Feldman CH.
et al.
Association of childhood abuse with incident systemic lupus erythematosus in
adulthood in a longitudinal cohort of women.
J Rheumatol 2019;
46: 1589-1596
Im Rahmen der Studie werteten die Autoren Daten aus der sogenannten Nurses Health
Study II aus. Dabei handelt es sich um eine Kohorte von insgesamt
116 429 US-amerikanischen Krankenschwestern, die im Jahr 1986
eingeschlossen wurden und seitdem alle 2 Jahre Fragebögen zu
verschiedenen Gesundheitsthemen ausfüllen. Die Krankenschwestern waren
bei Einschluss in die Kohorte zwischen 25 und 44 Jahre alt.
In den regelmäßigen Fragebögen sollten die
Krankenschwestern angeben, ob bei ihnen ein SLE neu diagnostiziert worden war.
Die Teilnehmerinnen mit einer Diagnose wurden gebeten, den Connective Tissue
Disease Screening Questionnaire auszufüllen und den Wissenschaftlern
ihre medizinischen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Im Jahr 2001 erhielten die Teilnehmerinnen Fragebögen zum Thema
Missbrauch in der Kindheit. Körperlicher und emotionaler Missbrauch in
der Kindheit wurde mit dem Physical and Emotional Abuse Subscale of the
Childhood Trauma Questionnaire erfasst, sexueller Missbrauch mit dem Sexual
Maltreatment Scale of the Parent-Child Conflict Tactics Scale. Die
Teilnehmerinnen wurden in Kategorien von keinem, mildem, mittlerem und schweren
Missbrauch eingeteilt. Von 67 516 Frauen lagen Antworten über
körperlichen und emotionalen Missbrauch vor, 54% gaben an,
mittleren oder schweren Missbrauch erlebt zu haben. Über sexuellen
Missbrauch lagen Antworten von 67 480 Frauen vor, 9,9% gaben
mittleren oder schweren sexuellen Missbrauch an.
In der Analyse wurden Teilnehmerinnen ausgeschlossen, die schon bei Einschluss an
einer systemischen Bindegewebserkrankung gelitten hatten. Das Vorliegen eines
SLE wurde anhand der American College of Rheumatology Klassifikation von 1997
diagnostiziert, wenn mindestens vier Kriterien vorlagen. Die meisten
SLE-Fälle in der Studie hatten antinukleäre Antikörper
(98,9%), mehr als die Hälfte anti-dsDNA-Antikörper
(52,1%), die wichtigsten Manifestationen waren Arthritis (73%)
und hämatologische Veränderungen (64%).
Mit einer multivariablen Cox-Regression untersuchten die Wissenschaftler den
Zusammenhang zwischen Missbrauch in der Kindheit und dem Auftreten eines SLE,
sowie mögliche Störfaktoren (Bildungsstand der Eltern, Beruf,
Besitz eines Hauses) und Mediatoren (Depression, Posttraumatische
Belastungsstörung).
Von 67 516 Frauen wurden bis zum Jahr 2015 insgesamt 94 Fälle von
SLE diagnostiziert. Auch nach einer Adjustierung für verschiedene
Faktoren (Alter, Ethnizität, elterliche Faktoren) hatten Frauen, die in
der Kindheit der höchsten Kategorie von körperlichem und
emotionalem Missbrauch ausgesetzt waren im Vergleich zur Frauen, die keinem
Missbrauch ausgesetzt waren, ein 2,57-fach höheres Risiko für
die Diagnose eines SLE (95% KI 1,30–5,12).
Die Autoren errechneten, dass 17% des durch Missbrauch erhöhten
SLE-Risikos auf das Vorliegen von Depressionen zurückgeführt
werden kann (p<0,0001) und 23% auf das Vorliegen einer
Posttraumatischen Belastungsstörung (p<0,0001). Die Autoren
konnten in der Studie keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen
sexuellem Missbrauch und dem Auftreten eines SLE feststellen (HR 0,84,
95% KI 0,40–1,77).
Die vorliegende Studie zeigt, dass Frauen, die in der Kindheit schwer
körperlich oder emotional missbraucht wurden, ein fast dreifach
erhöhtes Risiko haben, an einem systemischen Lupus zu erkranken. In
der Studie konnte kein erhöhtes Lupus-Risiko nach schwerem sexuellem
Missbrauch festgestellt werden.
Marisa Kurz M. Sc. B. A., München