Die 96-jährige Patientin stellte sich mit einem seit etwa 2 Monaten größenprogredienten
Ulkus am rechten Unterschenkel prätibial und zunehmender Beinschwellung rechts vor.
In der körperlichen Untersuchung zeigten sich ein 4 × 3 cm großes Ulkus mit mazeriertem
Rand und ein deutliches Ödem des rechten Unterschenkels mit positivem Stemmer-Zeichen
und Kastenzehen.
Trotz 1-mal täglicher manueller Lymphdrainage und Lokaltherapie des Ulkus mit Polihexanidsalbe/Fettgaze
und Pütter-Verbänden und chirurgischem Wunddebridement kam es über mehrere Tage zu
keiner wesentlichen Besserung des Befundes. Eine intermittierende pneumatische Kompressionstherapie
konnte aufgrund einer MRSA-Besiedelung des Ulkus nicht durchgeführt werden.
In der dann folgenden phlebologischen Mitbeurteilung fiel ein deutliches Ödem nicht
nur des rechten Unterschenkels, sondern auch des Oberschenkels auf. Am proximalen
rechten Oberschenkel befand sich ein mit einem straffen, schmalen Haftband befestigter
Urinbeutel. Oberhalb der Einschnürung zeigte sich dagegen nur noch wenig Ödem. Bei
genauerem Nachfragen berichtete die Patientin, dass die Befundverschlechterung am
Bein zeitgleich mit dem dauerhaften Tragen dieses Haftbandes vor etwa 2 Monaten begonnen
habe.
Eine tiefe Beinvenenthrombose wurde duplexsonografisch ausgeschlossen. Sichtbare Ulkus-relevante
Varizen zeigten sich nicht.
Nach Entfernung des Haftbandes kam es innerhalb weniger Tage zu einer deutlichen Verbesserung
sowohl des Ulkus als auch des Ödems (Reduktion des Beinumfangs am rechten Unterschenkel
um 3 cm) unter Fortführung der begonnenen Lokal-, Entstauungs- und Kompressionstherapie
([Abb. 1], [2]).
Abb. 1 Ansicht der Unterschenkel beidseits mit Ulkus am rechten Unterschenkel unter Therapie,
3 Tage nach Entfernung der Abschnürung.
Abb. 2 Ansicht der Beine mit angelegtem Urinbeutel (Halteband am rechten proximalen Oberschenkel
nicht sichtbar, nur für das Foto erneut passager angelegt), Rest-Ödem am gesamten
rechten Bein, 3 Tage nach Entfernung der Abschnürung und unter Therapie (Entstauung,
Kompression, lokale Wundtherapie).
Fazit
Abschnürungen und Schnürfurchen können durch eine inadäquate Kompressionstherapie
(mangelhaft angelegte Verbände oder Kompressionsstrümpfe) oder auch unsachgemäße Anwendung
von anderen Utensilien, mitunter auch seitens des Patienten, entstehen (z. B. Gummibänder,
Paketklebeband). Im vorgestellten Fall kam es durch ein verordnetes Hilfsmittel (Urinbeutel
bzw. dessen Befestigung) zu einer progredienten Problematik. Alternativen zu dem hier
verwendeten, sehr stramm anliegenden und schmalen Gummiband können speziell optimierte
Urinbeutel-Befestigungen schaffen, die flächig an Bein oder Rumpf angebracht oder
an einem Hüftgurt befestigt werden können. Der dargestellte Fall verdeutlicht, wie
wichtig eine vollständige körperliche Untersuchung und die Kenntnis darüber ist, dass
derartige Abschnürungen problematisch werden können.