Pneumologie 2020; 74(03): 134
DOI: 10.1055/a-1078-5206
Pneumo-Fokus

Tuberkulose: Neuer Urintest für HIV-Patienten

Kerkhoff AD. et al.
Diagnostic sensitivity of SILVAMP TB-LAM (FujiLAM) point-of-care urine assay for extra-pulmonary tuberculosis in people living with HIV.

Eur Respir J 2019;
DOI: 10.1183/13993003.01259-2019.
 

Die Diagnostik einer Tuberkulose stellt besonders bei HIV-Patienten bis heute eine große Herausforderung dar. Auch extrapulmonale und disseminierte Formen erschweren die Früherkennung. Dennoch ist aufgrund des hohen Mortalitätsrisikos eine schnelle Diagnose sehr wichtig. Kerkhoff und Team haben daher nun einen neuen point-of-care Urintest entwickelt und berichten über Ergebnisse zur Sensitivität.


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Eine Tuberkulose zeichnet sich insbesondere bei Patienten mit vorbestehender HIV-Erkrankung durch eine große Vielfalt der klinischen Manifestationen und Symptome aus. Die Erkrankung äußert sich dabei nicht selten extrapulmonal und kann durch die Affektion multipler Organe zu schweren Komplikationen bis hin zum Tode führen. Vor diesem Hintergrund ist eine schnelle und zuverlässige Diagnostik sehr wichtig. Obgleich es von der WHO empfohlene Testverfahren gibt, die verschiedene externe Manifestationen der Tuberkulose nachweisen können, bleibt die Durchführung aufgrund der Notwendigkeit einer invasiven Probe schwierig.

Kerkhoff und seine Kollegen wollten hier nun eine Lücke schließen und stellen erste Tests zur Sensitivität eines neuen Urintestes zur point-of-care Diagnostik der externen Tuberkulose bei HIV-Patienten vor. Zwar gibt es bereits einen solchen Test, die Sensitivität ist allerdings in Studien noch nicht besonders hoch gewesen. Der sog. Alere Determine TB LAM assay sei schnell in der Durchführung, kostengünstig und durch den Verzicht auf eine invasive Probe auch einfach durchzuführen.

Die Autoren haben daher einen vergleichbaren Test entwickelt, der den Vorgänger in Bezug auf die Sensitivität übertreffen sollte. Dieser SILVAMP TB LAM POC assay wurde dann mithilfe einer post-hoc-Analyse einer prospektiven Kohortenstudie mit erwachsenen Probanden mit HIV aus Südafrika evaluiert. Die Stichprobe setzte sich aus 2 Subkohorten zusammen:

  • Kohorte A: HIV-Patienten mit einer aktuellen Tuberkulose-Diagnose, unabhängig von der CD4-Zellzahl.

  • Kohorte B: HIV-Patienten mit Verdachtsdiagnose Tuberkulose und einer CD4-Zellzahl unter 350 Zellen/μL.

Alle Teilnehmer wurden systematisch auf Tuberkulose untersucht. Wenn immer möglich, versuchten die Studienleiter für jeden Patienten 2 Sputumproben, eine Blutprobe und eine Urinprobe für die Mykobakteriologie zu bekommen. Alle verfügbaren Proben wurden dann auf Tuberkulose getestet, für die Urinproben kamen die beiden oben genannten Tests zum Einsatz.

Bei positivem Ergebnis wurde für jeden Patienten noch eine Unterteilung vorgenommen:

  • Tuberkulose ausschließlich im Sputum diagnostiziert,

  • Tuberkulose in extrapulmonalen Proben diagnostiziert,

  • Tuberkulose sowohl im Sputum als auch in extrapulmonalen Proben diagnostiziert.

Schließlich berechneten die Forscher für beide Urintests die Sensitivität mit einem entsprechenden 95 %-Vertrauensintervall.

Sensitivität bis 91 %

1079 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien, 872 von ihnen konnten schließlich bei der Auswertung berücksichtigt werden. Das mittlere Alter lag bei 36 Jahren, 54 % der Patienten waren weiblich, die durchschnittliche CD4-Zellzahl lag bei 84 Zellen/μL, 45 % aller Teilnehmer waren bereits aufgrund einer Tuberkulose behandelt worden. 56 % der in dieser Post-hoc-Analyse berücksichtigen Patienten hatten eine mikrobiologisch bestätigte Tuberkulose in mindestens einer Probe, bei 88 Patienten war eine Tuberkulose möglich, und bei 231 ließ sich die Infektion nicht nachweisen.

Von den Patienten mit bestätigter Diagnose litten 23 % an einer pulmonalen Tuberkulose, 28 % an einer extrapulmonalen Tuberkulose, und 49 % der Betroffenen zeigten sogar beide Manifestationsformen. Der neue Urintest bewährte sich am besten bei Patienten mit einer disseminierten Form. Der Test konnte 91 % der Fälle detektieren, während die entsprechende Zahl des Vorgängers auf nur 61 % beziffert werden konnte. Bei Patienten, die entweder eine pulmonale oder eine rein extrapulmonale Tuberkulose zeigten, lag die Sensitivität des neuen Testes bei 60 % und 67 % im Vergleich zu 19 % und 41 % des älteren Urintestes. Die Studienautoren kommen auf Basis dieser Ergebnisse zu dem Fazit, dass ihr neuer Test im Vergleich zu dem Vorgänger eine gute Sensitivität zeigen würde und daher für die Frühdiagnostik verschiedener Manifestationsformen einer Tuberkulose bei HIV-Patienten infrage käme.

Fazit

In dieser Post-hoc-Analyse einer prospektiven Kohortenstudie mit erwachsenen HIV-Patienten aus Südafrika mit Tuberkulose oder einer entsprechenden Verdachtsdiagnose zeigte ein neuer point-of-care Urintest im Vergleich zum Vorgänger eine deutlich höhere Sensitivität. Die Autorinnen/Autoren sehen daher in ihrem Test eine sehr gute Möglichkeit zur unkomplizierten, schnellen und kostengünstigen Früherkennung von Tuberkulose in dieser Patientengruppe.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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Publication History

Article published online:
06 March 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York