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DOI: 10.1055/a-1028-3723
Fall für Vier – Kloß im Hals
Publication History
Publication Date:
20 December 2019 (online)
Frau Meyer leidet seit Wochen an starken Schluckbeschwerden, hinzu kommen Ohrgeräusche bei weiter Mundöffnung und ein Fremdkörpergefühl. Ein Team aus vier Professionen will herausfinden, was hinter den Symptomen steckt.
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Dr. med. Christoph Külkens
Dr. med. Christoph Külkens ist Chefarzt der Abteilung für Hals-, Nasen- u. Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Kinder-HNO der Asklepios Klinik Nord-Heidberg in Hamburg. Im Kopfzentrum der Klinik sind alle Fächer, die für die Diagnostik und Versorgung von allen Erkrankungen des Kopfes und Halses relevant sind, eng miteinander verbunden. Fachübergreifende Operationen werden entsprechend häufig durchgeführt.
Dr. med. dent. Marc P. Vollert
Dr. med. dent. Marc P. Vollert ist Zahnmediziner und Zahntechniker.
Er trägt die Tätigkeitsschwerpunkte der Funktionstherapie/Kiefergelenkbehandlung, der Ästhetischen Zahnheilkunde sowie den der Zahnerhaltung – funktionell und ästhetisch der EDA (European Dental Association). Zusammen mit Frau Dr. Martina Reich führt er die Praxis Zahnärzte am Volkspark in Mainz.
Silke Roddewig
Silke Roddewig ist Logopädin und arbeitet mit den Behandlungsschwerpunkten orofaziale Dysfunktion, Dysphagie, Fütterstörung, Hirnnerven und frühe Sprachanbahnung. Außerdem unterrichtet sie als Bobath-Lehrlogopädin und hat ihr eigenes Behandlungskonzept für Orofaziale Dysfunktionen OroNeu® entwickelt.
Der Fall
Frau Meyer meldet sich in der Physiotherapiepraxis. Seit neun Wochen plagen sie Schluckbeschwerden. Zu Beginn traten die Schmerzen bei jedem Schlucken im Bereich des Kehlkopfes auf. Zudem hatte sie das Gefühl, dass ihre Mobilität in diesem Bereich eingeschränkt ist. Dies hielt zwei Wochen an. Danach stellte sich eher ein Fremdkörpergefühl ein. Gleichzeitig bemerkte sie eine ungewohnte Anspannung im Kieferbereich. Zur selben Zeit begann bei Frau Meyer ein Ohrgeräusch auf der rechten Seite, sobald sie den Mund weit öffnet. Essen und Trinken ist für sie uneingeschränkt möglich.
Als die Beschwerden begannen, hatte Frau Meyer eine ungewohnt hohe berufliche Stressbelastung. Diese hat sich mittlerweile wieder normalisiert. Sie übt eine sitzende Tätigkeit am PC aus. Zusätzlich fragt sie sich, ob der Ausflug auf die Kartbahn kurz vor Beginn der Beschwerden einen Einfluss gehabt haben konnte. Hier gab es ein paar heftige „Rempler“, aber keinen wirklichen Unfall. Schmerzen hatte sie danach keine.
Da die Beschwerden bis heute präsent sind, hatte die Patientin Angst, dass es sich um etwas Schlimmeres handeln könnte.
Sie ging deshalb zu ihrer Hausärztin. Diese verschrieb ihr Antibiotika, was ihre Symptome nicht lindern konnte. Hinweise auf Red Flags zeigten sich keine. Das kleine Blutbild und die Schilddrüsenwerte waren unauffällig.
Aufgrund der Dauer der Beschwerden stehen weitere Abklärungen an. Neben einem HNO-Arzt sucht Frau Meyer auch eine Physiotherapeutin, einen Zahnarzt und eine Logopädin auf.
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HNO
Relativ häufig stellen sich Patienten mit ähnlichen unspezifischen Symptomen wie bei Frau Meyer bei mir vor. Wie auch im vorliegenden Fall wurde im Vorfeld häufig durch den Hausarzt eine Antibiotikatherapie durchgeführt, so dass nun weitere fachärztliche Schritte angezeigt sind. Mögliche Ursachen arbeite ich durch eine Behandlungskaskade ab. Entscheidend ist eine eingehende Differenzialdiagnostik, um am Ende eine maligne Erkrankung auszuschließen, die sich typischerweise auch in der beschriebenen Angst der Patientin zeigt.
Ich beginne mit der erweiterten Anamnese und kläre nochmals Noxen ab. Aufgrund des Ohrgeräusches versuche ich, dieses ebenso wie das Hörvermögen in der Anamnese weiter zu spezifizieren. Bei der anschließenden Spiegeluntersuchung mit Mikroskop und Endoskop untersuche ich Gehörgänge, Trommelfelle und Kiefergelenke, wobei die Befunde hier unaufällig waren. Auch wenn die endoskopische Untersuchung der Nase bei Frau Meyer nicht im Vordergrund steht, gehört sie dennoch dazu, zumal sich diese auch gut mit der flexiblen (transnasalen) Endoskopie des Kehlkopfes und des Hypopharynx (tiefer Rachen) verbinden lässt.
Bei den Stimmlippen konzentriere ich mich auf die symmetrische Beweglichkeit und tumoröse Erkrankungen der Schleimhäute des Kehlkopfes, des tiefen Rachens und des Zungengrundes. Bereits Rötungen der Schleimhäute im hinteren Anteil des Kehlkopfes und der Stimmlippen können auf eine Refluxlaryngitis hinweisen, was bei Frau Meyer glücklicherweise nicht der Fall ist. Bei der Untersuchung von Mundhöhle und Rachen geht es primär darum, Raumforderungen und/oder Schleimhautveränderungen zu erkennen. Auch hier erscheinen die Schleimhautverhältnisse reizlos und nicht wegweisend. Eine besondere Bedeutung kommt den Tonsillen zu. Die palpatorische Untersuchung der Halsweichteile sollte man im Verlauf immer durch Sonografie ergänzen. Hierbei ist die Schilddrüse hervorzuheben, auch wenn die entsprechenden Laborparameter bei Frau Meyer unauffällig sind.
Weitere Hinweise auf die Krankheitsentstehung könnten sich auch in vergrößerten Halslymphknoten und in Veränderungen der Speicheldrüsen zeigen. Neben kleineren unspezifischen Lymphknotenvergrößerungen erscheinen die großen Speicheldrüsen und die Schilddrüse bei der Patientin reizlos. Da die Untersuchungsmöglichkeiten im Behandlungsstuhl nicht zuletzt aufgrund des Würgereizes nur eingeschränkt möglich sind, wäre im Verlauf bei persistierenden Beschwerden auf jeden Fall eine sogenannte Panendoskopie indiziert (Endoskopie von Luftröhre, Speiseröhre, Kehlkopf und Rachen), um weiterhin maligne Erkrankungen auszuschließen. Diese können teilweise noch sehr klein im lymphatischen Gewebe des Rachens oder Zungengrundes liegen. Auch die leere Noxenanamnese schließt diese Untersuchung nicht aus, da heutzutage teilweise mehr Oropharynxkarzinome durch HPV-Viren entstehen als durch übermäßigen Nikotin- und Alkoholgenuss.
Im Rahmen dieser Untersuchung in Narkose ist auch die Palpation der Schleimhäute wichtig, da Verhärtungen ebenso Hinweise geben können. In diesem Zusammenhang sei auch auf eine mögliche knöcherne Verlängerung des Processus styloideus (Griffelfortsatz) hingewiesen, was zum sogenannten Eagle-Syndrom (Stylohyoid-Syndrom oder Stylo-kerato-hyoidales Syndrom) führt ([ABB. 1]), welches sich teilweise auch schon palpatorisch von endophyryngeal erkennen läßt. Um dieses Krankheitsbild weiter abzuklären, wäre ein CT des Halses indiziert. Die operative Abtragung befreit die Patienten dann von teils sehr unspezifischen Schmerzen im Halsbereich mit einer langen Ärzte-Odyssee.
Christoph Külkens
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Physiotherapie
Hypothese
Im Fall von Frau Meyer habe ich drei Haupthypothesen:
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myogene Dysfunktion der kraniomandibulären Region: Die Schluckbeschwerden, Schmerzen im Kehlkopfbereich, das Fremdkörpergefühl, Gefühl der eingeschränkten Mobilität im Bereich des Kehlkopfes und die Anspannung im Kieferbereich sind Hinweise auf einen veränderten Tonus oder Ausstrahlungsgebiete von Triggerpunkten in diversen Kaumuskeln wie der M. masseter, M. sternocleidomastoideus und der M. pterygoideus medialis.
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Dysfunktion der kranioneuralen Region: Gleichzeitig lassen Frau Meyers Beschwerden an eine Dysfunktion des N. vagus (X), N. glossopharyngeus (IX) und N. accessorius (XI) denken. Die klinischen Muster zeigen starke Überschneidungen. Dazu gehören unter anderem ein Druck in der Kehle und dass der Muskeltonus des M. sternocleidomastoideus zunimmt [1].
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Dysfunktion der kraniozervikalen Region (besonders der oberen HWS): Die „Rempler“ auf der Kartbahn deuten möglicherweise darauf hin, dass die HWS beteiligt ist. Es gilt abzuklären, ob vielleicht eine Instabilität in der Vergangenheit bestand, die durch den Vorfall getriggert wurde. Für die ersten beiden Sitzungen entscheide ich mich daher, die Muskeln der kraniomandibulären und der kranioneuralen Region zu untersuchen (IX, X, XI).
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Untersuchung
Nach einer Inspektion der Kopfhaltung und extraoralen Region und einem Screening der kraniomandibulären Region beobachte ich den Schluckvorgang der Patientin. Das Schlucken reproduziert erneut die Beschwerden und wird mir somit als Reassessment dienen. Die Triggerpunkte 2 und 3 des M. sternocleidomastoideus reproduzieren das Globusgefühl und verändern das Ohrgeräusch der Patientin. Ein latenter Triggerpunkt im M. digastricus venter posterior produziert einen Referred Pain im Mundboden und im Bereich des Processus mastoideus. Der Wiederbefund des Schluckens verändert sich zum Positiven. Für die kranioneurale Region führe ich jeweils folgende Untersuchungen für den N. accessorius, N. vagus und N. glossopharyngeus durch: Palpation, neurologische Funktionsprüfung, neurodynamischer Test. Auffällige Befunde sind die Palpation der aurikulären und pharyngealen Verzweigungen des N. vagus ([ABB. 2]). Der neurodynamische Test des N. accessorius und N. vagus ist positiv ([ABB. 3]). Die sensibilisierenden Bewegungen, die Laterotrusion des Hyoids und Mobilisation nach lateral der Larynxregion reproduzieren einige Symptome.
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Therapiemaßnahmen
In der neuromuskuloskelettalen Therapie konzentriere ich mich in der ersten Sitzung auf die muskulären Strukturen und in der Folge auf die kranioneurale Region. Abhängig von Wiederbefunden und dem Ergebnis der Untersuchung der weiteren Strukturen (u. a. kraniozervikale Region) bestimme ich das langfristige Management. Ich gebe Frau Meyer Eigenübungen für die genannten Bereiche. Zusätzlich sind Maßnahmen zum Stressmanagement und eine Ergonomieananlyse des Arbeitsplatzes sinnvoll.
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Erwartungshaltung
Die Ergebnisse der weiteren Abklärung sind grundlegend für die Erwartungshaltung. Vorausgesetzt, dass diese keine weiteren therapiebedürftigen Diagnosen ergeben, erwarte ich, dass sich die Symptome von Frau Meyer bei guter Compliance in den nächsten vier bis sechs Wochen kontinuierlich verbessern werden. Dieser Zeitraum ist für eine muskuläre Rehabilitation realistisch.
Marisa Hoffmann
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Zahnmedizin
Ersteinschätzung
Schluckbeschwerden differenzialdiagnostisch einzuschätzen ist zahnmedizinisch nicht leicht. Im Fall von Frau Meyer zeigen sich die Symptome zudem subjektiv sehr variabel. Zusammenhänge zwischen Schluckbeschwerden und einer kraniomandibulären Dysfunktion (CMD) sind möglich, erfordern allerdings eine große Bandbreite an Untersuchungswegen unterschiedlichster Fachdisziplinen.
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Untersuchung und Ergebnisse
Im Rahmen der Anamnese dokumentiere ich die subjektive Schmerzwahrnehmung der Patientin. Außerdem erhebe ich mittels Fragebogen den Graded Chronic Pain Status (GCPS), der das Schmerzgeschehen in vier Grade einteilt. Bei Frau Meyer liegt Grad III vor. Es folgen eine klinische Funktionsanalyse und die manuelle Strukturanalyse (MSA), eine Zusatzuntersuchung, die die gesamte Morphologie und Funktion des kaumuskulären Apparates und des Kiefergelenks untersucht. Daraus ergeben sich wichtige Erkenntnisse hinsichtlich des Zustandes gewebespezifischer Strukturen. Bei der intraoralen Untersuchung erhalte ich weitere Erkenntnisse bezüglich Kauvorgang, Zustand von Hart- und Weichgewebe und okklusaler Parameter. Frau Meyer leidet unter einem myofaszialen Schmerzsyndrom mit Verkürzung elastischer und kontraktiler Strukturen im Sinne einer Muskelspannungsstörung. Mit einer vermessungsbasierten instrumentellen Funktionsdiagnostik kann ich zudem die Bisslage und deren Dynamik darstellen. Frau Meyer zeigt eine dysbalancierte Okklusion im ersten und vierten Quadranten, eine Nonokklusion im zweiten und dritten Quadranten und eine fehlende Eckzahnführung. Ich verordne ihr eine vermessungsbasierte Unterkiefer-Schiene.
Die von der Hausärztin eingeleitete Antibiotika-Therapie war nicht zielführend. Vielmehr hätte im Vorfeld eine Untersuchung seitens der HNO stattfinden müssen. Die Klinik der Dysphagie zeigt klare Untersuchungsfelder [2]: Pathophysiologie des Schluckens, Erkrankungen des Kopf-Hals-Gebietes mit Dysphagie, zervikogene Dysphagie, Dysphagie durch Hypersalivation und Xerostomie und medikamentenbedingte Dysphagie. Eine berufliche und/oder private Stressbelastung führt häufig zu einer gesteigerten Bruxismusaktivität. Verbunden mit einer unphysiologischen Arbeitshaltung oder Traumata im Bereich der HWS wirken sich diese Faktoren als Summe unphysiologischer Prozesse aus. Patienten, die unter einer CMD leiden oder eine etablierte myofasziale Beschwerdelage aufweisen, zeigen auch orale Dysphagiemuster.
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Weiterführende Diagnostik und Therapie
Die zahnmedizinische Praxis ermöglicht nur bedingte Maßnahmen im Rahmen der Dysphagiediagnostik. Dazu gehört die Untersuchung von Zunge, Lippen, Kiefer und vorderer Mundhöhle auf Strukturauffälligkeiten, Beweglichkeit und oraler Sensibilität. Um die Beweglichkeit zu prüfen, lasse ich Frau Meyer willkürliche Bewegungen ausführen – Kieferschluss, Kieferöffnung, Laterotrusion, Retrusion, Protrusion ([ABB. 4]) und Rotation. Außerdem teste ich Lippenschluss, -spitzen und -spreizen. Ihre Zungenbeweglichkeit überprüfe ich unter anderem durch Herausstrecken, Anheben, Rückführen, Kreisen. Die Patientin zeigt eine auffallende Koordinationsschwäche der Zunge sowie deutlich eingeschränkte Kieferbewegungsmuster.
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Erwartung
Ihre Beschwerdelage wird sich abhängig von der konsequenten Diagnostik aller Fachdisziplinen positiv entwickeln. Therapieansätze wie manualtherapeutische und logopädische Maßnahmen können die Schienentherapie sinnvoll ergänzen.
Marc P. Vollert
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Logopädie
Hypothese
Aufgrund von Anamnese und Beschwerdeverlauf vermute ich zunächst eine atlantookzipitale Dysfunktion mit deutlicher Haltungsänderung der HWS (besonders Anteroposition des Kopfes). Durch die erhöhte Spannung der hyoidalen Muskulatur und die Verlagerung von Hyoid und Larynx sind Zungenbein- und Kehlkopfbewegung während des Schluckens erschwert. Was zunächst schmerzhaft ist, macht sich im Verlauf nur noch als unangenehmes Globusgefühl bemerkbar. Stress und Arbeit am PC können ebenfalls dazu beitragen [3].
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Untersuchung
Ich untersuche zunächst die Aufrichtung der HWS, indem ich den kraniovertebralen Winkel mittels Fotometrie messe, der bei Frau Meyer mit 44° verkleinert ist [1]. Bei der Palpation des kraniozervikalen Übergangs zeigt sich, dass die rechte Seite empfindlicher ist und der Atlas nach rechts translatiert. Beim Flexions-Rotationstest ist zudem die Rotation nach rechts gegenüber links um 15° eingeschränkt. Über die passive Beweglichkeit von Hyoid und Larynx und einen Tastbefund erhalte ich Informationen über den Tonus der hyoidalen Muskulatur. Die Hyoidbeweglichkeit ist eingeschränkt und der M. digastricus inferior und superior hyperton. Die Analyse des Schluckmusters zeigt – nach Beschreibung der Patientin und mittels Abbildung durch den Farbschluck ([ABB. 5] UND [6]), dass die Zunge in einer unphysiologischen Protrusion gegen die Frontzähne drückt. Zungenbein und Kehlkopf heben sich dabei verzögert, und die Kieferschließer zeigen während der Schluckreaktion eine unphysiologisch erhöhte Aktivität.
Um das Schluckmuster zu beurteilen, hilft die Farbschluckuntersuchung:
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Therapiemaßnahmen
Den Atlas in eine physiologische Position zu bringen, hat oberste Priorität. Ich beschränke mich auf die Rotation des Okziput um die sagittale und transversale Achse bei Fixierung von C1, C0 – C1 Distraktion und Atlas-Anhaltetechnik. Den Tonus der Mm. digastrici superior und inferior reguliere ich über Vibration, Dehnung und passive Hyoidbewegungen. So kann sich die Aufrichtung der oberen HWS wieder normalisieren. Um diese zu stabilisieren, leite ich Übungen für die ventrale Halsmuskulatur an. Die Patientin platziert einen kleinen Schaumstoffball am oberen Rand des Okziput und drückt diesen in Rückenlage oder sitzend vor einer Wand mit dem Hinterkopf mehrmals zusammen. Gegen die Schluckbeschwerden soll sie beim Essen und Trinken bewusst darauf achten, eine hochzervikale Flexion einzunehmen. Dazu isst sie zu Beginn jeder Mahlzeit zusätzlich pürierte Kost von einem Löffel mit tiefer Schale. Dabei soll sie die Schale mit der Oberlippe komplett leeren. Dies intensiviert die hochzervikale Flexion und unterstützt die Hinterzungenelevation und -retraktion während der pharyngealen Phase des Schluckens [4]. Außerdem entlastet dies die Kieferschließer, die nicht mehr kompensatorisch zur unphysiologischen Zungenprotrusion vermehrt angespannt werden müssen.
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Erwartung
Da das Ereignis, das zu einer atlantookzipitalen Dysfunktion geführt hat, erst kurz zurückliegt, erwarte ich, dass die verwendeten Techniken ausreichend sind, um eine physiologische Position des Atlas und eine aufrechte Kopfhaltung zu erreichen. Dies schafft zusammen mit der Tonusregulation der hyoidalen Muskulatur die Voraussetzung, das Schluckmuster zu normalisieren, was bei guter Compliance innerhalb von drei bis vier Sitzungen zu erwarten ist.
Silke Roddewig
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Literaturverzeichnis
- 1 von Piekartz HJM. Kiefer, Gesichts- und Zervikalregion. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme 2015: 477-478
- 2 Arens C. et al Positionspapier Schluckstörungen. Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: S306-S354
- 3 Codoni S, Spirgi-Gantert I. Jackowski von J. Funktionsorientierte Logopädie. Berlin Heidelberg: Springer;
- 4 Pörnbacher T. Neuro-Entwicklungsphysiologischer Aufbau, in: Zusammen 6 H 7918 E Best. Nr. 07156. Seelze: Friedrich Verlag; 1995
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Literaturverzeichnis
- 1 von Piekartz HJM. Kiefer, Gesichts- und Zervikalregion. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme 2015: 477-478
- 2 Arens C. et al Positionspapier Schluckstörungen. Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: S306-S354
- 3 Codoni S, Spirgi-Gantert I. Jackowski von J. Funktionsorientierte Logopädie. Berlin Heidelberg: Springer;
- 4 Pörnbacher T. Neuro-Entwicklungsphysiologischer Aufbau, in: Zusammen 6 H 7918 E Best. Nr. 07156. Seelze: Friedrich Verlag; 1995