Anamnese
Die 53-jährige Patientin stellte sich wegen eines langsam wachsenden Knötchens am linken Unterarm lateral nahe des Ellenbogens vor, das seit Jahren bestand. Sie störten die Schmerzen, die durch geringe Armbewegungen und leichten Druck getriggert wurden.
Klinischer Befund
Es war ein ca. 1,0 cm Durchmesser messendes, mäßig derbes, scharf umschriebenes Knötchen palpabel, das gut verschieblich war. Die Hautoberfläche war kaum erhaben und ohne Auffälligkeiten. Auf Druck gab die Patientin Schmerzen an. Es erfolgte die Exzision des gesamten Tumors mit den klinischen Verdachtsdiagnosen: Angiolipom, Neurinom, Glomustumor, Ekkriner Adnextumor, Leiomyom, („ANGEL“), Ganglion, Hämangiom, Fibroma durum oder Fibrolipom.
Histologischer Befund
Im tiefen Korium besteht ein gut begrenzter Tumor ([Abb. 1]), aufgebaut aus monomorphen Muskelzellen mit blassem Zytoplasma und teils zigarrenähnlichen Zellkernen ([Abb. 2]). Eingeschlossen immer wieder relativ große Lichtungsbildungen, von Endothelien ausgekleidet ([Abb. 3]). In der Immunhistologie ist Desmin schwach positiv ([Abb. 4]), S100 färbt die Nerven ([Abb. 5]).
Abb. 1 Solider, glatt begrenzter Tumor mit Pseudokapsel in der Subkutis; HE-Färbung (Vergrößerung 44 ×).
Abb. 2 Glatte, monomorphe Muskelzellen mit zigarrenförmigen Kernen, HE (Vergrößerung 880 ×).
Fig. 3 Große Gefäßstrukturen, umrandet von Endothelien, eingestreut in monomorphe Muskelzellen, HE (Vergrößerung 440 ×).
Fig. 4 Desmin in heterogener Expression; Clone D33, Antikörper 1:80, Biogenex (Vergrößerung 440 ×).
Fig. 5 S100-positive Nervenfasern, disseminiert in Tumor; S100 Clone 4C4.9, Antikörper 1:100, Zytomed (Vergrößerung 440 ×)
Diagnose
Angioleiomyom (Vaskuläres Leiomyom).
Differenzialdiagnose
Histologisch Ausschluss Leiomyom, Ausschluss fibröses Histiozytom, Ausschluss malignes fibröses Histiozytom.
Kommentar
Angioleiomyome sind gutartige Tumoren, die ca. 5 % der benignen Weichteiltumoren der Haut ausmachen und meist (ca. 80 %) an den Extremitäten vorkommen. Bevorzugt in der Knöchelregion, weniger an den Armen (im Verhältnis 3:1) [1]
[2]. Selten sind sie akral lokalisiert, meist an den Fingern [1], weitere Lokalisationen sind Kopf und oberer Stamm. Betroffen sind alle Alter, meist Erwachsene (40 – 60 Jahre), mehr Frauen [3]. Üblicherweise sind sie kleiner als 2 cm Durchmesser. Angioleiomyome verursachen in der Hälfte der Fälle Schmerzen [3], meist die Tumoren an den Extremitäten und am Stamm, seltener im Gesicht [4]. Allerdings sind die Schmerzen sehr unterschiedlich ausgeprägt, oft nur nach Irritationen (Tuberculum dolorosum). Aber der Schmerz kann auch konstant auftreten, paroxysmal, scharf-stechend oder getriggert (Druck, Östrogene, Kälte u. a) [5]. Auch die Genese der Schmerzen ist unklar. Es werden Nervenkompressionen, Verengung der versorgenden Blutgefäße mit nachfolgender Hypoxie diskutiert [6].
Die meisten Autoren gehen von einem venösen Ursprung aus, am ehesten von der Tunica media, obwohl dies nicht unumstritten ist [7]. Auch auslösende Faktoren bleiben umstritten. Es werden verschiedene Mechanismen diskutiert wie AV-Anastomosen, Genetik, Traumen, Hamartome oder Östrogen-Therapien.
Histopathologisch stellen sie von einer Bindegewebskapsel (Pseudokapsel) umhüllte, solide Tumoren dar. Eosinophile, glatte Muskelzellen und venöse Gefäße kennzeichnen die Angioleiomyome. Es gibt 3 Typen: solid, kavernös, venös. Unser Fall ist dem soliden Typ zuzuordnen. Nicht selten kalzifizieren die Leiomyome [8]. Die Expression von Desmin ist variabel, oft sind viele Tumorzellen positiv. In unserem Fall nur wenige. Daneben ist ά-sm-Actin ein häufiger Marker [9].
Therapie der Wahl ist die Exzision in toto zur Klärung der Diagnose. Rezidive sind selten [7]
[10].
Kutane Angioleiomyome sollten an die hereditäre Leiomyomatosis mit Nierenzellkarzinom (Reed-Syndrom) denken lassen, die durch eine Mutation des Tumorsuppressorgens für Fumarathydratase verursacht wird [11].