Einleitung
Die Welt der dermatologischen Diagnostik hat seit den 90er-Jahren enorme Fortschritte
gemacht. Der Dermatoskopie ist zu verdanken, dass die Genauigkeit der In-vivo-Diagnose
von hellem und schwarzem Hautkrebs deutlich verbessert werden konnte. Mittlerweile
hat sich diese Methode auch bei anderen Indikationen wie Parasitosen, entzündlichen
Erkrankungen oder Haarerkrankungen etabliert, sodass Dermatologen nicht mehr auf ihr
Auflichtmikroskop verzichten können. Erst später entwickelten sich weitere nicht invasive
diagnostische Techniken, insbesondere die konfokale Laserscanmikroskopie (KLSM) und
die optische Kohärenztomografie (OCT).
Beide Verfahren haben in den letzten Jahren zunehmend Einzug sowohl in die Kliniken
als auch in die dermatologischen Praxen gehalten. Auch die Anzahl wissenschaftlicher
Publikationen zu den beiden Techniken hat in den letzten Jahren massiv zugenommen.
Die KLSM konnte sich bereits für die Diagnostik melanozytärer Läsionen, die OCT für
die Diagnostik von Basalzellkarzinomen und aktinischen Keratosen in der Routine etablieren.
Beide Methoden erhöhen – gegenüber der Dermatoskopie – die Sensitivität und Spezifität,
dienen der Früherkennung und können in manchen Fällen helfen, Biopsien zu vermeiden.
Einige Schwachpunkte schränken die Anwendung der Verfahren jedoch ein:
Die KLSM bietet eine sehr hohe Auflösung (1 μm), jedoch bei limitierter Eindringtiefe
(ca. 250 μm). Daher erlaubt sie nur eine genauere Analyse der zellulären Strukturen
bis zur oberflächigen Dermis. Im Gegensatz dazu kann die OCT auch die tiefere Dermis
darstellen (Eindringtiefe 1 – 2 mm) und ermöglicht eine dynamische Gefäßdarstellung,
allerdings auf Kosten einer limitierten Auflösung (ca. 5 – 7,5 μm) [1].
Die „Line-Field Confocal OCT“ (LC-OCT) wurde von einer französischen Start-up Firma
(DAMAE-medical, Paris) entwickelt und soll die Vorteile der beiden o. g. diagnostischen
Methoden kombinieren. Es handelt sich um ein optisches Verfahren, das auf einer Laser-Lichtquelle
mit kontinuierlichem Spektrum basiert (Zentralband: 800 nm Wellenlänge). Das Gerätesystem
besteht aus der LC-OCT-Sonde und einem stabilen Gerätewagen, PC mit Monitor und Tastatur,
Ablagefläche und Laser-Einheit. Immersionsöl wird zwischen Haut und Sonde aufgetragen,
um die Reflektion zu reduzieren und die Brechungsindizes anzugleichen. In der nächsten
Generation ist zusätzlich eine Kamera vorgesehen, um ein auflichtmikroskopisches Bild
der zu untersuchenden Läsion zu ermöglichen [2]
[3]
[4].
Wie funktioniert die LC-OCT?
Wie funktioniert die LC-OCT?
Die LC-OCT kombiniert die Prinzipien der OCT und der KLSM mit Linienlicht-Beleuchtungsmustern,
Breitbandlaser und Line-Scan-Kamera.
Das Gerät misst die Zeitverzögerung und die Amplitude des Lichts, welches Mikrostrukturen
der Haut zurückwirft. Der Fokus wird dynamisch adaptiert. Das vom Gewebe reflektierte
Licht ermöglicht die Errechnung und Darstellung 2-dimensionaler Tiefenschnittbilder
auf einem Monitor. Die Graustufenwerte entsprechen dabei der Intensität des reflektierten
Lichts.
Die Methodik benötigt kein Kontrastmittel: Der Kontrast in den schwarz-weißen Bildern
entsteht durch Unterschiede in der Stärke der Reflektion der natürlichen Chromophore
in der Haut wie Keratin und Melanin. Der relativ hohe Brechungsindex im Vergleich
zu Luft und Wasser zeigt pigmentierte Zellen als sehr hell, im Gegenteil z. B. zum
dunklen Zytoplasma (wasserreich).
Was sieht man mit LC-OCT?
Was sieht man mit LC-OCT?
Das Gerät ermöglicht eine sehr schnelle In-vivo-Visualisierung der Haut bis zur tiefen
Dermis (500 μm Eindringtiefe) und mit einer hohen Auflösung (1 – 2 μm). Der Anwender
bewegt die Sonde auf dem zu untersuchenden Areal. Die Aufnahme-Software stellt in
Echtzeit auf dem Monitor schwarz-weiße Bilder dar, die entweder vertikal (en coupe)
oder horizontal (en-face) dargestellt werden. Die Modalität (vertikal/horizontal)
sowie die Tiefe der horizontalen Aufnahme kann durch Knöpfe am Messkopf gewechselt
werden. Konsekutive, horizontale Stapelbilder zunehmender Tiefe können ebenso aufgenommen
werden. Auch eine Video-3D-Rekonstruktion der Areale ist möglich, welche allerdings
erst nach der Messung mithilfe einer Zusatzsoftware beurteilbar ist. Alle Bilder können
auf eine externe Festplatte exportiert werden.
Wozu ist die Methodik geeignet?
Wozu ist die Methodik geeignet?
Das Gerät für die LC-OCT ist noch nicht kommerziell erhältlich und befindet sich in
einer experimentellen Phase, allerdings erscheint sie vielversprechend. Eine Hauptindikation
der LC-OCT werden die nicht melanozytären Hauttumore, insbesondere Basalzellkarzinome
(BZK) und aktinische Keratosen (AK), Bowen-Karzinome und spinozelluläre Karzinome
sein. Grundsätzlich könnten zudem zahlreiche entzündliche und infektiöse Hauterkrankungen
untersucht werden.
Ein vielversprechendes Anwendungsgebiet stellen die melanozytären Läsionen dar. Prinzipiell
sind durch diese Methodik auch zelluläre Atypien nachweisbar, sodass Unterschiede
zwischen benignen Nävi und Melanomen erkennbar sein müssten. Für diese Anwendungsgebiete
steht eine solide Studienlage noch aus.
Wie sieht die normale Haut in LC-OCT aus?
Wie sieht die normale Haut in LC-OCT aus?
Die LC-OCT Bilder sind mit histologischen Grundkenntnissen interpretierbar.
Im vertikalen Modus ist ein direkter Vergleich mit einem histologischen Schnitt möglich.
Man erkennt das breite Stratum corneum, unterbrochen von Schweißdrüsenausführungsgängen.
Im Stratum granulosum/spinosum sind die einzelnen Keratinozyten darstellbar. Die dermo-epidermale
Junktion, je nach Phototyp von unterschiedlicher Helligkeit, ist von der oberflächlichen
Dermis getrennt. In der Dermis befinden sich hellere Kollagenfasern und dunklere,
runde oder längliche Gefäße. In den Gefäßen sind bewegliche Blutzellen zu erkennen
([Abb. 1 a]).
Abb. 1 a LC-OCT-Aufnahme der gesunden Haut am Arm. b LC-OCT-Aufnahme eines nodulären Basalzellkarzinoms mit verdünnter Epidermis und scharf
begrenzten, vom dunklen Randsaum konturierten ovoiden Tumornestern (Pfeil). c LC-OCT-Aufnahme einer hypertrophen aktinischen Keratose mit Übergang in ein spinozelluläres
Karzinom: Verdickung des Stratum corneum und der Epidermis und partieller Verlust
der dermo-epidermalen Junktionszone.
Die Interpretation der horizontalen Bilder ist etwas schwieriger, obwohl für die KLSM-Anwender
intuitiver. Durch konsekutive Aufnahmen werden die verschiedenen Hautschichten abgebildet,
wobei der Benutzer die Ebene durch die Knöpfe auf dem Messgerät bestimmt. In der Oberfläche
werden zuerst die Korneozyten dargestellt: helle, nebeneinanderliegende, große, polygonale
Strukturen. Darunter sind das Stratum granulosum und das Stratum spinosum zu erkennen,
die aus gleich großen polygonalen Keratinozyten mit heller Kontur und schwarzem Zytoplasma
bestehen. Auch in der LC-OCT ist ein regelmäßiges Honigwabenmuster darstellbar. Die
dermo-epidermale Junktionszone wird wie in der KLSM abgebildet, mit horizontal angeschnittenen,
dunklen, dermalen Papillen, die von helleren, pigmentierten, basalen Keratinozyten
umgeben sind. In der Dermis sind helle Kollagenfasern sowie dunklere Gefäße darstellbar.
Mit zunehmender Tiefe verliert das Gerät an Auflösung.
Wie sehen die wichtigsten pathologischen Befunde in LC-OCT aus?
Wie sehen die wichtigsten pathologischen Befunde in LC-OCT aus?
Da das Gerät sich noch in der Entwicklungsphase befindet, fehlen noch systematische
Studien. Wissenschaftliche Arbeiten über die diagnostischen Merkmale der Hauptpathologien
sowie ihre korrekte Nomenklatur in Verbindung mit Daten über diagnostische Sensitivität
und Spezifizität werden erwartet.
Basalzellkarzinome werden im vertikalen Modus durch eine dünne Epidermis und scharf
begrenzte, signalarme, ovoide oder runde Tumorknoten charakterisiert, teilweise mit
zystischen Anteilen bei nodulären Formen. Alternativ sind bei oberflächlichen Formen
lineare und ovoide Zapfen zu erkennen. Im horizontalen Modus sind ebenso typische
Tumornester basaloider Zellen mit stromlinienförmiger Anordnung und Polarisierung
der Zellen sichtbar; ein peripherer dunkler Randsaum sowie eine hellere stromale Reaktion
mit Kollagenablagerung können gezeigt werden ([Abb. 1 b]).
Auch die Feldkanzerisierung erscheint mit LC-OCT gut darstellbar. Aktinische Keratosen
zeigen Hyperkeratose und Parakeratose, in Verbindung mit einer akanthotischen Verdickung
der restlichen Epidermis. Die zunehmende Atypie ist bei spinozellulären Karzinomen
durch Strukturverlust der normalen epidermalen und junktionalen Struktur sichtbar
([Abb. 1 c]). Die Tiefe der Infiltration kann eingeschätzt werden. Ähnliche pathologische Merkmale
spiegeln sich im horizontalen Modus wider, z. B. durch unterschiedliche Atypie-Schweregrade
des Honigwabenmusters und Veränderungen der Kollagenfasern.
Die diagnostische Beurteilung pigmentierter Läsionen, d. h. die Unterscheidung benigner
Nävi von Melanomen, wäre eine potenzielle Indikation für LC-OCT. Dafür wird die parallele
Analyse der Gewebsarchitektur (regelmäßig vs. unregelmäßig) und der Zellularität (normal
vs. atypisch) in der Läsion benötigt. Hauptmerkmale für maligne melanozytäre Läsionen
wie Verlust der normalen Architektur, partielle Zerstörung der dermo-epidermalen Junktion,
atypische melanozytäre Nester und pagetoide Ausbreitung der Melanozyten in die Epidermis
sind auch in der LC-OCT erkennbar. Die Einschätzung der Tumordicke ist grundsätzlich
bis in eine Tiefe von 500 µm denkbar.
Fazit
Mittels LC-OCT kann auf nicht invasive Art eine Aussage über Ausdehnung, Struktur
und mögliche Dignität einer tumorverdächtigen Hautveränderung getroffen werden, ohne
dass invasiv eine Gewebeprobe entnommen werden muss. Das Gerät ermöglicht die Darstellung
der Einzelzellen (Auflösung 1 – 2 μm) sowie der subkutanen Strukturen bis 500 μm (bis
zur retikulären Dermis), sodass auch die Tumorinfiltrationstiefe bis in diese Tiefe
eingeschätzt werden kann. Es handelt sich um einen entscheidenden Vorteil bei der
nicht invasiven Diagnostik, da auch prognostische Informationen gewonnen werden können.
Dies kann auch klinische Konsequenzen haben, wie z. B. die präoperative Festlegung
des Sicherheitsabstandes. Weitere Anwendungsgebiete sind Verlaufskontrollen, Beurteilung
von Rezidiven und Erfolgskontrolle einer nicht invasiven lokalen Therapie. Vorteile
dieser Methode sind die fehlende Strahlenbelastung, die rasche Verfügbarkeit, die
zu KLSM und OCT vergleichbaren Anschaffungskosten und ein Zeitaufwand von nur wenigen
Minuten. Vielversprechend ist die Möglichkeit, sowohl nicht melanozytäre als auch
melanozytäre Läsionen untersuchen zu können. Zudem ermöglicht die Technologie die
Visualisierung der verschiedenen Hautschichten in vertikalen Abschnitten, ähnlich
der konventionellen Histologie, sodass der Vergleich mit dieser Methode logisch und
direkt erfolgen kann.
Nachteile sind aktuell die nicht standardisierte Aufnahme (der Anwender bewegt sich
auf der Läsion mit der Sonde) und das Fehlen eines Navigationssystems mit integrierter
Kamera, was die Genauigkeit der Diagnose erschwert.
Um die vielfältigen Möglichkeiten des Gerätes nutzen zu können, sind weitere Studien
notwendig.