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DOI: 10.1055/a-1078-5070
Arbovirusinfektionen: östliche Pferdeenzephalomyelitis
Weltweit treten mehr als 130 humane Arboviruskrankheiten auf. Neben systemischem und hämorrhagischem Fieber bildet Enzephalitis die dritte Syndromgruppe. Letztere wird unter anderem durch das östliche equine Enzephalomyelitis-Virus (engl. Eastern Equine Encephalomyelitis Virus, EEEV) verursacht. Anlässlich eines EEE-Ausbruchs in den USA im Jahr 2019 berichten David M. Morens et al. über die schwerwiegende Infektionskrankheit.
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Im Sommer und Herbst 2019 traten in 9 US-Bundesstaaten insgesamt 36 Infektionen mit dem EEEV beim Menschen auf. Für 14 Patienten verlief die Erkrankung tödlich. Zwischen den Jahren 1831 und 1959 wurden in den USA 12 EEE-Epidemien oder Epizootien dokumentiert. Allgemein bleiben schätzungsweise 96 % der mit EEV Infizierten asymptomatisch. Von denjenigen, die Symptome entwickeln, sterben mindestens 30 %. Symptomatische Patienten, die überleben, behalten oft schwere neurologische Schäden.
Reservoir, Übertragung, Infektion
Die nordamerikanische Variante des EEEV verursacht die meisten humanen Erkrankungsfälle. Das Arbovirus zirkuliert meist unbemerkt in Insekten, Vögeln und Säugetiere. Gelegentlich infiziert es Endwirte wie Pferde, Menschen, Schweine oder Hühnervögel. Überträger ist die Mückenart Culiseta melanura. Virushaltiger Mückenspeichel wird zunächst in das perivaskuläre Hautgewebe inokuliert. Hier infiziert EEEV Langerhans- und dendritische Zellen, die in regionale Lymphgewebe migrieren. Vor allem Lymphknoten sind nach der Virusreplikation Ausgangsort für die Virämie. Die nach etwa 3 – 10 Tagen auftretenden unspezifischen Symptome umfassen Fieber, Krankheitsgefühl, schwere Kopfschmerzen, Myalgien, Übelkeit und Erbrechen.
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Diagnostik
Bei Symptombeginn sind Virusisolation, Polymerase-Kettenreaktions-Analysen aus Blut oder Liquor und auch EEEV-spzifische IgM-Test häufig noch negativ. Wenn nach etwa 1 Woche nach Infektion eine definitive serologische Diagnose möglich ist, können bereits neurologische Schäden eingetreten sein. Bislang fehlt die Möglichkeit einer Differenzialdiagnose am Krankenbett; sie hätte ohne wirksame Therapien auch nur begrenzten Wert.
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Antivirale Medikamente und Impfung fehlen
Bisher getestete antivirale Substanzen waren weder in vitro noch in vivo gegen EEEV wirksam. Im Tiermodell zeigten EEEV-spezifische monoklonale Antikörper einen Effekt, wenn sie vor einer Infektion eingesetzt wurden. Die Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich bisher auf supportive Therapie mit Atemhilfe auf der Intensivstation. Da die Patienten nicht infektiös sind, ist eine Isolation nicht nötig. Zurzeit befinden sich mehrere Impfstoffkandidaten in der Entwicklung. Da die Ausbrüche sporadisch, eng begrenzt und örtlich nicht vorhersagbar auftreten, wäre es schwierig, die geeignete Zielpopulation für die Impfung zu definieren.
Wegen der hohen Wahrscheinlichkeit zukünftiger Ausbrüche stellen Arboviren für die Autoren eine reale und gegenwärtige Gefahr dar. Zumal, wenn sich das EEEV, wie bereits andere Arboviren auch, an die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) anpassen würde.
Matthias Manych, Berlin
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Publication History
Article published online:
09 April 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York