr einer Darmverletzung erhöht. Verständlicherweise ist die Durchführbarkeit der Laparoskopie nicht nur von der Art der Erkrankung abhängig, sondern sie wird wesentlich von der Erfahrung des Operateurs und der technischen Ausstattung der Klinik beeinflusst. Gerade bei Notfalleingriffen ist eine besondere laparoskopische Erfahrung des Operateurs und seines Teams erforderlich, die nicht in jeder Klinik über 24 Stunden gegeben ist.
Therapie Unabhängig von der diagnostischen Abklärung sollte stets eine Basistherapie aus Analgesie und Volumengabe begonnen werden. Die früher geäußerten Bedenken, eine Schmerztherapie könnte durch Verschleierung der Symptomatik zu einer nicht korrekten Diagnose und Einleitung einer falschen Therapie führen, werden heute nicht mehr geteilt [19]. Eine Infusionstherapie ist bei definitionsgemäß vorliegender bzw. zumindest drohender Kreislaufbeeinträchtigung ebenfalls stets zu beginnen. Die Patienten sollten in jedem Fall bis zur vorläufigen diagnostischen Klärung nüchtern bleiben. Bei Erbrechen und Ileusverdacht sollte eine Magensonde zur Entlastung gelegt werden.
Sepsis Liegen beim akuten Abdomen zwei von drei Merkmalen des quick SOFA (Atemfrequenz ≥ 22/min, Bewusstseinsveränderung [GCS < 15], systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg) vor, so ist von einer Sepsis auszugehen und eine Sepsistherapie einzuleiten, bei der die (chirurgische oder interventionelle) Herdsanierung neben der Antibiotika- und Kreislauftherapie das zentrale therapeutische Instrument darstellt [20].
Eine (beginnende) Sepsis zu erkennen ist besonders wichtig, da beim septischen Schock die Mortalitätsraten bei Vorliegen eines abdominellen Fokus sehr hoch ausfallen [21].
Frühe Antibiotikatherapie Bei schwerem Krankheitsbild kann eine Antibiotikatherapie in der Regel früh und großzügig indiziert werden, da sie bei vielen konservativ wie operativ behandelten Erkrankungen im Verlauf ohnehin notwendig wird [2]. Bei Sepsis sollte so rasch wie möglich mit einer breiten Antibiotikatherapie, die grampositive, gramnegative und anaerobe Keime abdeckt, begonnen werden. Problematisch bzw. kontraproduktiv ist eine großzügig indizierte frühe Antibiotikagabe bei Patienten, die ein hohes Risiko für eine Clostridien-Enteritis aufweisen bzw. aufgrund einer Clostridium-difficile-Enteritis ein akutes Abdomen entwickeln.
Outcome Häufige Diagnosen sind Appendizitis (ca. 25%), Cholezystitis (ca. 10%), Ileus und gynäkologische Erkrankungen (je ca. 5%) [1]. Insgesamt wird etwas weniger als die Hälfte der Patienten operiert. Extraintestinale Ursachen bestehen in 5 – 10% [3]. Die häufigste Diagnose ist etwas überraschend der unspezifische Abdominalschmerz, der konstant in etwa einem Drittel der Fälle vorliegt. Das bedeutet, dass letztlich keine Diagnose gestellt werden konnte. Hierbei handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe. Im Alter scheint der Anteil an unspezifischem Abdominalschmerz abzunehmen. In einer Nachbeobachtung wurde innerhalb von 12 Monaten bei 2% eine Karzinomdiagnose gestellt, überwiegend bei Patienten älter als 60 Jahre [22]. Leider kommt es immer wieder vor, dass bei systemischer oder extraabdomineller Erkrankung fälschlicherweise operiert wird. Dies wird vermutlich niemals ganz zu vermeiden sein. Es sollte jedoch Ansporn sein, auch an seltene Ursachen des akuten Abdomens zu denken, insbesondere, wenn die erhobenen Befunde nicht zusammenzupassen scheinen (z. B. stärkste Bauchschmerzen bei Patienten mit Diabetes oder Morbus Addison mit unauffälligen Entzündungswerten und unauffälligem sonografischem Befund), oder besondere anamnestische Informationen erhoben werden (z. B. wiederholte nicht diagnostische Laparotomien in der Vorgeschichte bei Patienten mit nicht erkannter Porphyrie).
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Dem klinischen Bild des „akutes Abdomens“ kann eine Vielzahl von Erkrankungen zugrunde liegen.
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Eine fokussierte Anamnese, klinische Untersuchung und wenige Laboruntersuchungen sollen rasch erfolgen und zur Bildung einer ersten Arbeitsdiagnose führen.
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Unmittelbar hieran schließt sich eine engagierte Ultraschalluntersuchung durch einen qualifizierten Untersucher. Erbringt die Sonografie keine Diagnose, erfolgt in der Regel ein Kontrastmittel-CT des Abdomens.
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Das behandelnde Team muss die Limitationen der einzelnen Untersuchungsmethoden kennen und akzeptieren und im Verlauf die Arbeitsdiagnose regelhaft überprüfen.
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Neben einer spezifischen Therapie erfolgt immer eine Basistherapie (Analgesie, Volumentherapie) sowie eine engmaschige klinische Überwachung.
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Liegt eine Sepsis vor, erfolgt die Therapie primär als Sepsistherapie, bei der die Behandlung des abdominellen Fokus das zentrale kausale Element im Sinne einer Herdsanierung darstellt.
Becker P, Böttcher K, Schilling D. Das akute Abdomen. DMW – Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017; 142: 432 – 441. doi:10.1055/s-0042-110648
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Interessenkonflikt
Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma: nein. Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein.
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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