Im stationären Krankenhausalltag gehört die evidenzbasierte und professionelle Dekubitusprophylaxe mobilitätseingeschränkter Patienten zu den Aufgaben der Pflegefachkräfte. Die elementaren Praxisempfehlungen des Expertenstandards Dekubitusprophylaxe in der Pflege [1] lauten:
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Durchführung eines initialen Screenings zur Einschätzung eines bestehenden Dekubitusrisikos bei stationärer Aufnahme,
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Anleitung und Beratung von Patienten und deren Angehörigen über prophylaktische Maßnahmen
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sowie die regelmäßige Beurteilung des Hautstatus.
Befindet sich der Patient allerdings im Operationssaal, können die Inhalte des Expertenstandards auf das veränderte Umfeld nicht einfach übertragen werden.
Im Rahmen eines pflegerischen Praxisprojekts an der Universitätsklinik Münster (UKM) im Operationsbereich der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie wurde das Ziel verfolgt, ein prophylaktisches Interventionsbündel zur Dekubitusprävention zu implementieren ([
Abb. 1
]). Im Fokus steht dabei die Frage: Wie können Patienten im Operationssaal eine wissenschaftlich fundierte Dekubitusprophylaxe erhalten? Welche evidenzbasierten Maßnahmen zur Prävention der Druckverletzungen in der Literatur beschrieben werden und wie die Implementierung im Krankenhaus gestaltet werden kann, wird im Folgenden geschildert.
Abb. 1 Um einen Dekubitus zu verhindern, kann während der Einschleusung ein Silikonschaumverband auf die Kreuzbeinregion geklebt werden.
Sensibilisierung der Pflegenden
Sensibilisierung der Pflegenden
Patienten, die sich einem operativen Eingriff unterziehen müssen, werden bei der chirurgischen und anästhesiologischen präoperativen Aufklärung über potenzielle Komplikationen und unvorhersehbar auftretende Situationen informiert. Dass komplexe und zeiterfordernde Operationen auch einen erhöhten Risikofaktor darstellen, einen operationsbedingten Dekubitus zu entwickeln, wird den Patienten nur selten mitgeteilt. Studien weisen eindeutig daraufhin, dass bei Patienten mit ausgeprägtem Dekubitus in bis zu 50 % der Fälle eine schwere Sepsis und somit ein lebensbedrohlicher Zustand hergerufen werden kann, der mit einer erheblichen Letalität in Verbindung gebracht werden muss [2]. Es ist daher von signifikanter Bedeutung, die im OP-Saal arbeitenden Gesundheitsfachberufe (OP-Pflege, Anästhesiepflege und Medizinische Fachangestellte) für dieses Phänomen und dessen potenzielle Folgen zu sensibilisieren. Dies bildet das Fundament und zugleich die intrinsische Motivation der Mitarbeiter, eine hochwertige Dekubitusprophylaxe in der operativen Versorgungsphase durchzuführen. Bei Patienten, die einen zeitintensiven chirurgischen Eingriff erwarten, handelt es sich um eine sehr vulnerable Zielgruppe. Diese Menschen sind als extrem gefährdet einzustufen, einen Dekubitus im postoperativen Genesungsprozess zu entwickeln. Jegliche körpereigenen Schutzreflexe, wie beispielsweise die Eigenbewegung zur Druckentlastung der Gewebsstrukturen und damit die Vorbeugungen von Hautischämien, sind bedingt durch die Allgemeinanästhesie erloschen. Die Gesundheitsfachberufe, die im OP-Saal arbeiten, sind dazu angehalten, eine professionelle Dekubitusprophylaxe für die Patienten sicherzustellen, um diese vor Schäden zu bewahren.
Definition
Eine relativ allgemeine Definition sagt aus, dass ein operationsbedingter Dekubitus innerhalb von 24–72 Stunden in der postoperativen Phase entsteht und dass sich Rückschlüsse zwischen der veränderten Gewebestruktur sowie der intraoperativen Lagerung ziehen lassen [3]. Bei einem Dekubitus handelt es sich um Gewebsschädigungen, die je nach Ausprägung und Beteiligung der verschieden Hautschichten oder Strukturen in die Kategorien 1–4 zu unterteilen sind ([
Abb. 2
]):
Abb. 2 Die 4 Kategorien des Dekubitus. (Quelle Fotos 1–3: Kember S, Quan Phan N. Mechanische Schädigung. In: Schmidt-Bräkling T, Pohl U, Gosheger G et al., Hrsg. Patientenlagerung im OP. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2016. doi:10.1055/b-004-129989; Quelle Foto 4 (unten): Hahn J. Dekubitus. In: Arastéh K, Baenkler H, Bieber C et al., Hrsg. Duale Reihe Innere Medizin. 3. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2012. doi:10.1055/b-002-5209)
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Während es sich bei dem 1. Grad lediglich um eine mit dem Finger nicht wegdrückbare Rötung der Oberhaut (Epidermis) handelt,
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ist bei der 2. Stufe bereits eine Hautschädigung sowie eine Verletzung oder Blasenbildung der oberen Hautschicht zu erkennen.
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Beim Dekubitus 3. Grades sind alle Hautschichten betroffen und beginnende Nekrosen von Muskeln, Sehnen und Bändern sind zu verzeichnen.
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Ein Dekubitus 4. Grades zeichnet sich in seiner fulminanten Ausprägung durch die Beteiligung und Offenlegung von Knochen aus. [1]
Laut Studien handelt es sich bei dem Phänomen des operationsbedingten Dekubitus um eine besondere Kategorie eines Druckgeschwürs, das nicht in der beschriebenen Gradeinteilung abgebildet werden kann. Sie wird als „vermutete tiefe Gewebsschädigung; Tiefe unbekannt“ bezeichnet. Die Definition lautet wie folgt: „Livid oder rötlichbrauner, lokalisierter Bereich von verfärbter, intakter Haut oder blutgefüllte Blase aufgrund einer Schädigung des darunterliegenden Weichgewebes durch Druck und/oder Scherkräfte. […] Auch unter optimaler Behandlung kann es zu einem rasanten Verlauf unter Freilegung weiterer Gewebsschichten kommen.“ [4] Diese Begriffserklärung macht deutlich, warum die Dekubitusprävention zum frühestmöglichen Zeitpunkt eingeleitet werden muss und daher vermehrte Aufmerksamkeit benötigt.
Risikofaktoren
Nicht alle Patienten sind gleich gefährdet. Als Hochrisikobereiche sind vor allem, herzthorakale, gefäß- und bauchchirurgische Eingriffe an Patienten zu benennen [5]. Häufig zeichnen sich diese operativen Eingriffe an multimorbiden Patienten, bei denen ein operationsbedingter Lagerungsschaden wahrscheinlicher ist, durch einen erhöhten Zeitaufwand aus. Aus einer Metaanalyse zu der Thematik aus dem Jahre 2012, die die Epidemiologie der besonderen Druckgeschwüre untersuchte, geht hervor, dass die Inzidenz im internationalen Raum zwischen 4 und 45 % schwankt [6]. Es wird von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgegangen, da das Phänomen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur marginal beforscht wird.
In der Literatur werden zahlreiche Faktoren genannt, die die Entstehung eines Dekubitus im Operationssaal beeinflussen könnten. Hierzu sind neben Hypothermie, Hyperthermie und Hypotonie auch eine schlechte interprofessionelle Kommunikation über ein bestehendes Druckgeschwürrisiko eines Patienten aufzulisten [7]. Darüber hinaus ist Studien zu entnehmen, dass das OP-Personal häufig einen erheblichen Wissensmangel signalisiert, bezüglich des Themas Dekubitus und seiner Entstehung [8]. Es wird dargestellt, dass Pflegende Schwierigkeiten haben, in der postoperativen Phase einen Dekubitus von Verbrennungen zu unterscheiden [9]. Gezielte Kurzfortbildungen in Kleingruppen, die von einem Wundexperten durchgeführt werden, können hier Abhilfe schaffen. Eine kreative Möglichkeit stellt auch die One-Minute-Wonder-Fortbildung dar: Monatlich wechselnde Poster mit neuen Erkenntnissen zu Themen wie Dekubitus und dessen Entwicklung können im OP-Bereich in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Prozess der Versorgung im OP-Bereich ist davon gekennzeichnet, dass häufig Berufsgruppen mit ihrer Arbeit erst beginnen können, sobald eine andere Berufsgruppe ihre Interventionen durchgeführt hat. Diese Wartezeiten sind ideal, um sich mit einem Dekubitus-Thema auseinanderzusetzen.
Der Faktor Zeit, die im operativen Setting vergeht, ist enorm wichtig und hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung eines Dekubitus. Häufig wird die Gesamtzeit unterschätzt, wie lange ein Patient beispielsweise bereits in Rückenlage auf dem OP-Tisch positioniert ist. Wenn Patienten für große Operationen von der Anästhesie präoperativ instrumentiert werden müssen, vergeht auch schon eine gewisse Zeitspanne, die nicht unberücksichtigt bleiben darf. Letztlich muss die Gesamtzeit von der Ein- bis zur Ausschleusung betrachtet werden. Sammon verdeutlicht, dass sich das Risiko für einen Dekubitus bei Patienten, die sich bereits 4 Stunden im OP befinden und eine Allgemeinanästhesie erhalten haben, für jede weitere halbe Stunde um circa 33 % erhöht [10].
Maßnahmen im OP
Screening
Der Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe gibt vor, das Dekubitusrisiko eines Patienten zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzuschätzen. Auch der zu operierende Patient sollte bezüglich seines individuellen Risikos präoperativ beurteilt werden. In Anlehnung an die Empfehlungen des European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) kann das Scott Triggers Tool (STT) als initiales Screening herangezogen werden. Die Einschätzungshilfe, die explizit für das Operationsumfeld entwickelt wurde, berücksichtigt 4 evidenzbasierte Faktoren, die definitiv einen Einfluss darauf haben, ob sich ein Dekubitus im OP entwickelt. Die Faktoren sind:
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der Body-Mass-Index beziehungsweise der Albuminwert im Blutserum,
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die American-Society-of-Anesthesiogists-Klassifikation (ASA-Score),
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das Lebensalter
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sowie die Länge des geplanten chirurgischen Eingriffs.[3]
Diese 4 Kriterien sind schnell im Krankenhausinformationssystem und im Narkoseprotokoll einzusehen. Durch die Anwendung des STT kann der Patient also einen Ergebniswert zwischen 0 und 4 Risikofaktoren erzielen. Um Ressourcen zu schonen erhalten Patienten, die weniger als 2 Risikofaktoren besitzen, eine reduziertere Anzahl an Präventionsmaßnahmen, im Vergleich zu Patienten, die ein höheres Risikoprofil aufweisen.
Haut-Assessment
Im UKM wird bei allen Patienten in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie während der Einschleusung in den OP der präoperative Hautstatus erhoben. Dazu wird der Patient mit Unterstützung des einschleusenden Mitarbeiters auf die Seite mobilisiert. Sowohl Auffälligkeiten, wie bestehender Dekubitus, als auch keine existierenden Veränderungen der Haut werden dokumentiert. Hierzu wurde ein Formular entwickelt auf dem das STT abgebildet ist und die Möglichkeit besteht, den Hautstatus sowie weitere Bemerkungen zu dokumentieren. Somit ist die gegenwärtige Situation des Hautzustands des Patienten zum präoperativen Zeitpunkt abgebildet. Wird nun in der postoperativen Verlaufskontrolle eine Verletzung der Haut identifiziert, so kann eine Verbindung zwischen der Operation und dem Lagerungsschaden hergestellt werden. Das bedeutet, dass sich der Dekubitus während der intraoperativen Phase entwickelt hat. Die Veränderungen der Haut werden wiederrum auf dem Formular dokumentiert. Zeitnah sollte die postoperative Station benachrichtigt werden, denn diese Zeit kann genutzt werden, um beispielsweise Spezialmatratzen mit aktiven Wechseldrucksystemen zu organisieren. Dass aktive Wechseldrucksysteme ein hohes Potenzial bieten, um das Voranschreiten eines Dekubitus zu hemmen, und vor allem in der postoperativen Phase einen präventiven Einfluss haben, konnte in diversen Übersichtsarbeiten deutlich nachgewiesen werden [4].
Lagerung
Ein wesentlicher Aspekt, der bei jedem zu operierenden Patienten beachtet werden sollte, ist das Zusammenwirken von Druck- und Scherkräften. Die Gefahr, einen Dekubitus zu entwickeln, steigt, wenn weiches Gewebe zwischen harten Strukturen (zum Beispiel Knochenvorsprünge) und äußeren Flächen (zum Beispiel Liegeflächen) über einen längeren Zeitraum zusammengedrückt wird [1]. Dieses Phänomen ist im OP häufig anzutreffen, wenn Patienten beispielsweise mithilfe von starren Transporthilfen, wie Rollboards, aus dem Bett auf den OP-Tisch mobilisiert werden. Vor allem Vakuummatten zur besseren Fixierung des Patienten im OP sind ein großer Risikofaktor für einen späteren Druckschaden. Generell gilt, dass Patienten, die gefährdet sind einen Dekubitus in der intraoperativen Phase zu entwickeln, auf druckreduzierenden Operationstischunterlagen bestehend aus viskoelastischem Schaumstoff gelagert werden sollten [11].
Wenn Patienten unter Berücksichtigung des STT 2 oder mehr Risikofaktoren aufweisen, so soll die postoperative Lagerung nicht der intraoperativen Positionierung entsprechen [4]. Mit Lagerungshilfsmitteln kann auch im Aufwachraum die Lagerung leicht verändert werden, was sich positiv auf die Durchblutung der gefährdeten Hautbereiche auswirkt. Das Aufwachraumpersonal dokumentiert, welche Lagerungshilfsmittel genutzt werden. Es ist auch sinnvoll, den Patienten über das bestehende Risiko des postoperativen Dekubitus zu informieren, sobald dieser wieder orientiert ist, um selbstständige Eigenbewegungen zu fördern. Laut der Meinungen einiger Chirurgen könnte sich auch die intraoperative Lagerungsveränderung durch die Kippfunktion des OP-Tischs positiv auf den Hautzustand des Patienten auswirken. Regelmäßige beidseitige Neigungen des Tischs können die Mikrolagerung verändern und somit Durchblutungsstörungen der gefährdeten Hautareale vorbeugen. Hierfür ist es wichtig, mit den operierenden Chirurgen zu kommunizieren. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Patient sicher auf dem OP-Tisch fixiert ist. Einige Krankenhäuser führen diese Maßnahme bereits durch, allerdings konnte während der systematisierten Literaturrecherche keine Evidenz eruiert werden, dementsprechend kann für diese Intervention keine allgemeine Empfehlung ausgesprochen werden.
Silikonschaumverband
Patienten, die sich anhand des STT durch 3 oder mehr Risikofaktoren auszeichnen, wird während der Einschleusung zusätzlich ein präventiver Silikonschaumverband in die Kreuzbeinregion geklebt ([
Abb. 1
]). In dieser Körperregion entwickelt sich mit Abstand am häufigsten ein Dekubitus. Weitere gefährdete Hautareale sind der Hinterkopf, die Schulterblätter und die Fersen [4].
International wird die Verwendung von Silikonschaumverbänden sehr beworben und viele Studien konnten einen positiven Präventionseffekt nachweisen [12]. Wird der Patient zum postoperativen Zeitpunkt zurück vom OP-Tisch in das Bett mobilisiert, wird der Schaumverband entfernt und direkt kontrolliert, ob die darunterliegende Hautstruktur verletzt worden ist. Es ist wichtig, dass dieser Verband zeitnah entfernt wird, denn wenn das Pflaster zu lange haftet, kann ein gegenteiliger Effekt begünstigt werden: Zwischen der Haut und dem Silikonverband kann über längere Zeit Feuchtigkeit entstehen. Das Pflaster hat zwar eine „aufsaugende“ Wirkung, jedoch verliert es an Saugfähigkeit, wenn es zu lange haftet. Dadurch können Mazerationen der Haut begünstigt werden. [
Abb. 3
] bildet die vorgestellten Maßnahmen noch einmal übersichtlich ab.
Abb. 3 Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe.
Eine professionelle Dekubitusprophylaxe besteht immer aus mehreren ineinandergreifenden Interventionen. Eine einzelne Maßnahme allein reicht nicht aus, um einen operationsbedingten Dekubitus, dessen Entstehungsmechanismus als multifaktoriell bezeichnet werden kann, zu verhindern. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Verwendung des STT in Kombination mit präventiven Maßnahmen – bestehend aus einer prä-/postoperativem Hautstatuserhebung, der Vermeidung von Scherkräften, der veränderten postoperativen Lagerung und der Anbringung präventiver Auflagen – über einen 1-jährigen Zeitraum, die Neuerkrankungsrate an operationsbedingten Druckgeschwüren von 3,37 % auf 0,89 % und die verursachten Kosten um 1 364 000 US-Dollar senken konnte [13].
Implementierungsprozess
Eine intensive Kommunikation mit allen beteiligten Akteuren ist die Grundvoraussetzung, um evidenzbasierte und innovative Maßnahmen im Gesundheitswesen zu implementieren. In enger Absprache mit dem Klinikdirektor für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, der Klinikpflegdienstleitung sowie den Leitungen der OP-Bereiche wurden die Interventionen, die bei einer systematisierten Literaturrecherche identifiziert wurden, diskutiert und auf ihre Umsetzbarkeit überprüft.
Nachdem empfohlene Maßnahmen ausgewählt wurden, fand eine Kick-off-Veranstaltung mit einzelnen erfahrenen Mitarbeitern aus dem Bereich der OP- und Anästhesiepflege statt. Die Praxisexperten sollten ihre Meinungen zu den Maßnahmen abgeben und gegebenenfalls Anpassungen vorschlagen. Bei den Multiplikatoren handelte es sich um fachlich versierte Pflegende, die die Relevanz des Themas operationsbedingter Dekubitus erkannt haben und bereit waren, Innovationen und Veränderungen in ihre tägliche Praxis einfließen zu lassen. Sie sollen für andere Kollegen eine Vorbildfunktion einnehmen und sie dazu ermutigen, die neuen Maßnahmen durchzuführen oder diese anzuleiten.
Eine große Informationsveranstaltung für alle im OP arbeitenden Gesundheitsfachberufe wurde geplant. Ziel war es dabei, die Dringlichkeit für das Thema anhand von Fotodokumentationen und Daten herauszustellen. Um das Verhalten der Mitarbeiter zu verändern, müssen diese auf einer emotionalen Basis erreicht werden [14]. Die intensive Herausarbeitung während der Veranstaltung, was für Folgen ein ausgeprägter Dekubitus für den Patienten haben kann und dass pflegerische Prophylaxen davor schützen können, verfolgte das Ziel, die Mitarbeiter zu motivieren. Darüber hinaus konnten Fragen gestellt werden.
Während der ersten Wochen der Implementierung im OP-Bereich der Allgemeinchirurgie wurde die Umsetzung durch die Projektverantwortlichen eng begleitet. Nachdem das Projekt angelaufen war, konnten erste Beobachtungen und Auffälligkeiten festgehalten werden. In regelmäßigen Abständen wurden die Projektschritte mit den Leitungspersonen und den Stabstellen für Projektmanagement und Pflegewissenschaft diskutiert. Insbesondere wurde hier über Faktoren gesprochen, die den Projektverlauf positiv beeinflussen sowie über mögliche Barrieren, die eher gefährdend wirken können. Positiv konnte vor allem herausgestellt werden, dass sich viele Mitarbeiter interessiert zeigten und motiviert waren, die Neuerungen umzusetzen. Dennoch wurde auch deutlich, dass sich einige Mitarbeiter wünschten, zum Thema Dekubitus und dessen Risikofaktoren intensiver geschult zu werden. Ziel ist deshalb, für die Gesundheitsfachberufe, die im OP-Bereich arbeiten, regelmäßig Schulungen durchzuführen und beispielsweise Online-Seminare zu den relevanten Themen zur Verfügung zu stellen.
Das kurzfristige Ziel nach Anlauf der Implementierung sollte die Bereitschaft des Teams sein, sich zu verändern. Mittelfristig sollen dann die Praxisempfehlungen in die tägliche Arbeit eingeführt werden. Abschließend sollen die Maßnahmen strukturiert in den pflegerischen Versorgungsprozess integriert werden. Das Fernziel des Projekts ist, die Präventionsinterventionen in allen OP-Bereichen des UKM zu etablieren. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Implementierung im OP-Saal der Herz-/Thoraxchirurgie, da diese Patienten als besonders gefährdet gelten [5]. Sie sind häufig multimorbide und weisen daher viele chronischen Erkrankungen auf, beispielsweise Diabetes mellitus, die den Blutfluss aufgrund von Gefäßveränderungen hemmen können. Da bei der Entstehung eines Dekubitus Ischämien des Gewebes verursacht werden, sind vorerkrankte Patienten, die ohnehin ein gewisses Grundrisiko besitzen, umso gefährdeter.
Patienten, die über einen langen Zeitraum operiert werden, sind extrem gefährdet, einen Dekubitus zu entwickeln, da sie selbst keinerlei Schutzreflexe mehr besitzen, die sie vor einem Druckschaden bewahren könnten. Hier sind die Gesundheitsfachberufe aus dem OP-Bereich gefragt und müssen eine professionelle Prävention gewährleisten. Deshalb ist es wichtig, die Mitarbeiter im OP für die Thematik des operationsbedingten Druckgeschwürs zu sensibilisieren.
Dekubitusprophylaxe ist eine multiprofessionelle Aufgabe. Über ein bestehendes Risiko sollten alle beteiligten Akteure informiert werden, beispielsweise zu Beginn der OP während des Team-Time-Outs. Die Weiterleitung der Informationen zwischen allen Berufsgruppen, die am Versorgungsprozess vertreten sind, könnte ein Schlüsselfaktor für die evidenzbasierte Dekubitusprävention sein.
Obwohl der Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege nicht speziell für das OP-Setting konzipiert wurde und es auch nur wenig berücksichtigt, lassen sich dennoch wesentliche Aspekte adaptiert übertragen. Die Prävention von Druckschäden ist keine eindimensionale Aufgabe. Ziel ist, ein Maßnahmenbündel während des operativen Versorgungsprozesses zu etablieren. Die Verlaufskontrolle, manifestiert durch das prä- und postoperative Haut-Assessment, ist dabei unabdingbar.
Mit Blick auf den aktuellen Stand der Forschung muss generell darauf hingewiesen werden, dass das Phänomen der operationsbedingten Druckverletzung zwar Beachtung findet, ihm jedoch in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Dennoch lassen sich gezielte präventive Interventionen ableiten, welche ohne größeren Ressourcenverbrauch in den linearen operativen Versorgungsprozess integriert werden können.