Einleitung
Unter einem Chylothorax (ChTX) versteht man die Kumulation von Lymphflüssigkeit zwischen den beiden Pleurablättern. Diese Flüssigkeit ist u. a. reich an Chylomikronen und Triglyceriden. Im Erwachsenenalter können grundlegend 4 ätiologische Gruppen unterschieden werden: ChTX infolge eines Traumas oder Tumors, ein idiopathisches und ein gemischtes Krankheitsbild. Am häufigsten wird ein ChTX nach einer Ösophagektomie (4 %) [1] oder nach einem kardiochirurgischen Eingriff (4–6 %) beobachtet [2]
[3]. Die mediastinale Lymphadenektomie während einer Lungenkrebsoperation führt in 0,26–3 % der Fälle zu einem ChTX [4]. Der postoperative ChTX ist damit ätiologisch die häufigste Form dieser Erkrankung. Wenn der Prozess nicht beherrscht werden kann oder chronisch wird, kann infolge der Unterernährung und immunologischer Komplikationen mit einer Mortalität von 50 % gerechnet werden [5]. Die Behandlungsmöglichkeiten des ChTX bestehen momentan in konservativen, chirurgischen und seit Neuestem auch in radiotherapeutischen Verfahren [6], wobei auch die Prophylaxe zunehmend öfter diskutiert wird [7].
Infolge der Seltenheit des von Bartolet im Jahr 1633 zuerst beschriebenen [8] und in der Literatur bis 1976 nur in 390 Fällen veröffentlichten Krankheitsbildes stehen keine prospektiven Untersuchungen über die erfolgreichste Behandlungsmethode oder deren Zeitdauer zur Verfügung. Selbst der konservativ behandelte ChTX ist mit einer erheblichen Letalität vergesellschaftet [9]. Bei unbehandeltem Chylothorax können mehr als 50 % der Patienten an den Komplikationen sterben [1]
[4]
[10].
Ätiologie
Aufgrund ihrer Ätiologie können primäre (kein Trauma) und sekundäre (mit Trauma), darunter auch iatrogene und spontane [2]
[4]
[6]
[9] Formen unterschieden werden. Die Prävalenz- und Inzidenzrate ist dementsprechend variabel. Bei insgesamt geringer Inzidenz tritt der ChTX am häufigsten nach thoraxchirurgischen Operationen auf, darunter ist die Ösophagusresektion mit 3–4 % der Fälle prominent [1]
[7]. Der ChTX wurde aber auch nach Anlage von zentralvenösen Kathetern beobachtet [9]. Prädisponierende Faktoren sind die radikale mediastinale Lymphadenektomie, Metastasen von mediastinalen Lymphknoten und Lymphknotendissektionen mit dem Da-Vinci-Roboter [11]. Das Ausmaß der Lungenresektion (Lobektomie vs. Bilobektomie vs. Pneumektomie) spielt für die Inzidenz keine nachweisbar entscheidende Rolle [4]. Bei der Entwicklung eines ChTX ist weiterhin der prädikative Wert neoadjuvanter Verfahren, insbesondere der Bestrahlung, nicht geklärt. Bei Pancoast-Tumor-Patienten überstieg nach neoadjuvanter Behandlung und Operation die Inzidenz eines ChTX nicht die bereits in der Weltliteratur beschriebenen Durchschnittswerte [12].
Diagnosestellung
Bei einer intraoperativ bedingten Verletzung des Ductus thoracicus oder von dessen Nebenästen gelangt die Lymphe durch eine ebenfalls operativ bedingte Pleuralücke direkt in den Pleuraraum. Im nüchternen Zustand beträgt der Lymphfluss etwa 15 ml/Stunde, dieser Wert kann sich postprandial auf 100 ml/Stunde erhöhen [13]
[14]. Bei einem täglichen Transport von 2,5 l Lymphflüssigkeit kann somit die Verletzung des Ductus thoracicus schnell zu einer bedeutenden Flüssigkeitsansammlung führen [6]
[9].
Bei Patienten ohne einliegende Thoraxdrainage entstehen die typischen klinischen Symptome, wie Dyspnoe, Husten, Brustschmerzen und Hypovolämie, einerseits durch den intravasalen Volumenverlust und andererseits durch die intrapleurale Volumenexpansion sowie den hierdurch bedingten Verlust des osmotischen Druckes. Da die chemischen Merkmale des Chylus plasmaähnlich sind (pH 7,4–7,8) [13] und da dieser bakteriostatische Eigenschaften aufweist [13]
[14], ist eine Inflammation intrapleural nicht zu erwarten. Gleichzeitig führt der Chylothorax zu einem Mangelzustand, bei dem der Patient kontinuierlich eine beträchtliche Menge an Fett und fettlöslichen Vitaminen, Proteinen, Elektrolyten, Immunglobulinen und T-Lymphozyten verliert, was zu einer Unterernährung und einer Immunschwäche führen kann [6]
[9]
[15]
[16].
Neben der zuvor genannten Immunsuppression kann auch eine Reduktion der Plasmaspiegel verschiedener Medikamente, wie z. B. bei Amiodaron oder Digitoxin, die Folge dieser Erkrankung sein [17].
Auf Röntgen-, CT- und Ultraschallbildern erscheint der Chylothorax als unspezifischer, meist einseitiger Pleuraerguss, wobei durch eine Thorakozentese die Differenzialdiagnose zwischen Chylothorax, Pseudochylothorax oder Pleuraempyem gestellt werden kann [18]
[19]. Im Normalfall ist das Sekret milchig verfärbt [15]. Bei nüchternen Patienten wie auch in der perioperativen Phase kann die Flüssigkeit entweder als eine bernsteinfarbene Flüssigkeit imponieren oder blutig-tingiert maskiert bleiben ([Abb. 1] und [Abb. 2]). Die Differenzialdiagnose eines postoperativen Pleuraempyems, bei dem ebenfalls getrübte Flüssigkeit sezerniert wird, kann mithilfe der Laborchemie (pH, Glukose, Laktatdehydrogenase LDH) und der Gram-Färbung einfach gestellt werden [20]. Beim Pseudochylothorax ist der Ethylether-Labortest weiterführend.
Abb. 1 Intraoperativer Befund eines Chylothorax mit der typischen milchigen Flüssigkeit.
Abb. 2 Durch Blutbeimischung verursachte Maskierung der typischen Morphe des Chylothorax (intraoperativer Befund).
In ca. 75 % der Fälle handelt es sich bei einem Chylothorax um ein Exsudat. Die transsudative Flüssigkeitsansammlung ist Hinweis auf eine hepatische oder kardiologische Ätiologie und macht damit die vorausgegangene Operation als Ursache unwahrscheinlich [1]
[6]
[15]
[21]. Zur Sicherung der Diagnose ist es notwendig, das Vorhandensein von Chylomikronen (Lipoproteine) nachzuweisen. Diese Partikel können durch Elektrophorese oder Sudan-IIIFärbung sichtbar gemacht werden [1]
[21]. Laut Staats et al. ist in 99 % der Fälle der Triglyceridgehalt im Chylothorax > 1,2 mmol/l (ca. 110 mg/dl), wobei ein Wert unterhalb von 0,6 mmol/l (ca. 50 mg/dl) mit 95 % Wahrscheinlichkeit den ChTX ausschließt. Die Bestimmung von Cholesterin ist zur Differenzialdiagnose des Pseudochylothorax wichtig, wobei bei einem Chylothorax dieser Wert < 200 mg/dl [6]
[18] ist ([Abb. 3]).
Abb. 3 Laborchemische Differenzialdiagnose des Chylothorax.
Der Allgemein- und Ernährungszustand des Patienten muss ebenfalls berücksichtigt werden. Maldonando et al. haben auf die Tatsache hingewiesen, dass 14 % ihrer Patienten (alle Patienten waren in einem schlechten Allgemeinzustand) einen Triglyceridspiegel unter 110 mg/dl hatten [19].
Prophylaxe und Therapie
Eine generelle Vermeidung des postoperativen Chylothorax ist, wie bei allen anderen Komplikationsmöglichkeiten, nicht zu gewährleisten. Lediglich die Häufigkeit seines Auftretens kann gesenkt werden. Guo et al. versuchten z. B., bei der videoassistierten Ösophagusresektion einen ChTX mittels einer prophylaktischen Ductusligatur zu vermeiden [22]. Gegenwärtig gibt es jedoch keine brauchbaren fachlichen Empfehlungen, weder im Zusammenhang mit der Lymphknotendissektion noch mit einem anderen intraoperativen Manöver [4]. Die Vielzahl der Behandlungsmethoden sowie die unterschiedlichen Schlussfolgerungen der Autoren spiegeln nicht nur die Vielfalt des Krankheitsbildes, die Unterschiede in den verschiedenen Phasen und die mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Veränderungen in der Therapie wider [23], sondern zu einem gewissen Maß auch die fortdauernde und bisher erfolglose Suche nach dem Gralskelch der Therapie des Chylothorax.
Konservative Therapie
Ist der tägliche Flüssigkeitsverlust über die Thoraxdrainge geringer als 1 l, ist im Allgemeinen die konservative Behandlung der erste Schritt. Diese besteht zunächst i. d. R. aus einer strengen Diät unter parenteraler Substitutionstherapie. Nach einem begrenzten Zeitraum sollte jedoch bei Therapieversagen eine invasivere Behandlung durchgeführt werden [1]
[4]
[24]. Die Länge des Zeitraums ist in der Literatur nicht definiert, in unserer Klinik liegt diese bei 72 Stunden. Es gibt andererseits aber auch Berichte, die das „aggressive“ Abwarten empfehlen und damit einen maximalen Therapierfolg von 77 % nach 2 Monaten erzielen. Allerdings wurde hierbei die Genese des Chylothorax nicht berücksichtigt [25]. Es kann zunächst eine Diät mit mittelkettigen Triglyceriden (medium-chain triglycerides, MCT) verordnet werden, sodass das Triglycerid direkt in das Pfortadersystem absorbiert und mit Albumin gebunden wird, ohne in das intestinale Lymphsystem und somit in den Ductus thoracicus zu gelangen. Diese Form der Diät kann aufgrund der speziellen Anforderungen leider nicht in allen Krankenhäusern bereitgestellt werden. Ein drastischeres Verfahren ist eine parenterale Nil-per-os-Ernährung, die ggf. durch eine totale Obst- und Gemüsekostdiät gelockert werden kann [4]
[26]. Diese Verfahren allein sind in den meisten Fällen nicht ausreichend. Die Erfolgsrate liegt bei nur 23–52 %, was dazu führt, dass die Diät vielerorts nur ein Teil einer komplexen Behandlung ist ([Tab. 1]).
Tab. 1
Ergebnisse der konservativen Behandlung eines Chylothorax.
Behandlungsregime
|
Erstautor (Jahr)
|
Ätiologie
|
Patientenzahl
|
Erfolgsrate
|
Diät/parenterale Ernährung
|
Zabeck (2011) [32]
|
postoperativ
|
37
|
32 %
|
Diät/parenterale Ernährung
|
Chalret du Rieu (2011) [5]
|
postoperativ
|
n. a.
|
70 %
|
parenterale Ernährung/Somatostatin s. c.
|
Bryant (2014) [11]
|
postoperativ
|
48
|
90 %
|
Diät/parenterale Ernährung
|
Cerfolio (1996) [50]
|
postoperativ
|
47
|
28 %
|
parenterale Ernährung
|
Shimizu (2002) [56]
|
postoperativ
|
26
|
23 %
|
Diät/Octerotid s. c.
|
Fujita (2014) [47]
|
postoperativ
|
15
|
87 %
|
parenterale Ernährung
|
Cho (2014) [57]
|
postoperativ
|
46
|
52 %
|
Diät
|
Cho (2014) [57]
|
postoperativ
|
21
|
48 %
|
Diät
|
Maldonando (2010) [19]
|
traumatisch
|
35
|
49 %
|
Die Substanz Etilefrin ist ein direktes Sympathomimetikum mit α- und β-sympathomimetischer Wirkung und wurde zur Therapie des Chylothorax als Vasokonstriktor mit 75–82 % Erfolgsrate eingesetzt [9], wobei die täglichen Drainageverluste unter 1000 ml lagen.
Eine weitere akzeptierte alternative Behandlungsmethode dieser Komplikation ist die Strahlentherapie zur mediastinalen Narbenbildung [27]. Bei einem postoperativen Chylothorax wurde 2011 auf analoge Weise die mediastinale Bestrahlung in einer kleinen Fallzahl als eine erfolgreiche Behandlungsoption mit einer Erfolgsrate von 100 % vorgestellt [4].
Neben der Diät ist eine weitere Reduktion des Lymphflusses durch die Gabe von Somatostatin oder einem Analogon bekannt [28]
[29]
[30]. Jedoch existieren hierzu derzeit keine prospektiven Studien, die diese Methode standardisieren bzw. eine Empfehlung zur Anwendungsdauer und Dosierung der Medikamente abgeben [6]. Für den Fall, dass sich die durch die Drainage entleerte tägliche Flüssigkeitsmenge innerhalb von 48 Stunden nach der Verabreichung von Octreotid halbiert, zeigt dies an, dass die Behandlung wirksam ist und fortgeführt werden sollte [6]
[11]
[13].
Im Allgemeinen bewegt sich die Erfolgsrate der konservativen Behandlung zwischen 2,5 und 75 % ([Tab. 1]). Bei Ausscheidungsmengen von mehr als 1000 ml/24 h ist die Erfolgsrate der konservativen Behandlung jedoch gering [1]
[4]
[6]
[9]
[24]
[32].
Interventionsbehandlung
Die Lokalisation der Leckage im Lymphsystem via pedale Lymphangiografie sollte nur dann ermittelt werden, wenn dies für die geplante Behandlung auch von Bedeutung ist [4]
[6], weil die Untersuchung keine große therapeutische Wirkung (max. 50 % Erfolgsrate) hat [6]
[33]
[34].
Außerdem ist das Verfahren bei Patienten mit einem Lymphverlust von über 500 ml pro Tag und somit in ca. 66 % der Fälle wirkungslos [6]
[33]
[34].
Die Bildgebung kann z. B. mithilfe von Radionukliden oder der Magnetresonanztomografie (MRT) erfolgen [6]
[35]
[36]. Die Genauigkeit der Bestimmung der exakten Position des Lecks ist bei der MRT im Vergleich zur Radionuklidbildgebung zu verlässigen [6]
[19].
Zur interventionellen radiologischen Behandlung des Chylothorax stehen mehrere Verfahren mit einem unterschiedlichen Grad an Invasivität zur Verfügung ([Tab. 2]). Diese Behandlungsoptionen sind jedoch aktuell noch auf einige wenige Zentren beschränkt [6]
[38]. Die Interventionen präsentieren eine Erfolgsrate von 71,4 % [39].
Tab. 2
Ergebnisse der interventionellen Behandlung eines Chylothorax.
Behandlungsregime
|
Erstautor (Jahr)
|
Ätiologie
|
Patientenzahl
|
Erfolgsrate
|
perkutane Embolisation oder Verschluss
|
Itkin (2009) [42]
|
traumatisch
|
109
|
71 %
|
Pleurodese (Talkum)
|
Akin (2011) [53]
|
traumatisch
|
26
|
73 %
|
Pleurodese (Talkum)
|
Paul (2009) [52]
|
traumatisch
|
6
|
83 %
|
Pleurodese (OK-432)
|
Shimizu (2002) [56]
|
traumatisch
|
15
|
87 %
|
direkte Lymphografie
|
Schoellnast (2011) [58]
|
traumatisch
|
2
|
50 %
|
direkte Lymphografie
|
Alejandra-Lafont (2011) [33]
|
traumatisch
|
43
|
51 %
|
perkutane Embolisation
|
Cope (1999) [61]
|
traumatisch
|
11
|
18 %
|
Pleurodese (OK-432)
|
Takuwa (2013) [59]
|
traumatisch
|
37
|
84 %
|
perkutane Embolisation oder Verschluss
|
Cope (2002) [41]
|
traumatisch
|
42
|
74 %
|
perkutane Embolisation oder Verschluss
|
Boffa (2008) [60]
|
traumatisch
|
37
|
57 %
|
Radiatio
|
Sziklavári (2013) [4]
|
traumatisch
|
7
|
100 %
|
Diät/Pleurodese
|
Cho (2014) [57]
|
postoperativ
|
27
|
100 %
|
perkutane Embolisation
|
Schild (2015) [39]
|
postoperativ
|
17
|
82 %
|
Alternativ kann versucht werden, durch das CT-gesteuerte Einbringen eines Gewebeklebers einen sofortigen Verschluss des Lymphlecks zu erzielen [6]
[40]. Es bleibt anzumerken, dass in Zusammenhang mit diesem Verfahren nur wenige Erfahrungen vorliegen.
Mehr Erfahrungen liegen zur perkutanen Embolisation des Ductus thoracicus vor [6]
[39]
[41]
[42]. Die Darstellung des Ductus thoracicus erfolgt meist über eine pedale Lymphangiografie mit Zuhilfenahme eines Lipoidkontrastmittels [13]
[34]
[39]
[40]
[41]. Nach der Visualisierung via Fluoroskopie erfolgt dann die Intubation des Ductus thoracis und anschließend die Embolisation. Hierbei kommen neben „Coils“ und N-Butylcyanoacrylat (n-BCA) in selteneren Fällen auch das lipophile Kontrastmittel Lipiodol zum Einsatz [9]. Aufgrund der Vielzahl an anatomischen Varianten ist dieser Algorithmus bei ca. 20–30 % der Patienten nicht durchführbar [6]
[41]
[43]. Wenn eine Kanülierung des Ductus thoracicus gelingt, ist die Embolisation in mehr als 90 % der Fälle erfolgreich [6]
[41]
[42]. Die perkutane Embolisation kann auch bei Patienten zu einer Heilung führen, bei denen eine zuvor durchgeführte chirurgische Behandlung erfolglos war [6]
[8]
[41].
Ist eine Kanülierung nicht möglich, kann durch eine gezielte Traumatisierung/Destruktion („Ankratzen“/„pin interruption“) der zuvor durch eine Lymphografie identifizierten, prävertebralen kleinen Lymphwege versucht werden, eine Reduzierung des Lymphflusses zu erreichen [6]
[9]
[13]
[39]
[41]. Bei etwa 72 % der auf die Weise behandelten Patienten führt dies zum Verschwinden des Lymphlecks [34]
[40]
[41]
[42].
Die Erfolgsrate liegt im Mittel bei ca. 50–60 %, beim traumatischen/postoperativen Chylothorax etwas höher [34]
[39] als bei nicht traumatischen Fällen [39]
[44]
[45]. Der Therapieerfolg tritt erst am 5.–7. postinterventionellen Tag ein [39]. Mit einer Komplikationsrate von 3 % und einer Sterblichkeitsrate von null ist die perkutane Ductus-thoracicus-Embolisation ein sicheres Verfahren [6]
[13]
[40]
[42].
Alternativ ist es auch möglich, den Chylothorax auf semiinvasive Weise zu unterdrücken, bspw. durch das Verkleben der Pleurablätter im Sinne einer Slurry-Pleurodese durch eine bereits einliegende Thoraxdrainage. Dies wird durch Einbringen chemischer Stoffe wie z. B. Talkum, Jod, Tetrazyklin oder Bleomycin in den Pleuraspalt bewerkstelligt. Eine Pleurodese kann nur bei Patienten erfolgreich angewendet werden, die eine vollständig ausdehnungsfähige Lunge haben [32]. Die Erfolgsrate der Pleurodese liegt bei den in [Tab. 2] aufgeführten Studien zwischen 73 und 100 %, jedoch muss mit einer Komplikationsrate von bis zu 15 % gerechnet werden [56].
Chirurgische Behandlung
Der chirurgische Eingriff nach frustraner konservativer Behandlung beinhaltet normalerweise die Ligatur des Ductus thoracicus [5]
[7]
[46]. Dies kann gezielt nach intraoperativer Darstellung der Leckage oder durch Mass Ligation rechtsthorakal im hinteren Mediastinum durchgeführt werden [6]
[7]. Aber auch eine Pleurodese oder die Anlage einer permanenten subkutan getunnelten Drainage (PleurX) in die betroffene Pleurahöhle kann, meist als Reserveverfahren, erfolgen [48]. Die Ergebnisse sind in [Tab. 3] zusammengefasst.
Tab. 3
Ergebnisse der chirurgischen Behandlung eines Chylothorax.
Behandlungsregime
|
Erstautor (Jahr)
|
Ätiologie
|
Patientenzahl
|
Erfolgsrate
|
Ligatur des Ductus thoracicus
|
Paul (2009) [52]
|
traumatisch
|
19
|
95 %
|
Ligatur des Ductus thoracicus
|
Cerfolio (1996) [50]
|
traumatisch
|
32
|
94 %
|
Ligatur des Ductus thoracicus
|
Akin (2011) [53]
|
traumatisch
|
7
|
100 %
|
Ligatur des Ductus thoracicus
|
Shimizu (2002) [56]
|
traumatisch
|
5
|
100 %
|
Nach Zabeck et al. muss bei einem traumatischen/postoperativen Chylothorax bei einem Lymphverlust von mehr als 1 Liter pro Tag sofort operiert werden, da in solchen Fällen die konservative Therapie wirkungslos ist [32]. Die größte Schwierigkeit bei der chirurgischen Behandlung liegt in einer sicheren Identifizierung des Ductus thoracicus sowie des Ursprungs der Leckage. Daher wird dem Patienten häufig entweder per os oder über eine Magensonde vor oder bei der Operation Schlagsahne oder mit Methylenblau gefärbte saure Sahne verabreicht [6]
[9].
Die Unterbindung des Ductus thoracicus wird am häufigsten beim postoperativen/traumatischen Chylothorax angewendet. Dieses Verfahren wird heutzutage in zunehmendem Maße minimal-invasiv mithilfe der Videothorakoskopie durchgeführt [7]. Der Zugang erfolgt i. d. R. rechtsseitig über 3 Trokare. Der Kameratrokar sollte unterhalb der Skapulaspitze, die beiden Arbeitstrokare sollten einmal im 5. Interkostalraum(ICR) im Bereich der vorderen Axillarlinie und im 8 ICR im Bereich der mittleren Axillarlinie angelegt werden. Eine Anlage der Arbeitstrokare unter Sicht ist zu bevorzugen, da hierdurch eine Verletzung des Zwerchfells bei Anlage des Trokars im 8. ICR sicher vermieden werden kann. Die Aorta und die V. azygos stellen die wichtigsten Landmarken bei der Identifizierung des Ductus thoracicus dar, da jener zwischen diesen verläuft. Dort sollte der Ductus thoracicus mit Vorsicht zunächst in einem kleinen Abschnitt aufgesucht werden, um das Setzen weiterer Läsionen zu vermeiden. Der Verschluss erfolgt dann i. d. R. mit 5-mm-Titanclips oder durch Ligaturen mit einem nicht resorbierbaren Faden, die proximal und distal der Läsion gesetzt werden. Gegebenenfalls können zusätzlich akzessorische Lymphgefäße identifiziert werden, die dann in gleicher Weise zu versorgen sind [9]. Kann der Ductus thoracicus nicht identifiziert werden, ist eine Massenligatur des Gewebes zwischen Aorta und V. azygos unter Schonung des Ösophagus mit nicht resorbierbarem Nahtmaterial auf der Höhe Th VIII–Th XII eine alternative Vorgehensweise [6]
[9]
[24]
[45].
Nach erfolgreicher Ligatur erfolgt der Abtransport der Lymphflüssigkeit durch kollaterale Lymphgefäße sowie durch lymphovenöse Anastomosen [6]. Die Komplikationsrate dieses Verfahrens liegt bei 11 %, diejenige der Chylothoraxrezidive bei 9 % [4]. Die Mortalitätsrate kann auf bis zu 25 % ansteigen [49].
Ist die Operation erfolglos oder kann der Ductus thoracicus nicht ligiert werden, ist die Durchführung einer operativen, meist thorakoskopischen Pleurodese ein sekundärer Therapieansatz, um den Chylothorax zu beheben [1]
[6]
[9]
[24]
[50]
[51]. Die Erfolgsrate der Talkumpleurodese liegt durchschnittlich bei 73–83 % [52]
[53]. Eine vollständige Ausdehnung der Lungen ist für dieses Verfahren zwingend erforderlich [54]. Die letzte chirurgische Option ist der pleuroperitoneale Shunt oder die permanente Drainage der Pleurahöhle ([Abb. 4]), die durch das Einsetzen eines geeigneten Kathetersystems bewerkstelligt wird [6]
[9]
[55]
[56].
Abb. 4 Ableitung eines Chylothorax über eine PleurX-Drainage.
Basierend auf den angesammelten chirurgischen Erfahrungen, wird eine operative Behandlung in den folgenden 4 Fällen empfohlen, obwohl hierzu nahezu keine Evidenz in Form von prospektiven kontrollierten Studien vorliegt [6]
[9].
-
Der tägliche Lymphverlust beträgt mehr als 1000 ml.
-
Nach maximal 14 Behandlungstagen liegt das tägliche Drainagevolumen weiterhin zwischen 500 und 1000 ml.
-
Die über die Thoraxdrainage abgeleitete Sekretmenge ist auch nach 2 Wochen unverändert.
-
Eine klinische Verschlechterung tritt auf, z. B. eine Mangelernährung oder eine Stoffwechselstörung.
Ein entsprechender Algorithmus zur Behandlung des postoperativen Chylothorax kann aus [Abb. 5] entnommen werden.
Abb. 5 Therapiealgorithmus postoperativer Chylothorax.
Schlussfolgerung
Zur Behandlung des Chylothorax muss in jedem Fall eine Diät eingeleitet werden. Auch die Anlage einer Thoraxdrainage ist obligat, wenn dies nicht bereits im Rahmen der vorausgegangenen Operation erfolgt ist. Hierdurch kann sowohl der auftretende Flüssigkeitsverlust bestimmt als auch eine maximale Ausdehnung der Lunge ermöglicht werden. Die Geneseklärung soll im weiteren Verlauf die Therapieentscheidung beeinflussen, wobei die Behandlung mit den am wenigsten invasiven geeigneten Maßnahmen begonnen und je nach Bedarf entsprechend eskaliert werden sollte. Die anfängliche konservative Behandlung (z. B. parenterale Ernährung oder spezielle Diät) ist in 20–80 % der Fälle erfolgreich. Das Verfahren ist in Kombination mit der Verabreichung von Somatostatin/Etilefrin oder einem Analogon noch wirksamer. Interventionelle radiologische Behandlungen, wie die perkutane Embolisation des Ductus thoracicus oder die perkutane Zerstörung von Lymphgefäßen, sind zu ca. 70 % erfolgreich und führen in bis zu 80 % der Fälle auch nach einer erfolglosen chirurgischen Therapie zur Heilung. Die Komplikationsrate bei den perkutanen Behandlungsmethoden beträgt nur 3 %. Interventionelle radiologische Verfahren sind damit sicher und nehmen bei der Therapie des Chylothorax einen Platz neben der konservativen Behandlung bzw. den operativen Lösungen ein. Der Stellenwert der mediastinalen Bestrahlung ist aktuell noch unklar.
Ist die konservative Behandlung nicht wirksam oder beträgt der tägliche Lymphverlust mehr als 1 Liter, ist ein chirurgischer Eingriff, wie die Ligatur des Ductus thoracicus, eine Pleurodese oder der pleuroperitoneale Shunt, eine weitere Therapiemöglichkeit. Die Erfolgsrate dieser Methoden liegt zwischen 25 und 95 %. Die Mehrheit der Patienten, bei denen eine dieser Interventionen notwendig wird, ist in einem schlechten Gesundheitszustand, was zu einer Sterblichkeitsrate von bis zu 25 % bei diesem Patientengut führt.