Pneumologie 2020; 74(03): 132-133
DOI: 10.1055/a-1078-5230
Pneumo-Fokus

Interstitielle Lungenerkrankungen: Feinstaubbelastung erhöht Progressionsrisiko

Rice MB. et al.
Ambient air pollution exposure and risk and progression of interstitial lung abnormalities: the Framingham Heart Study.

Thorax 2019;
DOI: 10.1136/thoraxjnl-2018-212877.
 

Umweltverschmutzung durch mit dem Straßenverkehr assoziierten Feinstaub ist besonders in Großstädten ein wichtiges Thema. Ein Zusammenhang zwischen dieser Belastung und dem Auftreten und der Progression von interstitiellen Lungenerkrankungen wird vermutet. Da es zu diesem Thema bislang nur wenige harte Daten gibt, haben Rice und ihre Kollegen eine sekundäre Auswertung der Framingham-Heart-Studie zum Thema durchgeführt.


#

Interstitielle Lungenerkrankung sind in der Pneumologie ein großes Krankheitsfeld und können bei chronischen Verläufen zur irreversiblen Lungenfibrose und schweren Beeinträchtigungen der Lungenfunktion führen. Zu den wichtigsten Risiken zählen dabei Umweltfaktoren wie das Rauchen oder der Kontakt mit Silikon oder Asbest. Darüber hinaus wird vermutet, dass eine starke und zeitlich längere Exposition gegenüber Umweltgiften wie Feinstaub oder Verkehrsabgasen das Risiko einer Erkrankung bzw. einer Progression erhöhen könnte.

Da es bislang nur wenige harte Fakten zu dieser Hypothese gibt, wollten Rice und ihre Kollegen hier eine Lücke schließen und haben eine sekundäre Auswertung der Framingham-Heart-Studie durchgeführt. Als Leitfrage wollten sie dabei herausfinden, ob eine Langzeitexposition gegenüber Luftverschmutzung mit der Entwicklung und Verschlimmerung von interstitiellen Lungenerkrankungen in einem frühen Stadium zusammenhängen könnte.

Sie griffen dafür auf die Daten von 2618 Teilnehmern der oben genannten Studie aus dem Zeitraum zwischen 2008 und 2011 zurück. Für diese Patienten lagen die Befunde einer thorakalen Computertomografie vor. Um auch die Auswirkungen einer Belastung durch Umweltgase auf die Progression von vorbestehenden Hinweisen auf eine interstitielle Lungenerkrankung beurteilen zu können, berücksichtigten die Forscher die Ergebnisse einer kardialen CT-Untersuchung von 1846 Teilnehmern der Studie aus den Jahren 2002 bis 2005. Für diese war demnach eine Verlaufsbeurteilung möglich.

Um den Begriff der Umweltverschmutzung bzw. die Belastung gegenüber Umweltgasen objektivieren zu können, zogen die Studienautoren die durchschnittlichen 5-Jahres-Werte von Feinstaub, Karbon und Ozon heran. Darüber hinaus berechneten sie für jeden Teilnehmer den Abstand zwischen der Heimanschrift und der nächstgelegenen viel befahrenen Straße. Schließlich sollte jeder Proband einen Fragebogen zu folgenden Punkten ausfüllen:

  • Anschrift,

  • demografische Kennwerte,

  • Beruf,

  • Medikamente,

  • Rauchergeschichte,

  • Passivrauchen,

  • respiratorische Symptome,

  • und Diagnosen.

Mithilfe der CT-Bilder untersuchten die Autoren dann einen etwaigen Zusammenhang zwischen klinischen Hinweisen auf eine interstitielle Lungenerkrankung und dem Grad der Exposition gegenüber Umweltverschmutzung. Als Grundlage für die statistische Auswertung diente ein logistisches Regressionsmodell. Als mögliche potenzielle Störvariablen wurden dabei Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Pack Years, Passivrauchen, Kohorte und Erhebungszeitpunkt berücksichtigt.

Karbon als Risikofaktor

Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 59,5 Jahre alt, 49,6 % von ihnen männlich. Der durchschnittliche Body-Mass-Index konnte auf 28,5 beziffert werden, 7,2 % waren aktuelle und 51,4 % ehemalige Raucher. Die mittlere Distanz zwischen der Heimanschrift und einer viel befahrenen Straße lag bei 259,8 m, 28,2 % der Teilnehmer lebten etwa 100 m von einer solchen Straße entfernt. Eine höhere Belastung insbesondere mit Karbon ging mit einer um 1,27-fach größeren Wahrscheinlichkeit von computertomografischen Anzeichen einer interstitiellen Lungenerkrankung einher.

Für die Progression einer bereits bestehenden Erkrankung errechneten die Forscher eine Odds Ratio von 1,33 mit einem 95 %-Vertrauensintervall zwischen 1 und 1,77. Für die anderen untersuchten Stoffe stellten sie hingegen keinen solchen Zusammenhang fest. Die Wissenschaftler sehen in ihren Ergebnissen einen Beleg für die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Feinstaubgasen in Zusammenhang mit dem hohen Verkehrsaufkommen an viel befahrenen Straßen und raten dringend zu Präventionsmaßnahmen.

Fazit

In dieser sekundären Auswertung der Framingham-Heart-Studie über den Zusammenhang zwischen interstitiellen Lungenerkrankungen und Umweltverschmutzung in Zusammenhang mit Straßenverkehr erhöhte eine Exposition gegenüber Karbon das Risiko für das Auftreten und die Progression dieser Erkrankungsgruppe. Die Autorinnen/Autoren sehen in ihren Ergebnissen ein Alarmsignal und wünschen sich neben Präventionsmaßnahmen weitere Untersuchungen.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


#
#

Publication History

Article published online:
06 March 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York