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DOI: 10.1055/a-1147-2889
Psychische Probleme in der Pandemie – Beobachtungen während der COVID-19-Krise
COVID-19 Crisis: Early Observations on a Pandemic’s Psychiatric Problems- Abstract
- Einleitung
- Angst bei psychischer Vorerkrankung
- Häusliche Gewalt
- Apokalypse-Syndrom
- Pneumonie, Hypoxie und Delir
- Chloroquin-Vergiftung
- Diskussion
- Literatur
Abstract
We have recently observed several clusters of psychiatric symptoms in the context of COVID-19: (1) increased anxiety in psychiatric in- and outpatients with different diagnoses; (2) more cases of domestic violence often associated with increased drug- or alcohol-consumption in offenders and victims; (3) a nihilistic “apocalyptic” syndrome of elderly patients cut-off from their families; (4) visual and acoustic hallucinoses due to pneumonia and sepsis-related confusional states. Cases of chloroquine-related toxicity have been reported elsewhere, but have not been observed in our hospital so far. Mental issues related to COVID-19 reported from China and practical recommendations are briefly summarized. Many patients with serious mental disorders will suffer world-wide due to a reallocation of medical, social and financial ressources.
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Im Kontext der allgemeinen Krisensituation mit Versorgungsengpässen und kollektiver Anspannung sinkt die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse von Patienten mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen oder drohender Dekompensation. Wir berichten über 4 eigene Patienten und das Problem der Chloroquin-Intoxikation, um auf typische Problemkonstellationen und geeignete Interventionen hinzuweisen.
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Schlüsselwörter
Apokalypse-Syndrom - Chloroquin - Halluzinose - häusliche Gewalt - VerwirrtheitszustandEinleitung
Eigentlich wurde vor dem pandemischen Potenzial von Coronaviren und Fledermäusen als Zwischenträger und Nährboden für Mutationen frühzeitig lange gewarnt [1] [2]. Dennoch stellt die COVID-19-Pandemie Gesundheitssysteme akut und weltweit vor große Herausforderungen. Der Fokus richtet sich auf die überlebenswichtige Versorgung der gesamten Population, wozu auch Informationen und Prophylaxe gehören. Die Gesamtsituation kann allerdings zur Beunruhigung der Bevölkerung beitragen, insbesondere zur Beunruhigung psychisch vorerkrankter Menschen.
Im Folgenden stellen wir 5 Fallbeispiele vor. Sie demonstrieren, wie
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kollektive, größtenteils über die Medien vermittelte Ängste bei einer psychischen Vorerkrankung zu einem erhöhten Hilfebedarf führen;
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Ausgangsbeschränkungen häusliche Gewalt mit lebensbedrohlichen Folgen begünstigen können, deren Anzeichen aufgrund der Komorbidität fast übersehen worden wären;
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das Besuchsverbot im Krankenhaus eine Katastrophenreaktion in Endzeitstimmung hervorrufen kann;
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eine beginnende Pneumonie bei zerebraler Hypoxie und Hypoperfusion einen paranoid-halluzinatorisch gefärbten Verwirrtheitszustand auslöst und
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der unkontrollierte Einsatz eines vermeintlich wirksamen Medikaments aufgrund einer präsidialen Empfehlung zu Intoxikation und Tod führt.
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Angst bei psychischer Vorerkrankung
Eine 44-jährige Patientin mit vorbekannter schizoaffektiver Störung stellt sich seit 6 Tagen wiederholt notfallmäßig in der psychiatrischen Hochschulambulanz vor. Sie berichtet, dass sie einer massiven Mobbingsituation ausgesetzt sei. Es würden in ihrer Wohnung verschiedene Dinge verlegt und versteckt. Ihr PC und ihr Handy würden überwacht. Mit der aktuellen Ausgangsbeschränkung versuche man, sie in den Wahnsinn zu treiben, dadurch habe das Mobbing eine neue Dimension erreicht. Den standardisierten Screening-Fragebogen auf SARS-CoV-2 in der Ambulanz halte sie für einen Scherz. Sie habe große Angst und wisse nicht, wo sie noch sicher sei und wem sie vertrauen könne.
Im Verlauf stimmt sie einer freiwilligen stationär-psychiatrischen Aufnahme zu. Auf Station trägt das Personal einen Mund-Nasen-Schutz. Von der Patientin wird dies wahnhaft verarbeitet: Das Tragen der Schutzmasken sei allein für sie inszeniert, wie auch die Berichterstattung über die Corona-Pandemie in den Medien, was sie als unerträgliches Mobbing bezeichnet. Sie fragt wiederholt, wann das Personal den Mund-Nasen-Schutz endlich abnehme und das Spiel vorbei sei.
Bei psychischen Vorerkrankungen (hier schizoaffektive Störung; ICD-10: F25) muss in Krisensituationen mit einer Verschlechterung gerechnet werden: Vorbestehende Motive (wahrgenommene Mobbing-Situation) gewinnen noch mehr an Bedeutung und die ängstlich-affektive Anspannung kann kaum mehr beherrscht werden. Darunter können Realitätskontrolle und Kritikfähigkeit leiden, sodass die Wahrnehmung vermeintlicher Nebensächlichkeiten (Fragebogen) und sozial irritierender Signale (Masken) mit hoher Dynamik das Wahnsystem unterfüttert.
Bei Patienten mit psychischen Vorerkrankungen muss man davon ausgehen, dass sie anhaltende Ausnahmezustände – wie gegenwärtig die Ausgangsbeschränkungen – intensiver empfinden als andere und infolgedessen Symptomverschlechterungen erleben. Dies muss aktiv angesprochen und erfragt werden.
Maßnahmen
Die Behandlung ist stützend und symptomorientiert. Eine stationäre Aufnahme hilft, durch den sicheren Rahmen eine weitere Eskalation zu vermeiden. Psychopharmakologisch können Antipsychotika und Anxiolytika (hier Olanzapin und Lorazepam) gegeben werden. Durch diese Interventionen kann wieder ein vertrauensvoller Kontakt trotz der ungewohnten Krisensituation aufgebaut werden.
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Häusliche Gewalt
Eine 40-jährige Patientin stellt sich mit 3,9 g/l Alkohol im Serum in Begleitung des Partners zum elektiven Alkoholentzug vor. Sie trinke intermittierend, aktuell bis zu einem Dreiviertelliter Whisky täglich. In der körperlichen Untersuchung fallen diverse Hämatome an den Unterarmen und Beinen auf. 8 Stunden nach Aufnahme wird wegen einer rasch zunehmenden Vigilanzminderung ein Schädel-CT durchgeführt. Es zeigt ein akutes, ausgedehntes, dringend operationsbedürftiges Subduralhämatom.
Postoperativ berichtet die Patientin auf Nachfrage von häuslicher Gewalt seit mehreren Jahren. Die Situationen eskalierten insbesondere dann, wenn nicht nur ihr Partner, sondern auch sie betrunken sei. Am Tag der Aufnahme habe er sie geschlagen, woraufhin sie gestürzt sei. Sie habe sich schon überlegt, zu ihrer Familie zu ziehen. Aufgrund der aktuellen Ausgangs- und Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie sei ihr dies aber im Moment nicht möglich. Sie habe sonst kaum soziale Kontakte. Erst bei einer nochmaligen genauen Untersuchung werden schwere innere Verletzungen nachgewiesen.
Dieses zunächst wenig auffällig erscheinende Problem einer Patientin mit Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) entpuppt sich durch den Verlauf und die ergänzende Diagnostik als ein Fall von schwerer häuslicher Gewalt. Die Ausgangsbeschränkungen haben eine Flucht der Betroffenen aus der bedrohlichen Lage verhindert. Dass Ausgangsbeschränkungen zu einer Eskalation häuslicher Probleme führen, ist zu erwarten. Betroffene haben dadurch keine Möglichkeit, sich der Situation zu entziehen. Auch Hilfe zu rufen, ist bei unausweichlicher Anwesenheit des Partners nur schwer möglich. Wie ernst das Problem ist, zeigen folgende Zahlen:
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Aus der chinesischen Provinz Hubei wird ein 3-fach erhöhtes Anrufaufkommen bei Frauennotrufen berichtet.
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Der französische Innenminister sprach von einer Zunahme der Fälle häuslicher Gewalt im Großraum Paris um 36 % seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen.
Auch für Deutschland werden ähnliche Anstiege erwartet.
Eine Zunahme häuslicher Gewalt ist bei Isolationsmaßnahmen grundsätzlich zu erwarten. Jedem Verdacht muss nachgegangen werden.
Maßnahmen
Betroffene müssen durch geeignete Maßnahmen (Meldung bei der Polizei, Unterbringung in Ausweichquartieren, notfalls stationäre Krankenhausaufnahme) beschützt werden. Die Kapazität von Frauenhäusern ist allerdings aktuell aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und Quarantäne von möglicherweise infiziertem Personal eingeschränkt. Eine Unterbringung im Frauenhaus ist darüber hinaus unmöglich, wenn die Betroffene selbst wegen einer COVID-19-Infektion Quarantäne einhalten muss. Für diesen Zweck werden in einigen Städten Hotels angemietet, in München z. B. über das Referat für Gesundheit und Umwelt.
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Apokalypse-Syndrom
Ein 82-jähriger Patient steht 5 Tage nach einer Ellenbogen-OP nachts plötzlich mit 2 Messern und einer Nagelfeile vor dem Pflegepersonal. Er hat sich damit bereits in den Unterarm gestochen und will sich umbringen, legt jedoch die Messer nach Aufforderung wieder zur Seite. Er sei aus einem Traum aufgewacht und habe den Gedanken gehabt, sich das Leben zu nehmen, da er „nun alt“ und „es nun gut“ und „sowieso alles vorbei“ sei. Er verlangt eine Tablette „zum Sterben“.
Psychiatrische Vorgeschichte und Suizidanamnese sind unauffällig. Als Akutmaßnahme erhält er 1 mg Lorazepam, es wird ihm eine Sitzwache zur Seite gestellt. Am nächsten Tag äußert er beim psychiatrischen Konsil, dass es eine „Dummheit“ war, die er anstellen wollte. Auf der Station sei ihm alles zu viel geworden, er leide wegen des Besuchsverbots aufgrund der Corona-Pandemie und vermisse seine Ehefrau; seine Lebensqualität sei gut, er verstehe sich gut mit seiner Frau, Existenzsorgen habe er nicht. Es erfolgt ein gemeinsames Telefongespräch mit der Ehefrau, in dem er sich glaubhaft von Suizidalität distanziert. Auch die Partnerin teilt diese Einschätzung.
Der Patient erhält 3-mal täglich 0,5 mg Lorazepam sowie 25 mg Quetiapin. Die Sitzwache wird zur Sicherheit vorerst beibehalten. Kurz vor Entlassung (4 Tage nach dem nächtlichen Vorfall) distanziert er sich in einem weiteren psychiatrischen Konsil glaubhaft von Suizidalität. Er erhält Notfallnummern, die Medikation wird schrittweise ausgeschlichen.
Aufgrund der Ausnahmesituation eines Krankenhausaufenthalts ohne Besuchsmöglichkeiten durch Angehörige handelt es sich bei diesem Fall diagnostisch am ehesten um eine Anpassungsstörung (ICD-10: F43.2), also eine affektive Reaktion mit depressiver oder ängstlicher Verstimmung auf ein belastendes Ereignis. Die Symptomatik ist meist von geringer bis mittlerer Ausprägung und nimmt üblicherweise einen milden Verlauf. Dennoch muss sie ernst genommen werden.
Viele Kliniken in Deutschland haben ein weitgehendes Besuchsverbot erlassen, worunter etliche Patienten leiden. In diesem Fall war es Auslöser für eine akute suizidale Krise. Der Schutz vor Selbstgefährdung muss aufgrund der möglicherweise fortbestehenden Impulsivität und Suizidalität im Vordergrund stehen.
Das Aussetzen des Kontakts zu Angehörigen kann Patienten in Ausnahmezustände mit Selbst- und Fremdgefährdung versetzen.
Maßnahmen
Wichtig sind eine rasche Entaktualisierung mittels Gesprächs, Medikation und Deeskalation durch das Einbeziehen von Angehörigen. Der Schutz vor Selbstgefährdung erfolgte in diesem Fall durch eine Sitzwache, regelmäßige Absprachen bezüglich Suizidalität und ein niedrig dosiertes Sedativum. Wir versuchten, dem dringenden Wunsch des Patienten, seine Frau zu sprechen, rasch und wiederholt zu folgen, selbst wenn dies in diesem Fall nur über das Stationstelefon möglich war. Für die Zeit nach der Entlassung wurde ein Krisenplan besprochen.
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Pneumonie, Hypoxie und Delir
Ein 79-jähriger Patient wird abends mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme gebracht, nachdem er auf der Straße kollabiert war. Er hat Symptome eines fieberhaften Atemwegsinfekts (Temperatur 38,7 °C, trockener Husten). Das Thorax-CT zeigt Hinweise auf eine virale Pneumonie, in der PCR wird der Verdacht auf SARS-CoV-2 bestätigt.
Am Folgetag wird der Patient zunehmend unruhig und erscheint verwirrt, sodass ein psychiatrisches Konsil erfolgt. Zunächst eher zurückhaltend, macht er erst auf Nachfrage teils inkohärente Angaben. Er sei schon wochenlang im Krankenhaus, vielleicht wegen „Corona“, das „ein Plan von Trump und Putin“ sei, „um die Menschheit abzulenken und schlechte Menschen zu eliminieren“. Dann meint er, in einer mit einem Bekannten gegründeten Firma zu sein, die DNA herstelle, um „Menschen zu optimieren“. Es wird eine erweiterte Differenzialdiagnostik mittels zerebraler Bildgebung und Laboruntersuchung empfohlen, die außer einer leichten generalisierten Hirnatrophie keine wegweisenden Befunde ergibt. Im Verlauf verschlechtert sich die Pneumonie. 12 Tage nach Aufnahme erfolgt die Verlegung auf die Intensivstation zur Beatmung.
Infektionen können Verwirrtheitszustände insbesondere bei älteren Patienten auslösen, die zudem häufiger einen schwereren Verlauf von COVID-19 erleiden. Die Hypoxämie infolge der Pneumonie beeinträchtigt zusätzlich kognitive Funktionen. In diesem Fall (mit inkohärenten Angaben, Desorientierung, Situationsverkennung und fraglichen Halluzinationen) besteht ein Delir (ICD-10: F05.9).
Maßnahmen
Bei psychomotorisch unruhigen Patienten sollten Orientierung sowie Symptome wie Halluzinationen, Ich-Störungen, Wahn und auch Fremd- und Eigengefährdung aktiv nachgefragt bzw. geprüft werden. Wichtig ist der differenzialdiagnostische Ausschluss infrage kommender anderer Ursachen, die u. U. eine abweichende Therapie erfordern. Nichtpharmakologische Interventionen (z. B. Uhr, Fenster, Mobilisierung) sind notwendige Voraussetzungen zur Einleitung einer gezielten Therapie und weitergehenden Diagnostik, die parallel auf Symptome und Ursachen zielen.
Einem Delir liegt häufig ein multifaktorielles Geschehen zugrunde. Die Behandlung erfolgt zunächst symptomorientiert, eine zügige differenzialdiagnostische Abklärung ist notwendig.
Psychopharmakologisch sollten anticholinerge Substanzen nach Möglichkeit abgesetzt werden. Symptomatisch steht eine Reihe von Antipsychotika zur Verfügung [3]. Bei einer Pneumonie sollten atemdepressive Substanzen jedoch nur äußerst zurückhaltend gegeben werden – in diesem Fall wurde gänzlich darauf verzichtet. Ferner sollte auch zur Prävention eines Delirs eine optimale Sauerstoffversorgung (ggf. mit Nasensonde, über Maske, über Beatmung) gewährleistet sein.
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Chloroquin-Vergiftung
Am 23.03.2020 wird der Fall eines in Arizona (USA) lebenden Ehepaares bekannt. Beide nahmen in prophylaktischer Absicht Chloroquinphosphat ein, nachdem der US-amerikanische Präsident in einer öffentlichen Verlautbarung Chloroquin als vielversprechendes Medikament gegen COVID-19 dargestellt hatte. Laut Presseberichten habe das Ehepaar die Substanz zur Behandlung von Fischkrankheiten für sein Aquarium besessen. Etwa 30 Minuten nach der Einnahme hätten beide Ehepartner Vergiftungssymptome gezeigt, die Ehefrau Übelkeit und Erbrechen, der Ehemann Atemnot. Beide seien ins Krankenhaus gebracht worden, wo der Mann kurz darauf verstorben sei.
Kommentar
Dieser Fall wurde von Banner Health, einer amerikanischen Gesundheitsorganisation, veröffentlicht und von diversen Medien berichtet [4]. Ein derartiger Fall ist in Deutschland noch nicht aufgetreten, was auch an eher besonnenen Aussagen von Meinungsbildnern in Deutschland liegen mag. Denkbar ist es dennoch, dass Patienten auch hierzulande in Eigenregie Substanzen wie Chloroquin einsetzen, über deren potenzielle Wirkung bei COVID-19 in den Medien berichtet wird. Für die Food and Drug Administration war dieser Vorfall zumindest Anlass, eine Warnung vor dem Eigengebrauch von Chloroquin herauszugeben [5].
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Indikation und Nebenwirkungen von (Hydroxy-) Chloroquin
Chloroquin und Hydroxychloroquin werden seit Jahrzehnten erfolgreich zur Behandlung der Malaria, der rheumatoiden Arthritis und des systemischen Lupus erythematodes verwendet. Bei COVID-19-Infektionen kamen höhere Dosierungen als bei den genannten Indikationen zum Einsatz [6]. Laut Beobachtungen „an mehr als 100“ Patienten zeigten die Substanzen günstige Effekte auf die Pneumonie, die raschere Konversion zur Virus-Negativität und die Verkürzung der Krankheitsdauer [7]. Die Substanzen verhindern die Virus-Replikation und bremsen den „Zytokin-Sturm“ [8].
Das Spektrum der Nebenwirkungen ist allerdings groß:
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Erbrechen und Diarrhoe sind als akute Nebenwirkungen bekannt.
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Bei entsprechender Disposition oder hoher Dosierung können psychotische Episoden und gereizte affektive Mischzustände ausgelöst werden [9].
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Nach langjährigem Gebrauch können sich Retinopathien und Kardiomyopathien entwickeln, v. a. bei älteren Patienten und hoher Dosierung.
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Bei einer Intoxikation mit hohen Dosen von Chloroquin können
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zentralnervöse Symptome von Schwindel über Krampfanfälle bis hin zum Koma,
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kardiotoxische Effekte wie Herzrhythmusstörungen bis hin zur Torsade-de-Pointes-Tachykardie sowie
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eine Hypokaliämie auftreten.
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Hydroxychloroquin hat weniger Nebenwirkungen als Chloroquin und kann somit in höherer Dosierung und auch bei Schwangerschaft eingesetzt werden [8].
Trotz präklinischer Belege für eine antivirale Wirkung muss das Ergebnis laufender klinischer Studien abgewartet werden, ehe eine Therapieempfehlung ausgesprochen wird. Blutbild (Anämie, Thrombozytopenie), Elektrolyte, Leber- und Nierenfunktion sind regelmäßig zu überprüfen [10]. Laufende EKG-Kontrollen sind wegen Bradykardie und verlängerter QTc-Zeit notwendig (Cave gleichzeitige Anwendung von Antidepressiva und Antipsychotika) [11]. Das Spektrum der Nebenwirkungen ist allerdings groß [12] [13].
Chloroquin und Hydroxychloroquin können psychiatrische Symptome wie Psychosen, Angstzustände und Verwirrtheitszustände verursachen. Intoxikationen können lebensbedrohlich sein.
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Diskussion
Blick nach China
Es stellt sich die Frage, was wir von China in Bezug auf die psychologischen Aspekte der Corona-Pandemie lernen können. Dazu einige Daten zu staatlichen Maßnahmen sowie zu mentalen Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung bzw. das medizinische Personal.
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Am 26. Januar 2020 veröffentlichte die Nationale Gesundheitskommission Chinas die Prinzipien für psychiatrische Interventionen in Krisensituationen und
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am 07. Februar 2020 die Leitlinien für psychologische Betreuungs-Hotlines;
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Anfang Februar waren in China bereits mehr als 10 Bücher über COVID-19-bedingte psychische Probleme erschienen.
Sowohl die in rascher Folge erschienenen Publikationen zu dem Thema als auch die früh veröffentlichten Leitlinien für psychiatrische Kriseninterventionen lassen erkennen, dass das Risiko psychischer Belastung infolge der Pandemie früh erkannt wurde. Diesem Risiko sollte mit Telefon-Hotlines und spezialisierten aufsuchenden Teams begegnet werden. Allerdings standen dem geringe Personalressourcen, unklare Zuständigkeiten und die Quarantänemaßnahmen selbst entgegen. Teil einer Lösung kann die weitere Entwicklung einer telemedizinischen Infrastruktur sein.
Allgemeinbevölkerung
Ausgewertet wurden SMS-Kontakte, ein Blogging-Dienst und eine Online-Befragung.
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Die Auswertung von allgemeinen SMS-Kontakten (WeChat) ergab Hinweise, dass 75 % der Bevölkerung unter Stress litten und 50 % unter einer Depression [14].
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Der Blogging-Dienst WeiBo analysierte mittels KI Worthäufigkeiten und emotionale Indikatoren und belegte damit vermehrte Sorgen der Bevölkerung zu Gesundheit und Familie [15].
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Eine Online-Befragung von mehr als 1000 Teilnehmern ergab bei einem erheblichen Prozentsatz das Vorliegen von Angst (28 %), Depression (17 %) und Stress (8 %) [16].
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Medizinisches Personal
Bei 1257 Pflegekräften und Ärzten, die an der Versorgung von Corona-Patienten beteiligt waren, wurden die psychischen Belastungen weit häufiger angegeben [17]:
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Stress 70 %
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Depression 50 %
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Angst 45 %
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Schlaflosigkeit 34 %
Zudem wurden einige Maßnahmen vom medizinischen Personal kritisch gesehen, und zwar Maßnahmen
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zu psychologischen Hilfsangeboten:
Chen et al. mussten feststellen, dass das medizinische Personal psychologischen Hilfsangeboten gegenüber wenig aufgeschlossen war und sich stattdessen bessere Ausrüstung und Ruhemöglichkeiten wünschte [18].
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zur Ausgangssperre:
Kritisiert wurden die Auswirkungen der Ausgangssperre für Alte, die zu wenig Aufmerksamkeit erführen, wegen fehlenden Internetzugangs keine Informationen erhielten und durch den Ausfall des öffentlichen Personennahverkehrs von der medizinischen Versorgung abgeschnitten würden [19].
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im Hinblick auf psychisch vorerkrankte Patienten:
Auch für Patienten mit psychischen Erkrankungen sei es wesentlich schwieriger geworden, Hilfe zu erhalten. Zudem stünden sie in besonderer Gefahr sich anzustecken, das Virus zu verbreiten oder ungünstigere Verläufe zu entwickeln (z. B. Pneumonie). Gründe dafür seien nicht nur mangelnde Einsicht, sondern auch die bisweilen stationäre Unterbringung [20].
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Résumé
Wir haben in dieser Übersicht 5 typische Probleme aus den ersten Tagen der Corona-Krise und der landesweiten Ausgangsbeschränkung geschildert und konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Was sollte generell beachtet werden?
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Bestimmte Risikokonstellationen lassen sich im Vorfeld identifizieren und durch prophylaktische Maßnahmen entschärfen, z. B. durch
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rechtzeitige Anbahnung sozialer Kontakte,
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den Einsatz traditioneller und moderner Methoden von Brille bis Tablet oder
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den Beginn einer symptomorientierten Behandlung.
Voraussetzung: offenes Ansprechen der Gefahr, ohne zu verletzen.
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Andere Probleme fallen erst mit Eintreten des Ernstfalls und nach ersten schwerwiegenden Komplikationen auf, z. B. Selbstverletzungen oder Gewalt durch andere. Ihnen muss individuell und bedarfsorientiert begegnet werden.
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Zur Vorbeugung von Angst und Verzweiflung gehört auch eine umfassende öffentliche Aufklärung über Risiken, Vorsichtsmaßregeln und über die bestmögliche Behandlung. Zugleich muss aber auch vor unseriösen Empfehlungen und Missverständnissen gewarnt werden. Dies scheint derzeit in der BRD durch Wissenschaft und Politik im internationalen Vergleich gut zu gelingen.
Krisen können auch zu einer sozialen Solidarisierung und zu einer Stärkung einzelner beitragen. Das gilt auch für psychisch Kranke, die sich auf ihre Stärken besinnen.
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Es ist Aufgabe der Medizin – nicht nur der Psychiatrie –, sich um Patienten zu kümmern, die sich in der Pandemie-Situation als besonders verletzlich erweisen. Es ergeben sich bereits erste Hinweise darauf, dass in Abhängigkeit von der Dauer der Corona-Pandemie und der eingeleiteten Gegenmaßnahmen viele ernsthaft psychisch Kranke und ihre Familien wegen begrenzter Ressourcen zu Schaden kommen werden.
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Durch die COVID-19-Pandemie muss mit einer Zunahme von affektiven, v. a. Angsterkrankungen und -symptomen gerechnet werden.
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Menschen mit psychischen Vorerkrankungen sind stärker gefährdet, eine Exazerbation ihrer Erkrankung zu erleben oder affektive und Angsterkrankungen zu entwickeln.
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Psychische Begleitsymptome werden in Krisenzeiten leichter übersehen.
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Hinweise auf verdächtige Umstände bleiben gerade bei dissimulierenden Patienten häufiger unbeachtet.
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Bei gravierenden somatischen Erkrankungen kann die subjektive Belastung der Patienten unerkannt bleiben.
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Psychiatrische Pharmakotherapie ist oft notwendig und muss gleichermaßen zwar konsequent, aber in dieser Situation auch flexibel den wechselnden Bedürfnissen und Unverträglichkeiten angepasst werden.
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Psychosoziale und Pflegeinterventionen sind von hoher Bedeutung, aber in Krisenzeiten besonders schwer zu organisieren.
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Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
09. April 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
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