Pneumologie 2020; 74(03): 129
DOI: 10.1055/a-1108-8294
Pneumo-Fokus

Vancouver Risk Calculator vs. Lungen-RADS

White CS, Dharaiya E, Dalal S. et al.
Vancouver Risk Calculator Compared with ACR Lung-RADS in Predicting Malignancy: Analysis of the National Lung Screening Trial.

Radiology 2019;
291: 205-211
 

    Das Lung-Imaging-Reporting-and-Data-System (Lung-RADS) dient der standardisierten Befundung von Screening-Untersuchungen der Lunge und basiert hauptsächlich auf der Größe der Lungenrundherde. Einen anderen Ansatz bietet der Vancouver Risk Calculator (VCR) mit sechs Herd- und drei Patientenmerkmalen. White et al. untersuchten, welches System besser geeignet ist für die Bestimmung der Malignitätswahrscheinlichkeit von Herdbefunden in der Lunge.


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    Dazu nutzten sie die Daten des National Lung Screening Trial (NLST). An dieser randomisierten Multicentre-Studie nahmen zwischen 2002 und 2009 insgesamt 30 Kliniken und 53 456 aktive und ehemalige Raucher zwischen 55 und 74 Jahren teil. Bei 7191 fanden sich im CT Lungenrundherde von mindestens 4 mm Durchmesser. Für die jetzige Analyse wurden die Daten von 110 Patienten mit malignen und 2703 Patienten mit benignen Herdbefunden ausgewertet. Insgesamt zeigten sich bei diesen Patienten 4408 Rundherde (93 % solide; 7 % subsolide).

    Mit der Lungen-RADS-Einteilung konnten 96 (2,2 %) der Herde korrekt als maligne klassifiziert werden; mit dem VRC waren es 102 Herde (2,3 %). Von den 4298 benignen Rundherden wurden 3559 (83 %) bzw. 3847 (90 %) richtig klassifiziert (Lungen-RADS-Kriterien 4A bzw. 4B bzw. Malignitätswahrscheinlichkeit ≥ 5 % im VCR). Damit zeigte der VRC insgesamt im Vergleich zum Lungen-RADS eine bessere Spezifität und Genauigkeit (jeweils 90 % vs. 83 %). Bei den subsoliden Herdbefunden waren hingegen Spezifität und Genauigkeit des Lungen-RADS höher (91 % vs. 78 % bzw. 90 % vs. 79 %).

    Insgesamt zeichnete sich eine Tendenz des VCR zu einer (nicht signifikant) höheren Sensitivität ab. Dieses insgesamt bessere Abschneiden des VCR gegenüber der Lungen-RADS-Klassifikation bei der Bestimmung von Malignität kann vor allem auf die deutlich niedrigere Rate falsch-positiver (739 vs. 451) und falsch-negativer Ergebnisse (14 vs. 8) zurückgeführt werden. Die vergleichsweise vielen falsch-negativen Ergebnisse des Lungen-RADS sind ein Hinweis auf die verpassten Gelegenheiten, ein Lungenkarzinom frühzeitig zu diagnostizieren.

    Fazit

    Das Lung-RADS durch den offenbar überlegenen VCR zu ersetzen, halten die Autoren für verfrüht. Stattdessen könnte der VCR als zweite, ergänzende Methode genutzt werden, um die Malignitätswahrscheinlichkeit eines Lungenrundherds abzuschätzen. Langfristig könnten VCR-Parameter in die zukünftigen Versionen des Lungen-RADS integriert werden und somit dessen prädiktive Kraft verbessern. Umgekehrt könnten künftige VCR-Versionen auf den Lung-RADS-Kriterien basieren.

    Stephanie Gräwert, Leipzig


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    06. März 2020

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    Stuttgart · New York