Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(02): 113-114
DOI: 10.1055/a-1026-9937
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rheumatische Erkrankungen und Niere

Rheumatic Diseases and the Kidney
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Peter Oelzner
Funktionsbereich Rheumatologie/Osteologie
Klinik für Innere Medizin III
Universitätsklinikum Jena
Am Klinikum 1
07740 Jena

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. April 2020 (online)

 

    Die Beteiligung der Niere im Rahmen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen hat einen entscheidenden Einfluss auf Prognose und Gestaltung der Therapie. Außerdem liefert die histologische Untersuchung mittels Nierenbiopsie häufig verlässliche und für die Therapieauswahl außerordentlich wichtige Informationen und ist bei rheumatologischen Systemerkrankungen im Gegensatz zu Biopsien aus anderen Organen durch eine hohe diagnostische Trefferquote gekennzeichnet. Die Lupusnephritis (LN), welche sich histologisch als Immunkomplexglomerulonephritis darstellt, ist die mit nahezu 50% häufigste Prognose-bestimmende Organmanifestation des systemischen Lupus erythematodes, bei den ANCA-assozierten Vaskulitiden (AAV), insbesondere der Granulomatose mit Polyangiitis und der mikroskopischen Polyangiitis tritt eine nicht selten rapid-progressive Glomerulonephritis (GN), welche histologisch als pauciimmune GN in Erscheinung tritt, sogar bei über 50% der Patienten auf.


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    Prof. Dr. med. Peter Oelzner

    Sowohl in der Therapie der proliferativen LN als auch bei der GN bei AAV wird eine kürzere Phase der Remissionsinduktion von einer in der Regel für mindestens 2–3 Jahre empfohlenen Remissionserhaltung unterschieden. Die Remissionsinduktion wird bei proliferativer LN mittels low-dose-Cyclophosphamid-Puls-Therapie oder Mycophenolat-Mofetil (MMF) in Kombination mit Glukokortikoiden (GK) durchgeführt, bei GN im Rahmen der AAV dagegen mit höher dosiertem Cyclophosphamid oder mit Rituximab in Kombination mit GK. Für die Erhaltungstherapie kommen sowohl bei LN als bei AAV-assoziierter GN Azathioprin oder MMF zum Einsatz, bei der AAV zudem Rituximab. Im Gegensatz zu den AAV, bei denen die Rituximab-Therapie gerade bei Rezidiven einen sehr hohen Stellenwert hat, haben in kontrollierten Studien B-Zell-basierte Therapieansätze bei LN nicht zum erwünschten Erfolg geführt, sind aber weiter Gegenstand von Studien. Neuere Therapieansätze sowohl bei AAV als auch bei LN zielen darauf ab, das Therapieansprechen zu verbessern und im Hinblick auf die Toxizität der Therapie die GK-Dosis deutlich zu reduzieren bzw. weitgehend GK-freie Therapieschemata zu entwickeln. Der Einsatz eines Inhibitors des humanen C5a-Rezeptors bei AAV sowie Multitarget-Therapie bzw. die sequentielle Gabe von Rituximab und MMF bei LN sind hier interessante Ansätze. Andreas Kronbichler und Martin Windpessl haben sich aktuellen Aspekten der Nierenbeteiligung bei AAV unter besonderer Berücksichtigung neuerer Therapieansätze und der Nierenhistologie-basierten Prognoseeinschätzung gewidmet, Peter Oelzner, Kerstin Amann und Gunter Wolf stellen die aktuelle Histologie-basierte Standardtherapie und neue Therapieansätze bei LN sowie Aspekte der Therapie renaler Manifestationen bei anderen Kollagenosen dar. Renale Manifestationen werden beim Antiphospholipidsyndrom (APS) in 10–40%, beim primären Sjögren-Syndrom (pSS) in 20–40% und bei systemischer Sklerose (SSc) in bis zu 36% beobachtet. Die Therapie muss in Abhängigkeit von den zugrunde liegenden Pathomechanismen unter Einbeziehung der Nierenbiopsie sehr differenziert gestaltet werden und umfasst Antikoagulation beim APS, Immunsuppression bei pSS und eine vorwiegend vasoaktive und antihypertensive Therapie bei renaler Krise bei SSc. Andererseits beschränkt die bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen häufige renale Komorbidität mit potenziell resultierender Niereninsuffizienz den Einsatz antirheumatischer Therapien bzw. erfodert eine Dosisreduktion. Diese praktisch sehr wichtige Problematik wird von Alexander Pfeil, Martin Busch, Amelie Lupp und Koautoren insbesondere im Hinblick auf Biologika, JAK-Inhibitoren, Phosphodisterase-4-Hemmer und die Osteoporose-Therapie dargestellt. Darüber hinaus erfüllt die Niere wichtige Funktionen in der Regulation des Knochenstoffwechsels. In Abhängigkeit von den im Vordergrund stehenden pathophysiologischen Mechanismen und den Einflüssen medikamentöser Therapie resultieren verschiedene Formen der renalen Osteodystrophie (sekundärer Hyperparathyreoidismus, Osteomalazie, gemischte urämische Osteodystrophie und adyname renale Knochenerkrankung), welche im Hinblick auf eine differenzierte Therapie einer histologischen Bestätigung durch Knochenbiopsie bedürfen. Pathogenetische, diagnostische und therapeutische Aspekte der renalen Osteodystrophie werden von Gabriele Lehmann und Koautoren dargestellt.

    Mit den interdisziplinär unter Mitarbeit von Rheumatologen, Nephrologen, Osteologen, Pathologen und Pharmakologen entstandenen Beiträgen möchten wir Ihnen einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und klinisch-praktische Aspekte zum Thema Rheuma und Niere geben.

    Im Namen der Autoren, Ihr Prof. Dr. med. Peter Oelzner


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    Korrespondenzadresse

    Prof. Peter Oelzner
    Funktionsbereich Rheumatologie/Osteologie
    Klinik für Innere Medizin III
    Universitätsklinikum Jena
    Am Klinikum 1
    07740 Jena

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    Prof. Dr. med. Peter Oelzner