Pneumologie 2020; 74(11): 780-786
DOI: 10.1055/a-1177-4209
Fallbericht

Die Diagnose liegt auf der Hand

The Diagnosis is Obvious
C. Fisser
1   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
2   Abteilung für Pneumologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
,
C. Wiest
1   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
,
O. W. Hamer
3   Institut für Röntgendiagnostik, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
4   Abteilung für Radiologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
,
T. Müller
1   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
,
M. Lubnow
1   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
,
M. Pfeifer
1   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
2   Abteilung für Pneumologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
5   Abteilung für Pneumologie, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg, Regensburg
,
C. Lerzer
2   Abteilung für Pneumologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
,
I. Dvorak
2   Abteilung für Pneumologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Eine seltene Form der Dermatomyositis ist die klinische amyopathische Dermatomyositis (CADM). Charakterisiert ist sie durch das Fehlen einer bzw. durch eine nur sehr gering ausgeprägte Muskelbeteiligung. Dementsprechend sind die Kreatinkinase-Werte meist im Normalbereich. Typische Hautmanifestationen sind Gottron-Papeln und Mechanikerhände. Bei Nachweis eines MDa5 (Melanoma-differentiation-associated gene 5 intracellular pathogen sensor)-Antikörpers ist die CADM häufig mit einer rasch progredienten und schweren Verlaufsform einer interstitiellen Lungenerkrankung assoziiert. In der Lungenfunktion lässt sich eine Restriktion und eine Hypoxämie unterschiedlichen Ausmaßes nachweisen. Die HRCT-Bildgebung ist nicht spezifisch. Es lassen sich u. a. Milchglas, Retikulationen und Konsolidierungen beobachten. In der bronchioloalveolären Lavage zeigen sich gelegentlich vermehrt Lymphozyten. Histologisch ähnelt das Bild einer nicht-spezifischen interstitiellen Pneumonie oder einer organisierenden Pneumonie. Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Ausprägung der klinischen Manifestation. Im Allgemeinen ist eine ausgeprägte immunsuppressive Therapie notwendig. Meist müssen verschiedene Immunsuppressiva kombiniert werden. Ein neuer Therapieansatz stellt die Verwendung des Januskinase-Inhibitors Tofacitinib dar. Zur Therapiekontrolle können der Ferritinspiegel und der MDa5-Antikörper-Titer verwendet werden. Es besteht eine hohe Mortalität von bis zu 84 %.


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Abstract

Clinically amyopathic dermatomyositis (CADM) is a rare entity of dermatomyositis. As a rule, CADM presents without muscular involvement. Thus, the level of creatine kinase is most commonly within the normal range. Dermal manifestations of CADM are Gottron’s papules and mechanic’s hands. In the case of melanoma differentiation-associated gene 5 intracellular pathogen sensor (MDa5 antibodies), CADM is often associated with a rapidly progressive and severe form of interstitial lung disease. Pulmonary function tests reveal restriction and hypoxemia of varying degree. Features of ground-glass opacities, reticulations and consolidations are detected in high-resolution CT scan. Lymphocytes are sometimes predominant in bronchioloalveolar lavage. Pathologists see a picture similar to non-specific interstitial lung disease or organizing pneumonia. Pronounced immunosuppression is the most common therapy. However, sometimes a combination of different immunosuppressive therapies is necessary. A novel strategy to treat CADM with rapidly progressive interstitial lung disease is the Janus kinase inhibitor tofacitinib. Treatment can be monitored with the level of ferritin and MDa5-antibody titer. Mortality is as high as 84 %.


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Fall 1

Anamnese

Der 50-jährige männliche Patient wurde mit rezidivierenden Fieberschüben bis 39 °C seit 6 Monaten in einem externen Krankenhaus vorstellig. Neben einem Gewichtsverlust von ca. 30 kg, Fatigue und Haarverlust beklagte der Patient Husten mit wenig weißlichem Auswurf. Bei Belastung verspürte der Patient zunehmend Dyspnoe.

Der aus der Türkei stammende Patient gab einen Nikotinkonsum von 30 Packungsjahren an. Er arbeitete unter anderem als Lagerist mit Metallteilen und war im Siebdruck tätig. Rheumatische Erkrankungen waren bei dem Patienten oder in seiner Familie nicht bekannt.


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Klinische Untersuchung

In der klinischen Untersuchung fielen Schwellungen im Bereich der Augenlider beidseits sowie schmerzhafte makulopapulöse Exantheme im Bereich der Hände inkl. Nagelfalzbeteiligung auf ([Abb. 1]). In der Auskultation hörte man eine basal betonte Sklerosiphonie beidseits. Die SpO2 unter Raumluft betrug 93 % in Ruhe und die Atemfrequenz 20/min.

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Abb. 1 Fall 1: Schmerzhafte Veränderungen im Bereich beider Handaußenflächen.

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Laborchemie

Die Leukozyten und der CRP-Wert waren unauffällig. Ferritin war mit 665 ng/ml (n < 150) erhöht. In der Laborchemie zeigte sich der Rheumafaktor grenzwertig erhöht. Der ANA und die ANCA-Werte präsentierten sich normwertig. Der Kreatinkinase-Wert lag im Referenzbereich.


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Diagnostik

Eine High-Resolution-CT-Untersuchung des Thorax zeigte eine fibrosierende interstitielle Lungenerkrankung mit diffusen, jedoch Oberlappen-betonten Retikulationen und Traktionsbronchiektasen ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Fall 1: CT-Thorax beim ersten stationären Aufenthalt, exemplarische Schnitte koronar und axial.

In der Folge wurde eine Bronchoskopie zur weiteren Abklärung durchgeführt. Aus der transbronchialen Biopsie ließ sich lediglich atrophes Bronchialepithel nachweisen, und in der EBUS-TBNA zeigte sich ein unauffälliger Befund. Die BAL enthielt vorwiegend schaumige Makrophagen und einen Lymphozytenanteil von 10 %. Eine Therapie mit Ciprofloxacin wurde begonnen.

Auf Wunsch des Patienten erfolgte die vorzeitige Entlassung.


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Verlauf

Der Patient stellte sich nach weiteren 4 Wochen erneut in einem externen Krankenhaus aufgrund persistierender Fieberschübe vor.


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Lungenfunktion und Blutgasanalyse

In der Lungenfunktion wurde eine restriktive Ventilationsstörung diagnostiziert (totale Lungenkapazität 2,28 l, 28 % vom Soll). Die Diffusionskapazität war nicht messbar. Die Blutgasanalyse zeigte unter Raumluft eine schwere Hypoxämie mit einem pO2 von 39 mmHg und unter 2 l O2/min einen Anstieg auf 61 mmHg.


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Weitere Diagnostik

Die Echokardiografie inkl. TEE und die Abdomensonografie gestalteten sich bis auf eine Splenomegalie und Hepatomegalie unauffällig. Bei der gastroenterologischen Endoskopie ließen sich lediglich eine geringgradige Gastritis und eine Sigma-Divertikulose nachweisen. Zur weiteren Abklärung wurde eine Knochenmarkspunktion durchgeführt, die sich, bis auf etwas verminderte B-Zellen, unauffällig zeigte. In der Lumbalpunktion, der CT-Abdomen, der MRT des Schädels und der Diagnostik auf spezifische Immunglobuline ließen sich keine Pathologien erkennen. Es erfolgte eine PET-CT-Untersuchung, die lediglich eine Mehranreicherung im Bereich der interstitiellen Lungenveränderungen detektierte mit einem maximalen SUV-Wert von 4,3.

Ein empirischer Therapieversuch mit 30 mg Prednisolon wurde initiiert, der jedoch ohne klinische Besserung verblieb.


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Weiterer Verlauf

Der Patient wurde nach 4-wöchiger Behandlung bei Progress der Dyspnoe und zur Evaluation der interstitiellen Lungenerkrankung überwiesen. Klinisch zeigte sich eine deutliche AZ-Minderung von ECOG 0 auf ECOG 3. Die Hypoxämie zeigte sich deutlich progredient ([Abb. 3]). Die HRCT-Bildgebung zeigte eine deutliche Progredienz der fibrosierenden Lungenerkrankung, ohne dass das Muster eindeutig zuordenbar war ([Abb. 4]).

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Abb. 3 Fall 1: FiO2 in %, pO2 in mmHg und O2/min über die Zeit dargestellt. C: Cyclophosphamid, Ig: Immunglobuline.
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Abb. 4 Fall 1: HRCT, exemplarische Schnitte koronar und axial.

Es erfolgte eine Bronchoskopie mit transbronchialer Biopsie. In der histologischen Aufarbeitung ließen sich neben einer diskreten Pneumozytenaktivierung und einer leichten Verminderung von alveolaren Schaumzellen geringe Zeichen einer chronisch organisierenden Pneumonie erkennen. Aufgrund der o. g. Allgemeinsymptome, der Hautmanifestation und den interstitiellen Lungenveränderungen wurde eine pulmonale Beteiligung bei Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis in Betracht gezogen. Eine Urinuntersuchung inklusive Sediment war unauffällig. In der Gelenksonografie bei bestehenden Gelenkschwellungen präsentierten sich keine entzündlichen Veränderungen. Bei bestehenden Gottron’schen Papeln (streckseitig betonte rötlich-livide Papeln) wurde eine Kapillarmikroskopie durchgeführt. Es zeigten sich im Bereich der Nagelfalzkapillaren vermehrte Torquierungen, einzelne avaskuläre Zonen, Ektasien und Blutungen, verdächtig für eine Dermatomyositis. Laborchemisch wurde eine erweiterte rheumatologische Antikörperdiagnostik (insbesondere in Richtung Derma-tomyositis) durchgeführt. Unter anderem war ANA, Mi-2, Jo1, PmScl und RNP negativ.


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Fall 2

Die 66-jährige Patientin stellte sich in einem externen Haus mit einer ca. 2-monatigen Vorgeschichte von Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Gelenkschmerzen und schleichend zunehmender Dyspnoe vor. Es wurde zunächst unter der Vorstellung einer rheumatoiden Arthritis probeweise mit Methotrexat und Prednisolon behandelt. Die Therapie musste aufgrund einer Leberwerterhöhung abgebrochen werden. Anschließend wurde die Patientin in der rheumatologischen Abteilung aufgenommen. Wegen einer rasch zunehmenden respiratorischen Insuffizienz mit ausgeprägtem restriktiven Atemmuster am Ventilator wurde die Patientin auf unsere pneumologische Intensivstation verlegt. Aufgrund der hypoxämischen respiratorischen Insuffizienz erfolgte nach Ausschöpfen verschiedener Maßnahmen, wie z. B. Bauchlagerung, die Implantation einer veno-venösen extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO).

Klinische Untersuchung

Die Patientin war bei Übernahme intubiert und analgosediert. In der Lungenauskultation hörte man eine basale Sklerosiphonie. Auffallend waren leicht livide, erythematöse, minimal über dem Hautniveau liegende Effloreszenzen an den Metacarpophalangeal-Gelenken und proximalen Phalangen ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Fall 2: Handinnen- und -außenseite mit makulopapulösen Veränderungen inkl. betroffener Nagelfalz.

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Laborchemie

Die Entzündungsparameter (Leukozyten und CRP) präsentierten sich gering erhöht, PCT normwertig. Der Ferritin-Wert zeigte sich mit 21 825 ng/ml (n < 150) deutlich erhöht. ANA, ANCA waren negativ. Der Kreatinkinase-Wert war im Normbereich.


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Diagnostik

In der HRCT zeigten sich z. T. geografisch angeordnete Milchglastrübungen und Konsolidierungen mit basaler Betonung. Innerhalb der Verdichtungen war ein positives Aerobronchogramm zu erkennen ([Abb. 6]). Weitere Untersuchungen wie Echokardiografie, Abdomensonografie, Eiweißelektrophorese, manuelles Differenzialblutbild, Blutkulturen, Urindiagnostik, CT-Abdomen, CT-Kopf erbrachten keine neuen Erkenntnisse. Die BAL ergab keinen wegweisenden Befund. Mikrobiologische Untersuchungen unter bereits vorbestehender Antibiotika-Therapie verblieben negativ. Auf eine transbronchiale Probengewinnung wurde bei erhöhter Blutungsneigung unter ECMO-Therapie verzichtet.

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Abb. 6 Fall 2: HRCT, exemplarische Schnitte koronar und axial.

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Diagnose

Beide Fälle zeichneten sich durch eine rasch progrediente und ausgeprägte hypoxämische respiratorische Insuffizienz in Kombination mit den gezeigten streckseitig-betonten rötlich-lividen Effloreszenzen (Gottronʼsche-Papeln) und Mechanikerhänden aus. Der CK-Wert war in beiden Fällen nicht über die Norm erhöht und die Bestimmung von Dermatomyositis-assoziierten Antikörpern (sog. Myositisblot) negativ. Unter dem V. a. eine amyopathische Dermatomyositis wurde der im Standard-Myositisblot nicht erfasste MDa5-Antikörper (Melanoma-differentiation-associated gene 5 intracellular pathogen sensor) nachgefordert. In beiden Fällen war dieser hochpositiv, sodass sich die Diagnose der amyopathischen Dermatomyositis mit rapider progredienter interstitieller Lungenerkrankung (RP-ILD) bestätigte.


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Therapie und Verlauf

Fall 1: Zunächst wurde eine Therapie mit 500 mg Prednisolon über 3 Tage und anschließender Dosisreduktion begonnen. Parallel dazu wurde eine Cyclophosphamid-Therapie mit 1 g appliziert, und es wurden mehrfach Immunglobuline (je 30 g) gegeben ([Abb. 3]). Bei erneuter Verschlechterung unterhalb einer Prednisolon-Dosis von 40 mg wurde die Dosis intermittierend wieder auf 80 mg erhöht.

Bei Entlassung aus der stationären Behandlung, nach dem 3. Zyklus Cyclophosphamid, war der Patient kardiopulmonal stabil und konnte selbstständig kurze Strecken gehen. Es bestand eine Sauerstoffabhängigkeit (3 – 4 l/min) in Ruhe und unter Belastung. Im weiteren Verlauf wurden 6 weitere Zyklen Cyclophosphamid im monatlichen Intervall verabreicht. Zuletzt bestanden weiter eine restriktive Ventilationsstörung und ein Sauerstoffbedarf von 6 l/min in Ruhe. Eine Listung zur Lungentransplantation wurde eingeleitet.


Fall 2: Es erfolgte eine Prednisolon-Therapie mit 3 × 1 g über 3 Tage und im Anschluss weiter in reduzierter Dosis. Zudem wurden 3 Zyklen Cyclophosphamid (je 1 g) verabreicht. Parallel wurde eine Therapie mit Tofacitinib (5 mg 2-mal täglich) eingeleitet ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Fall 2: Tidalvolumina im Verlauf unter invasiver Beatmung (maximaler Driving Pressure 15 mbar, im Verlauf ähnliche Druckamplituden). Besserung initial durch Steroidstoß, im Verlauf ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung ohne Veränderung durch Immunmodulation. C: Cyclophosphamid, R: Rituximab.

Trotz dieser Maßnahmen zeigten sich die respiratorische Insuffizienz (exemplarisch das Tidalvolumen, [Abb. 7]) und die interstitiellen Veränderungen weiter progredient. Daher wurde ein Therapieversuch mit Rituximab (1000 mg), ohne wesentliche Besserung, unternommen. Der gesamte Verlauf war von mehreren septischen Episoden unter Immunsuppression geprägt. Schließlich verstarb die Patientin nach 99 Tagen an der ECMO.


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Diskussion

Polymyositis und Dermatomyositis sind entzündliche Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, die bevorzugt Muskeln und Haut betreffen. Allerdings gibt es Verläufe, die nur eine geringe Muskelbeteiligung aufweisen.

Eine klinische amyopathische Dermatomyositis (CADM) wird typischerweise charakterisiert durch klassische dermatologische Befunde ohne bzw. mit minimaler Muskelbeteiligung. Es wird geschätzt, dass um 20 % der Patienten mit Dermatomyositis eine CADM aufweisen [1]. Typische Hautmanifestationen sind Gottronʼsche-Papeln, sog. Mechanikerhände, palmare Effloreszenzen, Schleimhautbeteiligungen und Glatzenbildung [2].

Es wurde mehrfach gezeigt, dass CADM-Patienten ein erhöhtes Risiko aufweisen, eine rasch progrediente interstitielle Lungenerkrankung (RP-ILD) zu entwickeln, insbesondere bei Nachweis des MDa5-AK [3], der mit einer besonders schweren pulmonalen Verlaufsform bei CADM assoziiert ist [4]. Hautveränderungen gehen der pulmonalen Beteiligung meist voraus [5] [6]. Erstmals wurde der Antikörper 2005 beschrieben [7]. Die Prävalenz scheint in der asiatischen Bevölkerung höher zu sein [8]. Eine Assoziation mit Malignität konnte im Gegensatz zu anderen Autoantikörpern bislang nicht nachgewiesen werden [6] [9].

Die pulmonalen Manifestationen sind mannigfaltig. Lungenfunktionell zeigen sich eine Restriktion sowie eine Hypoxämie in der Blutgasanalyse. Meist werden in der HRCT Milchglastrübungen, Retikulationen und Konsolidierungen mit Betonung der Lungenbasis beschrieben. Die BAL ist teils lymphozytär geprägt, und in der transbronchialen Biopsie lassen sich Histologien ähnlich der nicht-spezifischen interstitiellen Pneumonie oder der organisierenden Pneumonie finden [9].

Die Therapie der CADM-assoziierte RP-ILD basiert auf einer Immunsuppression. Etabliert ist in der Akutphase eine hochdosierte Glukokortikoidgabe, jedoch werden steroidrefraktäre Fälle in bis zu 50 %, insbesondere bei niedrig dosierter Gabe beschrieben [6]. Große randomisiert-kontrollierte Studien fehlen. In Fallberichten wurden neben Cyclophosphamid insbesondere Rituximab [10] [11], Calcineurininhibitoren, Antimetabolite und in neueren Publikationen auch der Januskinase-Inhibitor Tofacitinib [12] [13] eingesetzt. In Fallserien gibt es auch Hinweise für einen möglichen Nutzen der Plasmapherese [14].

Neben hohen Ferritin-Werten [15] sind hohe Antikörpertiter des Anti-MDa5-AK mit der Krankheitsaktivität [16] assoziiert und können zur Therapiekontrolle herangezogen werden [15] [17].

Trotz Einsatz einer breiten und differenzierten immunsupprimierenden Therapie wird jedoch über eine hohe Letalität bis zu 84 % berichtet [18].

Zusammenfassend sollte bei Patienten mit auffälligen Hautveränderungen an den Händen und rapid progressiver interstitieller Lungenerkrankung eine amyopathische Dermatomyositis in Betracht gezogen werden. Bestätigend kann der Anti-MDa5-Antiköper bestimmt werden.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Christoph Fisser
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Deutschland   

Publication History

Received: 12 May 2020

Accepted: 14 May 2020

Article published online:
14 July 2020

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

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Abb. 1 Fall 1: Schmerzhafte Veränderungen im Bereich beider Handaußenflächen.
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Abb. 2 Fall 1: CT-Thorax beim ersten stationären Aufenthalt, exemplarische Schnitte koronar und axial.
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Abb. 4 Fall 1: HRCT, exemplarische Schnitte koronar und axial.
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Abb. 5 Fall 2: Handinnen- und -außenseite mit makulopapulösen Veränderungen inkl. betroffener Nagelfalz.
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Abb. 6 Fall 2: HRCT, exemplarische Schnitte koronar und axial.
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Abb. 7 Fall 2: Tidalvolumina im Verlauf unter invasiver Beatmung (maximaler Driving Pressure 15 mbar, im Verlauf ähnliche Druckamplituden). Besserung initial durch Steroidstoß, im Verlauf ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung ohne Veränderung durch Immunmodulation. C: Cyclophosphamid, R: Rituximab.