Pneumologie 2020; 74(05): 253-254
DOI: 10.1055/a-1108-7822
Pneumo-Fokus

Schlafapnoe: Was hilft gegen Tagesmüdigkeit?

Dauvilliers Y. et al.
Pitolisant for Daytime Sleepiness in Obstructive Sleep Apnea Patients Refusing CPAP: A Randomized Trial.

Am J Respir Crit Care Med 2020;
 

Bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) zählt Tagesmüdigkeit zu den häufigsten Symptomen im Alltag. Ob der Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist Pitolisant bei Betroffenen, die gleichzeitig CPAP-Maske für die Nacht ablehnen, die Wachheit am Tage erhöhen kann, haben Dauvilliers und Kollegen nun im Rahmen einer randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Studie genauer untersucht.


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Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom leiden an einem unruhigen Schlaf und einer Unterversorgung mit Sauerstoff durch ständige, teils unbewusste Atemaussetzer. Dadurch zählt Tagesmüdigkeit zu den häufigsten Symptomen, die die Lebensqualität der Betroffenen im Alltag deutlich herabsetzen können. Obgleich eine CPAP-Maske während der Nacht die Schläfrigkeit am Tage nachweislich reduzieren kann, hakt es bei den Patienten oftmals an der Compliance. So werden diese Masken rigoros abgelehnt oder nur unregelmäßig getragen.

Vor diesem Hintergrund werden Medikamente gesucht, die die Wachheit von Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom am Tage erhöhen können. Dauvilliers und Kollegen haben in diesem Zusammenhang den neuen selektiven Histamin-H3-Rezeptor-Antagonisten bzw. inversen Agonisten Pitolisant im Blick und legen nun die Ergebnisse ihrer randomisierten und Placebo-kontrollierten, doppelblinden Studie zum Thema vor. Die Untersuchung fand dabei zwischen Oktober 2011 und Mai 2014 an 28 Zentren in 10 europäischen Ländern statt.

Zielsetzung dieser Phase-III-Studie war hauptsächlich die Prüfung der Sicherheit und Wirksamkeit von Pitolisant bei erwachsenen Patienten mit mittelgradigem bis schwerem Schlafapnoe-Syndrom, die eine CPAP-Beatmung während der Nacht ablehnten. Daneben zählten zu den wichtigsten Ausschlusskriterien schweres Übergewicht, Demenz, Depression sowie kardiovaskuläre Vorerkrankungen. Geeignete Patienten erhielten im Verhältnis 3 zu 1 entweder Pitolisant in einer Dosierung bis zur 20 mg täglich für 12 Wochen oder ein entsprechendes Placebo. Die Startdosis lag bei 5 mg und wurde individuell in Abständen von 2 Wochen auftitriert.

Als primären klinischen Endpunkt definierten die Forscher die Veränderungen des sog. Epworth Sleepiness Scores zwischen Beginn und Ende der Studienzeit. Dieser Score sollte dabei die subjektive Tagesmüdigkeit erfassen. Sekundäre Endpunkte waren Veränderungen in weiteren Messinstrumenten zur Objektivierung der Müdigkeit und zur Einschätzung der Krankheitsschwere sowie eine entsprechende Befragung der behandelnden Ärzte. Zur Überprüfung der Sicherheit registrierten die Forscher schließlich alle potenziellen Nebenwirkungen und führten ein Screening auf Depressionen durch.

Weniger Müdigkeit

267 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien und nahmen schließlich an der Studie teil, 201 von ihnen in der Interventionsgruppe mit Pitolisant und 67 in der Placebogruppe. Sie waren im Durchschnitt 52 Jahre alt, 75,4 % von ihnen männlich mit einer mittleren Erkrankungsdauer von 11,9 Monaten. Für den primären Endpunkt, die subjektive Tagesmüdigkeit, konnten die Forscher eine signifikante Verbesserung der Werte der Interventionsgruppe im Vergleich zur Placebogruppe feststellen. Auch in Hinblick auf die sekundären Endpunkte einschließlich der Einschätzung des jeweiligen behandelnden Arztes in Bezug auf die Erkrankungsschwere zeigte die Studienmedikation eine positive Wirkung.

Für die berichteten Nebenwirkungen konnten die Studienautoren hingegen keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen feststellen. So lag die Quote bei 29,5 % in der Pitolisant-Gruppe und bei 25,4 % in der Placebogruppe. Die häufigsten genannten Symptome waren dabei Kopfschmerzen, gefolgt von Schlaflosigkeit, Übelkeit und Schwindel. Ein Syndrom, wie es bei Absetzen von Amphetamin-haltigen Substanzen berichtet wird, trat bei keinem der Patienten auf. Die Forscher beurteilen daher aufbauend auf ihren Ergebnissen Pitolisant zur Behandlung der Tagesmüdigkeit bei erwachsenen Patienten mit Schlafapnoesyndrom und Ablehnung einer CPAP-Therapie als sicher und wirksam.

Fazit

In dieser randomisierten, doppelblinden Studie konnte der neue Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist die Tagesmüdigkeit von erwachsenen Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom und Ablehnung einer CPAP-Therapie auf signifikantem Niveau im Vergleich zum Placebo deutlich reduzieren. Die Autorinnen/Autoren beurteilen den neuen Wirkstoff, der sonst bei Narkolepsie zum Einsatz kommt, daher als sicher und wirksam und halten ihn für eine wertvolle Therapieoption für betroffene Patienten.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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Publication History

Article published online:
11 May 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York