Andreas Dietz
Vom “Institute of Medicine of National Academy of Sciences, USA,”
wurde 1990 folgende Definition des Qualitätsbegriffs entwickelt:
“Quality of care is the degree to which health services for individuals and
populations increase the likelihood of desired health outcomes and are consistent
with current professional knowledge” bzw. übersetzt:
Qualität der Behandlung ist das Maß, in dem die gesundheitliche
Versorgung von Individuen oder Gruppen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass
vom Patienten erwünschte, auf die Gesundheit bezogene Ergebnisse erzielt
werden und zwar in Übereinstimmung mit dem aktuellen Wissen des
Berufsstandes. Hilfreich ist diese Definition für den Patienten, weil sie
„patientenzentriert“ ist. Nicht das Ergebnis medizinischen Handelns
allein steht im Mittelpunkt sondern gerade das vom Patienten wahrgenommene
(idealerweise erwünschte) Ergebnis (patient reported outcome, PRO), dieses
jedoch gemessen an dem fundierten Erkenntnisstand der Medizin (Leitlinien, Evidenz).
Der Qualitätsaspekt wird sehr gerne, aber damit auch hoch
inflationär und nicht klar in seiner genauen Bedeutung, auf werbenden
Hompages von medizinischen Leistungsanbietern, aber auch von Kostenträgern
und Industrie bemüht. Dies kommt auch in einer zunehmenden Zahl von
Zertifikaten und Qualitätslabels zum Ausdruck, die häufig aus
Patientensicht schwer in ihrer Güte einzuschätzen sind.
Die Messung und Erfassung der medizinischen Behandlungsqualität ist
aufwendig, methodisch nicht einfach und fehleranfällig. Das Institut
für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat
unter anderem den gesetzlichen Auftrag, Vor- und Nachteile von medizinischen
Verfahren zu bewerten, also z. B. verschiedene Arzneimittel oder neuerdings
auch Operationsverfahren untereinander zu vergleichen. Für die Auswahl und
Bewertung der Studien nutzt das IQWiG die Methoden der evidenzbasierten Medizin. Mit
dieser internationalen Standardmethode lässt sich einschätzen, wie
zuverlässig das vorhandene Wissen tatsächlich ist. Schwierig
allerdings gestaltet sich bei alleiniger Betrachtung der Studienlage die Aspekte der
Strukturqualität der an den Studien teilgenommenen Behandlungszentren, die
in der Regel sehr heterogen ist. Erst in jüngster Zeit spielen diese Aspekte
auch in Studien eine größere Rolle. Beispielsweise belegen aktuelle
Publikationen zur Ergebnisqualität nach Kopf-Hals-Tumortherapie ein
signifikant unterschiedliches Gesamtüberleben in Abhängigkeit der
Strukturqualität des jeweiligen Behandlungszentrums bei vermeintlich
gleicher Therapie.
Die folgenden Referate sollen helfen, in 8 Themengebieten unseres Faches und einer
interessanten journalistischen Außensicht, eine kritische Standortbestimmung
der aus ärztlicher Sicht relevanten Qualitätsstandards zu erstellen.
Ich hoffe, dass diese äußerst umfangreichen und hoch detaillierten
Arbeiten viele wertvolle Impulse für unsere tägliche Arbeit und die
stetige Weiterentwicklung unseres schönen Faches geben werden.
Prof. Dr. med. Andreas Dietz
Präsident der Deutschen Gesellschaft
für HNO-Heilkunde,
Kopf- und Hals-Chirurgie 2019/2020