Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1145-8111
SARS-CoV2-Übertragung über Ausatemaerosol bei nichtinvasiver Beatmung
Bislang gilt die Tröpfcheninfektion als wesentlicher Übertragungsweg der SARS-CoV2-Infektion. Lili Guan vom Referenzlabor für Atemwegserkrankungen der Universität Guangzhou und Kollegen weisen jetzt auf einen für das medizinische Personal besonders relevanten Übertragungsweg hin: die Ausatemluft bei nichtinvasiver Atemunterstützung.
#
Am 11. Februar 2020 lag die Zahl der SARS-CoV2-Infektionen in China offiziell bei 72 314. Darunter waren 44 672 Patienten mit bestätigten Infektionen, 16 186 Verdachtsfälle, 10 567 klinisch diagnostizierte Patienten und 889 asymptomatische Fälle mit bestätigter Infektion. In einer vorangegangenen Publikation war bereits gezeigt worden, dass nosokomiale Infektionen mit SARS-CoV2 häufig sind und besonders das medizinische Personal treffen. Viele Patienten mit Dyspnoe und respiratorischer Insuffizienz im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung erhalten eine Atemunterstützung. Dabei könnte die Ausatemluft bei Sauerstoffgabe ein möglicher Übertragungsweg der nosokomialen SARS-CoV2-Infektion sein.
Art der Beatmung von Bedeutung
Vorangegangene Studien legen nahe, dass eine nasale High-Flow-Therapie, eine nichtinvasive Beatmung über spezielle Masken mit optimierten Lüftungslöchern oder Helme mit einem Doppelschenkelkreislauf das Risiko einer Infektionsübertragung über den Luftweg reduzieren können. Auch die nichtinvasive Beatmung in einem gut ventilierten Einzelzimmer mit Negativdruck gilt als sichere Option. Aktuell erhalten aber die meisten Patienten auf Normalstationen oder Notaufnahmen Sauerstoff über eine Nasenkanüle oder eine normale Maske.
Patienten, die als Verdachtsfall mit milden oder bislang keinen Symptomen Zuhause sind und bspw. wegen einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD) Sauerstoff oder eine nichtinvasive Beatmung erhalten, könnten zudem das Risiko erhöhen, dass Angehörige durch die weite Ausbreitung des Atemluftaerosols angesteckt werden.
#
Schutzmaßnahmen empfohlen
Die Autoren empfehlen dringend, dass das medizinische Personal bei allen Formen der Atemunterstützung von Patienten mit COVID-19 eine persönliche Schutzausrüstung trägt. Patienten sollten bei konventioneller Sauerstoffgabe oder nasaler High-Flow-Therapie eine medizinische Maske tragen, um die Aerosolverteilung zu reduzieren. Bislang werden Atemhelme bei der nichtinvasiven Beatmung noch selten genutzt. Die Autoren empfehlen, Helme mit normalen Belüftungslöchern zu vermeiden und einen Filter zwischen Maske und Belüftungsventil zu platzieren. Außerdem sollte der Abstand zwischen den Patientenbetten mindestens einen Meter betragen, und die Luftzirkulation in den Zimmern sollte beschleunigt werden.
Verdachtsfälle, die zu Hause eine Langzeitbeatmung oder Sauerstoffgabe erhalten, sollten in einem gut belüfteten Zimmer weitgehend isoliert werden, um eine mögliche Ansteckung der Familienmitglieder zu verhindern.
Die Möglichkeit einer Übertragung von SARS-CoV2 durch das Aerosol von an COVID-19 erkrankten Patienten mit Sauerstoffgabe oder nichtinvasiver Beatmung wird bislang zu wenig beachtet, glauben die Autoren. Sie empfehlen dringend, risikoärmere Techniken der Atemunterstützung zu verwenden und allgemeine Schutzmaßnahmen auf Stationen mit Patienten mit COVID-19-Infektionen zu etablieren.
Friederike Klein, München
#
#
Publication History
Article published online:
17 June 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York