RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/a-1042-1539
Stickoxide schädigen Schulkinderlungen unabhängig von Vorerkrankungen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. Januar 2020 (online)
Es gibt viele Belege für eine Assoziation des Anstiegs von Luftschadstoffen mit akuten Atemwegssymptomen bei Kindern. Eine Panel-Studie in der hochindustrialisierten afrikanischen Stadt Durban untersuchte den Zusammenhang von Veränderungen der Luftverschmutzung mit objektiv gemessenen Parametern der Lungenfunktion und berücksichtigte dabei lungengesunde Kinder ebenso wie solche mit bereits bestehendem Asthma oder bronchialer Hyperreagibilität.
#
Insgesamt untersuchten Graciela Mentz und Kollegen von der Universität von Michigan in Ann Arbor (USA) und Rajen N. Naidoo von der Universität von KwaZulu-Natal in Durban (Südafrika) 423 Kinder, die eine 4. Klasse in 7 Grundschulen in Durban besuchten oder – bei bereits bestehendem Asthma – aus den Jahrgangsstufen 3 – 6 rekrutiert worden waren. Einige Schulen lagen im stärker mit Luftschadstoffen belasteten Süden der Stadt, andere im weniger von Luftverschmutzung betroffenen Norden, wobei sich die Standorte im sozioökonomischen Profil aber nicht unterschieden. Das mittlere Alter der Studienteilnehmer lag bei 10,5 Jahren. 19,5 % der Kinder wiesen ein persistierendes Asthma auf, 38,7 % eine Atopie.
Umfassende Datenerhebung
Alle Teilnehmer wurden befragt und einer Spirometrie und einem Methacholin-Provokationstest unterzogen. In 4 Phasen führten die Untersucher jeweils über eine 3-wöchige Periode eine 2-stündige Lungenfunktionsmessung bei den Teilnehmern durch. An allen Schultagen erfassten die Kinder selbst mit dem Peak-Flow-Meter alle 1,5 – 2 Stunden ihre Lungenfunktion. An jeder Schule wurde die lokale Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2), Stickstoffmonoxid (NO), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (Durchmesser < 10 μm, PM10) gemessen. Abschätzungen zu Assoziationen zwischen Luftschadstoffen und Lungenfunktion erfolgten anhand von Modellen mit unterschiedlicher Zeitverzögerung und für alle Luftverschmutzungsparameter einzeln. Insgesamt konnten die Wissenschaftler 74 260 Messungen auswerten.
#
Ergebnisse
Im südlichen Untersuchungsbereich waren die Schadstoffbelastungen deutlich höher wie im Norden von Durban. Insbesondere der Anstieg von NO2 und NO war mit einer statistisch signifikanten Verminderung der Einsekundenkapazität (FEV1) assoziiert – unabhängig von der im Modell verwendeten zeitlichen Verzögerung zwischen Schadstoffanstieg und FEV1-Abfall. Dieser Abfall betrug zwischen 13 und 18 ml pro Einheit Stickoxid-Anstieg im Interquartilsabstand (Inter quartil range, IQR) für NO und 14 – 23 ml für NO2.
Bei Mittelung über 5 Tage zeigte sich bei Kindern mit Asthma eine Verschlechterung der FEV1 pro IQR-Anstieg von NO2 um fast 40 ml und bei NO um 70 ml. Bei Kindern mit bronchialer Hyperreagibilität verminderte sich die FEV1 um 20 ml pro IQR für NO2 und um 30 ml für NO gegenüber Kindern ohne Überempfindlichkeit im Methacholintest. Effekte der Luftschadstoffe auf die Lungenfunktion zeigten sich aber auch bei Kindern ohne Asthma oder bronchiale Hyperreagibilität.
Für SO2 und Feinstaub ließen sich im Gegensatz zu anderen Studien keine eindeutigen Effekte auf die Lungenfunktion nachweisen, die Ursache hierfür ist unklar.
Die erste große Panel-Studie südlich der Sahara zeigt relevante Verschlechterungen der Lungenfunktion bei Schulkindern in Abhängigkeit von NO und NO2 in der Umgebungsluft. Davon waren besonders Kinder mit Asthma und etwas weniger Kinder mit bronchialer Hyperreagibilität betroffen, aber auch Kinder ohne vorbestehende Beschwerden, betonen die Wissenschaftler. Inwieweit solche wiederkehrenden Beeinträchtigungen die Lungenfunktion langfristig dauerhaft schädigen können, muss noch untersucht werden.
Friederike Klein, München
#
#