Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(03): 206-208
DOI: 10.1055/a-1137-2283
Für Sie notiert

Akuter Gichtanfall: Naproxen versus niedrig dosiertes Colchicin

Contributor(s):
Judith Lorenz
Roddy E. et al.
Open-label randomised pragmatic trial (CONTACT) comparing naproxen and low-dose colchicine for the treatment of gout flares in primary care.

Ann Rheum Dis 2020;
79: 276-284.
 

Zur Therapie des akuten Gichtanfalls kommen nichtsteroidale Antiinflammativa (NSAIDs), Kortikosteroide und Colchicin zum Einsatz. Ein direkter Vergleich von NSAIDs und niedrig dosiertem Colchicin im Hinblick auf die Effektivität und Sicherheit steht allerdings noch aus. Britische Wissenschaftler haben dies nun im Rahmen einer randomisierten Studie geprüft.


#

An der CONTACT-Studie beteiligten sich 100 Hausarztpraxen in England. Teilnehmer waren 399 Patienten mit einem klinisch diagnostizierten akuten Gichtanfall. Eine hochgradige Niereninsuffizienz, ein kürzlicher operativer Eingriff, eine kürzliche Gastrointestinalblutung, eine Antikoagulanzienbehandlung sowie vorangegangene Magenulzera stellten Ausschlusskriterien dar. Gemäß Randomisierung nahm etwa die Hälfte der Patienten über bis zu 7 Tage Naproxen ein. Ein Protonenpumpenhemmer konnte zusätzlich verordnet werden. Die übrigen Patienten erhielten über 4 Tage niedrig dosiertes Colchicin. Zusätzlich kamen beiden Studienarmen nichtpharmakologische Therapiemaßnahmen (Ruhigstellen, Kühlen) zum Einsatz. Während der Behandlungsphase sowie nach 4 Wochen dokumentierten die Studienteilnehmer die maximale Schmerzintensität während der vorangegangenen 24 Stunden mithilfe einer numerischen Skala (0–10). Als primären Studienendpunkt definierten die Forscher die Veränderung der größten Schmerzintensität im Behandlungsverlauf. Ferner erfassten sie unter anderem die Zeit bis zum Anschlagen der Therapie, die Nebenwirkungen der Behandlung, den subjektiven Therapieerfolg, die Notwendigkeit weiterer Analgetika und Kortikosteroide, die Lebensqualität, die Häufigkeit von Notfallkonsultationen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Auch die Kostenbelastungen waren Teil der Analyse.

Ergebnisse

Bezüglich der durchschnittlichen Veränderung der maximalen Schmerzintensität im Verlauf der ersten 7 Behandlungstage unterschieden sich die beiden pharmakologischen Therapiestrategien nicht wesentlich. Gleiches galt für die meisten sekundären Studienendpunkte. Allerdings wendeten signifikant mehr Patienten der Colchicin-Gruppe zusätzlich Paracetamol oder Codein an. Die Patienten dieses Studienarms litten im Vergleich zu den Patienten der Naproxen-Gruppe zudem signifikant häufiger an Diarrhoe und Kopfschmerzen, klagten aber seltener über Obstipation. Unter ökonomischen Gesichtspunkten erwies sich Naproxen als kosteneffektiver.

Fazit

Angesichts der höheren therapeutischen Effektivität und Sicherheit sowie der geringeren Kostenbelastungen empfehlen die Wissenschaftler, im Rahmen der primärärztlichen Versorgung bei einem akuten Gichtanfall bevorzugt Naproxen einzusetzen. Voraussetzung sei allerdings, dass keine Kontraindikationen gegen diesen Wirkstoff vorliegen. Zukünftige Studien müssen ihrer Ansicht nach Colchicin und Kortikosteroide gegeneinander testen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


#
#

Publication History

Article published online:
18 June 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York