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DOI: 10.1055/a-1128-6120
Das Sponsoring des Tierparks durch Coca-Cola und Nestlé Schöller
Offener Brief an den Münchener Tierpark HellabrunnMünchen, Januar 2020
Sehr geehrter Herr Tierpark-Direktor Rasem Baban,
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin und Aufsichtsratsvorsitzende Christine Strobl,
Der Tierpark Hellabrunn ist eines der beliebtesten Ausflugsziele für Familien mit Kindern in München und darüber hinaus. Der Tierpark schafft Verständnis und Begeisterung für den Tier-, Arten- und Umweltschutz und leistet damit einen wichtigen Beitrag für die Bildung nachwachsender Generationen. Als weltweit erster Geopark mit einer großzügigen, nach geographischen Prinzipien organisierten Zooanlage im Grün des Münchener Auwalds bietet er einen stadtnahen Erlebnisraum, in dem Kinder und Jugendliche Freude an Bewegung im Freien erfahren können.
Vor diesem Hintergrund erfüllt uns mit großer Sorge, dass der Tierpark Hellabrunn einen Sponsoring-Vertrag mit den Herstellern von Produkten eingegangen ist, welche die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bei übermäßigem Konsum nachweislich gefährden. Seit der Umgestaltung des Tierparks ist auf einer Vielzahl von Schautafeln im Zoo Werbung für den Softdrinkhersteller Coca-Cola und die Eismarke Nestlé Schöller zu finden.
Die schädlichen gesundheitlichen Wirkungen von Softdrinks und Süßwaren sind wissenschaftlich gut belegt [1], [2]. Der regelmäßige Konsum dieser Produkte fördert die Entwicklung von starkem Übergewicht (Adipositas), Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. [1] Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von diesen Krankheiten betroffen sind, ist in Deutschland in den letzten 30 Jahren stark angestiegen [3] – nicht zuletzt aufgrund der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von und Werbung für Softdrinks und Süßwaren [2], [4].
Die Weltgesundheitsorganisation und zahlreiche wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften und Ärzteverbände empfehlen daher, dass Softdrinks und Süßwaren nicht gegenüber Kindern und Jugendlichen beworben werden [5], [6]. Dies schließt Marketingaktivitäten an Orten mit ein, die hauptsächlich von Familien mit Kindern besucht werden – so wie dem Tierpark Hellabrunn. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Getränke- und Lebensmittelwerbung nicht nur Markenpräferenzen beeinflussen, sondern auch eine erhöhte Kalorienzufuhr bewirken [7], [8]. Eine Abwälzung der Verantwortung für Konsumentscheidungen auf die Eltern ist unbefriedigend, da Werbetreibende bewusst die Macht des Quengelns (pester power) nutzen, um über Kinder das Verhalten der Eltern zu beeinflussen [9].
Wir bitten Sie daher eindringlich, Ihrer Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlergehen der jungen Besucher des Tierparks Hellabrunn nachzukommen und die Sponsoring-Verträge mit Coca-Cola und Nestlé Schöller so zeitnah wie möglich zu beenden. Des Weiteren bitten wir Sie, bei zukünftigen Sponsoring-Verträgen die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für die Bewerbung ungesunder Produkte gegenüber Kindern zu berücksichtigen [5], [10].
Wir zählen auf Ihr Verständnis und verbleiben hochachtungsvoll.
Für die Deutsche Adipositas Gesellschaft, München: Prof. Dr. med. Jens Aberle, Prof. Dr. Dr. Anja Bosy-Westphal, Prof. Dr. med. Matthias Blüher, Prof. Dr. med. Stefan Ehehalt, Prof. Dr. Stefan Engeli, Dr. oec. troph. Stefanie Gerlach, Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, PD Dr. med. Susanna Wiegand, Prof. Dr. med. Martina de Zwaan
Für die Deutsche Diabetes Stiftung, München: Prof. Dr. med. Hans Hauner, Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf
Für den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V., Landesverband Bayern: Dr. med. Brigitte Dietz, Dr. med. Martin Lang, Phillip Schoof
Publication History
Article published online:
14 May 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Quellenangaben
- 1 Ezzati M, Behavioral RE. Dietary Risk Factors for Noncommunicable Diseases. N Engl J Med 2013; 369: 954-964
- 2 Peeters A. Obesity and the future of food policies that promote healthy diets. Nat Rev Endocrinol 2018; DOI: 10.1038/s41574-018-0026-0.
- 3 Schienkiewitz A, Brettschneider A-K, Damerow S. et al. Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. J Health Monit 2018; 3: 16
- 4 Swinburn BA, Sacks G, Hall KD. et al. The global obesity pandemic: shaped by global drivers and local environments. Lancet 2011; 378: 804-814
- 5 WHO. A framework for the implementation of the set of recomendations on the marketing of foods and non-alcoholic beverages to children: WHO. 2012
- 6 Schaller K, Effertz T, Gerlach S. et al. Prävention nichtübertragbarer Krankheiten – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe;. 2016 Im Internet: www.dank-allianz.de/files/content/dokumente/DANK-Grundsatzpapier_ES.pdf
- 7 Sadeghirad B, Duhaney T, Motaghipisheh S. et al. Influence of unhealthy food and beverage marketing on children’s dietary intake and preference: a systematic review and meta-analysis of randomized trials. Obes Rev 2016; DOI: 10.1111/obr.12445.
- 8 Boyland EJ, Nolan S, Kelly B. et al. Advertising as a cue to consume: a systematic review and meta-analysis of the effects of acute exposure to unhealthy food and nonalcoholic beverage advertising on intake in children and adults. Am J Clin Nutr 2016; 103: 519-533
- 9 McDermott L, O’Sullivan T, Stead M. et al. International food advertising, pester power and its effects. Int J Advertising 2006; 25: 513-539
- 10 World Health Organization. Set of recommendations on the marketing of foods and non-alcoholic beverages to children. 2010 Im Internet: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/44416/9789241500210_eng.pdf?sequence=1