Key words DeGIR registry data - interventional radiology - bleeding - module B - embolization - nationwide availability
Einleitung
Aktive Blutungen sind potenziell lebensbedrohliche Notfälle und häufig Folge eines Traumas oder einer iatrogenen Komplikation. Seltener kommen Tumorblutungen oder Gerinnungsentgleisungen als Ursache vor [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]. Die guten, wissenschaftlich gesicherten Ergebnisse und die rasante Entwicklung und Verbreitung von radiologisch geführten gefäßverschließenden Maßnahmen in deutschen Kliniken hat dazu geführt, dass eine interventionelle radiologische Therapie einer Blutung in bestimmten Situationen anderen Alternativen vorgezogen werden sollte, z. B. aufgrund der Lokalisation, bei entgleister Gerinnung, schwierigem operativem Zugang, ausgedehnt voroperiertem Situs oder gar Inoperabilität das Patienten [3 ]. Eine Intubationsnarkose ist für eine interventionell-radiologische Therapie im Regelfall nicht erforderlich. Daher kann unmittelbar nach Diagnose einer aktiven Blutung die angiografische Evaluation mit Durchführung einer interventionell-radiologischen Therapie zur Blutstillung erfolgen. Zudem ist die interventionell-radiologische Therapie von Blutungen zumindest als Option zunehmend Teil von fachspezifischen Leitlinien anderer Disziplinen, z. B. in der Gastroenterologie oder Gynäkologie [6 ]
[7 ].
Letztlich sind in der praktischen Patientenversorgung nicht nur die Effektivität und Qualität einer bestimmten Technik ausschlaggebend, sondern auch zudem ihre Verfügbarkeit und die strukturelle Verteilung von Zentren mit genügend praktischer Erfahrung zur regionalen Deckung und Versorgung des Bedarfs. Dies wurde durch die rasante Entwicklung der interventionell-radiologischen Behandlung von Schlaganfällen durch Thrombektomie erst kürzlich besonders eindrucksvoll dargestellt [9 ].
Die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimalinvasive Therapie (DeGIR) erfasst im Rahmen eines Qualitätssicherungsprogramms über ein gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) betriebenes Register seit über 25 Jahren vaskuläre und nichtvaskuläre Interventionen. Das Register umfasst folgende Module: Modul A (gefäßeröffnende und gefäßrekonstruierende Verfahren), Modul B (gefäßverschließende Verfahren), Modul C (diagnostische Punktionen, Drainagen, PTCD, TIPSS etc.), Modul D (onkologische Verfahren, v. a. tumorspezifische Embolisationen und Ablationen), Modul E (gefäßeröffnende Neuro-Interventionen) und Modul F (neurovaskuläre Embolisationsbehandlungen).
In dieser vorliegenden Übersicht soll evaluiert werden, ob Patienten in Deutschland die interventionell-radiologische Therapie im Modul B zur Behandlung von aktiven Blutungen flächendeckend zur Verfügung steht. Interventionen im DeGIR-Modul B sind in besonderem Maß als anspruchsvolle Spezial-Interventionen anzusehen. In der Literatur liegen keine Zahlen zur flächendeckenden Versorgung der operativen oder endoskopischen Blutstillung vor. Somit kann es nicht Ziel der Arbeit sein, einen Vergleich der interventionellen Technik mit diesen Techniken anzustellen.
Methoden
Datenerfassung
Als Basis für die Analyse wurden die DeGIR-Registerdaten aus den Jahren 2016 und 2017 verwendet. Die Erfassung der Daten erfolgte in diesen Jahren über Software von BQS (Institut für Qualität & Patientensicherheit GmbH). Dabei wurden als Surrogat zur Erfassung von Leistung und Erfahrung in Bezug auf interventionell-radiologische Blutungsstillung der Kliniken die freiwilligen Angaben von Modul-B-Eingriffen verwendet. Das DeGIR-Modul B erfasst dabei Leistungen mit gefäßverschließenden Verfahren einschließlich Coils, Flüssigembolisaten, Partikeln, Plugs und Ähnlichem.
Zur weiteren Analyse wurde die Anzahl von Zentren ermittelt, welche die Kriterien zur DeGIR-Zertifizierung als Ausbildungszentrum (mindestens 20 Eingriffe pro Jahr) erfüllen bzw. bereits zertifiziert sind. Hierzu wird im Wesentlichen die Durchführung und Dokumentation von mindestens 20 interventionell-radiologischen Eingriffen des Moduls B gefordert sowie ein Interventionalist mit persönlicher Stufe-2-Zertifizierung im Modul B. Diese persönliche Zertifizierung der Stufe 2 erfordert wiederum den Nachweis von mindestens 100 erbrachten Interventionen des Moduls B sowie 30 CME-Punkten. „High Volume“-Zentren wurden mit Eingriffszahlen oberhalb der 9. Dezile definiert.
Analyse zur Flächendeckung
Es erfolgte eine Datenaufschlüsselung gestaffelt nach Bundesländern. Zur detaillierteren Analyse der Flächendeckung erfolgte, ohne Daten einzelner Kliniken sichtbar zu machen, eine Aufschlüsselung der erfassten Modul-B-Eingriffe nach 40 kleineren Regionen (Regierungsbezirke, ehemalige Regierungsbezirke und Bundesländer (wenn nie eine Einteilung in Regierungsbezirken vorlag): Arnsberg, Berlin, Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Chemnitz, Darmstadt, Dessau, Detmold, Dresden, Düsseldorf, Freiburg, Gießen, Halle, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kassel, Koblenz, Köln, Leipzig, Lüneburg, Magdeburg, Mecklenburg-Vorpommern, Mittelfranken, Münster, Niederbayern, Oberbayern, Oberfranken, Oberpfalz, Rheinhessen-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Schwaben, Stuttgart, Thüringen, Trier, Tübingen, Unterfranken, Weser-Ems).
Statistik
Zur deskriptiven Statistik wurde R Statistics (R version 3.5.3 (2019–03–11) – „Great Truth") verwendet [8 ]. Als Signifikanzniveau wurde p = 0,05 akzeptiert.
Grafikerstellung
Folgende Software wurde zur Grafikerstellung genutzt:
Creative Commons Attribution 3.0 License (www.geonames.org ), Geojson Deutschland(https://github.com/isellsoap/deutschlandGeoJSON ), https://www.destatis.de/DE/Service/Impressum/copyright-genesis-online.html (Statistisches Bundesamt (Destatis), https://krankenhausatlas.statistikportal.de/ ; Datenlizenz dl-de/by-2-0, https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0
Fachliche Daten: © Statistisches Bundesamt Daten nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) 2016 © Statistische Ämter des Bundes und der Länder Bevölkerungsdaten: Zensus 2011
Basisdaten: © EuroGeographics (2013) Staatsgrenzen Europas 2013 im Maßstab 1:3.000.000 © GeoBasis-DE/BKG (2018) Verwaltungsgrenzen Deutschlands 2017 im Maßstab 1:250.000 © GeoBasis-DE/BKG (2018) WebAtlasDE
Genesis-Online; Datenlizenz dl-de/by-2-0), Folium/Geopandas/Shapely/Python (Kartenerstellung).
Ergebnisse
Für die Analyse wurden bzgl. des DeGIR-Moduls B Registerdaten von 242 Kliniken in Deutschland evaluiert. Im Jahr 2016 wurden 16 763 und im Jahr 2017 16 399 Modul-B-Eingriffe via freiwillige Eingabe in das DeGIR-Register erfasst; Veränderungen im Zeitverlauf der beiden Jahre waren statistisch nicht signifikant. Der Median der Zahl der durchgeführten Eingriffe pro Einrichtung lag 2016 bei 41 Eingriffen und 2017 bei 40. Die DeGIR-Voraussetzung zur Zertifizierung als Ausbildungszentrum für das Modul B erfüllten im Jahr 2016 160 Kliniken und im Jahr 2017 162. Die Gesamtzahl der Eingriffe, die an High-Volume-Zentren geleistet wurden, blieb 2016 und 2017 konstant (an 23 Kliniken jeweils insgesamt über 500 Eingriffe pro Jahr).
Flächendeckung der Versorgung
Normiert auf 1 Million Einwohner fanden deutschlandweit 2016 im Durchschnitt 211 und im 2017 200 Eingriffe statt (Standardabweichung 101 bzw. 109). Der Median lag bei 202 bzw. 222 Eingriffen pro 1 Million Einwohner. 2016 und 2017 zusammengerechnet ergibt sich ein Mittelwert von 425 pro 1 Million Einwohner (Standardabweichung 205). Die Interquartile Range (IRQ) betrug 293–521 Eingriffe pro 1 Million Einwohner; der Minimalwert betrug 87 in Bremen und der Höchstwert 888 im Saarland. [Abb. 1 ] stellt eine Übersicht bzgl. der registrierten Leistungen pro 1 Million Einwohner für jedes Bundesland dar.
Abb. 1 Leistungserfassung nach Bundesland. Balkendiagramm der Leistungsdaten heruntergebrochen auf die verschiedenen Bundesländer. Die Angaben entsprechen den zusammengefassten Zahlen aus den Jahren 2016 und 2017 pro 1 Million Einwohner. Die durchgehende rote Linie illustriert den Median von 425. Die untere rote gestrichelte Linie stellt das erste Quartil (293) und die obere gestrichelte rote Linie das dritte Quartil (521) dar.
Aus der Analyse der Regierungsbezirke bzw. ehemaligen Regierungsbezirke ergaben sich pro Jahr (errechnet aus 2016 und 2017) bei 40 Regionen im Durchschnitt 430 Eingriffe; die Standardabweichung betrug 302. Der Median betrug 413 Eingriffe pro Jahr. Bezirke ohne registrierte Eingriffe fanden sich hingegen nicht. [Abb. 2 ] illustriert die absolute Anzahl an Eingriffen nach Bundesland und Region sowie deren Entwicklung. [Abb. 3 ] zeigt die kombinierte Anzahl aus den Jahren 2016 und 2017 an Eingriffen pro 1 Million Einwohner für jedes Bundesland. Einzelne kleinere Regionen verfügen allerdings über eine geringe Anzahl an Krankenhäusern, in denen die interventionell-radiologische Therapie einer akuten Blutung angeboten werden kann.
Abb. 2 Flächendeckende Verteilung und Dynamik. Absolute Leistungszahlen der verschiedenen Bundesländer bzw. Regionen und deren Veränderungen zwischen 2016 und 2017. Die absoluten Zahlen A–C sind in zunehmenden Grüntönen kodiert und die Veränderungen der Zahlen zwischen 2016 und 2017 in zunehmendem Blau D . In A sind die absoluten Leistungszahlen nach Bundesland aus dem Jahr 2016 illustriert, in B jene aus dem Jahr 2017. In C sind die zusammengefassten Leistungsdaten aus den Jahren 2016 und 2017 nach Regionen (Regierungsbezirken und ehemaligen Regierungsbezirken) dargestellt. In D wird die prozentuale Veränderung zwischen 2016 und 2017 in den verschiedenen Bundesländern gezeigt. Geringe Veränderungen und Negativtendenzen werden durch weiße Flächen dargestellt.
Abb. 3 Leistungszahlen in Bezug auf Einwohner der Bundesländer. Deutschlandweite Verteilung von interventionell-radiologisch geführten gefäßverschließenden Maßnahmen (2016 und 2017) nach Bundesländern in Eingriffen pro 1 Million Einwohner.
Entwicklung zwischen den Jahren 2016 und 2017
Bei den registrierten Fällen zwischen den Jahren 2016 und 2017 ergaben sich keine statistisch relevanten Veränderungen, jedoch zeigten sich lokal im Einzelnen auf Bezirksebene und auf Ebene der ehemaligen Bezirksebenen wie oben beschrieben teils erhebliche Unterschiede. Im Durchschnitt betrug die prozentuale Veränderung + 0,02 % mit einer Standardabweichung von 37 %. Der maximale Rückgang eines Bezirks zwischen den Jahren lag bei 96 %, während die maximale erfasste Leistungssteigerung einer Region bei 88 % lag. [Abb. 2D ] illustriert die Entwicklung zwischen 2016 und 2017 für die einzelnen Bundesländer.
Diskussion
Die Analyse aus DeGIR-Registerdaten der Jahre 2016 und 2017 bezüglich der flächendeckenden deutschlandweiten Versorgung mit gefäßverschließenden Maßnahmen (Modul B) als Behelf für die Einschätzung für interventionell-radiologische Therapien bei akuten Blutungen hat ergeben, dass 1.) auf Bundeslandebene eine deutschlandweite gute Verfügbarkeit besteht sowie 2.) die Erfahrung bzgl. der erforderlichen Verfahren über die einzelnen Regionen verteilt nahezu gleichwertig hoch ist. Weiße Flecken auf der Landkarte decken sich mit solchen Regionen, die eine geringe Dichte an Krankenhäusern aufweisen und somit in der Fläche diesbezüglich relativ schlecht versorgt sind ([Abb. 4 ]).
Abb. 4 Verteilungsmuster der Krankenhäuser in Deutschland. Deutschlandweite Verteilung von Krankenhäusern; https://www.destatis.de/DE/Service/Impressum/copyright-genesis-online.html (Statistisches Bundesamt (Destatis), https://krankenhausatlas.statistikportal.de/ ; Datenlizenz dl-de/by-2-0, https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0 .
Interventionell-radiologische Therapien von akuten Blutungen haben einen zunehmenden klinischen Stellenwert und auch hohen Nutzen für Patienten, da die Erfolgsaussichten zur Behebung dieser lebensgefährlichen Situation sehr hoch sind. Zudem stellen interventionell-radiologische Therapien minimalinvasive Verfahren mit einer hohen Effizienz und Effektivität bei gleichzeitig geringer prozeduraler Belastung für den Patienten dar. Im Gegensatz zu offen-operativen und oft auch endoskopischen Verfahren ist der endovaskuläre Therapieweg meist besonders zielgenau und schonend für umgebende Gewebsstrukturen. Zudem kann mitunter auf eine Intubationsnarkose verzichtet werden [9 ].
Neben der Effektivität und der Risikoarmut eines Verfahrens spielt im praktischen Zusammenhang und vor allem in Bezug auf die Patientenversorgung im Allgemeineren auch die Verfügbarkeit eine große Rolle. Aus den DeGIR-Registerdaten ergibt sich auf Bundeslandebene eine hohe deutschlandweit flächendeckende Verfügbarkeit. Quantitativ besteht diese Flächendeckung auch bzgl. der Erfahrung mit interventionell-radiologischen Verfahren zur akuten Blutstillung. Diese Ergebnisse sind analog zu den neuroradiologischen Ergebnissen bzgl. der DeGIR-Modul-E-Daten [10 ]. Die hohe Anzahl an Zentren, die sich für eine DeGIR-Ausbildungszentren-Zertifizierung eignen bzw. bereits zertifiziert sind, und auch die hohe Anzahl an „High Volume“-Zentren zeigen eine gute Aufstellung bzgl. einer Ausbildung von jungen, interventionell interessierten Radiologen an. In der Literatur gibt es keine vergleichbaren Zahlen für operative oder endoskopische Verfahren der Blutstillung. Der interessante Vergleich verschiedener Techniken untereinander ist uns somit nicht möglich. Auch kann keine Aussage über die prozentuale Verteilung des Einsatzes der verschiedenen Techniken zur Blutstillung gemacht werden. Dies war allerdings auch nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit; sie sollte lediglich überprüfen, ob in Deutschland die flächendeckende Versorgung von akuten Notfallblutungen durch interventionell-radiologische Techniken gewährleistet ist. Diese Frage ist anhand der vorliegenden Daten zu bejahen, wenn auch im Folgenden noch Einschränkungen bei der Interpretation der freiwilligen Registerdaten diskutiert werden müssen.
Interpretation der Registerdaten
In der vorliegenden Analyse wurden DeGIR-Daten aus dem Modul B als Surrogat für die Erfahrung und die Leistungsverteilung für die interventionell-radiologisch Notfallversorgung in Deutschland verwendet. Es ist dabei von besonderer Bedeutung, dass die Leistungserfassung auf freiwilliger Basis abläuft. Als Schlussfolgerung bedeutet dies, dass die Anzahl und Erfahrung mit den entsprechenden Therapien deutlich höher liegen dürften als die vorliegenden Zahlen anzeigen. Die z. T. erhebliche Schwankung der erfassten Leistungen in Regionen allein zwischen den Jahren 2016 und 2017 bei gleichbleibender deutschlandweiter Gesamtleistung lässt auf mehrere, parallel ablaufende Effekte schließen. Die Schwankungen übersteigen in zahlreichen Fällen die anzunehmende Varianz der Inzidenz der Indikationen zur interventionell-radiologischen Therapie. Die lokalen Schwankungen von bis ca. ± 90 % sind letztlich unklar und möglicherweise durch inkonsequente Leistungserfassung in einzelnen Kliniken zu erklären. Da die Leistungserfassung über die DeGIR derzeit auf freiwilliger Basis stattfindet und auch einen gewissen Zeitaufwand mit sich bringt, können die erfassten Leistungen ggf. stark schwanken. In Einzelfällen könnte sich aber auch die Verfügbarkeit der Technik geändert haben und so die großen lokalen Schwankungen erklären. So wäre der Wechsel eines erfahrenen interventionellen Radiologen an eine andere Klink eine weitere Erklärungsmöglichkeit für die ermittelten Schwankungen. Aber auch die Akzeptanz der minimalinvasiven Technik durch zuweisende Kollegen und somit auch der Wechsel dieser Kollegen könnte hierfür mitverantwortlich sein.
Über die Jahre haben sich immer mehr radiologische Kliniken an der Eingabe in das DeGIR-Register beteiligt. Erst nachdem hier eine längere Stagnation eingetreten ist, werden sich mithilfe der absolut eingegebenen Interventionszahlen für das Modul B Aussagen zur zeitlichen Entwicklung der interventionellen Versorgung von Notfallblutungen machen lassen.
Flächendeckung der Versorgung
Die Analyse zeigt insgesamt eine gute flächendeckende deutschlandweite Versorgung auf Bundeslandebene mit interventionell-radiologisch geführten gefäßverschließenden Maßnahmen. Die Anzahl der Eingriffe in jedem Bundesland pro 1 Million Einwohner bei einem Mittelwert von etwa 200 sowohl im Jahr 2016 also auch 2017 variiert allerdings teilweise deutlich ([Abb. 3 ]). Einzelne Regionen, wie z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Bremen oder auch das Saarland, Hamburg und Thüringen, weichen mehr als 1 Standardabweichung vom Mittelwert ab. Wie bereits oben diskutiert, sind hier teils fluktuierende Registerdaten ursächlich, aber auch die Stellung als Stadtstaaten muss bzgl. der abweichenden Leistungsdaten als Ursache in Erwägung gezogen werden. Große Stadtstaaten können aus dem Einzugsgebiet angrenzender Bundesländer Patienten rekrutieren, während kleinere Stadtstaaten oder auch Bundesländer aufgrund der konsekutiven geringeren Datenmenge diesbezüglich stärkeren statistischen Schwankungen unterliegen und einzelne Zentren in der Registererfassung einen größeren Einfluss haben. Dass die individuelle Verfügbarkeit einzelner Interventionalisten an einzelnen Zentren ebenfalls eine Rolle spielen könnte, kann anhand der uns vorliegenden Daten nicht ausgeschlossen werden, da aus Datenschutzgründen die einzelnen Interventionen des Registers nicht auf den durchführenden Arzt heruntergebrochen werden können. Als weitere Ursache für lokale Schwankungen müssen ggf. auch unterschiedliche etablierte klinische Abläufe in Betracht gezogen werden; in manchen Kliniken erfolgt die Zuweisung einer aktiven Blutung eher an die Chirurgie, sodass die Fälle zwar dennoch versorgt werden, sich aber einer interventionellen Therapie und damit auch dem Register entziehen.
Einzelne Regionen weisen eine geringe Dichte an Krankenhäusern auf, welche die interventionell-radiologische Therapie bei akuten Blutungen anbieten. Dies lässt vereinzelt auf verlängerte Verlegungszeiten und Transportwege für Patienten schließen, um sie bei Bedarf der interventionell-radiologischen Therapie zur Blutstillung zuzuführen. So könnte im Umkehrschluss die hohe Zahl an zertifizierten Gefäßzentren im Saarland für die im Bundesvergleich ungewöhnlich hohe Anzahl an interventionellen Eingriffen verantwortlich sein.
Auf Basis der guten o. g. Ausbildungssituation in Deutschland könnten die Ausbildung von mehr interventionellen Radiologen und die Verteilung eben dieser auf möglicherweise strukturschwächere Regionen die Versorgungssituation auf kleinerer Regionalebene in der Zukunft wahrscheinlich noch deutlich verbessern.
Die Zukunft der DeGIR-/DGNR-Qualitätsregisterdaten
Die Methoden zur Leistungserfassung auf webbasierter Ebene wird durch die DeGIR seit 1994 kontinuierlich verbessert und überarbeitet, um Eingaben zu vereinfachen und den mit der Dateneingabe verbundenen Zeitaufwand zu reduzieren – bei mindestens gleichbleibender Eignung zur Qualitätssicherung. Im Jahr 2018 wurde auf die webbasierte Lösung der Fa. Samedi umgestellt. Die Registerdaten erfassen neben Strukturdaten, Indikationsdaten, prozeduralen Daten und Parametern der Ergebnisqualität auch Daten zur Strahlenbelastung des Patienten, die durch die jeweilige Intervention entstehen. Daher könnten die Registerdaten durchaus zur eigenen verpflichtenden Dosisprotokollierung genutzt werden. Des Weiteren besteht nach § 137 SGB V die Verpflichtung zur Qualitätssicherung; auch dies könnte im gleichen Schritt mit der Registerdateneingabe erfüllt werden. Zudem stellen die registrierten Daten die Grundlage zur mehrstufigen, persönlichen und institutionellen DeGIR-/DGNR-Zertifizierung in den verschiedenen Therapiemodulen der Interventionellen Radiologie dar. Eine verpflichtende Dateneingabe in der Zukunft würde deutschlandweit die Aussagekraft der Ergebnisse von Analysen bzgl. verschiedener Fragestellungen weiter aufwerten.