Aus vorsichtigem Verantwortungsbewusstsein für ihre Patienten hat die
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) daher bereits im
Februar in einer in einer Mitteilung auf ihrer Homepage darauf hingewiesen, dass
Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen die Empfehlungen
des Robert-Koch-Instituts zur Vermeidung von Kontakten zu anderen Personen und
zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen wie alle andere Patientengruppen
auch strikt befolgen sollten. Gleichzeitig hat die DGRh davon abgeraten,
Medikamente, die Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
zur Behandlung ihrer Erkrankung einnehmen, allein aus Furcht vor einer
SARS-CoV-2 Infektion zu pausieren, zu reduzieren oder abzusetzen. Die Sorge ist
dabei groß, dass bei Patienten, die ihre Therapie nicht mehr einnehmen,
die Rheumaerkrankung wieder aktiv werden könnte und dann zum Abfangen
des Erkrankungsschubs sogar höhere Mengen von immunsuppressiven
Medikamenten wie Kortison notwendig wären.
Zugleich wurden erste Studien mit Biologika zur Therapie von schweren
Verläufen von COVID-19 publik, die nahelegten, dass einige Biologika
möglicherweise eine günstige Wirkung für den Fall einer
schweren COVID-19 assoziierten Pneumonie haben könnten. Im März
hat die DGRh differenzierte Handlungsempfehlungen zum Management von Patienten
mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erstellt und diese ebenfalls
auf ihrer Homepage veröffentlicht. Auch hier kommt die DGRh zu der
Empfehlung, dass anti-rheumatische Medikamente einer laufenden Therapie nicht
ohne Vorliegen einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion abgesetzt werden
sollten. Über diese Empfehlungen wurden alle Mitglieder der DGRh im
Newsletter informiert, die Zeitschrift für Rheumatologie wird die
Empfehlungen demnächst publizieren.
In einer an der Universität Erlangen in Zusammenarbeit der Kliniken
für Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie erstellten Analyse
konnte jetzt gezeigt werden, dass bei signifikant weniger Patienten unter
laufender Therapie einer entzündlichen gastroenterologischen,
rheumatologischen oder dermatologischen Erkrankung Antikörper gegen
SARS-CoV-2 im Serum nachzuweisen waren, als bei 2 Kontrollgruppen – bei
Mitarbeitern des Gesundheitssystems und bei einer gesunden, nicht im
Gesundheitssystem beschäftigten Bevölkerung. Zudem zeigten die
mit Biologika behandelten Patienten im Zeitraum von Februar bis April
signifikant seltener Symptome von Atemwegserkrankungen. Die Autoren haben aus
diesen Beobachtungen den Schluss gezogen, dass Patienten mit
entzündlichen Erkrankungen aus den Bereichen Gastroenterologie,
Rheumatologie und Dermatologie, die mit Biologika behandelt wurden, kein
erhöhtes Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 gegenüber den
beiden Kontrollgruppen aufwiesen und dass eine Infektion mit dem Virus
möglicherweise bei den Patienten weniger schwer verläuft.
Die Autoren unterstützen damit durch ihre Daten die Empfehlungen der
DGRh, dass Patienten unter einer laufenden Therapie ihrer entzündlichen
rheumatologischen, dermatologischen oder gastroenterologischen Erkrankung keine
Risikogruppe per se darstellen und dass sie daher die Therapie allein aus Furcht
vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht absetzen sollten. Diese Daten sind sehr
wichtig für das zukünftige Management von Patienten mit
entzündlichen Erkrankungen in der SARS-CoV-2-Pandemie und sie werden
auch bei der Aktualisierung der Empfehlungen der DGRh berücksichtigt
werden.
Leider ist bei der verständlichen Freude über die ersten
wissenschaftliche Daten zum nicht vorhandenen Risiko unserer Patienten unter
einer laufenden Therapie in der Pressemitteilung der Universität
Erlangen auch der Hinweis verbreitet worden, Patienten mit entzündlichen
Erkrankungen seien durch ihre Therapie vor einer SARS-CoV-2-Infektion
geschützt. Die DGRh sieht diese Schlussfolgerung als unbegründet
und gefährlich. Gemeinsam mit den Autoren der Studie, die sich
ausdrücklich von dieser Einschätzung der Pressemitteilung
distanzieren, weist die DGRh darauf hin, dass die Daten der Studie zwar
beruhigend in Bezug auf die Risiken der SARS-CoV-2-Infektion und auf den Verlauf
einer COVID-19 Erkrankung sind, dass sie aber keinesfalls eine Schlussfolgerung
dahingehend zulassen, dass Patienten mit entzündlichen
rheumatologischen, gastroenterologischen oder dermatologischen Erkrankungen
durch ihre Therapie vor einer Infektion oder vor einem potentiell auch
tödlichen Verlauf einer COVID-19 Infektion geschützt sind.
Patienten mit entzündlichen rheumatischen, gastroenterologischen und
dermatologischen Erkrankungen sollten daher weiterhin konsequent die Hygiene-
und Abstandsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts befolgen. Es besteht
– darauf weisen die Daten aus Erlangen noch einmal hin – keine
Notwendigkeit, eine laufende Therapie aus Furcht vor einer SARS-CoV-2-Infektion
zu unterbrechen. Aber es gibt auch keinen Grund, in der aktuellen Situation
sorglos zu sein oder gar Biologika ohne medizinische Indikation zum Schutz vor
einer SARS-CoV-2-Infektion oder einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung
als Vorbeugung einzunehmen.
Nach einer Pressemitteilung der DGRh