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DOI: 10.1055/a-1122-1427
Hypersensitivitätspneumonitis: Kortikosteroideffekt bei Pneumonitis mit Fibrose
Die Hypersensitivitätspneumonitis (HP) mit Fibrose sollte nach Ansicht vieler Lungenfachärzte in erster Linie mit Kortikosteroiden behandelt werden [1]. Doch dieses Vorgehen basiert auf einer schmalen Evidenz. Belgische Wissenschaftler untersuchten die Wirkung von Kortikosteroiden in zwei Gruppen von HP-Patienten mit Fibrose.
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Der Gruppe um De Sadeleer ging es darum festzustellen, ob die Kortikosteroidwirkung durch eine bestehende BAL-Lymphozytose (BAL = bronchoalveoläre Lavage) oder durch Honigwabenbildung beeinflusst wird. BAL-Lymphozytosen galten bei > 20 % Lymphozytenprozentsatz als stark ausgeprägt und bei ≤ 20 % als gering ausgeprägt. Die Auswirkungen auf die Lungenfunktion wurden anhand der Veränderung auf die forcierte Vitalkapazität als Prozentsatz des vorhergesagten Normalwerts (FVC %) und der CO-Diffusionskapazität als Prozentsatz vom Sollwert (DLCO %) bewertet.
Ergebnisse
Die retrospektive Auswertung von Daten aus den Jahren 2005 – 2016 umfasste insgesamt 91 HP-Patienten mit Fibrose. Ihr Alter lag im Durchschnitt bei 64,6, Jahren, und 35,2 % waren Frauen. Die Ausgangsmittelwerte für FVC % und DLCO % betrugen 73,6 % bzw. 46,7 %. Die Mehrheit der Patienten (73,6 %) wurde mit Kortikosteroiden behandelt, und 21,9 % erhielten begleitend Immunsuppressiva. Die Anteile an Patienten mit gering bzw. stark ausgeprägter BAL-Lymphozytose lagen bei 60 % bzw. 40 %. Eine Honigwabenbildung ließ sich in 36 % der Fälle nachweisen. Bei gering ausgeprägter BAL-Lymphozytose kam es häufiger zu einer Honigwabenbildung: gering vs. stark ausgeprägte BAL-Lymphozytose = 50,9 % vs. 13,9 %. Umgekehrt war die Honigwabenbildung mit gering ausgeprägt BAL-Lymphozytose und niedrigerer DLCO % assoziiert.
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Kein Einfluss auf Lungenfunktionswerte
Das Risikoverhältnis (Hazard Ratio, HR) für eine niedrige 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit erreichte bei gering ausgeprägter BAL-Lymphozytose 2,66 und bei bestehender Honigwabenbildung 3,80. Nach dem Beginn der Kortikoidbehandlung kam es bei Patienten mit stark ausgeprägter BAL-Lymphozytose zu einem FVC %-Anstieg von 5,66 %. Doch die FVC %-Abnahme unterschied sich mit – 6,6 %/Jahr vor Beginn und – 5,3 %/Jahr nach Beginn der Kortikoidbehandlung nicht signifikant (p = 0,77). In dieser Patientengruppe hatten Kortikosteroide keinen Einfluss auf die DLCO %. Bei Patienten mit gering ausgeprägter BAL-Lymphozytose sowie fehlender oder nachgewiesener Honigwabenbildung konnte kein wesentlicher Effekt der Kortikoidbehandlung auf FVC % und DLCO % festgestellt werden.
Bei den hier untersuchten HP-Patienten mit Fibrose ergab die Kortikoidtherapie im Fall von stark ausgeprägter BAL-Lymphozytose oder fehlender Honigwabenbildung einen initial geringen FVC-Anstieg. Bei gering ausgeprägter BAL-Lymphozytose und bestehender Honigwabenbildung blieb ein Kortikoideffekt aus. Nach Ansicht der Autoren wird durch die Daten eine Langzeitbehandlung mit Kortikosteroiden nicht unterstützt.
Matthias Manych, Berlin
Literatur
[1] Wijsenbeek M et al. Progressive fibrosing interstitial lung disease: current practice in diagnosis and management. Curt Med Res Open 2019; 35: 2015–2024
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. Mai 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York