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DOI: 10.1055/a-1083-8923
Der Riesenzelltumor des Knochens – neue Aspekte, neue Probleme
Giant Cell Tumor of Bone – new aspects, new problemsZusammenfassung
Für keinen anderen primären Tumor des Knochens wurden in den letzten Jahren so bahnbrechende Erkenntnisse erlangt, die direkt in die tägliche Diagnostik und klinische Anwendung umgesetzt werden konnten, wie für den Riesenzelltumor des Knochens (RZTK). Zum einen erhielt die Beschreibung der für diese Tumorentität hochcharakteristischen Histonmutation im H3F3A-Gen und der daraus resultierenden Veränderung im Histon 3.3 diagnostische Bedeutung. Diese Erkenntnisse sind heute etablierte Bestandteile in der Diagnostik. Zum anderen stellt sich die RANK-RANKL-Achse als wesentlicher Mechanismus dar, der mittels des monoklonalen Antikörpers Denosumab therapeutisch blockiert werden kann. Die daraus abgeleiteten therapeutischen Konsequenzen werden teils kontrovers diskutiert. Im Folgenden sollen diese Aspekte vor dem Hintergrund der aktuellen Literatur reflektiert werden.
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Epidemiologie
Der Riesenzelltumor des Knochens ist ein intermediär maligner, d. h. lokal aggressiver, aber selten metastasierender Tumor (ICD-O: 9250 / 1) [1], [2]. Der Anteil des RZTK an der Gesamtheit der primären Knochentumoren liegt bei etwa 4–10 %, zugleich macht er ca. 20 % aller benignen Knochentumoren aus [3]. Sein Inzidenzmaximum findet sich zwischen 20. und 55. Lebensjahr. Bei einem Verhältnis im Bereich von 1 : 1,1 bis 1 : 1,5 ist die Wahrscheinlichkeit, einen RZTK zu entwickeln, für Frauen etwas höher als für Männer. In der globalen Verteilung der Tumorentität zeigen sich besonders in China und Südindien erhöhte Prävalenzen (bis zu 30 %), wofür bisher keine Kausalität ausgemacht werden kann. Der RZTK tritt vornehmlich in meta-epiphysären Regionen der langen Röhrenknochen (75–90 %) auf. Mit den Manifestationen von 23–30 % aller RZTK-Fälle am distalen Femur und 20–25 % an der proximalen Tibia ist die häufigste Lokalisation eines RZTK der Bereich des Kniegelenks (50–65 %). Weitere Prädilektionsstellen sind das distale Ende des Radius (10–12 %), das Sakrum (4–9 %) und der proximale Humerus (4–8 %). Von Metastasen ist zumeist die Lunge betroffen (2–5 % der RZTK-Fälle), wobei in der Regel Metastasen allein nicht mit einem malignen Verlauf gleichgesetzt werden können. Aufgrund des langsamen Wachstums und guter chirurgischen Zugangsmöglichkeiten sind Lungenmetastasen in bis zu 70 % der Fälle mit einer guten Prognose verbunden [4]. Sehr selten ist eine primäre Malignität des RZTK, wohingegen sekundär maligne RZTK häufiger sind und zumeist nach einer Strahlentherapie beschrieben wurden [5]–[7].
Symptomatik
Die Symptomatik des RZTK erweist sich als unspezifisch und lokalisationsabhängig. Daher ist das Tumorwachstum zum Diagnosezeitpunkt häufig lokal fortgeschritten [2]. Die Erkrankung kann sich durch Schmerzen, lokale Schwellungen oder Beweglichkeitseinschränkungen von betroffenen Gelenken äußern. Etwaige Schmerzen charakterisieren sich durch lange zeitliche Persistenz, langsamen Progress sowie Abnahme in Ruhe. Ein akuter Schmerzbeginn kann die Konsequenz einer pathologischen Fraktur sein. Diese ist bei etwa 10–12 % der Patienten die primäre Erscheinung der Erkrankung [3], [4].
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Diagnostik
Besteht der klinische Verdacht auf einen RZTK, eignen sich zunächst bildgebende Methoden wie das konventionelle Röntgenbild oder zur weiterführenden Bildgebung die Magnetresonanztomographie. Zur Beurteilung von kortikalen Ausdünnungen und pathologischen Frakturen wird die native Computertomographie herangezogen. Im Röntgenbild kennzeichnet sich der RZTK durch eine geschlossene, osteolytische Läsion in exzentrischer Lage mit einem gut definierten nichtsklerotischen Randsaum [4], [8].
Das diagnostische Mittel der Wahl ist die Biopsie zur Histologiegewinnung. Diese wird in der Regel durch Inzision oder minimalinvasiv durchgeführt, mit Unterstützung von radiologischen Verfahren wie Ultraschall oder Computertomographie [9]. Das so gewonnene Gewebe zeigt histologisch üblicherweise folgende Zellpopulationen [1], [6]: zum einen die multinukleären, osteoklastären Riesenzellen, zum anderen monozytenartige runde Zellen sowie die neoplastischen, H3F3A-mutierten, spindelförmigen Stromazellen und deren Vorläuferzellen [2], [10], [11]. Die H3F3A-Mutation ist pathognomonisch für den RZTK und wird zu diagnostischen Zwecken mittels Gensequenz-Analyse oder, heute gleichwertig, durch den Einsatz eines mutationsspezifischen Antikörpers RM263 (der Firma RevMab Biosciences, San Francisco, CA, USA) auch an formalin-fixiertem Material detektiert [12], [13]. Der Nachweis der H3F3A-Mutation ist hochcharakteristisch für diesen Tumor. Ausnahmen sind einzelne, ebenfalls H3F3A-mutierte Osteosarkome, bei welchen in einer groß angelegten Studie in 6 von 106 Osteosarkomen diese Mutation nachgewiesen werden konnte. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Osteosarkomen um eine besondere Subgruppe in Patienten über 30 Jahren, die in dieser Studie ein differentes Methylierungsprofil im Vergleich mit H3F3A-Wildtyp Osteosarkomen zeigten. In dieser Studie konnte jedoch nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden, ob es sich möglicherweise um transformierte RZTK handelt, zumal diese Sarkome häufiger epiphysär lokalisiert waren [14].
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Therapie
Sofern eine Operabilität gegeben ist, gilt die chirurgische Entfernung des Tumors als aktueller Goldstandard [15]. Abhängig von der Lokalisation und Größenausdehnung des RZTK sollte eine Kürettage und Auffüllung des Defektes mit Polymethylmethacrylat (PMMA) oder eine totale Resektion, bei Gelenkeinbruch kombiniert mit einem Gelenkersatz, durchgeführt werden. Hierbei sind Resektionen, im Vergleich zur Kürettage, mit einem geringeren Rezidivrisiko bei gleichzeitig schlechterem funktionellen Resultat und gesteigerter Morbidität vergesellschaftet [2]. Aus diesem Grund bleiben Resektionen im Regelfall Tumoren mit aggressiven, extraossär lokalisierten oder mehrfach rezidivierenden Verläufen vorbehalten [4]. Die häufigste chirurgische Intervention bei einem RZTK ist die Kürettage. Die Rezidivwahrscheinlichkeit bei dieser Methode beträgt ca. 12–65 % [4]. Eine Senkung dieses hohen Rezidivrisikos kann durch Verwendung von Hochgeschwindigkeitsbohrern, Wasserstoffperoxid-Instillation und PMMA-Zementierung erzielt werden [4], [16], [17]. Die PMMA-Auffüllung der Läsion im Rahmen einer Kürettage verbessert durch die mechanische Unterstützung die frühe Mobilisierung des Patienten und erleichtert zudem die Früherkennung von Lokalrezidiven in der Bildgebung [16], [18].
Indikationen für systemische Behandlungsverfahren ergeben sich sowohl bei Inoperabilität als auch in Kombination mit chirurgischen Verfahren. Im Sinne eines neoadjuvanten Ansatzes dienen sie dem präoperativen Down-Staging eines Befundes oder zur Unterstützung des postoperativen Verlaufes [2]. Weiterhin sind in der systemischen Behandlung des RZTK Bisphosphonate und Interferon-α (IFN-α) etabliert [2], [19]. Eine Strahlentherapie gilt aufgrund des beschriebenen erhöhten Risikos für Sekundärmalignome als nicht mehr leitliniengerecht [4], [7], [20].
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Pathophysiologie
Physiologischerweise werden Knochenresorption (durch Osteoklasten) und -formation (durch Osteoblasten) grundsätzlich feinjustiert und überwacht. Die Osteoblasten regulieren mittels der sezernierten Mediatoren Receptor-Activator-of-Nuclear-Factor-κappa-b- (RANK-) Ligand und Osteoprotegerin (OPG) die Osteoklastentätigkeit. RANKL stimuliert osteoklastäre Vorläuferzellen und reife Osteoklasten über deren membranständigen Rezeptor RANK. Diese Stimulation führt zur Rekrutierung von Vorläuferzellen und zur Knochenresorption durch Osteoklasten. Wichtig für einen regelhaften Knochenstoffwechsel ist das ausgewogene Verhältnis von RANKL-bindenden Decoyreceptor (i. e. Köderrezeptor) OPG zu RANKL [21]. Kürzlich konnte zudem gezeigt werden, dass Osteoklasten über exosomen-ähnliche Vesikel, mit auf der Oberfläche gebundenem RANK-Rezeptor an membranständigen RANKL auf der Oberfläche von Osteoblasten binden können und so ein Feedback-Mechanismus von Osteoklasten zu Osteoblasten möglich ist [22].
Im RZTK entwickelt sich durch eine paraneoplastische Überexpression von RANKL, verursacht von neoplastischen, H3F3A-mutierten Stromazellen, ein pathologisches Ungleichgewicht in der RANK-RANKL-Achse [23]. Die Wirkung von RANKL beschränkt sich nicht nur auf die Induktion von Osteolysen, sondern ist möglicherweise auch ein entscheidender Faktor bei der Invasion und Migration von Tumorzellen in dieser und anderen Entitäten [24]. Neben der oben beschriebenen Achse spielen weitere (hier beispielhaft aufgeführte) Rezeptoren wie die Familie der Matrixmetalloproteinasen (MMPs) und deren Inhibitoren, bezeichnet als Tissue-inhibitor-of-metalloproteinasen (TIMP), der Vascular-endothelial-growth-factor-Receptor 1 (VEGFR-1) sowie der Parathormonrezeptor 1, aber auch TNF-related-apoptosis-inducing-ligand (TRAIL) und CD40 (die Tumornekrosefaktorrezeptor-Superfamilie 5) auf der Seite der neoplastischen Stromazellkomponente und der Transforming-growth-factor-β- (TGF-β-) Rezeptor 2, CD45 (die Rezeptor-Typ Tyrosin-Proteinphosphatase C), Tartrate-resistant-acid-phosphatase (TRAP) und der Integrinrezeptor αvβ3 sowie der Östrogenrezeptor auf der osteoklastären Zelle eine Rolle in der komplexen Interaktion zwischen neoplastischer Zelle und dem die Osteolyse ausführenden Osteoklasten [10].
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Histon 3.3 und die Mutation G34W
Histone sind intranukleäre Oktamer-Proteine, die in der Zellarchitektur für die platzsparende Anordnung der DNA-Helices notwendig sind. Hierbei lassen sich vier Subgruppen differenzieren: H1, H2, H3 und H4. Wie alle Proteine weisen auch die Histon-Oktamere einen N-Terminus auf. Dieser ragt aus dem Oktamerkonstrukt heraus, sodass sich für bestimmte Enzyme Bindungs- und Modifikationsmöglichkeiten ergeben. Zu diesen Modifikationen zählen beispielsweise Methylierungen oder Acetylierungen, die in ihrer Komplexität zur Entstehung eines sogenannten Histoncodes beitragen [25], [26]. Histone können von mehreren Genen kodiert werden, im Falle des Histons 3 sind das die Gene H3F3A und H3F3B.
Die Charakterisierung einer für den RZTK pathognomonischen Mutation im H3F3A-Gen durch Flanagan et al. im Jahre 2013 ist von herausragender Bedeutung für eine zuverlässige RZTK-Diagnostik. Mit einer Prävalenz von 92 % konnten Flanagan et al. in 49 von 53 RZTK-Fällen diese Histonmutation nachweisen [11].
Die H3F3A-Mutation ist dem Wesen nach eine Punktmutation: Der Basenaustausch von Guanin durch Thymin führt posttranslational zu einem Protein, in welchem an der 34. Stelle der Aminosäuresequenz des Histons Tryptophan (W) anstatt Glycin (G) eingefügt wurde [11]. Besondere Bedeutung kommt dem Nachweis der Mutation zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung von anderen riesenzellhaltigen Läsionen, wie dem Chondroblastom, dem nicht ossifizierenden Fibrom, der aneurysmatischen Knochenzyste und auch dem braunen Tumor bei Hyperparathyreodismus, zu. Die Auswirkungen dieser Histonmutation sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht vollständig bekannt und werden nachfolgend diskutiert.
Lewis et al. weisen auf eine Rolle dieser Mutation bezüglich des Methylierungsgrades der nächstgelegenen Aminosäurereste hin [27]. Diskutiert wird die Beeinflussung der Aminosäure Lysin an Position 36 im Histon 3. Dabei wird eine Dreifach-Methylierung des Lysins an Position 36 (H3K36me3) mit DNA-mismatch-repair und Mikrosatelliteninstabilität in Verbindung gebracht [26], [28]. In diesem Zusammenhang konnten eine gehemmte Methyltransferase und nachfolgende Modifikation des Genexpressionsmusters nachgewiesen werden [25]. In dieser konzeptionellen Fluchtlinie stehen Ergebnisse einer Expressionsstudie, supplementiert mit einer Massenspektrometrie, in der auf eine Rolle von H3.3 in der RNA-Prozessierung und der Chromatinmodulation hingewiesen wurde. Diese Prozesse erscheinen durch die Mutation inhibiert [29]. In einem RNA-basierten Knock-down-Assay von H3F3A konnte eine Inhibition der Zellproliferation, der Migration und der Fähigkeit, Kolonien zu bilden, in vitro nachgewiesen werden [30]. Durch eine genomweite Analyse der Tumorzellen, im Vergleich zu mesenchymalen Stammzellen (MSC), wurde eine Gruppe von 174 differenziell exprimierten Genen identifiziert. Als ein Zielgen konnte SPP1 (Osteopontin) bestimmt werden. Ein Knock-down dieses Gens induzierte in Zelllinien des RZTK, im Gegensatz zu MSC, RUNX2 und Osteoprotegerin [31].
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Denosumab
Nach einer Zulassung für die Therapie der Osteoporose erhielt die Firma Amgen im Jahre 2013 in den USA die Zulassung von Denosumab (Handelsname: XGEVA®) zur Behandlung von inoperablen RZTK [2], [19]. Die Dosierungsempfehlung rät zur Verabreichung von 120 mg Denosumab alle vier Wochen (in den ersten drei Behandlungswochen wöchentlich) subkutan. Die Dosis für die Therapie des RZTK ist damit um das bis zu 16-Fache höher als die entsprechenden Dosen für die Therapie der Osteoporose. Denosumab ist ein humanisierter monoklonaler IgG2-Antikörper mit einem Molekulargewicht von 147 kDa. Die Halbwertszeit liegt bei 26 Tagen. Durch die spezifische Bindung von RANKL, ähnlich der Funktion von OPG in einer physiologischen Situation, ermöglicht Denosumab die Antagonisierung des pathologisch hohen RANKL im RZTK und der übermäßigen Knochenresorption [24]. Unter der Denosumab-Therapie kommt es in RZTK zu einer Pathomorphose: Schon nach wenigen Zyklen Denosumab sind die osteoklastären Riesenzellen sowie die neoplastischen Stromazellen zahlenmäßig reduziert [12]. Es kommt zu einer Sklerosierung und Umstrukturierung des Knochens, die in einer ausgeprägten Neubildung von Knochen mit vermehrten, jeweils H3F3A-negativen Osteoblasten und fibroblastoiden Zellen mündet [32].
Die präoperative Behandlung mit der daraus folgenden fortschreitenden Verknöcherung des Tumors erschwert intraoperativ die makroskopische Abgrenzung zwischen physiologischem Gewebe und Tumor. Das Risiko von in situ verbleibenden Tumorzellen scheint im Vergleich zur Kürettage an nicht vorbehandelten RZTK mit einer erhöhten Rezidivrate einherzugehen [33], [34]. Mögliche Nebenwirkungen, die durch Denosumab auftreten können, sind Rücken- und Gliederschmerzen, Kieferosteonekrosen, Hypokalzämie, Hypophosphatämie sowie Anämien [2], [19]. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität belegt, sodass von einem Einsatz während der Schwangerschaft dringend abgeraten wird [35]. Schwere symptomatische Hypokalzämien, teils mit Todesfolge, hatten im Jahre 2012 einen Rote-Hand-Brief zur Folge [36]. Im Jahr 2015 wies ein Roter-Hand-Brief auf das Risiko von Kieferosteonekrosen hin [37].
Nach der Zulassung von Denosumab zur Behandlung des RZTK in den USA wurden ab 2013 erste Fallberichte bekannt, die Malignome unter XGEVA® beschreiben. Dies führte zu einem Informationsschreiben des Herstellers im Jahre 2018. In diesem wurde eine gepoolte Analyse von vier Phase-III-Studien mit über 3600 Patienten je Behandlungsgruppe bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen vorgestellt. Unter einmal monatlicher Gabe von 120 mg Denosumab traten bei 1,5 % der Patienten Malignome auf, während in einer Patientengruppe, die mit einer Therapie mit dem Osteoklasten-hemmenden Bisphosphonat Zoledronsäure behandelt worden war, in 0,9 % maligne Tumoren nachgewiesen wurden [38]. Es gibt zusätzlich weitere Fallberichte, in denen RZTK-Patienten unter einer Denosumab-Therapie ohne vorangegangene Strahlentherapie (Osteo-)Sarkome bildeten, wobei der Nachweis des Sarkoms zwischen drei und 30 Monaten nach Denosumab-Therapie des RZTK lag [5], [39]–[41]. Dabei bleibt unklar, ob das Sarkom weiter die H3F3A-Mutation trägt oder ob es zu einer Malignisierung einer nicht H3F3A-mutierten Population in dem RZTK kommt. In eigenen Fällen konnten beide Möglichkeiten beobachtet werden. Folglich ist es weiter ungeklärt, ob Denosumab einen promovierenden Einfluss auf die Transformation der H3F3A-positiven neoplastischen Zelle hat oder ob sich ein Milieu ausbildet, das eine sekundäre Malignisierung einer H3F3A-negativen Stromazelle begünstigt. RANKL stimuliert B- und T-Lymphozyten sowie dendritische Zellen. Der Stimulationsverlust unter Denosumab-Therapie kann Immunsuppression und maligne Transformation begünstigen [34], [42]. Mittels vergleichender Proteom-Analysen vor und nach Denosumab-Therapie konnten mindestens 13 konsistent hochregulierte und 19 konsistent herabregulierte Proteine identifiziert werden. Ein Teil dieser Proteine ist indirekt in dem RANK-RANKL-, aber auch dem Matrixproteinase-Signalweg involviert. Die Aktivität der Metalloproteinase-9 im Gewebe war nach Denosumab-Therapie in dieser Studie signifikant herunterreguliert, wobei In-situ-Analysen zeigen konnten, dass die residuellen Stromazellen weiter MMP-9 exprimierten. Ob es sich dabei um residuelle H3F3A-mutierte, neoplastische Zellen handelt, wurde nicht geklärt [43]. In einer weiteren In-vitro-Analyse von H3F3A-mutierten Stromazellen konnte gezeigt werden, dass die neoplastischen Zellen in Kurzzeitkulturen kontinuierlich, wenn auch verlangsamt, weiter proliferieren. Zudem wurde belegt, dass die neoplastischen Zellen unter der Denosumab-Behandlung deutlich weniger RANKL sezernierten. Die Autoren weisen darauf hin, dass bei einem Zustand nach Denosumab-Therapie durch die Knochenneubildung H3F3A-mutierte Tumorzellen in situ zurückbleiben, die sich nach Beendigung der Therapie reaktivieren können [44]. Diese Befunde sind Argumente dafür, dass eine Denosumab-Gabe letztlich als symptomatische Therapie zu sehen ist, deren Dauer bislang nicht klar definiert wurde. Als Fazit wird jeweils gezogen, dass die Indikation zum Einsatz von Denosumab beim RZTK kritisch gestellt werden sollte und eine engmaschige Überwachung der Behandlung auch nach Therapieende essenziell ist [40]. Aus diesen Gründen erscheinen neue Therapieansätze wesentlich, die direkt die neoplastische Stromazelle betreffen. Lübbehüsen et al. konnten zeigen, dass in vitro der WEE-1-Signalweg in H3F3A-mutierten RZTK-Zelllinien konstitutiv aktiv ist und dass dieser spezifisch durch den WEE-1-Kinaseinhibitor MK-1775 inhibiert werden kann. Der Effekt konnte in der Kombination mit Gemcitabin verstärkt werden. Die Bestandteile des Signalweges waren auch in situ nachweisbar und sind folglich als Biomarker für einen potenziellen Einsatz der Inhibitoren vor Therapiebeginn im Gewebe überprüfbar [13].


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Fazit und Ausblick
Der RZTK ist charakterisiert durch eine gesteigerte paraneoplastische Sekretion von RANK-Ligand, die konsekutiv zu einer Verschiebung der Knochenhomöostase in Richtung Knochenabbau durch induzierte, nicht neoplastische Osteoklasten führt. Er zeigt nahezu exklusiv die Histonmutation G34 W im Histon 3.3; der Nachweis der Mutation hat die Wertigkeit eines diagnostischen Markers. Erste Analysen der Mutation weisen auf eine Rolle in der Chromatinmodulation hin, die durch diese Treibermutation gestört ist. Ein zielgerichteter Therapieansatz ist der Einsatz von Denosumab, einem humanisierten Antikörper, der den RANK-Ligand antagonisiert. Durch den Einsatz kommt es zu einer Pathomorphose des Tumors mit gesteigerter Knochenneubildung. Nachgewiesene Sarkome im Rahmen einer Denosumab-Therapie weisen auf eine mögliche promovierende Wirkung auf die H3F3A-mutierten Stromazellen im Rahmen einer Transformation hin. Andere Untersuchungen zeigen jedoch, dass möglicherweise auch die H3F3A- (G34W-) negativen Stromazellen transformieren können. Folglich sind weitere systematische vergleichende Analysen des RZTK vor und nach Denosumab-Therapie, inklusive der nachgewiesenen Sarkome, zwingend notwendig, um diese Biologie zu klären. So könnte ein Profil erstellt werden, das erlaubt, eine mögliche Risikogruppe von Patienten zu identifizieren, die potenziell unter Denosumab-Therapie ein Sarkom entwickeln.
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Vivien Hild Institut für Pathologie, Universität Ulm
Julian P. Giesche Institut für Pathologie, Universität Ulm
Thomas Breining 2 Institut für Radiologie, Universität Ulm
Christoph Lübbehüsen Institut für Pathologie, Universität Ulm
Julian Lüke Institut für Pathologie, Universität Ulm
Marc Hasenfratz Institut für Pathologie, Universität Ulm
Kevin Mellert Institut für Pathologie, Universität Ulm
Alexandra von Baer Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Schwerpunkt Tumore Knochen und Weichteile, Universität Ulm
Markus Schultheiss Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Schwerpunkt Tumore Knochen und Weichteile, Universität Ulm
Peter Möller Institut für Pathologie, Universität Ulm
Thomas F.E. Barth Institut für Pathologie, Universität Ulm
Interessenkonflikt
B. Leinauer, V. Hild, J.P. Giesche, T. Breining, C. Lübbehüsen, J. Lüke, M. Hasenfratz, K. Mellert, A. von Baer, M. Schultheiss, P. Möller und T.F.E. Barth geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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25 February 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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