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DOI: 10.1055/a-1139-7118
Einnahme von Antidepressiva und Melanomrisiko
Bei verschiedenen Tumorentitäten bestand ein Zusammenhang zwischen ihrer Inzidenz und einer antidepressiven Medikation. Dabei wurden Risikosteigerungen, aber noch häufiger geringere Wahrscheinlichkeiten beobachtet. In der eingebetteten Fall-Kontroll-Studie erkrankten Menschen seltener an kutanen Melanomen, wenn sie Antidepressiva einnahmen.
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Die Informationen für die prospektive Untersuchung stammten aus verschiedenen norwegischen Gesundheitsdatenbanken. Im Zeitraum 2004 – 2015 waren darin insgesamt 3,9 Millionen Einwohner im Alter von 18 – 85 Jahren erfasst. Von 2007 – 2015 erkrankten 12 099 Patienten an einem malignen Melanom. Die Einnahme von Antidepressiva wurde nach der Verordnungshäufigkeit (≤ 1, 2 – 7 und ≥ 8) , der kumulativen Dosis, der Einnahmedauer (≤ 5 /> 5 Jahre) und der Substanzklasse kategorisiert. Die Überprüfung der Assoziation Antidepressiva/Melanom erfolgte unter Berücksichtigung u. a. anderer Medikamente, der Kinderzahl und der regionsabhängigen UV-Strahlung. Eine geringe Exposition bestand in Nordnorwegen, eine mittlere in West- und Zentralnorwegen und eine hohe in östlichen und südlichen Landesteilen.
Die Studienpopulation bestand aus 130 566 Personen, darunter 5985 Männer und 6114 Frauen mit der Erstdiagnose malignes Melanom. Die meisten Personen waren ≥ 50 Jahre alt und wohnten im Süden und Osten Norwegens. Die Tumoren befanden sich vorwiegend am Stamm und den Unterschenkeln. Überwiegend lag ein lokalisiertes Stadium vor. Bei den histologischen Subtypen dominierten mit 55 % oberflächlich spreitende Melanome. 12 % der Erkrankten und 14 % der Kontrollen (n = 118 467) nahmen Antidepressiva ein. In beiden Gruppen waren 51 % Frauen. Eine mittlere und hohe Verordnungshäufigkeit kam bei den Männern seltener vor. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer waren die am häufigsten genutzte Substanzklasse.
Verglichen mit ≤ 1 Verordnungen waren ≥ 8 Verordnungen mit einem 19 % geringeren Melanomrisiko assoziiert. Bei einer Einnahmedauer > 5 Jahre bestanden signifikante Risikoreduktionen bei
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2 – 7 Verschreibungen RR 0,52 (95 %-KI 0,38 – 0,74) und
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≥ 8 Verschreibungen RR 0,79 (95 %-KI 0,72 – 0,87).
Bei einer kürzeren Einnahmedauer lag nur bei ≥ 8 Verordnungen eine geringere Wahrscheinlichkeit für ein malignes Melanom vor (RR 0,82; 95 %-KI 0,74 – 0,92). Die Effekte bestanden bei Serotonin-Wiederaufnahmehemmern und kombinierten Substanzen. Die kumulativen Dosen ergaben keine Zusatzinformationen, aber eine Nichtnutzung war mit einem 15 % gesteigerten Melanomrisiko vergesellschaftet. Die inverse Assoziation von Antidepressiva und Melanomen betraf Männer und Frauen, alle Lokalisationen (außer Kopf/Hals), lokalisierte Stadien und bestätigte sich für Regionen mit mittlerer und hoher UV-Strahlung. Bei ≥ 50-Jährigen und Männern waren die Effekte besonders deutlich. Die Kinderzahl als Hinweis auf mögliche Östrogeninteraktionen hatte keinen Einfluss.
Die Autoren diskutieren 2 mögliche Ursachen für die negative Assoziation von Antidepressiva und Melanomen. Zum einen könnten die Substanzen Signalwege des malignen Zellzyklus beeinflussen und das Immunsystem zur Apoptose der Tumorzellen stimulieren. Andererseits sei denkbar, dass Menschen mit Depressionen und einer langfristigen Einnahme seltener in die Sonne gehen. Bei der Studie seien allerdings nicht die Indikationen für die Antidepressiva berücksichtigt worden.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publication History
Article published online:
11 May 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York