Lungenfunktion: Welche Rolle spielt der Zeitpunkt einer Exposition gegenüber Noxen?

Passivrauchen in Kindheit und Jugend kann sich negativ auf die Lungenfunktion auswirken, für den Kontakt mit Tieren, Schimmel und Feuchtigkeit wird ein ähnlicher Zusammenhang vermutet. Um herausfinden zu können, welche Rolle der genaue Zeitpunkt einer Exposition für die Entwicklung und Veränderungen der Lungenfunktion spielt, haben Milanzi und ihr Team nun eine sekundäre Kohortenstudie durchgeführt.

Die Exposition gegenüber Nikotinrauch, Haustieren, Feuchtigkeit oder Schimmel zählt heute zu den beeinflussbaren Risikofaktoren für Lungenerkrankungen und eine verminderte Lungenfunktion bei Kindern und Jugendlichen. Obgleich dieser Zusammenhang bis heute durch klinische Studien belegt werden konnte, ist über den Einfluss des Zeitpunkts einer Exposition mit der oben genannten Noxe auf die Veränderung der Lungenfunktion weitestgehend unbekannt.

Milanzi und ihre Kollegen von der Utrecht Universität in den Niederlanden haben hier angesetzt und legen nun die Ergebnisse einer sekundären Kohortenstudie vor. Dafür griffen sie auf die Daten der sog. Dutch population-based Prevention and Incidence of Asthma and Mite Allergy birth-Kohortenstudie (PIAMA) zurück. Diese umfasste 3963 Kinder, die zwischen 1996 und 1997 geboren worden sind. Folgende Informationen waren für die sekundäre Auswertung verfügbar:

• häusliche Umgebung,

• Charakteristika zu Gesundheit und Lebensstil,

• Exposition gegenüber Nikotinrauch, Schimmel, Feuchtigkeit,

• Kontakt mit Haustieren,

• Zeitpunkt und Zeitraum der jeweiligen Exposition.

Die Befragung der Eltern bzw. der dann älter werdenden Kinder fand 3 Monate nach der Geburt sowie jährlich vom 1. bis zum 8. Lebensjahr und dann im 11., 14. sowie im 16  Lebensjahr statt. Um den Einfluss der einzelnen Risikofaktoren sowie die Dauer und den Zeitpunkt der Exposition auf die Lungenfunktion untersuchen zu können, erfassten die Forscher neben den oben genannten Parametern auch die FEV1 im Alter von 12 und 16 Jahren. Zur Modellierung der Effekte griffen sie auf ein lineares Regressionsmodell zurück und beachteten dabei potenzielle konfundierende Variablen.

Passivrauch immer schädlich

Für insgesamt 552 Kinder waren sowohl die Daten der ursprünglichen Studie als auch die Ergebnisse der Messung der Lungenfunktion verfügbar. Bei 32,2 % der Kinder litt die Mutter unter einer bekannten Allergie, 41,1 % hatten bereits im 1. Lebensjahr Kontakt zu Tieren, und 9,1 % kamen laut Fragebogen mit Schimmel in Berührung. 23,3 % der Teilnehmer entwickelten bis zum 8. Lebensjahr eine Asthmaerkrankung, 7,9 % der Kinder im 14. und 16. Lebensjahr waren aktive Raucher.

Eine Exposition mit Passivrauch in der Kindheit ging mit einer reduzierten FEV1 einher. Im Gegensatz dazu konnten die Forscher für den Kontakt mit Tieren in der späten Kindheit und auch in der frühen Kindheit eine Zunahme der FEV1 feststellen. Der Kontakt mit Feuchtigkeit und Schimmel in den ersten Lebensmonaten und Lebensjahren wirkte sich negativ auf die Lungenfunktion aus. In Hinblick auf den Einfluss des Timings stellten die Autoren für alle Zeitfenster einen deutlich negativen Einfluss der Exposition gegenüber Passivrauch auf die Lungenfunktion fest.

Der Kontakt mit Tieren war hingegen tendenziell mit einer höheren FEV1 verbunden. Die Autoren betonen in ihrem Fazit den Pioniercharakter ihrer Auswertung und kommen zu dem Schluss, dass der Kontakt mit Tieren in der Kindheit nicht generell ein Risikofaktor für die Verschlechterung der Lungenfunktion darstelle. Exposition gegenüber Passivrauch würde sich hingegen über alle Zeitfenster hinweg negativ auswirken.

Fazit

In dieser sekundären Auswertung einer dänischen Kohortenstudie zeigte die Exposition gegenüber Passivrauch bei Kindern und Jugendlichen über alle betrachteten Zeitfenster hinweg einen negativen Einfluss auf die Lungenfunktion. Der Kontakt mit Tieren wirkte sich hingegen in der frühen und späten Kindheit positiv auf die Lungenfunktion aus. Die Autorinnen/Autoren sehen in den Ergebnissen einen Beleg für die wichtige Rolle des Timings und wünschen sich weitere Untersuchungen zum Thema.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover

Publication History

Article published online:
09 April 2020