physiopraxis 2020; 18(01): 32-37
DOI: 10.1055/a-1028-3707
Therapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Mythos Verklebung – Update Arthrofibrose

Philipp Traut
,
Uwe Rückert
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Publication Date:
20 December 2019 (online)

 

Noch immer gilt die Arthrofibrose – die häufigste Komplikation nach Knie-TEP- oder Kreuzband-OP – als Verklebung. Neue Modelle zeigen jedoch, dass Fibroblasten mechanisch sensibel sind, und Behandlungen gegen eine Verklebung wie Dehnungen und Bewegen über die Schmerzschwelle hinaus absolut kontraproduktiv sind. Ein Update der Arthrofibrose-Spezialisten Dr. Phillip Traut und Uwe Rückert.


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Dr. med. Philipp Traut

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Dr. med. Philipp Traut ist Facharzt für Orthopädie, Physikalische Therapie und Rehabilitation. Nach 25 Jahren als Ober- und Chefarzt in den Reha-Kliniken in Bad Oeynhausen hat er seit 2014 eine eigene Privatarztpraxis mit Spezialisierung auf Beratung von Patienten mit Arthrofibrose und CRPS. Zudem ist er Studienarzt im Agaplesion ev. Klinikum Schaumburg, Obernkirchen und entwickelt das zelluläre, zytokinbasierte Pathogenese-modell in Kooperation mit dem Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin des Herz- und Diabeteszentrums Bad Oeynhausen.

Uwe Rückert

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Uwe Rückert ist Facharzt für Orthopädie, Sozialmediziner und Ärztlicher Direktor der Klinik Solequelle in Bad Westernkotten. Er ist Autor mehrerer Patientenratgeber zum Thema Rücken und Gelenke und publiziert vor allem im Bereich Endoprothetik.

Operative Eingriffe für einen Gelenk- oder Kreuzbandersatz sind heute Routine. Dennoch entwickeln 1–13 Prozent der Patienten im Nachhinein eine Arthrofibrose – die häufigste Komplikation nach Verletzungen und operativen Eingriffen an Gelenken (HINTERGRUND). In den meisten Fällen betrifft sie das Kniegelenk, kann aber auch in allen anderen großen Gelenken auftreten.

Üblicherweise bezeichnet man die Arthrofibrose als „Verklebung“ und leitet daraus die therapeutischen Maßnahmen ab. Durch intensive Physiotherapie mit postisometrischen Dehnübungen und Motorschienen versucht man, das Bewegungsausmaß bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung mechanisch auf freie Streckung und mindestens 90 Grad Beugung zu erweitern. In der anschließenden Reha oder ambulanten Physiotherapie wird weiter versucht, mit passiven Dehnübungen nach dem „Verklebungsmodell“ das Gelenk zu mobilisieren. Trotz intensiver Therapie lassen sich Beweglichkeit und Schmerzen oft jedoch nicht wesentlich verbessern. In vielen Fällen tritt sogar eine Verschlechterung ein. Die Patienten erhalten meist keine plausible Erklärung für diesen frustranen Verlauf. Stattdessen wird ihnen zu Geduld und stärkerem Üben in Eigenregie geraten. Bei Entlassung sind alternierendes Treppensteigen und Ergometerfahren dann häufig noch nicht möglich.

Am häufigsten entwickelt sich eine Arthrofibrose nach Knie-TEP und Kreuzbandplastik.

Bei der erneuten Vorstellung empfiehlt der Operateur oft eine Narkosemobilisation, operative Entfernung des „Narbengewebes“ oder weitere intensive Physiotherapie. Narkosemobilisationen und arthroskopische bzw. offene Arthrolysen verbessern die Funktion jedoch meist nur für kurze Zeit. Auch Prothesenwechsel haben in der frühen Phase der Erkrankung eine hohe Rezidivrate von über 70 Prozent [1]. Im weiteren Verlauf steift das betroffene Gelenk dann zunehmend ein, sodass viele Aktivitäten des täglichen Lebens nicht mehr möglich sind. Bei Patienten im Erwerbsleben ist möglicherweise sogar die berufliche Existenz gefährdet. Wichtig ist es deshalb, dieses weitverbreitete „Verklebungsmodell“ infrage zu stellen.

Neue Erkenntnisse aus der Fibrose-Forschung

Seit sechs Jahren ist nun ein neues Pathogenesemodell der Arthrofibrose (S. 35) bekannt, das sich auf Ergebnisse aus der Fibroseforschung stützt [4], [6], [8]. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen sich weitgehend auf die Arthrofibrose übertragen. Das neue Modell berücksichtigt die zellulären und biochemischen Vorgänge während des Heilungsprozesses. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Fibroblasten mechanisch sensibel sind und mechanischer Stress diese Zellen aktiviert sowie den natürlichen Zelltod (Apoptose) verhindert. Dadurch kommt es zu einer starken Zell- und Bindegewebsvermehrung. Dieses Gewebe wird in sehr kurzer Zeit mit Schmerznerven versorgt, was die hohe Schmerzintensität bei der Mobilisation erklärt.

Neben dem mechanischen Stress erkannten Forscher den emotionalen Stress als Ursache für die Arthrofibrose. Stresshormone in der Zellkultur führten dazu, dass sich Fibroblasten stark vermehrten [2]. Dies deckt sich mit einer amerikanisch-ungarischen Studie, in der man Veränderungen des Stoffwechsels und des Apoptoseverhaltens der Fibroblasten bei Patienten mit Depressionen festgestellt hat [3]. Bei der Herzfibrose (Tako-Tsubo-Kardiomyopathie) ist bekannt, dass allein schon emotionaler Stress diese schwere Erkrankung auslösen kann. Auch bei Patienten mit Arthrofibrose ist oft eine emotionale Belastungssituation nachweisbar, die vielfache Ursachen haben kann. In seltenen Fällen kann mehrere Monate nach Gelenkersatz allein eine außerordentliche emotionale Belastung auslösen, dass das Gelenk fibrosiert. Um das Risiko für diese Erkrankung zu mindern, sollte daher kein Patient operiert werden, der sich in einer schwierigen emotionalen Situation befindet. Eine bestehende Depression sollte zuerst fachärztlich und psychotherapeutisch behandelt werden. Auch private und berufliche Belastungsfaktoren sollte der Operateur vorab ansprechen. Negativ wirken sich zudem postoperative Komplikationen und klinische Versorgungsdefizite aus. Ein fehlplatzierter Schmerzkatheter ohne ausreichende Schmerzlinderung kann in den ersten Tagen post-OP zur Ausschüttung von „Substanz P“ führen, durch die die Arthrofibrose mitverursacht werden kann.


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Hintergrund – Arthrofibrose

Jährlich erkranken rund 50.000 Patienten in Deutschland an einer Arthrofibrose – alleine 18.000 davon im Rahmen einer Knie-TEP. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, etwa im Verhältnis 3:2. Patienten erkranken insbesondere zwischen 20 und 30 Jahren sowie zwischen 55 und 65 Jahren. Bei Jüngeren sind meist Sportverletzungen mit Kreuzbandersatz ursächlich, bei Älteren degenerative Veränderungen nach einer TEP.

Bei der primären Form der Arthrofibrose ist das ganze Gelenk betroffen, und es treten in über 90 Prozent der Fälle schon wenige Tage nach der Operation typische Beschwerden und Befunde auf, die eine frühe Diagnostik ermöglichen. Die Patienten klagen über ein „Schraubstockgefühl“ und starke Schmerzen bei der Mobilisation. Die typischen Befunde sind eine immobile Kniescheibe, starke Schmerzen bei Mobilisation sowie ein Streck- und/oder Beugeausmaß von weniger als 0-0-90 Grad.

Die sekundäre Arthrofibrose dagegen hat meist eine mechanische oder infektiöse Ursache. Durch Instabilität oder Fehlstellung der Endoprothese bzw. eine falsche Position des implantierten Kreuzbands wird ein permanenter mechanischer Reiz ausgelöst, der zu einer meist lokal begrenzten Ansammlung von fibrotischem Gewebe führt (Zyklops) [5]. Diese mechanische Ursache lässt sich nur operativ behandeln, indem man den chirurgischen Fehler korrigiert [7], [9]. Oft kann man beide Arthrofibrose-Arten gleichzeitig an einem Gelenk beobachten, die dann jeweils differenziert behandelt werden müssen.

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Abb.: M. Hoffmann, Neu-Ulm

Bei der schmerzhaften Dehnung des betroffenen Gelenks wird ebenfalls der Neurotransmitter „Substanz P“ freigesetzt, der durch Produktion der Wachstumsfaktoren die Arthrofibrose verstärkt [6]. Auf Basis dieses neuen Krankheitsmodells entwickelte man ein Therapiekonzept, das die genannten Ursachen berücksichtigt.

Wird die Arthrofibrose direkt post-OP behandelt, ist die Gelenkfunktion oft nach 6–8 Wochen wiederhergestellt.


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So früh wie möglich mit der Therapie beginnen

Je früher man eine Arthrofibrose erkennt, desto schneller und effektiver lässt sich die reparative Störung konservativ beheben. Wird sie sofort postoperativ diagnostiziert und in der anschließenden Therapie auf die Behandlung nach dem „Verklebungsmodell“ verzichtet, lässt sich das überflüssige fibrotische Gewebe innerhalb von sechs bis acht Wochen oft komplett abbauen und die normale Funktion des erkrankten Gelenks wiederherstellen [13]–[15]. Je später die antifibrotische Therapie beginnt, desto weiter schreitet die Erkrankung mit zunehmenden strukturellen Veränderungen fort. Im späten Stadium III der Arthrofibrose sind dann meist operative Maßnahmen notwendig (ABB.).

Vorbild kann die Behandlung der „Herzfibrose“ sein, die bei früher Diagnose und mechanischer Entlastung des Herzens ebenfalls innerhalb von sechs bis acht Wochen völlig heilbar ist [12]. Auch am Beispiel der Hüftdysplasie kann man die Bedeutung der frühen Diagnose und kausalen Therapie erkennen. Durch eine einfache Spreizhose lässt sich eine gravierende Fehlentwicklung des Hüftgelenks mit vorzeitiger Koxarthrose verhindern. Wird die Diagnose zu spät gestellt, sind aufwendige operative Eingriffe nötig [15].


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Auf die typischen Symptome achten

Neben Beachtung der typischen Symptome bei Arthrofibrose empfiehlt sich bei der Diagnostik eine histologische Untersuchung [8]. Selbst wenn keine Arthrofibrose vorliegt (falsch positive Diagnose), wirkt sich die antifibrotische Therapie nicht negativ auf den weiteren Verlauf aus. Die laborchemische Untersuchung der Xylosyltransferase-Aktivität (XT) im Serum und Gelenkpunktat evaluieren Forscher aktuell in einer multizentrischen Studie. Sie lässt sich zurzeit noch nicht diagnostisch einsetzen. Das Enzym Xylosyl spiegelt die Fibroblastenaktivität im Gelenkbinnenraum wider. Aktuell ist die XT schon als Biomarker in der Diagnostik der Sklerodermie und Leberfibrose nutzbar [2]. In späteren Stadien können weitere typische Beschwerden und Befunde nachgewiesen werden, wodurch sich die Diagnose zusätzlich sichern lässt.

Auch andere Erkrankungen können zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung führen und sollten im Behandlungsverlauf beachtet werden. Dazu gehören postoperative Narbenneurome, eine Lockerung der Endoprothese, retropatellare Arthrose, Fibromyalgie, CRPS (Complex Regional Pain Syndrome), Gelenkinstabilitäten, Overstuffing (falsche Gelenkgröße), Fehlposition des Kunstgelenks oder des Transplantats, Low-Grade-Infekte (chronische geringfügige Infekte) und somatoforme Schmerzstörungen. Alle diese Erkrankungen zeichnen sich durch andere typische Beschwerden aus, sodass sie sich von der primären Arthrofibrose gut unterscheiden lassen.


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Pathologisches Gewebe abbauen

Ziel der Therapie ist es, die Funktion des betroffenen Gelenks wiederherzustellen. Unter keinen Umständen sollte man versuchen, ein krankes Gelenk beweglich zu machen. Dadurch würde man das intraartikuläre fibrotische Gewebe, das die Bewegung hemmt, immer wieder neu verletzen. Ist das pathologische Gewebe abgebaut, kehrt das betroffene Gelenk von selbst wieder in seine physiologische Beweglichkeit zurück.

Prinzipiell kann jeder Physiotherapeut Patienten mit Arthrofibrose erfolgreich behandeln, wenn er die Erkrankung mit ihren zellulären und enzymatischen Ursachen kennt. Wenn diese Voraussetzungen ambulant nicht gegeben sind, empfiehlt sich eine stationäre oder ambulante Reha in einer Einrichtung, in der Ärzte und Therapeuten mit dem neuen Krankheitsmodell vertraut sind.

Wichtig ist, dass die Patienten alles vermeiden, was Wachstumsfaktoren freisetzt und damit die Fibroblasten aktiviert, – sie sollten beispielsweise nur schmerzfreie Bewegungen durchführen. Treppensteigen im Wechselschritt ist erst dann erlaubt, wenn die Patienten ihr Kniegelenk mindestens 100 Grad beugen können – vorher nur im Beistellschritt. Auch Fahrrad- oder Ergometerfahren ist erst bei über 90 Grad Beugung oder mit Kurbelverkürzung zur Kreislaufaktivierung therapeutisch sinnvoll. Längere Gehstrecken sind nur erlaubt, wenn sich das „Schraubstockgefühl“ danach nicht verstärkt. Für alles gilt das Prinzip: Weniger ist mehr! Die folgenden therapeutischen Maßnahmen können ambulant und stationär erfolgen:

Manuelle Lymphdrainage

Die manuelle Lymphdrainage aktiviert den Parasympathikus und wirkt sich damit positiv auf das vegetative Nervensystem aus. Besonders wichtig ist es, die Intensität an die individuelle Schmerzempfindlichkeit anzupassen. Eine apparative intermittierende Kompression ist nicht geeignet.


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Einzeltherapie

Patienten mit Arthrofibrose sollten keine schmerzhaften passiven Dehnübungen erhalten, um nicht erneut fibrotische Prozesse zu begünstigen. Stattdessen eignen sich leichte und schmerzfreie Mobilisationen. Auch osteopathische Techniken lassen sich einsetzen, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu fördern.

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Zelluläres, zytokinbasiertes Pathogenese-Modell der primären Arthrofibrose nach Faust und TrautAbb.: modifiziert nach Faust I, Traut P, Nolting F et al. Human xylosyltransferases – mediators of arthrofibrosis? New pathomechanistic insights into arthrofibrotic remodeling after knee replacement therapy. Sci Rep 2015; 5: 12537

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Medizinische Trainingstherapie

Medizinische Trainingstherapie dient der Stabilität, Kraft und Ausdauer. Bei Patienten mit Arthrofibrose erfolgt diese stets mit Einzelbetreuung. Auch hier ist es wichtig, dass die Patienten im schmerzfreien Bereich bleiben. Durch Kräftigung der kontralateralen gesunden Körperhälfte lassen sich Crossing-Effekte nutzen.


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Motorschiene (CPM-Schiene)

Eine Motorschiene kommt nur bei Knie-TEP zum Einsatz. Auf sich wiederholende Dehnungen verzichtet man dabei, um keine Fibroblasten zu aktivieren. Zudem gilt: Im schmerzfreien Bereich bleiben!


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Wassergymnastik

Sobald die Wundheilung abgeschlossen ist, können Patienten zur Wassertherapie. Diese entlastet die Gelenke, entspannt die Muskulatur, fördert den Lymphabfluss und macht das Gewebe elastisch.


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Gangschule

Die Gangschule wird für Patienten mit Arthrofibrose in der Physiotherapie einzeln durchgeführt. Sie zielt darauf ab, ein möglichst physiologisches Gangbild zurückzuerlangen oder eine Verbesserung zu erzielen. Zudem eignen sich Übungen für die Kniestabilität.


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Spiegeltherapie

Spiegeltherapie ist für alle Patienten mit Arthrofibrose geeignet, vor allem für die, die zusätzlich ein CRPS bzw. Morbus Sudeck entwickelt haben. Diese reparative Störung tritt relativ häufig bei etwa 15 Prozent aller Patienten mit Arthrofibrose auf. Voraussetzung für die Spiegeltherapie ist, dass die Patienten psychisch stabil, kognitiv belastbar und konzentrationsfähig sind.


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Basisches Fußbad

Mit basischen Bädern wird der Körper über die Fußsohle lokal entsäuert. Über Osmose kann er dabei den Säure-Basen-Haushalt ausgleichen. Nach dem Bad sollte der Patient viel trinken, um den Körper dabei zu unterstützen, die sauren Abbauprodukte abzutransportieren. Der Sympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems versetzt den Körper bei Arthrofibrose in erhöhte Leistungsbereitschaft und baut dabei Energiereserven ab. Das warme Wasser beruhigt den Sympathikus, verbessert die Durchblutung und entspannt die Muskeln.


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Fußreflexzonenmassage

Die Fußreflexzonenmassage lässt sich als beruhigende Maßnahme einsetzen und unterstützt die Wirkung des basischen Bades. Der Reiz auf die Reflexzone wird zum zentralen Nervensystem weitergeleitet, dort umgeschaltet und ruft eine Reaktion hervor. Durch die Fußreflexzonenmassage lassen sich so einige Zustände des Stoffwechsels und Schmerzzustände positiv beeinflussen.


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Bindegewebsmassage (BGM)

Mit der BGM beeinflusst der Therapeut ebenfalls das vegetative Nervensystem. Mit leichten Strichen spricht er dabei den Parasympathikus, mit stärkeren den Sympathikus an. Bei der Arthrofibrose ist der Parasympathikus wichtig, da dieser für die allgemeine Entspannung, Schlaflust und vermehrte Ausscheidung zuständig ist.


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Mikrostromtherapie

Mit Mikrostrom stimuliert man das Gewebe, um Schmerzen zu lindern. Die ATP-Synthese, die die Proteinsynthese anregt, wird mit extrem schwachen elektrischen Strömen im Mikroampere-Bereich erhöht. Dabei lassen sich die bei Patienten mit Arthrofibrose verminderte Energieversorgung des Gewebes und der Lymphabfluss verbessern. Heilungs- und Regenerationsprozesse im Stoffwechsel bzw. Wundheilungsprozesse lassen sich dadurch anregen bzw. verbessern.


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Pulsierende elektromagnetische Felder (PEMF) und ZRT-Matrix-Therapie

Durch die apparativen physikalischen Behandlungsmethoden lässt sich die Mikrozirkulation nachweislich um bis zu 30 Prozent steigern, ähnlich wie durch eine Lymphdrainage mit verbessertem Abtransport der Zytokine und Stoffwechselprodukte und Normalisierung des Sauerstoff- und Nährstoffangebotes. Mehrere placebo-kontrollierte Doppelblindstudien konnten diesen Effekt für PEMF zeigen [16]. Die Behandlungsformen sind eine sinnvolle Ergänzung, da der Patient sie auch in Eigenregie durchführen kann und damit negative Behandlungsunterbrechungen ausbleiben.


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Autogenes Training und progressive Muskelrelaxation

Zur Entspannung eignen sich Techniken wie Autogenes Training, Achtsamkeitstraining, therapeutisches Yoga, Qi Gong und Progressive Muskelentspannung, um die Selbstwirkungskräfte zu aktivieren. Durch diese Techniken wird der Sympathikotonus normalisiert, was die reparative Potenz stärkt. Auch ein Wellnessurlaub ist zur Balancierung des vegetativen Systems sinnvoll.


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Ernährungsberatung

Patienten mit Arthrofibrose sollten bei Bedarf eine individuelle Einzelberatung zur unterstützenden gesunden Ernährung erhalten. Durch die antifibrotische Therapie wird die Apoptose (gewünschter Zelltod) der Fibrobroblasten gefördert mit Abbau der extrazellulären Matrix durch Metallproteinasen (MMPs). Das abgebaute Gewebe wird durch Autophagie vom Körper verwertet. Dieser Prozess könnte durch eine tägliche Nahrungskarenz von etwa 14 bis 16 Stunden gefördert werden [17]. In der Regel kommt es dabei zu einem leichten Gewichtsverlust. Im Vordergrund steht jedoch die Aktivierung der Stoffwechselprozesse.


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Sozialberatung und psychologische Einzelgespräche

In der Reha erhalten die Patienten zudem ein psychologisches Einzelgespräch und eine orientierende Sozialberatung, um frühzeitig negative Kontextfaktoren zu erkennen. Denkbar sind hier die Gefahr einer Erwerbsminderung oder eines Arbeitsplatzverlustes, finanzielle Sorgen, Angst vor sozialem Abstieg, emotionaler Stress, chronische Schmerzproblematik und Depression. Bei Bedarf werden geeignete entlastende Maßnahmen durchgeführt, eingeleitet oder empfohlen.


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Informationsveranstaltungen

Ergänzend kann man den Patienten informative Vorträge zu den Themen Stressbewältigung, gesunde Ernährung, berufliche Zukunft und Schwerbehindertenrecht empfehlen. Die Ursachen und Therapieprinzipien zu erklären, fördert die Mitarbeit der Patienten.


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Zusatzverordnungen nach Bedarf

Nach individuellem Bedarf erhalten Patienten mit Arthrofibrose folgende Zusatzverordnungen: Hilfsmittelversorgung, ergotherapeutische ADL-Schulungen, Adipositas-Gruppe (Lehrküche und Selbsthilfegruppe), Arbeitsplatzberatung (Einzel).


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Medikamentöse Therapie

Aktuell gibt es bei Arthrofibrose nur eine Off-Label-Therapie, die mit den Patienten besprochen werden muss. Es sind aber Medikamente (Prednisolon und Propanolol) vorhanden, die seit vielen Jahren in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt sind. Unter Beachtung der Kontraindikationen können sie zusätzlich eingesetzt werden, vor allem bei starken Schmerzen im Stadium I–II. Sie haben allerdings nur eine symptomatische Wirkung, ohne direkt die Apoptose zu fördern, sodass man auf ihren Einsatz bei Gegenanzeigen verzichten kann, ohne den Erfolg der Therapie zu gefährden. Eine fachlich korrekte Physiotherapie und geeignete Verhaltensmaßnahmen der Patienten sind für den Heilungserfolg deutlich wichtiger.


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Chirurgische Versorgung

Sind die konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft, können nach über einem Jahr zusätzlich chirurgische Maßnahmen mit anschließender antifibrotischer Nachbehandlung nötig sein. Die chirurgischen Techniken mit der speziellen Nachsorge lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von physiopraxis.


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Gelenk als „Spiegel der Seele“

Bei früher Diagnose und antifibrotischer Therapie kommt es in relativ kurzer Zeit zur völligen Ausheilung der reparativen Störung, sodass eine spezielle Nachsorge nicht erforderlich ist. Wenn die Behandlung erst in einem späten Stadium II oder III einsetzt, bleibt oft eine Empfindlichkeit auf höheren mechanischen oder emotionalen Stress zurück. Einige Patienten berichten, dass ihr Kniegelenk ein „Spiegel ihrer Seele“ sei und sich bei emotionaler Belastung verschlechtere. Für diese Patienten ist es wichtig, Techniken zu erlernen, die ihnen die innere Anspannung nehmen. Es gibt viele Patienten, bei denen bei bestehender Arthrofibrose das andere paarige Gelenk operiert werden musste. Bei den meisten ist an dem anderen Gelenk keine Arthrofibrose aufgetreten, sodass wesentliche genetische Faktoren wohl nicht ursächlich sind. Vor einem operativen Gelenkeingriff sollten eine emotionale Ausgeglichenheit und ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis zum Operateur bestehen.


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Fazit

Die Arthrofibrose ist eine Erkrankung, die gut physiotherapeutisch behandelt werden kann. Therapeuten sollten früh an diese Diagnose denken und eine antifibrotische Therapie einleiten. Eine falsch positive Diagnose wirkt sich im Zweifel nicht negativ auf den weiteren Behandlungsverlauf aus. Das Behandlungsziel sollte sein, das fibrotische Gewebe abzubauen – dann verbessern sich Schmerzen, Schraubstockgefühl und Beweglichkeit in relativ kurzer Zeit. Die bisherige mechanisch orientierte Behandlung nach dem „Verklebungsmodell“ mit passivem Dehnen sollte der Vergangenheit angehören. Da die Patienten zuerst und am intensivsten durch Physiotherapeuten betreut und behandelt werden, können diese in besonderem Maße zum Therapieerfolg beitragen.

Philipp Traut und Uwe Rückert


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  • Literaturverzeichnis

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