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DOI: 10.1055/a-1029-5136
Hohe Luftverschmutzung begünstigt das Auftreten von Lungenemphysemen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. Januar 2020 (online)
Kurzzeit-Studien haben gezeigt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Exposition gegenüber Schadstoffen in der Luft und respiratorischer Morbidität und Mortalität. Prospektive Langzeitstudien gibt es kaum. Eine aktuelle Kohortenstudie untersuchte anhand der Allgemeinbevölkerung US-amerikanischer Großstädte, ob der Schadstoffanteil in der Luft mit der Entwicklung von Emphysemen und Veränderungen der Lungenfunktion in Zusammenhang steht.
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Bekannt ist bereits, dass bei Patienten mit COPD (chronic obstructive pulmonary disease) das Risiko für einen frühzeitigen Tod steigt, wenn sie vermehrt Schadstoffen wie Ozon (O3) oder Partikeln mit einem Durchmesser von maximal 2,5 µm (PM2,5) ausgesetzt sind, und dass sich in der Normalbevölkerung Lungenfunktionsstörungen nach Langzeitexposition gegenüber verkehrsabhängigen Schadstoffen mehren. Meng Wang vom Department of Epidemiology and Environmental Health an der University at Buffalo, New York, und Kollegen untersuchten in einer großangelegten Studie über einen Zeitraum von 18 Jahren nun den Einfluss von Luftschadstoffen auf die Entwicklung von Lungenemphysemen, gemessen mittels Computertomografie (CT).
Die 6860 Studienteilnehmer waren Teil der Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis (MESA) Air-and-Lung-Studie, die in 6 US-amerikanischen Metropolregionen durchgeführt wurde (Winston-Salem, New York, Baltimore, St. Paul, Chicago, Los Angeles). Sie waren zwischen 45 und 84 Jahre alt und wurden zwischen 2000 und 2002 rekrutiert. Die Nachbeobachtungszeit endete 2018. Die wohnortspezifische Luftschadstoffkonzentration von O3, PM2,5, Stickoxiden (NOx) und Rußpartikeln wurde mittels validierter raumzeitlicher Modelle für alle Teilnehmer ermittelt. Bei 5780 (84 %) Teilnehmern führten die Ärzte mindestens 2 und höchstens 5 CT-Untersuchungen durch (Kardio-CT und entsprechende Bereiche im Lungen-CT), um festzustellen, wieviel Lungengewebe zerstört war. Eine Spirometrie wurde 1 – 3-mal bei 3636 Teilnehmern durchgeführt. Die Ärzte ermittelten das Ausmaß des Emphysems (ausgedrückt als prozentuales Emphysem), definiert als der Prozentsatz der Voxel unter – 910 Hounsfield-Einheiten, zu Studienbeginn und den Zuwachs während der Nachbeobachtungszeit.
Zu Studienbeginn lag das prozentuale Emphysem bei durchschnittlich 3 %. Die Änderungsrate während der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren betrug im Mittel 0,58 %. Die Änderungsrate variierte abhängig von Region und Expositionsgrad (in Chicago bspw. 0,11 %/Jahr, in Los Angeles 0,01 %/Jahr). Eine Ventilationsobstruktion fand sich bei 22 % der Untersuchten zu Studienbeginn.
Die Konzentration der Luftschadstoffe variierte über die gesamten 18 Jahre, betrachtet je nach Region, erheblich. Die durchschnittliche jährliche Konzentration von PM2,5 und NOx nahm in allen 6 Regionen von 2000 bis 2018 ab, teilweise beträchtlich. Die Ozon-Konzentration nahm jedoch nicht ab.
Eine höhere Exposition gegenüber O3, PM2,5, NOx und Rußpartikeln zu Studienbeginn war signifikant assoziiert mit einem zunehmenden Fortschreiten des prozentualen Emphysems über 10 Jahre (O3: 0,13 % pro 3 parts per billion (ppb), PM2,5: 0,11 % pro 2 g/m³, NOx: 0,06 %/10 ppb, Rußpartikel: 0,1 % pro 0,2 µg/m³). Waren Teilnehmer während des Beobachtungszeitraums einer höheren Konzentration von O3 und NOx ausgesetzt, war dies mit einem schneller zunehmenden Prozentsatz an Emphysemen assoziiert. Auf eine erhöhte PM2,5-Konzentration traf dies nicht zu.
Die O3-Konzentration zu Studienbeginn und während des Beobachtungszeitraums war assoziiert mit einer schnelleren Verringerung des forcierten exspiratorischen Volumens (um 18,15 ml) und der Vitalkapazität (um 40,19 ml). Die Assoziation blieb auch dann bestehen, wenn respiratorische Beschwerden zu Studienbeginn in der Analyse berücksichtigt wurden; sie war aber größer bei Teilnehmern, die rauchten. Diese Verbindungen bestanden für andere Schadstoffe nicht.
Die zwischen 2000 und 2018 in 6 US-amerikanischen Metropolregionen durchgeführte Studie hat nach Aussage der Autoren gezeigt, dass eine Langzeit-Exposition gegenüber Luftschadstoffen, vor allem gegenüber Ozon, zu einer Zunahme des Ausmaßes von Emphysemen unter den Teilnehmern führte. Auch die Lungenfunktion war beeinträchtigt.
Dr. Michaela Bitzer, Tübingen
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