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DOI: 10.1055/a-1153-2110
Arzneimittelinteraktionen in der Intensivmedizin
Drug-drug Interactions in Intensive Care- Zusammenfassung
- Abstract
- Definition und Häufigkeit
- Einteilung
- Arzneimittel
- Magensäure regulierende Therapeutika
- Fazit
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Zusammenfassung
Arzneimittelinteraktionen sind auf Intensivstationen ein häufiges Problem. Dabei spielt die Gesamtmenge der verschriebenen Medikamente bei kritisch kranken Patienten eine große Rolle: Durchschnittlich werden hier 25 – 35 Medikamente pro Patient eingesetzt. Fundierte Kenntnisse über entsprechende pharmakodynamische und pharmakokinetische Mechanismen sind für die Behandlungssicherheit daher essenziell.
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Abstract
Drug-drug interactions are common problems in intensive care units. Numerous studies could demonstrate the impact of the total amount of prescribed drugs and the occurrence of potential respectively manifest drug-drug interactions in critically ill patients. The average number of clinically used drugs in this setting is approximately 25 – 35 per patient, thus the profound knowledge of pharmacodynamic and pharmakokinetic mechanisms regarding drug interplay is important for treatment safety. This review aims to summarize the current evidence of drug interactions in intensive care patients. It especially features data regarding pharmacokinetics as main reason for clinically relevant drug-drug interactions. The most important drug classes noted in this context are analgesics and sedatives, antibiotics, antimycotics, antiepileptics, immune suppressive drugs, prokinetics and gastric acid regulating drugs. Furthermore, some pharmacodynamic interactions are described like QTc prolongation or serotonin syndrome. Additionally, a clinical case is demonstrated regarding the malignant impact of rifampin co-medication in a patient suffering from severe hypertension with the use of several antihypertensive drugs.
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Schlüsselwörter
Arzneimittelinteraktionen - Intensivmedizin - Pharmakodynamik - Pharmakokinetik - klinische PharmazieKey words
drug-drug interactions - intensive care - pharmacodynamics - pharmacokinetics - clinical pharmacyDefinition und Häufigkeit
Arzneimittelinteraktionen sind Wechselwirkungen zwischen 2 oder mehr Medikamenten mit Veränderung eines Wirkeffekts [1]. Diese können erwünscht sein, z. B. bei Arzneimittelsynergismen wie in der Helicobacter-pylori-Eradikation oder der HIV-Therapie. Häufig sind Arzneimittelinteraktionen jedoch unerwünscht. Dabei ist ihre Auftretenswahrscheinlichkeit abhängig von der Anzahl der verordneten Medikamente [2]. Insbesondere alte Patienten sind regelmäßig von Polypharmakotherapie betroffen. Daten zeigen, dass 65-Jährige im Mittel 5 Medikamente gleichzeitig einnehmen [3]. In der Gruppe der 75- bis 84-Jährigen können es 6 und mehr sein [4].
Während des Aufenthalts auf einer Intensivstation erhalten Patienten durchschnittlich sogar 25 – 35 Arzneimittel [2]. Es ist daher verständlich, dass insbesondere in diesem klinischen Umfeld mit einem hohen Interaktionsrisiko gerechnet werden muss. Laut einer aktuellen Metaanalyse lässt sich bei 58% aller Intensivpatienten mindestens eine potenzielle Arzneimittelinteraktion detektieren, wobei diese bei jedem 6. betroffenen Patienten relevant verläuft. Umgekehrt lässt sich zeigen, dass je nach Einzeluntersuchung 7 – 44% der klinisch relevanten unerwünschten Arzneimittelwirkungen interaktionsbedingt sind [5]. Kenntnisse wichtiger Wechselwirkungen sind für den Intensivmediziner daher für die Therapiesicherheit von großer Bedeutung.
Eine 61-jährige Patientin (157 cm; 90 kg) wird aufgrund einer therapieresistenten hypertensiven Krise von der gefäßchirurgischen Normalstation auf die Intermediate-Care-Station (IMC) übernommen. Einen Monat zuvor war eine aneurysmatisch erweiterte Anastomose der A. femoralis communis bei vorbestehender Bifurkationsprothese reseziert und durch ein iliako-(protheto-)profundales sowie femoro-(protheto-)femorales Interponat versorgt worden. In diesem Zug hatte sich eine Protheseninfektion entwickelt, weshalb die Patientin erneut stationär aufgenommen worden war. Nach erneuter Revisionsoperation mit Anlage eines Vakuumverbands hatten die Kollegen eine kalkulierte antiinfektive Therapie mit einer Kombination aus Meropenem, Vancomycin und Rifampicin begonnen.
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Einteilung
Arzneimittelinteraktionen lassen sich in pharmakokinetische und pharmakodynamische Wechselwirkungen unterteilen. Die ebenfalls mit durchaus relevanter Häufigkeit auftretenden physikochemischen Inkompatibilitäten sollen in dieser Übersicht nicht beleuchtet werden. Es wird zu deren weiterem Studium auf die einschlägige Literatur verwiesen.
Pharmakokinetik
Pharmakokinetische Interaktionen bedeuten Wechselwirkungen auf der Ebene des Weges des Arzneimittels durch den Körper. Dabei können Absorption, Verteilung, Metabolismus und Exkretion beeinflusst werden. Die größte klinische Bedeutung besitzen dabei Transport- und Metabolisierungsprozesse.
Das Transportprotein mit der wichtigsten klinischen Interaktionsrelevanz ist das MDR-1 (Multidrug-Resistance-Protein 1) oder auch p-Glykoprotein. Es wird vorrangig in Leber, Niere, Darm, Gehirn, Plazenta und Hoden exprimiert. Die physiologische Funktion besteht dabei primär in einem zellulären Auswärtstransport xenogener Substanzen im Sinne einer Detoxifizierung [6]. Eine pharmakotherapeutische Hemmung von p-Glykoprotein führt in der Regel zu einer Erhöhung der Bioverfügbarkeit entsprechender Substrate, eine Induktion zu einer Verringerung. In [Tab. 1] sind typische Substrate von p-Glykoprotein aufgeführt sowie Inhibitoren und Induktoren mit intensivmedizinischer Relevanz [7], [8].
p-Glykoprotein-Substrate |
p-Glykoprotein-Induktoren |
p-Glykoprotein-Inhibitoren |
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Weitere Transporter mit allgemeiner Relevanz für Arzneimittelinteraktionen sind das BRCP (Breast-Cancer-Resistance-Protein) sowie organische Anionen- und Kationentransporter. Für Wechselwirkungen bei kritisch Kranken spielen diese Proteine jedoch keine wesentliche Rolle [6].
Die Metabolisierung von Arzneimitteln lässt sich in 2 Phasen unterteilen:
In Phase I werden lipophile Substrate durch Oxidation, Reduktion oder Hydrolyse hydrophil, um anschließend in Phase II durch Konjugationsreaktionen deren renale Ausscheidungsfähigkeit zu erhöhen. Die Phase-I-Reaktionen erfolgen dabei durch Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen (Cytochrom P450 = CYP). Von diesen existieren zahlreiche Subtypen, von denen insbesondere CYP3A4, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6 sowie CYP1A2 für den klinischen Alltag hinsichtlich eines Interaktionspotenzials besonders relevant sind. Das Cytochrom mit dem breitesten Biotransformationsspektrum ist CYP3A4. Etwa 50% aller Arzneistoffe werden durch dieses Protein metabolisiert [9], [10]. In [Tab. 2] sind typische Substrate von Cytochromen aufgelistet sowie Inhibitoren und Induktoren mit intensivmedizinischer Relevanz [8], [10].
Enzym |
Substrate |
Induktoren |
Inhibitoren |
---|---|---|---|
CYP1A2 |
Haloperidol |
Rifampicin, Carbamazepin |
Ciprofloxacin |
CYP2C9 |
Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen |
Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin |
Amiodaron, Metronidazol, Fluconazol, Voriconazol |
CYP2C19 |
Esomeprazol, Omeprazol |
Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin |
Fluconazol, Voriconazol, Esomeprazol, Omeprazol |
CYP2D6 |
Haloperidol, Carvedilol, Metoprolol |
nicht induzierbar! |
Amiodaron |
CYP3A4 |
Fentanyl, Sufentanil, Buprenorphin, Hydromorphon, Morphin, Haloperidol, Midazolam, Diazepam, Atorvastatin, Simvastatin, Methylprednisolon, Hydrocortison, Ciclosporin, Tacrolimus |
Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin |
Clarithromycin, Erythromycin, Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol, Diltiazem, Verapamil, Amlodipin, Amiodaron |
Phase-II-Reaktionen spielen bei Interaktionen in der Intensivmedizin nur eine untergeordnete Rolle.
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Pharmakodynamik
Neben pharmakokinetischen Interaktionen können auch Wechselwirkungen auf der Ebene der Pharmakodynamik auftreten. Diese lassen sich jedoch aufgrund ihres substanzspezifischen Wirkcharakters nicht in eine einfache Systematik einteilen [11]. Eine auf Intensivstationen typischerweise anzutreffende pharmakodynamische Interaktion ist eine Verlängerung der frequenzkorrigierten QT-Zeit (QTc) bei kombinierter Anwendung von Arzneimitteln mit entsprechendem Risikoprofil. Wichtig ist dabei jedoch, dass eine QTc-Zeit-Verlängerung allein nicht zwangsläufig zu einer klinischen Manifestation wie Torsade-de-Pointes führen muss. Umgekehrt sollte jedoch jede ventrikuläre Tachykardie im Sinne von Torsade-de-Pointes immer an eine mögliche Arzneimittelinteraktion denken lassen. [Tab. 3] zeigt typische QTc-Zeit-verlängernde Arzneimittel mit intensivmedizinischer Relevanz [12].
bekanntes Risiko |
mögliches Risiko |
bedingtes Risiko |
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Eine seltene Komplikation in der Intensivmedizin ist das Serotoninsyndrom, welches u. a. als pharmakodynamische Interaktion auftreten kann. [Tab. 4] führt typische Arzneimittel auf, die mit einem Serotoninsyndrom assoziiert sind [13].
serotonerger Mechanismus |
Arzneistoffe |
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verminderter Serotoninabbau |
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Serotoninwiederaufnahmehemmung |
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Serotoninagonist |
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Arzneimittel
Opioide
Opioide sind Standardtherapeutika in der Intensivmedizin. Ihre Wirkungen entfalten sie über (partial-)agonistische Interaktionen mit µ-, κ- sowie δ-Rezeptoren auf spinaler und supraspinaler Ebene [14]. Zur Analgosedierung werden insbesondere Fentanyl und Sufentanil eingesetzt. Zur Schmerztherapie finden v. a. Morphin, Piritramid, Hydromorphon und Buprenorphin Verwendung [15].
Fentanyl, Sufentanil und Buprenorphin sind Substrate von CYP3A4 und können daher durch relevante CYP3A4-Inhibitoren wie Makrolidantibiotika, Azolantimykotika, Amiodaron oder Kalziumkanalblocker in ihrem Abbau gehemmt werden, mit entsprechend erhöhten Plasmaspiegeln. CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin, Phenytoin oder Carbamazepin vermindern durch gesteigerte Biotransformation die Opioid-Plasmakonzentrationen [16], [17].
Morphin und Hydromorphon sind Substrate der Uridindiphosphatglukuronyltransferase (UGT) und können durch deren Hemmung bzw. Induktion beeinflusst werden [18]. Diese potenziellen Interaktionen führen jedoch in der Regel zu wenig klinischen Problemen, da unzureichende Wirkungen bzw. Überdosierungen durch standardmäßiges Monitoring von Analgesie und Sedierung auf Intensivstationen schnell erkannt und die Opioiddosierungen entsprechend angepasst werden können [15].
Wechselwirkungen mit Einfluss auf die Plasmaspiegel von Opioiden und Sedativa können durch standardmäßiges Monitoring von Analgesie und Sedierung auf Intensivstationen schnell erkannt werden.
Es existieren Daten für Fentanyl und in geringem Umfang für Buprenorphin, die das Risiko eines Serotoninsyndroms belegen, wenn eine Kombination mit serotonergen Substanzen erfolgt [13]. In der Intensivmedizin kommen dafür v. a. antidepressiv wirkende Substanzen wie Trizyklika, selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) oder Mirtazapin in Frage – sei es aufgrund einer vorbestehenden antidepressiven Therapie oder im Rahmen einer Koanalgesie [19]. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass das Oxazolidinon-Antibiotikum Linezolid eine klinisch relevante Monoaminoxidase hemmende Wirkung besitzt und daher ebenfalls in Kombination mit Fentanyl zu einem Serotoninsyndrom führen kann [20].
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Sedativa
Propofol
Propofol ist neben Midazolam das am häufigsten eingesetzte Sedativum im Intensivbereich [15]. Es wird vermutet, dass seine hypnotische Potenz über eine Modulation der hemmenden Wirkung des Neurotransmitters Gammaaminobuttersäure (GABA) mittels ligandengesteuerter GABAA-Rezeptoren hervorgerufen wird [21]. Propofol wird extensiv über diverse UGT und Cytochrome metabolisiert. Am besten untersucht ist CYP2B6. Patienten mit einer Variante dieses Enzyms (CYP2B6*6-Allel) besitzen eine reduzierte Biotransformationskapazität für Propofol mit entsprechender Kumulation [22]. Weiterhin können über eine UGT-Hemmung Propofol-Plasmaspiegel durch Valproat erhöht werden [23]. Zusätzlich sind pharmakodynamische Wechselwirkungen mit anderen sedierend wirkenden Arzneistoffen wie Clonidin, Dexmedetomidin, Opioiden oder Neuroleptika zu erwarten [15]. Propofol kann darüber hinaus allein oder in Komedikation mit weiteren Substanzen in seltenen Fällen eine Rhabdomyolyse auslösen. Insbesondere Kombinationen mit Statinen sowie Levofloxacin, Cotrimoxazol, Theophyllin, Risperidon, Venlafaxin, Mirtazapin und Gabapentin gelten dabei als Risikofaktoren [24].
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Benzodiazepine
Benzodiazepine entfalten ihre pharmakologischen Wirkungen über eine Modulation der hemmenden Wirkung des Neurotransmitters GABA mittels ligandengesteuerter GABAA-Rezeptoren [25]. Midazolam als intensivmedizinisch wichtigstes Benzodiazepin wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert. Sämtliche CYP3A4-Inhibitoren können daher prinzipiell zu einer Erhöhung der Midazolamspiegel führen. Klinische Daten diesbezüglich existieren insbesondere für Makrolidantibiotika, Azolantimykotika und Kalziumkanalblocker [8]. Im Gegensatz dazu führen Rifampicin und Phenytoin zu signifikant verminderten Midazolamspiegeln [10]. Wie auch bei Propofol sind pharmakodynamische Wechselwirkungen zwischen Midazolam und anderen sedierend wirkenden Arzneistoffen wie Clonidin, Dexmedetomidin, Opioiden oder Neuroleptika beschrieben [15].
Als weiteres Benzodiazepin spielt Diazepam intensivmedizinisch gelegentlich noch beim Alkoholentzugsdelir oder dem akuten Krampfanfall eine Rolle. Diazepam wird neben CYP3A4 auch in relevanten Mengen durch CYP2C19 metabolisiert [25]. Daher sind prinzipiell die gleichen pharmakokinetischen Interaktionen zu erwarten wie bei Midazolam. Darüber hinaus können durch die zusätzliche CYP2C19-Beteiligung starke Hemmstoffe dieses Enzyms wie Esomeprazol und Omeprazol zu einem signifikanten Anstieg des Diazepamspiegels führen. Für Esomeprazol wurden ein mehr als 80%iger Anstieg der Diazepam-AUC (Area Under the Curve) sowie eine Verdopplung der Eliminationshalbwertszeit beschrieben [8]. Sollte daher aus intensivmedizinischer Sicht ein Protonenhemmer gewünscht sein, empfiehlt sich in solchen Fällen am ehesten Pantoprazol, da dieses CYP2C19 nur unwesentlich beeinflusst [26].
Im Gegensatz zu Midazolam und Diazepam wird das noch häufig eingesetzte Lorazepam unwesentlich über das Cytochrom-P450-System metabolisiert. Die Biotransformation erfolgt allerdings in relevantem Ausmaß mittels verschiedener UGT [25]. UGT-Inhibitoren wie Fluconazol, Ketamin, Morphin und Valproat zeigen in In-vitro-Untersuchungen allerdings keinen relevanten Einfluss auf den Lorazepam-Metabolismus [27]. Die häufig in Interaktionsdatenbanken beschriebene Abbauhemmung von Lorazepam durch Valproat mit der klinischen Empfehlung einer 50%igen Lorazepam-Dosisreduktion lässt sich laut einer aktuellen Übersichtsarbeit jedoch nicht ableiten [28]. Insgesamt kann Lorazepam im Intensivbereich als wenig interaktionsanfällig eingestuft werden.
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Dexmedetomidin
Dexmedetomidin ist ein hochselektiver α2-Agonist mit zentral sedierender Komponente [29]. Es wird über CYP2A6, CYP1A2, CYP2E1, CYP2D6 und CYP2C19 metabolisiert und induziert diese auch. Die klinische Relevanz ist allerdings bislang unklar. Weiterhin hemmt es CYP2B6 und könnte daher theoretisch die Propofol-Clearance vermindern [30]. Bislang wurde dies jedoch nicht in entsprechenden Studien untersucht. Aus pharmakodynamischer Sicht muss bei kombinierter Anwendung mit einer verstärkten Wirkung weiterer sedierender Substanzen wie Opioiden, Propofol, Benzodiazepinen sowie volatilen Anästhetika gerechnet werden. Der typische bradykardisierende Effekt der α2-Agonisten wird durch Betablocker potenziert [29].
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Antibiotika
Die bei der Patientin nebenbefundlich seit mehreren Jahren bestehende schwere essenzielle Hypertonie war bereits mit einer antihypertensiven Sechsfachkombination aus Amlodipin, Bisoprolol, Clonidin, Chlortalidon, Doxazosin und Valsartan behandelt worden. Darunter erreichte die Patientin anamnestisch knapp normotensive Blutdruckwerte (140/70 mmHg bei Aufnahme). Im Verlauf des aktuellen Normalstationsaufenthalts hatten sich jedoch unter Beibehaltung der vorbestehenden Dosierungen die Blutdruckwerte deutlich erhöht. Selbst unter Hinzunahme weiterer Antihypertensiva wie Dihydralazin und Nitrendipin ließ sich keine Normotension mehr erreichen. Mit Blutdruckspitzen von 200/100 mmHg erfolgt daher die IMC-Verlegung.
Nach IMC-Aufnahme und eingehendem Aktenstudium wird als mutmaßliche Ursache für die Blutdruckentgleisung die antibiotische Therapie mit Rifampicin angesehen. Rifampicin ist ein ausgeprägter Induktor von p-Glykoprotein, diversen Cytochromen und UGT [8], [10], [32]. Vier der 6 initial eingesetzten Antihypertensiva werden durch Rifampicin hinsichtlich einer beschleunigten Clearance negativ beeinflusst. Dies sind Amlodipin, Bisoprolol, Doxazosin und Valsartan [16], wodurch sich deren mangelhafter antihypertensiver Effekt während der Rifampicin-Komedikation erklären lässt. Die Tagesdosen der eingesetzten Substanzen sind in [Tab. 5] dargestellt.
Betalaktame
Betalaktamantibiotika hemmen die bakterielle Zellwandbiosynthese durch Blockade der Peptidoglykan-Quervernetzung und wirken daher bakterizid [31]. Die in der Intensivmedizin sehr häufig zur Anwendung kommenden Betalaktame werden oft bewusst mit weiteren antiinfektiven Substanzen kombiniert. Dies können Antibiotika anderer Substanzklassen oder Betalaktamaseinhibitoren sein. Ziel ist dabei stets eine Erweiterung des antibakteriellen Wirkungsspektrums. Es handelt sich daher um erwünschte pharmakodynamische Interaktionen. Für relevante unerwünschte Wechselwirkungen gelten Betalaktamantibiotika als eher weniger anfällig. Aus pharmakokinetischer Sicht interessant ist jedoch der beschleunigte Abbau von Aminoglykosiden unter Piperacillin-Komedikation. Ursächlich dafür sind offenbar direkte chemische Interaktionen zwischen Betalaktamring und Aminogruppen [32]. Da ein therapeutisches Drug-Monitoring von Aminoglykosiden heute weit verbreiteter Standard ist, sollte diese Interaktion klinisch allerdings kaum Probleme bereiten. Weiterhin ließ sich wiederholt zeigen, dass Carbapeneme die Plasmaspiegel von Valproat deutlich reduzieren. Der Grund dafür könnte in einer nicht abschließend geklärten Glukuronidierungsinteraktion liegen [33]. Auch hier gilt, dass durch standardmäßiges Drug-Monitoring entsprechende Valproat-Dosisanpassungen ohne Schwierigkeiten erfolgen können.
Die häufig eingesetzten Betalaktamantibiotika gelten als eher wenig anfällig für relevante unerwünschte Arzneimittelwechselwirkungen.
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Linezolid
Linezolid gehört neben Tedizolid zur Substanzklasse der Oxazolidinone. Diese wirken bakteriostatisch über die selektive Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese grampositiver Bakterien [34], [35]. Linezolid wird stark durch p-Glykoprotein metabolisiert. Induktoren dieses Enzyms führen zu erniedrigten Linezolid-Spiegeln, Inhibitoren zu einer Spiegelerhöhung. Klinisch konnte dies besonders für Rifampicin (Induktor) und Clarithromycin (Inhibitor) gezeigt werden. Cytochrome spielen für die Linezolid-Biotransformationen dagegen keine Rolle [32].
Linezolid besitzt eine klinisch sehr ausgeprägte Monoaminoxidase hemmende Wirkung und kann daher insbesondere in Kombination mit Fentanyl oder Antidepressiva zu einem Serotoninsyndrom führen [20].
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Makrolide
Makrolidantibiotika wirken bakteriostatisch über die selektive Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese [36]. Sie werden selbst kaum durch andere intensivmedizinisch relevante Substanzen beeinflusst, können aber aufgrund ihrer potenten Hemmung von p-Glykoprotein und diversen Cytochromen zahlreiche andere Arzneimittel in deren Abbau hemmen. Dazu gehören insbesondere Esketamin, Statine, Protonenpumpenhemmer, Midazolam, Tacrolimus, Ciclosporin, Methylprednisolon sowie Oxycodon [32].
Erythromycin und Clarithromycin gelten darüber hinaus als Substanzen mit nachgewiesener QTc-Zeit-verlängernder Wirkung [12]. Daher empfiehlt es sich, bei gemeinsamer Anwendung mit anderen QTc-Zeit-beeinflussenden Medikamenten ([Tab. 3]) auf EKG-Veränderungen besonders zu achten.
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Fluorchinolone
Fluorchinolone hemmen die bakterielle DNA-Gyrase (Topoisomerase II) sowie Topoisomerase IV, wodurch es zu DNA-Strangbrüchen und daraus folgender Zelllyse kommt [37]. Wie Makrolide werden auch Fluorchinolone durch andere Arzneimittel wenig beeinflusst. Cytochrome und p-Glykoprotein spielen beim Chinolonmetabolismus im Prinzip keine Rolle. Lediglich Ciprofloxacin ist ein starker CYP1A2-Inhibitor. Allerdings gibt es kaum intensivmedizinisch relevante CYP1A2-Substrate. Gelegentlich kommt Mirtazapin zur Koanalgesie oder schon als vorbestehendes Antidepressivum zum Einsatz, dessen Abbau gehemmt wird, und daher erhöhte Plasmaspiegel resultieren [10]. Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin gelten als Substanzen mit nachgewiesener QTc-Zeit-verlängernder Wirkung [12]. Wie auch schon bei den Makroliden empfiehlt es sich daher, bei gemeinsamer Anwendung mit weiteren Risikosubstanzen ([Tab. 3]) auf EKG-Veränderungen besonders zu achten.
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Rifampicin
Rifampicin hemmt die bakterielle DNA-abhängige RNA-Polymerase und daraus folgend die bakterielle Proteinbiosynthese mit überwiegend bakterizider Wirkung [38]. Es gilt in der Intensivmedizin als schwerwiegender Interaktionspartner. Grund dafür ist eine ausgeprägte Induktion von p-Glykoprotein, vieler relevanter Cytochrome sowie diverser UGT [8], [10], [32]. Wirkstoffspiegelverminderungen durch Rifampicin konnten für eine Vielzahl intensivmedizinisch relevanter Arzneistoffe in Studien nachgewiesen werden ([Tab. 1], [Tab. 2]).
Das Interaktionspotenzial von Rifampicin ist derart breit und komplex, dass sich bei dessen Anwendung im Intensivbereich grundsätzlich die Beratung durch einen klinischen Pharmazeuten empfiehlt.
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Antimykotika
Azole
Azolantimykotika verursachen eine Hemmung der Ergosterolbiosynthese und somit eine Schädigung der mykotischen Zellmembran mit überwiegend fungistatischer Wirkung [39]. Azole wie Fluconazol und Voriconazol werden über CYP3A4, CYP2C9 sowie CYP2C19 metabolisiert. Gleichzeitig sind sie auch starke Inhibitoren dieser Enzyme. Daraus resultieren potenziell erhöhte Plasmaspiegel von Arzneistoffen, die über diese Cytochrome biotransformiert werden, bei gleichzeitiger Anwendung mit Azolantimykotika ([Tab. 2]) [8], [10]. Umgekehrt können starke Induktoren von CYP3A4, CYP2C9 und CYP2C19 die Plasmaspiegel von Azolen reduzieren. Am wenigsten durch solche Effekte beeinflusst wird Fluconazol, da es zu etwa 90% unverändert renal eliminiert wird. Der hepatische Metabolismus über Cytochrome spielt demnach für Fluconazol nur eine untergeordnete Rolle, weshalb diese Substanz aus pharmakokinetischer Sicht relativ interaktionsresistent ist [40]. Hingegen können stark verminderte Voriconazol-Plasmaspiegel bei kombinierter Anwendung mit Rifampicin, Phenytoin oder Carbamazepin auftreten [10].
Fluconazol, Voriconazol und Posaconazol können die QTc-Zeit verlängern [12]. Daher empfiehlt es sich, bei gemeinsamer Anwendung mit anderen QTc-Zeit-beeinflussenden Medikamenten ([Tab. 3]) auf EKG-Veränderungen besonders zu achten.
Azolantimykotika sind starke Cytochrominhibitoren mit breitem Interaktionsspektrum.
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Echinocandine
Echinocandine hemmen die mykotische β-(1,3)-D-Glucansynthase, was zu einer erhöhten Zellmembranpermeabilität mit daraus resultierender Zelllyse führt [41]. Die klinisch verfügbaren Echinocandine zeigen substanzspezifische Unterschiede in ihrem Metabolismus.
So wird Caspofungin unabhängig vom Cytochom-P450-System biotransformiert. Allerdings hemmt es p-Glykoprotein schwach und BRCP stark [42]. Im intensivmedizinischen Alltag bereitet dies in der Regel keine relevanten Probleme. Allerdings führt Ciclosporin zu erhöhten und Tacrolimus zu erniedrigten Caspofungin-Plasmaspiegeln bei gleichzeitiger Gabe. Die Ursache dieser Wechselwirkungen ist unklar [40]. Weiterhin wird Caspofungin durch Rifampicin, Dexamethason, Phenytoin und Carbamazepin in seinem Abbau beschleunigt. Auch die Ursache dieser Interaktion ist letztlich nicht eindeutig geklärt [43].
Anidulafungin wird wie Caspofungin CYP-unabhängig metabolisiert. Der Abbau erfolgt über eine spontane Substanzdegradation. Eine weitere Hydrolyse und N-Acetylierung geschehen unabhängig von Phase-II-Enzymen [40]. Anidulafungin ist ein starker Hemmstoff von BRCP [42]. Wie auch bei Caspofungin erhöht Ciclosporin die Plasmaspiegel von Anidulafungin. Tacrolimus zeigt diesbezüglich jedoch keine Interaktion [40].
Micafungin wird über CYP3A4 metabolisiert und hemmt dieses auch leicht [44]. Aufgrund dieses Effekts kann Micafungin die Plasmaspiegel von Ciclosporin erhöhen, ohne selbst von diesem beeinflusst zu werden [40]. Erstaunlicherweise zeigen selbst starke CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin keinen wesentlichen Einfluss auf die Micafungin-Pharmakokinetik [45].
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Antiepileptika
In der Neurointensivmedizin kommen Antiepileptika regelmäßig zur Anwendung. Dies sind insbesondere Valproat, Levetiracetam, Lacosamid, gelegentlich noch Phenytoin und in zunehmendem Maß auch Brivaracetam [46].
Valproat wird über CYP2C9, CYP2C19, CYP3A4 und UGT metabolisiert und hemmt diese auch schwach [23], [47]. Starke CYP-Induktoren wie Rifampicin, Phenytoin und Carbamazepin führen zu einem beschleunigten Abbau von Valproat mit entsprechend erniedrigten Wirkstoffspiegeln. Valproat kann Diazepam aus dessen Plasmaproteinbindung verdrängen und somit zu einer erhöhten Fraktion von ungebundenem Diazepam führen mit entsprechender Wirkungsverstärkung. Weiterhin reduziert die Konkurrenz um UGT die Plasma-Clearance von Lorazepam um bis zu 40%, wenn Valproat gleichzeitig angewendet wird [48]. Die Erhöhung der Plasmaspiegel von Propofol sowie der beschleunigte Valproat-Abbau durch Carbapeneme wurden bereits erläutert. Zusätzlich existieren Daten, die eine Hemmung der Serotoninwiederaufnahme durch Valproat zeigen, sodass prinzipiell ein Serotoninsyndrom ausgelöst werden kann, insbesondere in Kombination mit weiteren serotonergen Substanzen ([Tab. 4]) [13].
Im Gegensatz zu Valproat wird Levetiracetam durch Hydrolyse unabhängig von Cytochromen und Phase-II-Reaktionen metabolisiert [23]. Levetiracetam hemmt die Clearance von Methotrexat und erhöht daher dessen Plasmaspiegel [49]. Darüber hinaus kann Levetiracetam jedoch als wenig interaktionsrelevant eingestuft werden.
Lacosamid wird zu etwa 95% renal eliminiert, 30% davon als inaktiver Metabolit. Dieser wird über CYP2C19 gebildet. Bislang konnten für Lacosamid keine klinisch relevanten Interaktionen mit intensivmedizinisch gängigen Arzneimitteln nachgewiesen werden [46].
Brivaracetam als jüngste antiepileptische Substanz ist strukturell mit Levetiracetam verwandt, welches wie dieses primär enzymunabhängig hydrolysiert, dann jedoch über CYP2C19 weiter hydroxyliert wird. Insbesondere starke CYP-Induktoren wie Rifampicin, Phenytoin und Carbamazepin führen zu relevant erniedrigten Plasmaspiegeln von Brivaracetam [46].
Phenytoin gilt im Intensivbereich als schwerwiegender Interaktionspartner. Grund dafür ist eine ausgeprägte Induktion von p-Glykoprotein, vieler relevanter Cytochrome sowie diverser UGT und Epoxidhydrolasen [47]. Wirkstoffspiegelverminderungen durch Phenytoin konnten für eine Vielzahl intensivmedizinisch relevanter Arzneistoffe in Studien gesichert werden ([Tab. 1], [Tab. 2]).
Das Interaktionspotenzial von Phenytoin ist derart breit und komplex, dass sich bei dessen Anwendung im Intensivbereich grundsätzlich die Beratung durch einen klinischen Pharmazeuten empfiehlt.
Letztlich sollte bei Anwendung antiepileptischer Substanzen auf der Intensivstation grundsätzlich auch der kombinierte Einsatz von Arzneimitteln beachtet werden, die die Krampfschwelle senken können. Dies sind im Intensivbereich insbesondere Penicilline, Carbapeneme, Erythromycin, Levofloxacin, Linezolid, Haloperidol, SSRI und Trizyklika [23].
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Immunsuppressiva
Wechselwirkungen bei Immunsuppressiva sind intensiv für die Calcineurininhibitoren Ciclosporin und Tacrolimus untersucht worden. Beide Substanzen werden sowohl über p-Glykoprotein als auch über CYP3A4 metabolisiert. Daher sind potenzielle Interaktionen mit Arzneimitteln zu erwarten, die diese Enzyme hemmen oder induzieren ([Tab. 1], [Tab. 2]). Klinisch relevant sind v. a. die Makrolide Erythromycin und Clarithromycin durch kombinierte p-Glykoprotein- und CYP3A4-Hemmung sowie die Azole Fluconazol und Voriconazol, allerdings durch alleinige CYP3A4-Inhibition. Unter diesen Kombinationen sind deutlich erhöhte Plasmaspiegel von Ciclosporin und Tacrolimus nachgewiesen worden. Starke Induktoren von p-Glykoprotein und CYP3A4 wie Rifampicin, Carbamazepin und Phenytoin senken die Ciclosporin- und Tacrolimus-Plasmaspiegel deutlich ab, sodass Rejektionen beschrieben sind. Diese treten sogar bei engmaschigem Einsatz eines therapeutischen Drug Monitorings auf [10]. Die Effekte der Calcineurininhibitoren auf Echinocandine wurden bereits erläutert.
Methylprednisolon und Hydrocortison sind ebenfalls Substrate von CYP3A4. Klinische Daten zeigen, dass wie auch bei den Calcineurininhibitoren v. a. Makrolide und Azolantimykotika zu klinisch relevanten Interaktionen führen, im Sinne einer verminderten Kortikoid-Clearance. Weiterhin reduziert insbesondere Rifampicin die zu erwartenden Plasmaspiegel von Methylprednisolon und Hydrocortison [50].
Der selektive und reversible Inhibitor der Inosinmonophosphatdehydrogenase Mycophenolat wird über UGT biotransformiert, mit einem zusätzlich klinisch nicht relevanten Anteil über CYP3A4. Es konnte in Pharmakokinetik-Studien ein signifikant beschleunigter Mycophenolat-Metabolismus bei Komedikation mit Rifampicin nachgewiesen werden [51]. Mycophenolat und dessen Glukuronide konkurrieren bei der tubulären Sekretion mit Aciclovir und Ganciclovir, deren Plasmaspiegel daher geringfügig erhöht werden [52]. Weiterhin unterliegt Mycophenolat einem ausgeprägten enterohepatischen Kreislauf. Sein Glukuronid wird im Kolon durch dort physiologisch vorkommende, überwiegend anaerobe Bakterien mit hoher β-Glukuronidase-Aktivität deglukuronidiert und so erneut resorbiert. Antibiotika mit überwiegender Aktivität gegen diese Standortflora können daher den enterohepatischen Kreislauf stören und zu erniedrigten Mycophenolat-Spiegeln führen. Dies sind insbesondere Aminoglykoside, Cephalosporine, Fluorchinolone und Penicilline [53].
Antibiotika mit Aktivität gegen Bakterien mit hoher β-Glucuronidase-Aktivität können den enterohepatischen Kreislauf von Mycophenolat stören.
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Prokinetika
Die auf Intensivstationen gängigen Prokinetika sind Metoclopramid, Domperidon und Erythromycin [54]. Metoclopramid ist ein Serotonin-(5-HT4-)Rezeptor-Agonist sowie ein Dopamin-(D2-)Rezeptor-Antagonist. Domperidon hemmt lediglich D2-Rezeptoren. Erythromycin aktiviert Motilin-Rezeptoren. Alle 3 Mechanismen führen zu einer Erhöhung der gastrointestinalen Motilität [55].
Metoclopramid wird über CYP2D6 metabolisiert. Starke Inhibitoren dieses Enzyms wie Amiodaron erhöhen daher die Plasmaspiegel von Metoclopramid. Bei gleichzeitiger Verabreichung mit anderen Dopaminantagonisten wie Haloperidol (z. B. im Rahmen einer Delirtherapie) ist das erhöhte Risiko für extrapyramidal-motorische Störungen zu beachten [56]. Weiterhin kann durch das serotonerge Potenzial von Metoclopramid v. a. in Kombination mit weiteren Risikosubstanzen in seltenen Fällen ein Serotoninsyndrom ausgelöst werden ([Tab. 4]) [13].
Domperidon wird hauptsächlich über CYP3A4 biotransformiert. Daher sind insbesondere durch starke Induktoren und Inhibitoren dieses Enzyms relevante Wechselwirkungen zu erwarten ([Tab. 2]). Domperidon gehört zu den Substanzen mit sehr großem QTc-Zeit-verlängerndem Potenzial. Daher ist bei gleichzeitiger Verabreichung weiterer Arzneimittel mit Wirkung auf die QTc-Zeit Vorsicht geboten ([Tab. 4]). Dies gilt insbesondere für Substanzen, die zusätzlich auch eine CYP3A4-Inhibition zeigen, da durch sie eine Erhöhung der Domperidon-Plasmaspiegel zu erwarten ist [57].
Erythromycin unterliegt wie Domperidon einem CYP3A4-Metabolismus. Im Gegensatz zu diesem hemmt es selbst jedoch CYP3A4 in relevantem Ausmaß. Daher spielt Erythromycin als Interaktionspartner in der Intensivmedizin eine bedeutende Rolle ([Tab. 2]). Zahlreiche Wechselwirkungen wurden diesbezüglich bereits erläutert. Wie schon im Fall von Domperidon muss auch bei Erythromycin auf dessen hohes QTc-Zeit-verlängerndes Potenzial hingewiesen werden, mit den entsprechenden, bereits beschriebenen klinischen Konsequenzen. Interessant ist, dass Azithromycin offenbar eine vergleichbare prokinetische Wirkung zeigt, ohne jedoch über CYP3A4 metabolisiert zu werden, und daher ein deutlich günstigeres Wechselwirkungsprofil besitzt [54].
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Magensäure regulierende Therapeutika
Protonenpumpeninhibitoren
Omeprazol, Esomeprazol und Pantoprazol werden in der Intensivmedizin zur Stressulkusprophylaxe und Therapie von Ulzera eingesetzt. Sie gehören mit den übrigen Protonenpumpenhemmern zu den Substanzen mit der stärksten Magensäuresuppression durch irreversible Hemmung der H+/K+-ATPase in den Belegzellen [26].
Omeprazol und Esomeprazol werden über Cytochrome metabolisiert und hemmen dabei CYP2C19 stark sowie CYP3A4 moderat. Insbesondere die Inhibition von CYP2C19 kann die Biotransformation des Prodrugs Clopidogrel zu dessen aktivem Metaboliten vermindern und somit die Thrombozytenaggregationshemmung negativ beeinflussen. Pantoprazol zeigt diese Wechselwirkung aufgrund fehlender CYP2C19-Affinität nicht [58].
Weiterhin erhöhen Omeprazol und Esomeprazol die Plasmaspiegel von Phenytoin und Citalopram durch CYP2C19-Hemmung. Darüber hinaus existieren widersprüchliche Daten bezüglich einer reduzierten Ciclosporin-Clearance bei Herz-, nicht jedoch bei Nierentransplantierten durch Omeprazol. In diesen klinischen Konstellationen empfiehlt sich dringend ein therapeutisches Drug-Monitoring von Ciclosporin [26]. Starke CYP3A4-Inhibitoren wie Fluconazol und Clarithromycin können ihrerseits die Wirkspiegel von Omeprazol und Esomeprazol erhöhen ([Tab. 2]). Dies erfolgt jedoch in relevantem Ausmaß nur bei Patienten mit CYP2C19-Defizienz, da bei diesen der Hauptmetabolisierungsweg von CYP2C19 auf CYP3A4 ausweicht [59].
Pantoprazol erscheint hinsichtlich der Pharmakokinetik der am wenigsten anfällige Protonenpumpenhemmer zu sein.
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Histamin-(H2-)Antagonisten
Ranitidin wird als parenteral verfügbarer H2-Antagonist auf Intensivstationen zur Stressulkusprophylaxe eingesetzt. Es wird nicht über das Cytochrom-P450-System metabolisiert. Sein klinisches Interaktionspotenzial ist daher vernachlässigbar [60].
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Fazit
Auf Intensivstationen ist aufgrund der regelmäßig notwendigen Polypharmakotherapie grundsätzlich mit potenziellen Arzneimittelinteraktionen zu rechnen. Die Anzahl der tatsächlich auftretenden klinisch relevanten Wechselwirkungen ist dabei jedoch schwer vorhersagbar. Profunde Kenntnisse von Pharmakokinetik und -dynamik der zumindest häufig eingesetzten Arzneimittel sind daher für die Therapiesicherheit von großer Bedeutung. Interaktionsdatenbanken können zusätzlich helfen, potenzielle Probleme aufzudecken. Am wichtigsten erscheint jedoch eine gute und regelmäßige Zusammenarbeit mit einem klinischen Pharmazeuten, der regelmäßig an intensivmedizinischen Visiten teilnimmt und die Patienten sowie deren Krankheitsverläufe kennt.
Nach Rücksprache mit den gefäßchirurgischen Kollegen soll die kalkulierte Rifampicin-Medikation vorerst beibehalten werden, da noch kein mikrobiologischer Erregernachweis aus den Gewebeproben der Revisionsoperation vorliegt. Daher wird zunächst zur weiteren antihypertensiven Therapie zusätzlich Urapidil verabreicht, da dieses durch Rifampicin pharmakokinetisch nicht beeinflusst wird [16]. Allerdings zeigt sich trotz hoher Tagesdosen kein zufriedenstellender Erfolg. Die Dosierungen der übrigen Antihypertensiva werden beibehalten ([Tab. 5]).
Schließlich gelingt aus den intraoperativ gewonnenen Proben der mikrobiologische Nachweis von Proteus mirabilis und Morganella morganii, zweier gramnegativer Keime, die prinzipiell keiner Vancomycin-/Rifampicin-Therapie bedürfen, sodass eine alleinige Medikation mit Meropenem möglich ist. Nach Absetzen von Rifampicin normalisiert sich der Blutdruck zügig ([Abb. 1]). Das Urapidil kann in diesem Zug deutlich reduziert werden ([Tab. 5]). Nach Rückverlegung auf die Normalstation konnten letztlich auch Meropenem und Urapidil beendet werden, und die Patientin wurde mit einem Blutdruck von 140/70 mmHg nach Hause entlassen.
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Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Arzneimittelwechselwirkungen hängt von der Anzahl der verordneten Arzneimittel ab.
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Es muss prinzipiell zwischen potenziellen und manifesten Arzneimittelinteraktionen unterschieden werden. Die klinisch tatsächlich auftretenden Wechselwirkungen sind deutlich seltener als die potenziell möglichen.
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Pharmakokinetische Interaktionen spielen in der Intensivmedizin die größte Rolle und sind systematisch gut einteilbar.
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CYP3A4 ist das Cytochrom mit dem breitesten Biotransformationsspektrum und stellt neben dem p-Glykoprotein die wichtigste Ursache für pharmakokinetische Arzneimittelwechselwirkungen dar.
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Wechselwirkungen mit Einfluss auf die Plasmaspiegel von Opioiden und Sedativa können durch standardmäßiges Monitoring von Analgesie und Sedierung auf Intensivstationen schnell erkannt werden.
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Die häufig eingesetzten Betalaktamantibiotika gelten als eher wenig anfällig für relevante unerwünschte Arzneimittelwechselwirkungen.
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Azolantimykotika sind starke Cytochrominhibitoren mit breitem Interaktionsspektrum.
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Das Interaktionspotenzial von Phenytoin und Rifampicin gilt in der Intensivmedizin als schwerwiegend.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Andreas Drust, Magdeburg.
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Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2020; 55; 300–313, doi:10.1055/a-0903-1767.
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Andreas Drust
Dr. med. Andreas Drust studierte Pharmazie in Braunschweig sowie Medizin in Magdeburg und arbeitet als Oberarzt im Intensivbereich der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums Magdeburg. Er ist Apotheker sowie Facharzt für Anästhesiologie mit den Zusatzbezeichnungen Notfall- und Intensivmedizin.
Interessenkonflikt
Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an im Bereich der Medizin aktiven Firma: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an zu Sponsoren dieser Fortbildung bzw. durch die Fortbildung in ihren Geschäftsinteressen berührten Firma: nein.
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Artikel online veröffentlicht:
28. Mai 2020
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
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