Pneumologie 2020; 74(05): 307-308
DOI: 10.1055/a-1151-2295
Mitteilungen des DZK

Mitteilungsseiten des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK)

 

Newsletter des DZK

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Tuberkuloseinteressierte,

wir freuen uns, Sie mit unserem Newsletter über die Neuigkeiten im Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK e. V.) sowie über aktuelle Entwicklungen und neue Erkenntnisse rund um die Tuberkulose informieren zu können.


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Zum Welttuberkulosetag 2020

Am 24. März 2020 erinnert der Welttuberkulose-Tag an die Entdeckung des Tuberkuloseerregers durch Robert Koch im Jahr 1882. Im Angesicht der aktuellen Coronavirus-Pandemie tritt der Tuberkulose-Tag in diesem Jahr in den Hintergrund. Viele Veranstaltungen, die das Ziel hatten, Aufmerksamkeit und Verständnis für die weltweite Tuberkulose-Situation zu fördern, sind deshalb ausgefallen.

Wir möchten den 24. März dennoch zum Anlass nehmen, an 1,5 Millionen Menschen zu erinnern, die mehr als 100 Jahre nach der Entdeckung des Erregers immer noch jedes Jahr einer Tuberkulose-Erkrankung zum Opfer fallen. Jeden Tag sterben weltweit 4000 Menschen an dieser eigentlich gut behandelbaren Erkrankung. Die Vereinten Nationen haben im September 2018 unter deutscher Beteiligung beschlossen, die gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung der Tuberkulose zu intensivieren, um die Erkrankung zurückzudrängen.

Jetzt wird es Zeit zu handeln. Daher hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Welt-Tuberkulose-Tag 2020 mit dem Motto „It’s Time“ angekündigt. Auch wenn momentan alle Ressourcen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie benötigt werden, dürfen die von einer Tuberkulose betroffenen Menschen nicht in Vergessenheit geraten.

Zoom Image
Toolkit der WHO zum Welttuberkulosetag 2020 [rerif].

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Update der neuen WHO-Empfehlungen 2020 geplant

In einer „rapid communication“ hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Dezember 2019 erneut Änderungen der Empfehlungen zur Behandlung von multiresistenter (MDR) Tuberkulose (TB) angekündigt [1]. Eine vollständige neue Empfehlung soll noch im Jahr 2020 folgen. Vorab gab die WHO wichtige geplante Änderungen bekannt, um eine möglichst reibungslose Anpassung der nationalen TB-Programme zu ermöglichen. Vorrangig betrifft die Ankündigung die in Deutschland derzeit nicht empfohlene Kurzzeitbehandlung und die in den USA kürzlich zugelassene Kombinationstherapie Bedaquilin, Pretomanid und Linezolid (BPaL).

Seit 2016 wird von der WHO für ausgewählte MDR-TB-Fälle eine Kurzzeittherapie nach Ausschluss von Kontraindikationen empfohlen. Die empfohlene Medikamentenkombination enthält jedoch Aminoglykoside, welche aktuell nicht mehr empfohlen werden [2]. Der WHO wurden aktuelle Daten aus Südafrika zur Verfügung gestellt, die zeigten, dass eine vollständig orale Kurzzeittherapie unter Einsatz von Bedaquilin die Therapieergebnisse verbessert und zu weniger Therapieabbrüchen führt. Für Patienten mit MDR-TB-Stämmen, bei denen eine Fluorchinolon-Empfindlichkeit nachgewiesen wurde und eine Kurzzeittherapie indiziert ist, empfiehlt die WHO daher auf Aminoglykoside zugunsten von Bedaquilin zu verzichten. Diese vollständig orale Kurzzeittherapie über 9 – 12 Monate soll Bedaquilin, Levo- oder Moxifloxacin, Ethionamid, Ethambutol, Pyrazinamid, hochdosiertes Isoniazid und Clofazimin enthalten. Der breite Einsatz von Bedaquilin ist weltweit immer noch mit finanziellen Hürden verbunden. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist derzeit an Phase-3-Studien zur Behandlung mit Bedaquilin-haltigen Regimen beteiligt (EndTB) und setzt sich für eine Senkung des Preises ein.

Da in Deutschland nur sehr wenige Patienten für eine Kurzzeittherapie infrage kommen, wird diese WHO-Empfehlung hier zunächst wenig Anwendung finden. Ein Update der deutschen Therapieempfehlungen ist für 2020/21 geplant. In diesem Rahmen wird die aktuelle Datenlage für die MDR-TB-Behandlung in Deutschland erneut bewertet.

Die Kombinationstherapie Bedaquilin, Pretomanid und Linezolid (BPaL) über 6 – 9 Monate ist in den USA zur Behandlung der extensiv resistenten (XDR) TB zugelassen worden. In der Open-label-Studie Nix-TB der Global TB Alliance, die zur Zulassung führte, zeigte sich ohne Vergleichsarm eine gute Wirksamkeit bei komplizierter Resistenzlage. Allerdings handelte es sich um nur 108 Patienten, und die häufig auftretenden Nebenwirkungen lassen keinen programmatischen Einsatz von BPaL zu. Hierzu bezieht die WHO in der aktuellen „rapid communication“ Stellung. Die Anwendung von BPaL soll nur bei XDR-TB-Patienten in Betracht gezogen werden, für die anderweitig keine von der WHO empfohlene Therapie zusammengestellt werden kann. Zudem soll die Anwendung unter Studienbedingungen erfolgen, und eine vorherige Anwendung von Bedaquilin oder Linezolid über mehr als 2 Wochen sollte ausgeschlossen worden sein. Weitere Studien mit dem Ziel einer verbesserten Verträglichkeit werden derzeit durchgeführt. In der ZeNix-Studie werden bspw. verschiedene Linezolid-Dosierungen getestet. Für Deutschland existiert keine spezifische Empfehlung zum Einsatz von Pretomanid. Das Medikament ist über die internationale Apotheke erhältlich. Eine Zulassung durch die europäischen Behörden ist bislang nicht erfolgt.


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Häufigkeit von Nebenwirkungen bei der chemopräventiven Therapie bei LTBI

Im Lancet Infectious Disease wurde durch die kanadische Arbeitsgruppe um Dick Menzies die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei der chemopräventiven Therapie mit Isoniazid (INH) gegen Rifampicin (RMP) verglichen [3]. In der randomisierten Studie erhielten Erwachsene mit einer latenten Tuberkulose täglich entweder INH 5 mg/kg KG über 9 Monate oder RMP 10 mg/kg KG über 4 Monate. Nebenwirkungen traten bei 2,7 % in der INH-Gruppe und bei 1,5 % der RMP-Gruppe auf. Hepatotoxische Nebenwirkungen waren mit zunehmendem Alter häufiger in der INH-Gruppe. In der RMP-Gruppe konnte dieser Effekt nicht gezeigt werden. Aus den vorliegenden Daten leiten die Autoren ab, dass Rifampicin in der Chemoprävention bei LTBI weniger Nebenwirkungen zeige als Isoniazid und zu bevorzugen sei. In Deutschland werden derzeit beide Therapieoptionen gleichwertig empfohlen. Als weitere gleichwertige Option kann eine Kombination aus INH und RMP über 3 Monate zur Chemoprävention benutzt werden.


Weitere Informationen zu verschiedenen Aspekten der Tuberkulose finden Sie auf unserer Webseite www.dzk-tuberkulose.de. Wir möchten uns für Ihr Interesse bedanken und wünschen Ihnen alles Gute.

Ihre DZK-Geschäftsstelle


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  • Literatur

  • 1 WHO, rapid communication: key chances to treatment of drug-resistant tuberculosis. Geneva: World Health Organization (WHO/CDS/TB/2019.26); 2019
  • 2 WHO, WHO consolidated guidelines on drug-resistant tuberculosis treatment, W. h. organisation, Editor. Geneva: 2019 Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO
  • 3 Campbell JR. et al. Adverse events in adults with latent tuberculosis infection receiving daily rifampicin or isoniazid: post-hoc safety analysis of two randomised controlled trials. Lancet Infect Dis 2019;

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Walterhöferstraße 11
14165 Berlin

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. Mai 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

  • 1 WHO, rapid communication: key chances to treatment of drug-resistant tuberculosis. Geneva: World Health Organization (WHO/CDS/TB/2019.26); 2019
  • 2 WHO, WHO consolidated guidelines on drug-resistant tuberculosis treatment, W. h. organisation, Editor. Geneva: 2019 Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO
  • 3 Campbell JR. et al. Adverse events in adults with latent tuberculosis infection receiving daily rifampicin or isoniazid: post-hoc safety analysis of two randomised controlled trials. Lancet Infect Dis 2019;

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Toolkit der WHO zum Welttuberkulosetag 2020 [rerif].