Hinweis
Die Beiträge in der Rubrik „How I do it“ sind als Anregung und Orientierungshilfe zu verstehen. Es bleibt jeder/jedem Kollegin/Kollegen überlassen, von diesem Schema abzuweichen, sofern man sich mit der Indikationsfrage befasst hat und sachliche Gründe für ein alternatives Vorgehen sprechen.
Einleitung
Beim akuten Abdomen handelt es sich um die Manifestation von Erkrankungen im Bauchraum, die einer sofortigen Diagnostik und Therapie bedürfen. Leitsymptome sind der (akut auftretende) abdominelle Schmerz, eine Störung der Darmperistaltik mit Übelkeit und Erbrechen sowie Kreislaufstörungen bis zum Schock [1]. In mehr als 90% der Fälle ist die Ursache auf 8 Krankheitsbilder zurückzuführen: Appendizitis, Cholezystitis, Dünndarmileus, gynäkologische Erkrankungen, akute Pankreatitis, Nierenkolik, perforiertes Ulkus, Sigmadivertikulitis [2]. Die genaue Verdachtsdiagnose basiert dabei im Wesentlichen auf der individuellen Patientenanamnese, der klinischen Untersuchung und den Ergebnissen von Labortests.
Zur Bestätigung bzw. zum Ausschluss der entsprechenden Arbeitsdiagnose spielt die weitere Bildgebung eine entscheidende Rolle. Die CT ist in der Regel die bildgebende Methode der Wahl zur Abklärung von Patienten mit einem akuten Abdomen. Dies liegt vor allem an der mittlerweile sehr guten Verfügbarkeit, schnellen Bildakquisition und hohen diagnostischen Genauigkeit mit signifikantem Einfluss auf die weitere Behandlung [3].
Aktueller Wissensstand
Derzeit gibt es in Deutschland keine einheitlichen Empfehlungen zur CT-diagnostischen Abklärung des akuten Abdomens. Der Stellenwert der CT in diesem Szenario wird dennoch zweifellos durch eine ganze Reihe an Studien untermauert [4], [5]. Insbesondere mit Blick auf die internationale Literatur wird die höchste Sensitivität erzielt, wenn Patienten mit akuten abdominellen Schmerzen zunächst sonografisch abgeklärt werden und die CT nur bei negativen bzw. bei unklaren Befunden ergänzt wird (nur 6% falsch negative Ergebnisse) [3]. Die Heterogenität der dabei im klinischen Alltag verwendeten Untersuchungsprotokolle (Art der Kontrastierung, Kontrastmittelphasen usw.) ist in einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft gezeigt worden [6]. Der potenzielle Zugewinn der
neusten CT-Weiterentwicklung in Form der Dual-Energy-CT (DECT) ist vielversprechend und Gegenstand aktueller Untersuchungen [7].
Vorgehensweise
Diagnostischer Algorithmus
Ein differenzierter diagnostischer Algorithmus bei Patienten mit einem akuten Abdomen ist in [Abb. 1] dargestellt. Die Sonografie kann bereits ein breites Spektrum an Differenzialdiagnosen abdecken, insbesondere, wenn es um Veränderungen an der Gallenblase geht. Die Abdomenübersichtsaufnahme ist zwar in vielen Bereichen durch die CT weitestgehend abgelöst, kann aber in der Akutphase – insbesondere in der Notaufnahme – nicht selten als erste Orientierung, beispielsweise zum Ausschluss freier Luft, eines Ileus oder von Fremdkörpern hilfreich sein. Die Datenlage zum Einsatz der MRT beim akuten Bauchschmerz ist im Vergleich zu den anderen Modalitäten noch relativ spärlich. Aufgrund der allgemein etwas schlechteren Verfügbarkeit und längeren Untersuchungsdauer ist diese bei den zum Teil klinisch stark beeinträchtigten Patienten in der Regel speziellen Situation vorbehalten (z. B. der Untersuchung von Schwangeren oder Kindern) [8]. Die CT ist die Bildgebung der Wahl und das Arbeitspferd bei der weiteren Abklärung von Patienten mit einem akuten Abdomen.
Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus bei Patienten mit einem akuten Abdomen; # MRT oder Ultraschall ggf. primär bei Kindern und Schwangeren erwägen bzw. in Abhängigkeit der genauen Fragestellung (z. B. Ultraschall bei Verdacht auf Cholezystitis); * zusätzlich arterielle Phase über den Oberbauch bei Verdacht auf Pankreatitis.
Untersuchungsprotokolle
Bei der CT von Patienten mit einem akuten Abdomen ist ein an die klinische Verdachtsdiagnose angepasstes Untersuchungsprotokoll zu empfehlen ([Abb. 1], [Tab. 1]). Sofern keine Kontraindikationen bestehen, sollte die Untersuchung eine i. v. Kontrastmittelgabe einschließen. Insbesondere in der Notfallsituation ist dabei eine entsprechende Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich. Eine Ausnahme ist die Bildgebung bei Verdacht auf Urolithiasis, hier ist ein natives Low-Dose-Protokoll ausreichend ([Tab. 1], [Tab. 2]).
Tab. 1 Untersuchungsprotokolle für die CT beim akuten Abdomen (ab 64-Zeiler aufwärts).
Phase
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Kontrastmittelmenge
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Injektionsrate
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Triggerort
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Triggerschwelle
|
Delay (s)
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biphasisch (arteriell plus portalvenös): Interscan Delay 30 s; HU = Hounsfield-Einheiten
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nativ
|
–
|
–
|
–
|
–
|
–
|
arteriell
|
88 ml
|
3,5 ml/s
|
Aorta descendens
|
150 HU
|
10
|
portalvenös
|
88 ml
|
3,5 ml/sec
|
Milz
|
150 HU
|
20
|
Tab. 2 Scanparameter für die CT beim akuten Abdomen (ab 64-Zeiler aufwärts).
Phase
|
Röhrenspannung (kV)
|
Röhrenstrom (mAs)
|
Pitch
|
Schichtdicke (mm)
|
sofern möglich, sollten zusätzlich iterative Rekonstruktionsalgorithmen zwecks Dosisreduktion angewendet werden; ATM = automatische Röhrenstrommodulation
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nativ Low-dose
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120
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bis 300
|
0,6 – 1
|
1 – 1,25
|
nativ
|
120
|
ATM
|
0,6 – 1
|
1 – 1,25
|
arteriell
|
120
|
ATM
|
0,6 – 1
|
1 – 1,25
|
portalvenös
|
120
|
ATM
|
0,6 – 1
|
1 – 1,25
|
Eine ergänzende enterale Kontrastmittelgabe (oral/rektal) ist im Allgemeinen nicht zu empfehlen. In der Regel verzögert sie die Diagnostik unnötig und führt u. U. zu einer Verschlimmerung der klinischen Symptomatik (z. B. bei Patienten mit Ileus). Ein diagnostischer Zugewinn ist meist nicht zu erwarten [9]. Darüber hinaus können insbesondere bei Verwendung positiver Kontrastmittel entscheidende Befunde maskiert werden (z. B. Darmschleimhaut).
Fazit
Die radiologische Bildgebung in Form der CT spielt eine zentrale Rolle bei der Abklärung des akuten Abdomens, insbesondere in Ergänzung zu einer eventuell vorausgegangenen Sonografie. Das Untersuchungsprotokoll sollte, wenn möglich, an die klinische Verdachtsdiagnose angepasst sein. Bis auf die Abklärung der Urolithiasis ist eine i. v. Kontrastmittelgabe indiziert, von einer ergänzenden enteralen Kontrastierung ist abzusehen.